Über den Umweg LaTEX und dvips bin ich auf Postcript aufmerksam geworden. Auslöser war, dass bei meinem Arbeitgeber eine ERP-Applikation auf einem Unix-Rechner läuft, welche die Druckausgabe nur auf Nadel- oder Zeilendrucker ermöglichte (die Applikation läuft heute immer noch zuverlässig). Die Mitarbeiter taten mir leid, welche neben diesen Rattermaschinen arbeiten mussten. Ausserdem war das Erscheinungsbild nicht mehr zeitgemäss, die Handhabung umständlich (Papier umspannen und richtig positionieren). Bei einem Unterbruch während des Druckvorganges war es einfacher, den gesamten Druckvorgang noch einmal aufzugeben anstatt zu suchen, wo wieder angesetzt werden muss.
Deshalb habe ich mit einem Kollegen die Applikation so umgeschrieben, dass Postscript ausgegeben und direkt auf postscriptfähige Drucker geschickt werden kann. Dies hat den Vorteil, dass ich bei einem Druckjob für jede Seite bestimmen kann, aus welchem Fach der Drucker das Papier zu ziehen hat und in welchem Ausgabefach das Papier landen soll. Möglich ist auch je nach Fähigkeit des Druckers zum Beispiel die Seiten 7 – 12 zu heften. Postscript ist auch ein gutes Format zum Umwandeln in andere Formate mit dem Programm ghostscript. Der Befehl:
gs -h
zeigt die möglichen Ausgabeformate an. Wir verwenden z.B. PDF zum Senden der Auftragsbestätigungen per Mail oder elektronische Rechnungen oder TIFF für Dokumentenarchiv. Bei TIFF gibt es beispielsweise nicht nur ein Format, sondern über 15, teilweise mit Kompression.
Privat nutze ich Postscript für einfache Zeichnungen. Für mein nächstes Projekt muss ich in eine Holzscheibe genau in der Mitte ein 8mm-Loch bohren. Dazu erstelle ich mit Postscript eine Schablone. Der Code sieht so aus:
%!PS-Adobe-3.1
%%Pages: (atend)
%%TargetDevice: (Generic PostScript Printer) (2010.0) 2
%%EndComments
%%Page: 1 1
%%BeginSetup
2.834645669 2.834645669 scale
%%EndSetup
%%EndPageComments
0.3 setlinewidth
100 100 32.5 0 360 arc closepath stroke
100 100 8 0 360 arc closepath stroke
showpage
%%PageTrailer
%%Trailer
%%Pages: 1
%%EOF
Zuerst folgen die Deklarationen und dann die Beschreibung zur Seite. Postscript zeichnet in Punkten von 1/72 Inch (1 Inch = 2.54 cm). Will ich nun in mm zeichnen, gebe ich die Skalierung für x- und y-Achse mit 2.834645669 (weniger Kommastellen würden auch genügen). So wird auch verständlich, was es zum Beispiel mit einer 12er-Schrift auf sich hat:
12/72 multipliziert mit 2.54 gibt eine Schrifthöhe von 0.42333 cm.
In meiner Zeichnung folgt das Festlegen der Liniendicke und danach das Zeichnen der 2 Kreise in mm:
50 % Postition x
100 % Position y
32.5 % Radius
0 % Start in Grad
360 % Ende in Grad
arc % Befehl für Zeichnen eines Bogens
closepath % der Kreis soll geschlossen werden
stroke % und jetzt auf das Blatt zeichnen
In Postscript steht das Prozentzeichen für Kommentar.
Gespeichert in einer Datei, kann die Zeichnung mit Atril-Dokumentenbetrachter angezeigt und gedruckt werden. Hat man einen postscriptfähigen Drucker, ist die Druckausgabe auch direkt von der Konsole über Befehl lp möglich.
Für das Umwandeln in ein PDF würde der Befehl lauten:
gs -q -sDEVICE=pdfwrite -dNOPAUSE -dNOSAFER -sOutputFile=schablone.pdf -dFIXEDMEDIA -sPAPERSIZE=a4 schablone.ps -c quit
Beim Druck eines PDFs muss man beachten, dass die Programme zur Anzeige eines PDFs die Ausgabe auf den Drucker eventuell anpassen. Für eine millimetergenaue Druckausgabe müsste die Formatierung ausgeschaltet werden.
Titelbild: selbst
Quelle: keine
Als ich den Artikel sah, fragte ich mich, ob ich das eigentlich will. Beim Lesen war ich dann doch fasziniert! Danke, Philipp!