CLAP - das Ende der AAX/VST-Ära?
Fr. 17. Juni 2022, Daniel Schär
Audio-Plugin-Standards gibt es zwar einige unter Linux, aber wenn man die Kandidaten nach offener Lizenz eingrenzt, bleiben LV2 und LADSPA als einzige bekannte Vertreter – beide schon etwas in die Jahre geraten und leider nur auf Linux verbreitet. Genau da setzt der bekannte DAW-Hersteller Bitwig und der Audio-Plugins Hersteller u-he an, die in Zusammenarbeit CLAP entworfen und veröffentlicht haben. CLAP steht ganz simpel für CLever Audio Plugin.
Die Vorteile von CLAP?
- CLAP ermöglicht die gemeinsame Multicore-Unterstützung zwischen Plug-in und Host durch einen sogenannten "Thread-Pool", der es auch Hosts möglich macht, das CPU-Threading für Plug-ins zu verwalten, die ihre eigene Multicore-Unterstützung anbieten.
- CLAP-Hosts können Plug-in-Metadaten lesen und die Organisation Ihrer Plug-ins unterstützen, müssen also nicht auf deren Initialisierung warten zu müssen, womit Plug-in-Scans wesentlich schneller durchgeführt werden können.
- In einer zukünftigen Version wird das Plug-in dem Host mitteilen können, welche Dateien es benötigen (z. B. Samples oder Wavetables), und der Host kann diese dann in der Projektdatei zusammenfassen. Das bedeutet, dass beim Übertragen eines Projekts zwischen verschiedenen Systemen kein Sample verloren geht.
- CLAP unterstützt Automation und Modulation pro Note (in Übereinstimmung mit den neuen MIDI 2.0 Spezifikationen).
- Noch einen Schritt weiter geht das CLAP-Konzept der Parametermodulation, das temporäre Offsets ermöglicht. Die Parametermodulation ist nicht-destruktiv.
- CLAP ermöglicht es polyphonen Plug-ins, ihre Parameter pro Stimme für einzelne Noten zu modulieren.
Mit diesem neuen Standard sollen Host-Entwickler dazu inspiriert werden, ihre Produkte um neue Funktionen zu erweitern, ohne auf das KISS-Prinzip zu verzichten.
Der Entwickler Alexandre Bique begann schon um 2015 seine Arbeit an CLAP, erst jetzt aber haben namhafte Hersteller ihr Interesse daran kundgetan oder schon implementiert, darunter die Beta von Bitwig 4.3 oder man höre und staune - der Branchenriese Avid (ProTools). Dass DAW den Support einbaut, ist nur die halbe Miete. Auch die Plugin-Hersteller müssen überzeugt werden auf den freien Standard umzusteigen bzw. ihre Plugins zusätzlich auf in diesem Standard zu veröffentlichen. Der OpenSource-Synth Surge ist ein Vorreiter davon. Ob man damit die proprietären Standards AAX (von ProTools) und VST (von Steinberg) bzw. AU (von Apple) längerfristig ernsthaft konkurrieren kann, hängt vom Interesse der Hersteller und User ab und natürlich der Praktikabilität der Plugin-Hersteller, ihren vorhandenen Code anzupassen (was sich meiner Kenntnisse als Nicht-Programmierer entzieht). In einigen Foren wird genau das bemängelt, dass es (noch) an einem Killer-Feature für den User fehlt, sodass es für Programmierer auch nicht mehr als das Lizenzierungsproblem mit VST löst.
Was denkt ihr dazu? Schreibt es in die Kommentare.
Quellen: