Da gnulinux.ch durch Johannes Adventskalender nun spielsüchtig geworden ist, möchte ich Widelands vorstellen. Widelands existiert bereits seit 2002, aber erstaunlicherweise erschien noch kein Artikel bei uns.
Inspiriert wurde Widelands von den Siedlern II (Entwickler Blue Byte) und startete es „als Klon“ (laut Wikipedia), was man auf den ersten Blick insbesondere an der Grafik und der Spielkarte mit Flaggen und den verschiedenen Häuschen sieht, die anzeigen, welches Gebäude in welcher Größe gebaut werden kann. Laut eigener Aussage ist Widelands aber inzwischen weit umfangreicher als Siedler II. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass ich keinen Vergleich ziehen kann, da ich nie, Schande über mich, Siedler gespielt habe. Am 23. Oktober 2022 erschien die Version 1.1. Zurzeit wird an Version 1.2 gearbeitet, die anscheinend bald veröffentlicht werden soll.
Ich habe Widelands als Flatpak über die Anwendungsverwaltung von Linux Mint installiert. Widelands gibt es als Flatpak und AppImage auf der Homepage. Ansonsten ist es auch für Windows und macOS verfügbar. Widelands hat in der Anwendungsverwaltung von Linux Mint eine Größe von 1,3 GB.
Nach der Installation startet das Spiel flott. Am besten beginnt man das Spiel mit den vier Einführungsspielen in denen man etwas über die grundlegende Steuerung, Kriegsführung, Seefahrt, Wirtschaft lernt. Apropos Kriegsführung. Die spielt in Widelands eine untergeordnete Rolle. Die Betonung des Spiels liegt auf Aufbau und nicht auf Zerstörung. Um sein Gebiet zu vergrößern und Gebäude von Feinden einzunehmen, ist es trotzdem erforderlich, das Militär einzusetzen. Die Kämpfe sind unspektakulär und erfordern keine Kriegstaktik, die man vorher austüfteln muss. Vor Beginn eines Spiels kann ein Häkchen bei „Friedlicher Spielmodus“ setzen. Dann sind Kämpfe ausgeschlossen. Anschließend kann als Einzelspieler ein (Zufalls)Spiel gestartet werden oder eine Kampagne. Auch einen Mehrspielermodus gibt es. Für ein Spiel kann aus einer Vielzahl von Karten ausgewählt werden, die unterschiedliche Anforderungen haben. So gibt es etwa Karten mit vielen Bäumen oder Karten mit mehr Wasser.
Es kann mit fünf Völkern gespielt werden: Barbaren, Imperium, Atlanter, Friesen und Amazonen. Jedes Volk hat seine eigenen Gebäude und Unterschiede bei den Kriegern.
In Widelands gibt es unzählige Gebäude, Rohstoffe und Waren, die alle eine Abhängigkeit zueinander haben. So benötigt man zum Beispiel für Mörtel Wasser, Stein und Kohle. Um diese Rohstoffe erhalten zu können, benötigt man wiederum einen Brunnen, ein Steinbruch und eine Kohlemine oder eine Köhlerei. Für die Kohle und das Wasser muss vorher ein Geologe losgeschickt werden, der den Boden untersucht, damit man an der richtigen Stelle die Gebäude (Brunnen und Mine) errichtet. Ich habe 40 Waren, also Rohstoffe, Nahrungsmittel und Werkzeug gezählt.
Dementsprechend gibt es 33 unterschiedliche Arbeiter, für die man ebenfalls das entsprechende Werkzeug vorhalten muss. Die Arbeiter arbeiten natürlich nur, wenn sie genügend Nahrungsrationen und Getränke haben.
Wem die Auswahl an Karten, Gebäuden oder Waren zu klein ist, kann über den Editor selbst etwas erstellen oder im Hauptmenü unter Erweiterungen suchen. Dort habe ich ein weiteres Volk (Europäer) entdeckt und auch mehr Waren für die Friesen.
Die Gebäude haben unterschiedliche Ausbaustufen. So kann die Kleinbrauerei (einfaches Bier) zur Brauerei (Starkbier) ausgebaut werden oder eine Kohlemine wird zu einer tiefen Kohlemine, wenn oberflächlich alles abgebaut wurde. Für das Militär gibt es unterschiedliche Gebäude, die je nach Größe bzw. Ausbaustufe ein größeres Gebiet überwachen und die Soldaten nach einem Kampf unterschiedlich schnell heilen. Um die Soldaten auszubilden, benötigt man eine Arena, um das Ausweichen zu trainieren und ein Ausbildungslager für den Angriff.
