Beta von MuseScore 4 - ein grosser Sprung

  Daniel Schär   Lesezeit: 6 Minuten

Die Beta von Musescore 4 ist da, ein Meilenstein, der viel Vorfreude auf den Release aufkommen lässt.

beta von musescore 4 - ein grosser sprung

Mo. 31. Oktober 2022, Daniel Schär

Nachdem kürzlich die Freie DAW Ardour ein Update auf Version 7 erfahren hat, ist nun eine weitere Perle im Audio-/MIDI-Bereich an der Reihe: Musescore - zweifelsohne eine der beliebtesten Freien Notensatz-Apps. Der letzte offizielle Release ist die Version 3.6.2. vom 8. Februar 2021. Schon seit einiger Zeit ist die Entwicklung der Version 4 aber in vollem Gange und mit der ersten Beta die Version 4 kann man annehmen, dass der Release Candidate entsprechend zeitnah veröffentlicht wird. Ich habe diese Entwicklerversion getestet und wie die Versionsnummer 4 vermuten lässt, ist es ein grosser Wurf geworden. Hier die Details dazu: 

Neuer Look:

In Musescore 4 gibt es 400 neue Icons und neu anpassbare Farbschemata (hell, dunkel, hoher Kontrast). Beim Start wird man nun von einer überarbeiteten Startseite begrüsst, die nebst Zugriff auf lokale und Online-Partituren (von musescore.com) auch verfügbare Plug-Ins und Lernvideos (auf youtube) anzeigt. 

Ebenfalls kann man verschiedene "Arbeitsplätze" sprich Anordnung von Inhalten von Paletten und Fenstern definieren und abspeichern. 

Notensatz: 

Eine der wichtigsten Aufgaben einer Partitur-App ist, Noten möglichst professionell zu setzen. In MuseScore 4 gibt nun ein neues System für horizontale Abstände, für Bindebögen, für normale Balken und solche, die über mehrere Systeme gehen und hunderte weiterer kleinerer Korrekturen und Optimierungen für Liedtexte, Artikulationsplatzierung, Tremolo-Markierungen und allgemeine Positionierung. Auch die verbesserte Unterstützung von Tabulatur (z.B. Bends) ist hervorzuheben. Dies könnte für Gitarristen und Bassisten die Verwendung von speziellen Gitarrennotations-Apps überflüssig machen (wie z.B. TuxGuitar über das wir hier schon berichtet haben). 

Wenn man alte MuseScore 3 Partituren lädt, sollte keine besondere Konvertierung erforderlich sein, aber aufgrund der massiven Verbesserungen bei der Gravur viel besser aussehen und besser klingen, wenn man das Orchester-Plugin Muse Sounds verwendet (siehe Abschnitt Sounds).

Workflow:

Das Öffnen und Bearbeiten von Parts (Auszüge) in Musescore war immer eine unnötig grosse Hürde. Neu können die Parts  direkt durch einen prominent in der Mitte angeordneten Button geöffnet werden. Die Toolbar kann jetzt zudem nach Belieben angepasst werden. Der neue Plus-Button in der Toolbar ersetzt auch oftmals den Gang in ein Untermenü. 

Ebenfalls eine frustrierende Erfahrung, die nun erhebliche Verbesserung erfahren hat, ist der "Instrumente"-Dialog, der vorher in den Untiefen eines Menus verborgen war. Nun ist er genau wie die Werkzeug-Palette als Panel auf der linken Seite aufrufbar. Das Eigenschaften-Panel ersetzt den etwas angestaubten und unübersichtlichen "Inspektor" von Version 3.X

Plugins: 

MuseScore 4 unterstützt nun VST3-Instrumente und -Effekte. Alle auf dem Rechner installierten und kompatiblen VST-Plugins werden automatisch im Mixer verfügbar gemacht, wo man mehrere VST-Effekte stapeln und auf das jeweilige Plugin-Interface zugreifen kann. Leider funktioniert dies bei der 4.0 Version laut Marc Sabattella noch nicht: "For 4.0 that had to be temporarily disabled indeed due to complications in getting the effects UI working, but that work is expected to be completed soon after the initial 4.0 release."

Sounds: 

Sounds, die man im Mixer lädt, werden immer pro Partitur gespeichert, sodass das Synthesizer-Bedienfeld aus MuseScore 3 nicht mehr benötigt wird (es wurde in MuseScore 4 entfernt). SF2 und SF3 werden unterstützt, hingegen SFZ nicht mehr. Wenn man zuvor SFZ-Dateien für die Wiedergabe in MuseScore 3 verwendet hat, wird empfohlen einen freien VST-Sampler wie Sfizz zu verwenden, die SFZ-Wiedergabe unterstützen.

MuseScore 4 unterstützt neu eine kostenlose Sample-Bibliothek namens MuseSounds, die als separater Download erhältlich ist. Dieser wird via dem neuen MuseHub verfügbar sein, der leider nicht als Freie Software veröffentlicht wird.

Import/Export: 

Beim Import von GuitarPro-Dateien (gp3, gp4, gp5) kam es wiederholt zu Abspielfehlern. Wenn man sie aber erst einmal als MuseScore-Dateien abgespeichert hat, werden sie reibungslos wiedergegeben. Beim Export kann man nun wählen, ob man alle Parts separat oder in einer Datei haben will. Ebenso wird neu Braille unterstützt als Export-Format.

Mein Fazit: Die Beta ist noch nicht der Final Release und verschiedene Dinge aus Musescore 3 funktionieren noch nicht (siehe https://musescore.org/en/node/334701). Alles in allem ist mein Eindruck von der Beta-Version höchst positiv. Da sich der Workflow verändert hat, wird wohl der eine oder andere User um ein gewisses Umlernen nicht herumkommen können, insgesamt wird es sich aber wohl lohnen, da die App einen massiver Schritt vorwärts in Bezug auf Features (Notensatz, Sound) und vor allem Usability (zeitgemässes Design, Workflow) gemacht hat.   

Die Benutzer:innen sind zum Testen aufgefordert. Fehler meldet man auf https://github.com/musescore/MuseScore/issues - der Link "Programmfehler melden" unter dem "Hilfe"-Menü (sowie alle anderen Links) funktionieren (noch) nicht - zumindest bei mir.  

Achtung: MuseScore 4.0 läuft nicht mehr unter 32-bit Windows und macOS 10.13. Gründe dafür siehe: https://musescore.org/en/node/334684

Quelle: https://musescore.org/en/node/336003

Tags

Update, MuseScore, Notensatzprogramme

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