Als vor ein paar Wochen morgens in der Tagesschau angekündigt wurde, dass 2025 die E-Rechnungspflicht eingeführt wird, habe ich mir schon vor Freude die Hände gerieben. Das ist nicht ironisch gemeint.
Als IT-Knecht und Rechnungsersteller (im Home-Office) meines Familienbetriebs passiert nicht oft etwas Neues oder nervenaufreibendes, eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.
Was für den IT-Affinen ein Festschmaus sein könnte, ist für den Anderen das blanke Chaos. Ungefähr 2 Stunden nach der Tagesschau rief dann mein Chef an und bat mich bis Ende des Jahres eine Lösung zu finden. Problem war nur, dass ich die Lösung schon seit einer Stunde parat hatte.
Ich habe das Unternehmen vor 2 Jahren auf Open Source umgestellt. Die PCs laufen alle auf Linux Mint, Datenaustausch findet über Nextcloud statt, das Troubleshooting meinerseits wird über RustDesk abgehandelt.
Für meine Büro-Tätigkeit nutze ich Fakturama, ein Open-Source-Invoice-Tool, das ich mir für unsere Anforderungen zurechtbiegen kann.
Bild: https://www.fakturama.info/
Das Tool liegt zurzeit in der Version 21.3c vor und sollte anstandslos auf Debian 12 und Ubuntu 22.04 laufen. Eine Beta der Version 22 ist vor Kurzem erschienen, welche das Programm auch unter Trixie und Noble lauffähig macht. Allerdings sind mir beim finalen Erstellen von Rechnungen hier Fehler bzw. nicht existierende Absätze in den Empfängerdaten aufgefallen, sodass die automatisierte Nutzung noch nicht zu empfehlen ist.
E-Rechnung mit Fakturama
Das Programm ist umfangreich; ein Schnellkurs ist an dieser Stelle nicht zu erwarten. Letztendlich geht es hier nur um die E-Rechnungsfunktion. Diese ist relativ schnell abgehandelt und kommt ohne große Bastelarbeiten aus.
Unter Datei
> Einstellungen
> Office-Integration
findet man die Ausgabemöglichkeiten der Dokumente. Hier muss nichts verändert werden; lediglich die Struktur des Pfads ist für uns von Interesse. Diesen sollten wir uns kopieren.
Als letzten Punkt im Treeview des Menüs finden wir ZUGFeRD Einstellungen. Für unseren Betrieb habe ich die Ausgabe als XRECHUNG ausgewählt, der Kunde kann auf Anfrage entscheiden, ob er die Rechnung zusätzlich als PDF erhalten möchte.
FAQ der Bundesregierung zu XRECHUNG |
Bei der Erstkonfiguration ist der Standardpfad noch leer. Hier kommt die zuvor gemerkte Pfadstruktur zum Einsatz. Beim Setzen des Pfads muss darauf geachtet werden, einen Vollpfad anzugeben. Das Überverzeichnis (z. B. „XML“) sollte zuvor erstellt worden sein. Die Zuordnung zu einem Ordner des betreffenden Jahres funktioniert, ebenso die Erstellung einer Datei mit Rechnungsnummer und Kundennamen.
/PFAD/ZU/Dokumente/XML/{yyyy}/{doctype}/{docname}_{address}.xml
Nachdem die Änderungen bestätigt worden sind, wird nun beim Drucken zusätzlich eine XML-Datei erstellt.
XRECHUNGEN auslesen
Der geübte Anwender ist freilich in der Lage, eine XML-Datei zu lesen. Endanwender wie Chefs oder Kunden haben es da vielleicht etwas schwerer. Auf GitHub gibt es einige Tools, die das Auslesen standardisierter Rechnungsformate ermöglichen. Für mich war die praktikabelste Lösung die OpenXRechnungToolbox.
https://github.com/jcthiele/OpenXRechnungToolbox
Nachdem man das Tool geklont hat, muss die .sh
-Datei noch mit chmod +x
ausführbar gemacht werden. Das Erstellen einer .desktop
-Datei ist empfehlenswert.
Wird das Tool ausgeführt, findet man eine sehr simple Oberfläche vor, die Drag & Drop
ermöglicht.
Eine kurze Wartezeit und die grafische Aufarbeitung der Daten wird angezeigt.
Fazit
Mal schnell umstellen ist möglich. Das Interessante an der Thematik ist, dass sich wohl vor allem die Menschen Gedanken über die E-Rechnung machen, die davon, wenn überhaupt, nur peripher tangiert werden. Am Ende liegt die Umsetzung bei der IT-Abteilung einer Firma. Ein Büroangestellter sollte sich keine Gedanken über die Umsetzung machen müssen. Selbständige, die alles selbst stemmen, müssen sich natürlich einarbeiten. Von proprietären Lösungen sollte zu erwarten sein, dass eine Lösung längst vorhanden ist. FOSS kann das aber auch schon.
Ich selbst war überrascht, wie schnell und einfach ich mit Fakturama eine E-Rechnung erstellen konnte. Das Programm zum Auslesen dient lediglich dem besseren Verständnis für Chef und Steuerfachangestellte.
