Anytype - die Anwendung für alles

  Ralf Hersel   Lesezeit: 7 Minuten  🗪 3 Kommentare

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anytype - die anwendung für alles

Bei diesem Titel, mögt ihr an meinem Verstand zweifeln, aber Anytype beschreibt sich selbst als "Anwendung für alles". Anytype ist ein lokales, Peer-2-Peer Open-Source-Tool, das für eine Vielzahl von Aufgaben verwendet werden kann, wie z. B. Projektmanagement, Speicherung von Dokumenten, tägliche Notizen, Verwaltung von Aufgaben, Sammlungen von Büchern/Artikeln/Websites und sogar als persönliche CRM-Software.

Ohne grosse Erwartungen aufgrund des vollmundigen Versprechens habe ich die Anwendung installiert und ausprobiert. Das ist nicht so einfach: auf der Download-Seite der Schweizer Firma Any, gibt es Pakete in den Formaten DEB, Snap und AppImage. Zuerst habe ich es mit dem AppImage versucht; läuft nicht. In Ermangelung eines Snap- oder DEB-Paketmanagers, wollte ich ganz schlau sein, und habe es unter NixOS mit nix-shell -p anytype versucht. Das funktionierte, nachdem ich unfreie Pakete erlaubt habe mit: export NIXPKGS_ALLOW_UNFREE=1. Leider benötigt die veraltete Nix-Version von Anytype (0.31) einen Einladungscode. Dann habe ich es mit einem AUR-Paket unter Manjaro probiert. Bingo! Das ist der Grund, warum man AUR haben möchte: weil Dinge funktionieren. Selbstverständlich nur in einer virtuellen Maschine, wenn man sich nicht die Hauptdistro zerschiessen will.

Nun gut, wie sieht Anytype aus und was kann es?

Ich habe dieses AUR-Paket in der neuesten Version 0.33.3-1 verwendet. Der initiale Aufruf der Anwendung ist bemerkenswert, bekommt man doch ein Feuerwerk an animierten Fenstern mit Informationen, Recovery-Codes und Anfangseinstellungen um die Ohren gehauen; das ist wirklich sehenswert. Nach dem Anfangs-Blabla, sieht man das:

Dort werden drei Anwendungsfälle angeboten:

  • Wissenssammlung mit Büchern, Filmen, Rezepten, usw.
  • Persönliche Informationen und Aufgaben
  • Journal mit täglichen Notizen

Diese Auswahl kann mit der Skip-Schaltfläche übersprungen werden, was ich gemacht habe. Dann wird man von einem Onboarding-Assistenten durch die Möglichkeiten von Anytype geführt:

  • Space: das ist ein Knowledge-Graph
  • Homepage: erstelle deine persönliche Seite
  • sowie ein paar weitere Informationen

Dann öffnet sich endlich die Hauptansicht:

Der Screenshot gibt nur einen kleinen Teil dessen wieder, was es in Anytype zu entdecken gibt. Wie ihr seht, handelt es sich hier um den Journal-Teil mit Aufgaben und täglichen Notizen. Über die Plus-Schaltfläche (unten in der Mitte) können diese Elemente hinzugefügt werden:

Die Standardeinstellung sind einfache Notizen, die man direkt eintippen kann. Alternativ gibt es Aufgaben (Task) oder Sammlungen (Collections). Wem das nicht genügt, kann aus einer Hierarchie aus eigenen Seitentypen (My types) auswählen. Der Screenshot zeigt euch, wie viel hier möglich ist.

Neben verschiedenen Ansichten (Listen, Bearbeitungsfluss, Bibliothek aller Objekte, zuletzt bearbeitet) bietet Anytype auch eine Graph-Darstellungen, in der die Zusammenhänge zwischen einzelnen Objekten zu sehen ist:

Dafür, dass es sich bei Anytype um eine frühe Version der Note-Taking-App handelt, bin ich ziemlich beeindruckt. Um alle Möglichkeiten der Anwendung zu erkunden, benötigt man vermutlich mehrere Stunden. Um den Umfang dieses Artikels nicht zu sprengen, schreibe ich noch etwas über die Bedingungen und Hintergründe.

Auf der Homepage der App werden einige Anwendungsbeispiele genannt: Daily Journal, Strategic Writing, Knowledge Base, Trip Planer, Study Hub, Recipe Book, Habit Tracker, Data Vault, Team Wiki, Shareable Documents, Press Kit, Startup Data Room, Curated Lists, Personal Portfolio, Community Hub, Public Blog, Shared Graphs, Collaborative Projects. Bei dieser Auflistung erschliesst sich einem, warum die Anwendung den Namen Anytype trägt.

