Captain it's Wednesday - Folge 065 - Lowtech

  Ralf Hersel   Lesezeit: 8 Minuten  🗪 4 Kommentare

Folge 065 des CIW Podcasts. Minimalismus und Lowtech

captain it's wednesday - folge 065 - lowtech

Minimalismus und Lowtech

Für ein optimales Hörerlebnis empfehlen wir eine Podcatcher-App zu verwenden. Zum Beispiel:

Der RSS-Feeds für den Podcast lautet: https://gnulinux.ch/podcast/gnulinux_newscast_rss.xml. Ihr findet uns in den Podcast-Verzeichnissen unter dem Suchbegriff: "GNU/Linux".

Wenn euch der Podcast gefällt, freuen wir uns über eine Unterstützung. Vielen Dank!

Shownotes

CIW - Folge 065 - 06.12.2023 - Lowtech

Intro

  • Wir begrüssen alle Minimalisten zur Folge 65 von "Captain it's Wednesday", dem Podcast über Freie Software und Freie Gesellschaft, aufgenommen am 2. Dezember von Tobias Zangerle und Ralf Hersel. In dieser Folge sprechen wir über Minimalismus und Lowtech.
  • Ich bin Tobias Zangerle und komme aus Südtirol (Italien). Gehöre der deutschen Sprachgruppe an. Ich bin Fachinformatiker / IT-Systemelektroniker. Zurzeit bin ich selbstständig.

Hausmitteilungen

  • Wir erfreuen uns über Zuwachs in der Redaktion. Sicher habt ihr bemerkt, dass neue Autoren regelmässig für Euch schreiben. Ephraims Wochenrückblick kennt ihr schon seit einer Weile. Dann gibt es Udo, Stefan, Felix, Johannes und caos, die sich ein Rennen um den Preis des Weihnachtswettbewerbs liefern. Darüber freuen wir uns sehr, weil das Ziel des GNU/Linux.ch-Projektes die breite Teilhabe der Community ist.
  • Ein weiterer Dank geht an alle Spender und an zwei neue Sponsoren, die Firmen Aitus und Agorum. Erstere leistet regulatorische Beratung im Open Source Umfeld an und Agorum bietet eine freie Dokumentenmanagementsoftware an.