Wenn jetzt noch jeder Kunde bereitwillig seine E-Mail-Adresse angibt, kann 2025 kommen.
In einem Tool auf zwei Knöpfe drücken kann jeder ;)
Falls Du mal erfahren willst, wieviel Arbeit man wirklich aufbringen muß, um das völlig überkandidelte und dann noch UNSIGNIERTE ZugFerd zu bauen, dann Such mal nach "Mustang" und versuch mit dem Referenztool mal eine ZugFerd rechnung zu bauen.. danach streichst Du das Wort "einfach" aus dem Wortschatz :D
Ich hab das selbst gebaut, incl. PDF+XML Erzeugung, Kombi in ein PDF, was ein Abenteuer für sich war, und dem Umstand, daß nicht jeder Validator da draußen tatsächlich alle ZugFerd Versionen kann. Hallo Datev :D
ERechnungen sind, in der Form in der die gerade Minimal erforderlich sind, ein ganz schlechter und sehr teurer Witz, den es nicht braucht. Solange da keine Signaturen mit drin sind, so daß man sicher sein kann, von wem man die Rechnung bekommen hat, wird es zweifelsfrei zu einigen spektakulären digitalen Raubüberfällen auf Firmen kommen, die sich ganz sicher nicht erklären können, wie das passieren konnte!
Hallo, Du schreibst "Das Programm zum Auslesen dient lediglich dem besseren Verständnis für Chef und Steuerfachangestellte.". Bitte das BMF-Schreiben vom 15.10.2024 beachten unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/2024-10-15-einfuehrung-e-rechnung.html dort zum hybriden Format (Zugferd), Rz. 31: "Im Fall von Abweichungen zwischen den strukturierten Rechnungsdaten und den sonstigen Informationen gehen die Daten des strukturierten Teils denen der Bilddatei vor". Das heißt, wenn Abweichungen da sind zwischen dem vom Menschen nicht lesbaren XML-Teil und dem lesbaren PDF-Teil, gilt rechtlich der XML-Teil. Folge: Nicht nur XRechnungen (XML), sondern auch Zugferd-Rechnungen sollten stets vom Menschen überprüft werden. Herzliche Grüße Dieter
Ich bin sowieso mal gespannt, was das überhaupt wird. Wir haben eine Stammkundschaft ab dem "Besten Alter". Meiner Erfahrung nach wollen die vorwiegend Papierrechnungen und haben gar keine E-Mail-Adresse.
Da wo du den Pfad für die X-Rechnung setzt, muss die Checkbox "Erzeuge ZUGFeRD-Datei" nicht mitausgewählt sein, damit die nachfolgenden Parameter benutzt werden bzw. aktviert sind oder ist das ein kleiner Glitch in der GUI?
Das ist irgendwie ganz komisch. Die Box wird nur leicht blau umrahmt, wenn sie ausgewählt ist. Hat mich auch irritiert.
Moin, danke für den Artikel. Vor dem Thema stehe ich auch gerade für kleinere, befreundete Firmen. Für die dort vorliegenden Belange genügen zur Erstellung die E-Rechnungstools von PDF24 und für die Visualisierung kommen OpenXRechnungToolbox bzw. der Quba-Viewer bald zum Einsatz. Wo ich noch ein bisschen grübel, ist die Umsetzung der revisionssicheren Archivierung. Eine Nextcloud bei Hetzner empfehle ich grundsätzlich immer, aber ehrlicherweise bin ich da bzgl. GoBD immer so bisschen zwiespältig. Hast du auch da ein Best Practice, um konform zu archivieren? Für ZUGFerd mache ich mir weniger Sorgen, als bei XRechnungen. Dankeschön und einen schönen Jahreswechsel allerseits
Mal "schnell" umstellen geht aber nur in einem kleinen Unternehmen, in dem man pragmatisch denkt und nicht durch Bürokratie und Regulatorik vom eigentlichen Arbeiten abgehalten wird. Ich bin in einem Kreditinstitut für die Mandantenbuchhaltung einiger kleiner Tochterunternehmen und Stiftungen zuständig. Hier wurden wir von der E-Rechnungspflicht auf dem kalten Fuß erwischt. Für die überschaubaren Buchhaltungen haben wir bisher komplett auf Papier gesetzt. Als Zwischenlösung für die Zeit bis zur Einrichtung eines digitalen Rechnungsworkflows habe ich mich privat auf die Suche nach einem E-Rechnungsviewer gemacht und bin auf den Quba-Viewer gestoßen. Das ist aber eine Open Source Anwendung (!!) und passt so gar nicht in die bürokratischen Arbeitsabläufe, da hier keine Verträge und Verpflichtungserklärungen mit einem kommerziellen Hersteller abgeschlossen werden können!! Da mussten erst Grundsatzdiskussionen geführt werden und nach mehr als 2 Monaten, unzähligen Webex-Konferenzen und unzähligen ausgefüllten Formularen wurde dann Ende Dezember die Software installiert ... und mit dem Formulare ausfüllen bin ich immer noch beschäftigt ... mir graut schon vor der Einführung des digitalen Rechnungsworkflows ...