Hinter der Software steckt eine Schweizer Gruppierung, die Any Association. Ihre Philosophie beschreibt die Gruppe so:

Vertraue unserem Code, nicht unseren Worten

Wir glauben, dass jede Software grundlegende digitale Freiheiten unterstützen sollte. Mit dem Aufstieg der Kryptographie und der Computersysteme ist es nun möglich, diese Freiheiten in der Welt der Bits zu garantieren: die Privatsphäre der Gedanken, die Redefreiheit, das Recht auf Urheberschaft und die Autonomie von Softwareanbietern. Diese Rechte können in den Code kodiert werden, der, wenn er offen ist, von jedermann frei überprüft werden kann. Auf diese Weise kann Vertrauen zwischen Nutzern und Entwicklern geschaffen werden.

Das ist unser Weg. Indem wir unseren Quellcode öffnen, stellen wir sicher, dass unsere Nutzer vollständige Autonomie und Unabhängigkeit von der Any Association haben. Du behälst die Möglichkeit, jede Softwarekomponente auf deinem eigenen Rechnern zu analysieren, zu kompilieren und auszuführen, ohne sich auf externe Parteien verlassen zu müssen. Dies garantiert einen ununterbrochenen Zugang zu den Werkzeugen und Daten, die sie erzeugen und speichern, und schützt sie vor möglichen Einschränkungen.

Wir sehen unsere Produkte als ein offenes Ökosystem, zu dem die Gemeinschaft auf verschiedene Weise beitragen kann, nicht nur durch die Mitarbeit am Kern-Quellcode. Mitwirkende können Integrationen entwickeln, Themen entwerfen, Anwendungsfälle für die In-App-Bibliothek erstellen oder Dokumentation und Übersetzungen bereitstellen.

Anytype ist zunächst offline, d. h. alle Daten, die man erstellt, werden zunächst lokal gespeichert. Danach werden die Daten zur Redundanz mit dem Backup-Knoten und den eigenen Geräten synchronisiert. Anytype verwendet ein privates Netzwerk für die Speicherung. Es handelt sich um ein Peer-To-Peer-Dateisystem, das die dezentrale Speicherung von Daten auf verschiedenen Geräten ermöglicht. Ausserdem verwendet das Tool die Deduplizierungsfunktion, um den Speicherplatz zu reduzieren. Wenn z. B. das gleiche Bild dreimal hochgeladen wird, wird nur eine Kopie gespeichert, um den Speicherverbrauch zu reduzieren.

Mediendateien werden bei der Gesamtsynchronisierung nicht direkt heruntergeladen, um Bandbreite zu sparen. Wenn die Datei angefordert wird, wird sie stattdessen vom Sicherungsknoten oder von eigenen Geräten im Netzwerk auf das Zielgerät gestreamt. Hat man z. B. ein 4K-Video, wird es vom Sicherungsknoten oder von P2P-Geräten auf das eigene Gerät gestreamt. Öffnet man also ein Objekt mit einem Bild, wird es heruntergeladen. Wenn man bei Video und Audio auf "Play" drückt, beginnt der Download. Danach wird diese Datei im Cache der Anwendung gespeichert.

Alle Daten sind in Anytype privat; der Verschlüsselungsschlüssel bleibt lokal hinterlegt. Keiner bei Anytype kann die Daten der Anwender entschlüsseln. Verliert man den Schlüssel, kann niemand den Zugriff wiederherstellen.

Quellen:

https://anytype.io/
https://github.com/anyproto/

Tags

Note-taking, All-in-one, CMS, Journal, Anytype, Notizen

jos
Geschrieben von jos am 27. Juli 2023 um 00:57

habe das appimage genommen, erster eindruck = super

Nebucatnetzer
Geschrieben von Nebucatnetzer am 28. Juli 2023 um 15:56

Bei NixOS hätte man auch einfach die Version von unstable nutzen können. Darum nutzt man NixOS, weil Pakete von einander isoliert sind und einfach funktionieren…

V wie Vendetta
Geschrieben von V wie Vendetta am 2. Januar 2024 um 16:37

Anytype sieht vielversprechend aus und könnte für mich von Interesse sein, aber Electron... Immerhin verwenden sie IPFS und vielleicht wird ja ein Projekt wie KDE einen alternativen, richtigen Client für Desktop-PCs entwickeln.