Der Preis für Social Media

  Fabian Schaar   Lesezeit: 6 Minuten  🗪 3 Kommentare

Social Media hat Vorteile. Aber was müssen wir eigentlich dafür zahlen?

der preis für social media

Hinweis: Dieser Text ist zuerst auf meinem persönlichen Blog erschienen.

Wie habe ich eigentlich schon darüber geschrieben, dass ich die großen sozialen Netzwerke Twitter, Instagram (und Facebook) nicht besuche oder benutze? Ich habe jedenfalls nicht mitgezählt – aber falls ihr das gemacht haben solltet, könnt ihr den Stand jetzt um eins erhöhen. An manchen Tagen freue ich mich sehr, nicht auf den großen sozialen Netzwerken unterwegs zu sein – oder unterwegs sein zu müssen. Denn als ich Twitter und Instagram noch genutzt habe, war ich mit der Zeit immer weniger mit diesen Plattformen zufrieden: Instagram wurde immer nerviger und Twitter hat Elon Musk aus dem Rennen genommen. Einen Account bei Facebook hatte ich ohnehin nie. Ja, ich rede und schreibe gern über dieses Thema, weil es für mich wie kein zweites ein gewisses Spannungsfeld abbildet: Das, in dem wir uns im interaktiven „Web 2.0“ stets und ständig wiederfinden.

Nachdem die klassischen Nutzungsformen des Web 1.0, insbesondere das Basteln eigener Homepages oder das Verfassen langer Blogartikel etwas aus der Mode gekommen ist, hat sich das Web 2.0 entwickelt. Damals, als die oben genannten großen sozialen Netzwerke gegründet und immer größer wurden, hat ein Trend eingesetzt hin zu dem Netzwerksystem, das das Web noch bis heute dominiert. Inhalte von Nutzern werden heute in großem Maßstab auf Plattformen veröffentlicht, bei denen sich prinzipiell jeder anmelden kann. In der Regel geht das kostenlos; aber wem erzähle ich hier etwas neues. Ich möchte ja nur einmal resümieren: Das Web 2.0 ist heute eine besonders bedeutsame Form, Inhalte ins Netz zu stellen und zu diesen Stellung zu beziehen. Ob Texte, Kurznachrichten, Videos oder Audios: Für die verschiedenen Medienformen existieren oftmals gleich mehrere Dienste.

In der Schule habe ich gelernt, dass man immer erst etwas positives zur Arbeit eines anderen sagen soll, wenn man diese einschätzt: Die verbreiteten Dienste des Web 2.0 lassen sich an vielen Stellen kritisieren. Aber bevor ich zu diesem Teil übergehe, möchte ich zunächst ein paar interessante Aspekte hervorheben, die wir hier vielleicht auch nicht vergessen sollten: Dienste wie Twitter zum Beispiel haben Kommunikation im Netz viel schneller und sicherlich auch einfacher gemacht. Es ist nachvollziehbar, wenn nicht jeder eine Webseite schreiben möchte, der etwas über das Web mitteilen mag. Die großen sozialen Netzwerke haben die Kommunikation über das Netz als ganzes mit Sicherheit verstärkt. Und ich wage auch zu behaupten, dass durch die großen sozialen Netzwerke mehr Menschen überhaupt mit dem Netz in Kontakt gekommen sind. Vermutlich sind so auch wesentlich mehr Perspektiven in das eingeflossen, was ich gerne als „Netzkultur“ zusammenfasse.

Als Teil des WWW können soziale Netzwerke Menschen einen Raum geben, um ihre Ansichten, Meinungen und auch ihr Wissen mit anderen zu teilen. Das finde ich schön und möchte es den großen Plattformen auch nicht absprechen, wenn meine Kritik an ihnen harsch ausfällt. Allerdings stellt sich doch immer die Frage, welchem Preis man dafür zahlen muss, um die Vorzüge sozialer Netzwerke ausschöpfen zu können. Facebook, Twitter, Instagram und Konsorten: Das sind alles kommerzielle Dienste, die nicht aus Luft und Liebe erstellt, erhalten und weiterentwickelt wurden und werden. Auf den großen Social-Media-Plattformen bezahlen Nutzer heute in der Regel mit ihren Daten und ihrer Zeit.

Ich bin froh, dass sich über das Fediverse viele Vorteile sozialer Medien nutzen lassen, ohne die kommerziellen Interessen eines Unternehmens im Hintergrund. Doch als politisch und kulturell interessierter Mensch frage ich mich manchmal eines: Was verpasse ich eigentlich, jetzt da ich zum Beispiel kein Instagram und Twitter mehr verwende. Instagram ist mir hier eigentlich recht egal – denn die dort geteilten Inhalte interessieren mich oft eher weniger. Bei Twitter sieht das schon etwas anders aus. Denn manchmal kann dieses Netzwerk auch einfach eine sehr schnelle Informations- und Nachrichtenquelle sein. So habe ich es zumindest in Erinnerung. Klar, ob sich dort sinnvoll streiten lässt, ist schon ein Streitpunkt für sich. Aber die ein oder andere Schlagzeile mitzubekommen, ein paar Meldungen abgreifen zu können – Twitter ist nicht ohne Grund zu einer großen Plattform geworden.

Ich finde es nachvollziehbar, wenn Leute Twitter aus derartigen Gründen verwenden. Aber dann holen mich schnell wieder die Bedenken ein, wegen der ich dieser Seite einst den Rücken gekehrt habe. Die Bedenken erinnern mich sozusagen daran, warum ich Twitter nicht mehr verwende. Und das ist auch gut so. Natürlich geht es bei den großen kommerziellen Anbietern von Social-Media-Diensten primär um die Werbeeinnahmen. Aber ohne Nutzer ist eine Plattform eben auch für Werbetreibende uninteressant. Wer eine solche kommerzielle Plattform verwendet, unterstützt diese auch, mit der eigenen Anwesenheit.