Thema: Minimalismus und Lowtech

  • Minimal*ismus (Tobias)
    • Das Kleinste, sehr wenig, nur das Nötigste, das Wesentliche
    • Begegnet uns in allen Bereichen des Lebens (Kultur, Lebensstil, Technik usw.)
    • Minimalismus wird als "einfaches Leben" bezeichnet
    • Regt dazu an, sich Gedanken zu machen, was man wirklich braucht
    • Dazu gehört auch der Gedanke des Teiles, Verleihens, Wiederverwertung (Upcycling) und des Verschenkens
    • Sehr bekannt auf Social Media ist "Digital Detox"
  • Lowtech (Tobias)
    • Ist der Versuch, ein Problem mit einfachsten Mitteln verständlich zu lösen.
    • Technologien zu entwickeln, die im Einklang mit unserer Welt stehen.
    • Möchte das Wissen über Technologie weitergeben und verbreiten.
    • Regt zum Nachdenken über sich selber, die Welt und wie wir zusammenhängen nach.
    • Greift die Idee des KISS-Prinzips auf, mit Parallelen zu der Unix-Philosophie.
  • Ralfs Minimalismus
    • Als ich vor fast 20 Jahren geschieden wurde und aus meinem Haus ausziehen musste, habe ich, alle Verpflichtungen auf ein Minimum heruntergefahren. Ich habe alle Abos, Versicherungen und Verträge gekündigt und das Auto der Ex-Frau überlassen. Sozusagen: gehe zurück auf Start und ziehe keine 4000 Euro ein. Aus dieser befreiten Position habe ich entschieden, welche Dinge ich wirklich brauche, um ein glückliches Leben zu führen; und das waren sehr wenige.
    • Da es mir finanziell gut geht, kann ich mir solche Entscheidungen leisten. Das klingt paradox. Es ist jedoch etwas anderes, ob man zum Minimalismus gezwungen wird (Stichwort: Armut), oder ob man sich aus freien Stücken dazu entscheidet.
    • Heute habe ich mich an ein reduziertes (nicht minimales) Leben gewöhnt und vermisse nichts. Ich fahre per Fahrrad mit Anhänger zum Einkaufen, pendle mit dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit, bzw. bleibe 50 % im Homeoffice. Mein Motorrad habe ich kürzlich verkauft und durch einen Roller ersetzt. Auf Flüge verzichte ich nicht vollkommen. Alle paar Jahre, liegt auch einmal ein Übersee-Flug drin.
    • Man mag mir vorwerfen, dass ich Minimalismus aus einer privilegierten Position betreibe. Das ist richtig. Ich kann mir fast alles leisten, was ich will, ich mache es aber nicht, weil es mir nichts bedeutet.
  • Ralfs Lowtech
    • Tobias hat vorhin Beispiele für Lowtech genannt, auf die ich reagieren möchte:
    • Wenn es darum geht, Probleme mit einfachsten Mitteln zu lösen, fällt mir spontan die UNIX-Philosophie ein, über die ich neulich geschrieben habe. Ein Mittel für einen Zweck, aber gut.
    • Wie die Hörer und Hörerinnen wissen, habe ich mein altes Smartphone durch ein Fairphone mit einem Google-freien Betriebssystem (eOS) ersetzt. Damit leiste ich meinen Beitrag zur Nachhaltigkeit von Geräten und zu meiner persönlichen Freiheit.
    • Dass die Weitergabe von Wissen auch ein Aspekt von Lowtech ist, war mir neu und hat mich überrascht. Es gehört zu meinen liebsten Tätigkeiten, Wissen zu vermitteln. Deshalb arbeite ich für die FSFE und für GNU/Linux.ch und für all die anderen Projekte der letzten Jahrzehnte.
    • Für mich bedeutet Lowtech auch die technische Reduktion und Optimierung. Ich habe vor drei Jahren meine alte Synology-NAS durch einen Raspi 4 mit einem dicken Speicherriegel ersetzt. Das ist zwar keine RAID-Lösung, erfüllt jedoch ihren Zweck. Es ist schneller, einfacher, preiswerter und steht unter meiner Kontrolle.
    • Ich habe weder einen Netflix-, Spotify-, Amazon-, Youtube-, Google-, Sky-, you name it-Account. Diese brauche ich nicht, weil ich in meiner Freizeit Freunde treffe, in der Natur unterwegs bin, oder mich um GNU/Linux.ch und die FSFE-Zürich kümmere. Da bleibt keine Zeit für Serien-Binging.
    • Man mag sich fragen, warum mein Smartphone-Akku vier Tage lang hält. Die einfache Antwort ist: weil ich es kaum benutze. Ich bedauere alle Smombies, die im Zug sitzen oder in der Stadt herumlaufen, ohne nur eine Sekunde lang den Blick von ihrem digitalen Gefängnis abzuwenden. Fair enough, ich höre unterwegs gerne Podcasts; dabei kann ich den Leuten in die Augen schauen und werde nicht überfahren. Ausserdem schützt es mich vor den Drückergangs, die mir am Bahnhof eine Patenschaft verkaufen wollen, die ich bereits habe.

Links

Outro

  • Kontaktmöglichkeiten
    Euer Feedback ist uns wichtig. Ihr könnt uns über Matrix, Mastodon oder per E-Mail erreichen. Die Adressen findet ihr auf unserer Webseite.
  • Mitarbeit
    GNU/Linux.ch ist eine Plattform von und für die Community. Hier berichtet ihr über die News und Geschichten aus der Freien Software-Welt. Helft mit, die Infos für die Community zu bereichern. Wie das geht, erfahrt ihr hier.

Tags

Podcast, CIW, Captain

Sven
Geschrieben von Sven am 6. Dezember 2023 um 20:47

Danke für den interessanten podcast.So wird das Thema Lowtech noch etwas bekannter. Macht weiter so... ;)

HoSnoopy
Geschrieben von HoSnoopy am 7. Dezember 2023 um 09:27

Ha! Mein Handy ist 9 Jahre alt und läuft mit einem aktuellen SailfishOS4.5 grins - Aber zugegeben wird es ziemlich behäbig. Ich benutze es auch nicht für besonders viele Dinge. Dadurch tut es, was es soll, mehr aber auch nicht ;-). Ehrlichgesagt höre ich damit derzeit hauptsächlich Podcasts auf dem Weg zur Arbeit und zurück. Aber punktuell glänzt es mit der einen oder anderen App, an die eben keine Androidenapp rankommt: Fotokopierer und Kodimote (zum Fernsteuern von Kodi im LAN). Whatsapp geht "leider" nicht - aber ich drücke gerne mein Handy entsperrt jemanden in die Hand und sage dann "ich kann es mir nicht installieren, versuch du es doch" und lache mir dabei ins Fäustchen. Ich bin, denke ich, schon sehr Minimalist, allerdings habe ich vor fast 3 Jahren einen neuen PC für unsere Gemeinde gekauft - gute 1900€ bei Tuxedo - weil der alte 4kerner mit 8GB RAM beim Streamen aus dem letzten Loch gepfiffen hat. Also wenn neu, dann notwendig und dann auch richtig! ;) Privat habe ich nur gebrauchtes Zeugs rumliegen. Meine Frau arbeitet mit einem T430 mit 8GB RAM, ich habe einen Raspi4 und noch irgendwo einen klappscharniergeschädigten T420 mit 4GB rumliegen. Ich habe in meiner Gemeinde auch mal angeboten, etwa gebrauchte Handys mit DivestOS oder ähnlichem auszustatten, sodaß man sie auch wieder benutzen kann. A propos: Whatsapp benutze ich über ein altes Galaxy S5, dessen SIM-Kartenleser hinüber ist, da ist DivestOS drauf, es ist sonst nix drauf außer eben Whatsapp, und mit diesem Whatsapp verbinde ich per "Whatsapp-Web" einen XMPP-Transport, das heißt ich kann so mit meinem 9 Jahre alten SailfishOS-MotoG2 denn doch noch Whatsapps schreiben - per XMPP grins. Mal sehen, wie lange der DrecksMETA-Konzern das mitmacht.. Ich mache so 1-2mal die Woche das richtige Whatsapp-Handy ("WAnze") zum synchronisieren an. Meine Frau und meine Tochter haben das ganz ähnlich, benutzen dann aber das Whatsapp-Web von f-droid unter Android. Deren "WAnzen" sind auch alt, bzw. leicht beschädigt und sie laufen mit LineageOS. Nurso als Tipp, was man mit (ur)alten Handys noch so anstellen könnte.. ;-) Bis 2019 habe ich das mit Facebook ähnlich gemacht, dann konnte ich mich nicht mehr einloggen, weil behauptet wurde, mein Account wäre "gehacked" - und ich soll doch meinen Perso einscannen und zum verifizieren hochladen. Tipptipptipp (https://uli.popps.org/2019/05/22/und-tschuess-facebook/) So bin ich hier gelandet, seit November 2019 auf meiner eigenen Instanz, die ich im August umgezogen habe. Soweit von mir.. ;)

Understater
Geschrieben von Understater am 8. Dezember 2023 um 09:24

Ich habe es innerlich abgefeiert als Tobias sagte, dass er keine Hausautomatisierung braucht. Habe letztes Jahr die meisten Fenster gegen "bessere" getauscht, und der Installateur war ganz verwundert, dass ich keine Motorwellen in den Rollläden haben wollte. Muss dazu erwähnen, das bei meiner Schwägerin die Rollladenantrieb regelmäßig ausfallen und dann sitzen sie für Tage bei schönstem Sonnenschein Zuhause mit elektrischem Licht. Das auch, weil es lange dauert, bis ein Fachmensch dafür Zeit hat.

Gerade bei der Lichtschalterei bin ich eher skeptisch das sie einen energetischen Nutzen hat. Dazu müssen doch irgendwelche Aktoren und Gateways ständig unter Spannung stehen. Auf der anderen Seite beklagen sich alle das sie zu wenig Bewegung haben (oder sie klagen über ihr Gewicht). Das Ein- oder Ausschalten mit dem altmodischen Schalter gehört zu der Vielzahl an kleinen aber stetigen Bewegungen, die mich agil halten.

Ein anderer Aspekt bei dem Thema Lowtech sind die Bedienung und Reparatur. Alles was ich an Technologie in den Haushalt einbringe muss von meiner Frau bedienbar sein, oder sie muss auch ohne dem auskommen können. Weiterhin überlegen wir uns, wie die Dinge zu Reparieren sind.

Beispiel Heizung: Wir heizen noch mit Öl. Da kann ich zur Wartung oder bei Reparaturen eine Firma anrufen, die innerhalb einer Woche kommt. Ausfälle hatten wir da bisher nur, wenn ich die Firma gewechselt habe, oder schlechtes Öl bekommen habe. Ich traue es meiner Frau zu, das ohne mich weiter so zu handhaben. Bei einer Wärmepumpe nicht. Meine derzeitige Idee wäre demnach auf reine Infrarot-Heizung umzustellen, wenn Öl nicht mehr geht. Da reicht der Elektriker, wenn etwas nicht funktioniert.

Beispiel Cloud: Ich habe eine eigene Nextcloud nur im Hausnetz. Habe mich bei der Arbeit an die Nutzung gewöhnt und möchte sie privat nicht missen. Meine Frau braucht die nicht, sie fühlt sich mit ihrer Zettelwirtschaft wohl. Auch eine gute Lösung für sie, wenn ich mal tot bin.

Andreas
Geschrieben von Andreas am 10. Januar 2024 um 14:35

Hallo liebes Team, ich fand den PodCast über Minimalismus total super. Auch ich bin auf dem Weg, mich von viel Ballast zu trennen. Dafür gibt es keine finanziellen Gründe. Vieles, was man sich angeschafft hat, benötigt man einfach nicht (mehr)!

Kleines Beispiel: Ich habe mir vor einiger Zeit ein MacBook Pro gekauft. Das war nicht unbedingt günstig! Aber egal! Ca. 1 Jahr später kam meine jüngste Tochter zu mir und sagte: Papa, mein MacBook Air schwächelt und läuft nicht mehr richtig. Ich muss dazu sagen, sie befand sich noch im Studium! Also haben wir die Geräte getauscht. Sie bekam mein relativ neues MacBook Pro und ich ihr altes MacBook Air. Dieses Gerät ist aus dem Jahr 2015. Ich habe dem Gerät einen neuen Akku spendiert und eine neue SSD. Das ging nun glücklicherweise auf dem Gerät. Da es aber kein MacOS-Update für diese Serie mehr gab, entschloss ich mich, darauf Linux zu installieren. Meine Entscheidung viel auf das LMDE. Was soll ich sagen: Das System läuft raketenmäßig schnell und stabil. Ich bin total glücklich damit. Gefühlt läuft das Linux viel viel schneller auf dem Gerät, als das alte MacOS 10.12 Dieses alte MacBook-Air (Baujahr Anfang 2015) ist nun mittlerweile fast 9 Jahre alt, aber mit dem Linux wurde dem Gerät richtig neues Leben eingehaucht. Ich freue mich riesig darüber!!!! I