Wer im Spiel Hilfe zu Rohstoffen, Waren, Gebäuden und Arbeitern sowie weiteren Objekten benötigt, der drücke einfach F1 und es wird ein umfangreiches Handbuch eingeblendet. Um die Übersicht nicht zu verlieren, kann man sich in der Karte verschiedene Informationen einblenden lassen. Über die Leertasten werden die oben erwähnten Häuschen und Fahnen eingeblendet, um zu sehen, wo welches Gebäude gebaut werden kann. Über die Taste S kann der Status, also die Produktivität bzw. der Baufortschritt angezeigt werden und über die Taste C die Gebäudenamen. Des Weiteren gibt es umfangreiche Statistiken zu Arbeitern, Gebäuden, Lager, Waren (Produktion, Verbrauch und Wirtschaftszustand).
Fazit:
Mich hat das Spiel begeistert. In meiner relativ kurzen Spielzeit habe ich keine störenden Bugs gefunden. Die Mechanismen funktionieren. Vor allem bin ich von der Vielfalt und den Zusammenhängen (Lieferketten) angetan. Mir ist bewusst, dass heutzutage jedes Wirtschafts- und Strategiespiel mindestens genauso umfangreich ist und vermutlich eine zeitgemäßere Grafik hat. Aber diese Spiele sind weder Open Source noch kostenfrei. Außerdem hat die Grafik ihren Charme. Mir genügt sie!
Ich finde die musikalische Untermalung furchtbar und habe den Ton abgeschaltet. Das Handbuch im Spiel könnte ergänzt werden, zum Beispiel zum Thema Statistik. Sie wird allerdings ausführlich im Einführungsspiel erklärt.
Teilt uns Eure Erfahrung mit Widelands mit! Oder kennt Ihr vielleicht andere OpenSource (PC)-Spiele, die Ihr empfehlen könnt?
Quellen:
Ich liebe Widelands. Wir spielen es regelmäßig in kleinen LAN Partys (tatsächlich noch wie früher, alle in einem Raum. Nur inzwischen per WLAN verbunden). Einfach genial, dass es noch immer weiterentwickelt wird, das Kampfsystem auch per Schiff, ... Ich muss zugeben, dass ich die Musik mag. Hat es auch in meine Playlist geschafft, wenn ich beim Programmieren Instrumentalmusik brauche.
Widelands ist bei Manjaro auch im offiziellen Repository
Widelands, kannte ich gar nicht. Nun, unter Linux Mint Debian 6 ist es via Synaptic schnell zu finden! Version 2:1.1-3
Danke!
Ich bin ebenfalls ein grosser Widelands-Fan. Allerdings wünschte ich mir einen einfacheren spiel modus z.b. für kinder. Mit diesen ganzen abhängigkeiten (was ja an sich toll ist!) ist es viel zu komplex. Man muss ja auch arbeiter ausbilden um die gebäude zu betreiben. Meine kinder würden es gerne spielen, sind aber völlig überfordert damit. Da finde ich z.b. AgeOfEmpires 1 ganz toll. Das ist vergleichsweise simpel. Sowas wünschte ich mir mal als opensource. Klar es gibt 0Ad aber das ist dann auch schon wieder viel zu kompliziert und grafisch zu aufwendig für mich. Ich find es halt auch cool wenn ein spiel auf einem älteren rechner gespielt werden kann. Und für mich zählt der spielspass und nicht die grafik. Eines meiner lieblingsspiele bis heute: Alley Cat aus den 80er jahren 🥰 Ist nur etwas über 100kb(!) gross, mit mehreren "levels" inkl. grafik und ton. Und das reicht bereits für spielspass. Süsse kleine mietzekatze! 😸
Themenvorschlag: "Unknown Horizons". Das gleiche Konzept (Open-Source-Klon eines einstmals sehr beliebten Spiels), aber für "Anno 1602".
Habe ich gerade installiert und wollte es spielen: Crasht aber sobald das schiff auf die karte kommt. Kommt irgend ein python fehler. Schade, denn das sieht spannend aus!
Ich habe leider schon im Einführungsspiel aufgegeben. Meiner Meinung nach merkt man dem Spiel sein Alter schon an. Die Grafikelemente sind alle so fipsig / fipselig, dass ich sie kaum voneinander unterscheiden konnte.
Kann ich nicht nachvollziehen. Spielst du das auf einem 4K bildschirm?
Vielen Dank für die Vorstellung! Als Siedler II Fan, eine absolut interessante Alternative. Leider ist die Version 1.1 und die aktuelle Daily Build sowohl auf einem Windows 10 LTSC als auch unter einem MacBool Air mit M2 beim Einführungsspieö reproduzierbar abgestürzt, sobald der Assistent die Bauhilfe einschalten möchte. Wie ist das Verhalten bei euch?
Ich spiele normal mit linuxmint (läuft prima). Habe es nun aber kurz mit win10 angespielt und es geht soweit. Kannst du das genauer beschreiben?