Das Fediverse übertrifft insbesondere Twitter schon an vielen Stellen, diese Vorteile überwiegen auch deutlich. Aber der altbekannte Netzwerkeffekt, dass eine Plattform immer auch an der schieren Menge ihrer Nutzer gemessen wird, lässt sich nicht ausblenden. Ich bin bereit, das Fediverse weiterhin zu unterstützen. Ich würde Mastodon, Friendica und die anderen Fedi-Dienste auch verwenden, wenn sie nicht einmal annähernd an die Funktionalität der großen sozialen Netzwerke anknüpften. Ganz einfach, weil das Fediverse so viele eigene Akzente setzt, dass es sich nicht immer mit anderen, kommerziellen Diensten vergleichen muss.

Ich komme aber auch nicht umhin, selbst derartige vergleiche anzustellen: Das Fediverse ist ein Netzwerk aus sozialen Netzwerken und deswegen messe ich es auch anhand meiner Verwendungszwecke für andere Dienste. Der entscheidende Unterschied ist aber: Im Fediverse habe ich meist nicht das Gefühl, einen Handel eingehen zu müssen. Ein Tauschgeschäft, zum Beispiel mit meinen Daten, was mir über die Zeit immer weniger fair vorgekommen ist. An diesem Eindruck hat sich bis heute eigentlich nichts geändert.

Vielleicht sollte ich mich also weniger fragen, was ich verpassen könnte. Stattdessen könnte ich mich ja auch einfach darauf konzentrieren, was mir am Fediverse gefällt. Und auf das, was ich ohne Twitter und Co. auch nicht mehr mit ansehen muss. Kommerzielle soziale Medien machen uns ein Angebot – aber das müssen wir nicht annehmen.

Bildnachweis: Jason Howie, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Tags

Social Media, Fediverse, Mastodon, Friendica, Twitter, Instagram, Facebook, X

mw
Geschrieben von mw am 2. August 2023 um 09:05

Social networks? Nein, danke. Ob Twitter, Facebook, Instagram, LinkedIn und wie die Dinger alle heißen, wozu? meist ist es vertane Lebenszeit sich damit zu beschäftigen und der Furz irgendeines Nutzers interessiert mich nicht. Ich lebe sehr gut ohne Social Network im Web. Meine sozialen netzwerke sind reale Kontakte mit meinen Mitmenschen. Ich nehem Anteil an ihrem Leben und sie an meinem. Soziale Kontakte sind durch nichts zu ersetzen, schon gar nicht durch werbeverseuchte Plattformen von Unternehmen, der nichts gutes im Sinn haben. Wie hieß der alte Post Spruch: Ruf doch mal an... Ein Gespräch ist mehr wert als 1000 Postings.

Dietmar
Geschrieben von Dietmar am 2. August 2023 um 09:17

Hallo Fabian, du solltest nicht an dir zweifeln. Die großen "Sozialen Netzwerke" haben aus meiner Sicht nicht viel mit sozial zu tun. Sie sind durch die Bank weg äußerst effektive kommerzielle Einrichtungen um Nutzerdaten, bzw. deren Verhaltensdaten zu analysieren und diese in monetären Gewinn umzuwandeln. Die Nutzer/Mitglieder dieser Netzwerke bekommen einen geringfügigen Gegenwert für die kostenfreie Lieferung von Verhaltensüberschuss. Oder anders, der Dienst wurde geschaffen um diesen Verhaltensüberschuss sammeln, auswerten und gewinnbringend verwenden zu können. Siehe vorallem die Erklärungen in Shoshana Zuboff's "Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus". Die andere negative Seite dieser Netzwerke sind sicherlich die negativen Auswüchse im Umgang der Nutzer mitenander. Viele nehmen keine Rücksicht mehr aufeinander. Sie achten nicht die Persönlichkeit und die Rechte eines Jeden, der etwas anders denkt. Diese Entwicklungen werden nachweislich durch die dahinter stehenden Algorithmen gefördert. Dazu gibt es mehr als genug Auswertungen, Studien und Meinungen. Grundsätzlich dient die hinterlegte Programmierung wiederum dazu die Aufmerksamkeit zu binden und so wieder mehr Informationen und Daten zu bekommen. Nutzer (nicht Kunden) an die Plattformen binden ist das Ziel. Diese Geschäftsmodelle dienen nur einem, aber auf jeden Fall nicht den Menschen, welche diese Dienste nutzen. 2012 hatte ich mal einen Facebook-Account, habe schnell gemerkt, was mit mir passieren soll. Zeit war der Faktor, den sie mir stehlen wollten. Diese ist mir persönlich mehr Wert als die oberflächlichen Nachrichten und Posts "meiner Freunde". Man kann sich auch auf andere Art und Weise informieren und Kontakte pflegen und erhalten. Das ist mitunter etwas aufwändiger, lohnt sich jedoch für ein gutes, innerliches persönliches Gefühl nicht zu der Herde zu gehören, welche sich leiten und lenken lässt ohne frei selbst zu denken. Danke für deinen Beitrag

kamome
Geschrieben von kamome am 5. August 2023 um 11:41

> Nachdem die klassischen Nutzungsformen des Web 1.0, insbesondere das Basteln eigener Homepages oder das Verfassen langer Blogartikel etwas aus der Mode gekommen ist, hat sich das Web 2.0 entwickelt.

Da bin ich wohl etwas old-school – für mich ist gerade das erstellen eigener Weblogs per CMS mit Kommentar- und Vernetzungsmöglichkeiten untereinander der Moment, an dem Web 2.0 anfängt (und die großen kommerziellen Netze haben es dann pervertiert).