Kurztipp: Debian-Backports in Stable einbinden und handhaben

  Fabian Schaar   Lesezeit: 6 Minuten

Die Debian-Backports bieten eine einfache und offiziell unterstützte Möglichkeit, aktuelle Software auf Debian Stable zu nutzen. Die Handhabung ist sehr einfach.

kurztipp: debian-backports in stable einbinden und handhaben

Debian Stable ist bekannt als solides System, als der Fels in der Brandung, auf den sich viele, egal ob Anwender oder Distributoren, verlassen und verlassen können. Allerdings kommen einige immer wieder in ein Dilemma mit der Distribution: Durch seine ausführliche Testphase und den relativ langen Freeze-Zeitraum sind stabile Debian-Veröffentlichungen zwar besonders robust, hängen anderen Distributionen aber oftmals auch schon bei der Freigabe deutlich hinterher, was die Versionsstände angeht.

Sicherlich braucht es nicht immer die neueste Software, wenn man einfach ein verlässliches System auf der Platte wissen möchte, das garantiert die nächsten zwei bis drei Jahre durchgehend genutzt werden soll. Manchmal kann es aber sein, dass aktuellere Versionen bestimmter Systemkomponenten benötigt werden. Die Möglichkeiten, in der Debian-Welt an diese heranzukommen, sind vielfältig. Besonders interessant sind die Debian-Backports, die sich sehr gut in das System integrieren.


Einige nutzen statt der momentanen stabilen Veröffentlichung zum Beispiel den Testing-Zweig von Debian, also das Repository, in dem die nächste stabile Version zusammengeschustert wird. Dabei ist der Testing-Zweig ein eher gemäßigtes fortlaufend aktualisiertes System; neue Pakete müssen sich zunächst zwischen zwei und fünf Tage lang im unstable-Zweig als fehlerfrei erweisen, um in darin aufgenommen werden zu können. So ergeben sich aber einige Probleme.

Zum einen wird die Testphase über Unstable/Sid in jedem Fall einbehalten, auch bei sicherheitskritischen Aktualisierungen. Debian Testing wird im Gegensatz zur stabilen Veröffentlichung nicht vom Debian-Sicherheitsteam betreut und hinkt, der initialen Testphase sei Dank, mindestens zwei Tage hinterher.

Außerdem fliegen Pakete, in denen Bugs und Fehlerchen gefunden werden, und seien sie noch so klein, schneller aus Testing raus, als ambitionierte Anwender "Bookworm" tippen können. In der Vergangenheit betraf das jüngst auch populäre Pakete, beispielsweise Audacity oder Synaptic. Dabei ist auch nicht garantiert, dass die betroffenen Pakete in absehbarer Zeit in Testing zurückkehren. Teilweise bleiben Pakete über ein Jahr lang aus Testing ausgeschlossen.

Eine weitere Option ist die Nutzung des Unstable- oder Sid-Zweigs der Distribution. Dieser wird niemals eingefroren und ist, was Aktualität und Aktualisierungsrhythmus angeht, am ehesten mit Arch Linux vergleichbar. Wenn aber nur eine bestimmte aktuelle Komponente benötigt wird, ist Sid auch nicht unbedingt die beste Lösung.

Obwohl Sid insgesamt sehr robust ist und vergleichsweise wenig Wartungsaufwand verursacht, kann eine vollständige Funktionalität nicht unbedingt gewährleistet werden. Besonders bemerkbar wird das bei Migrationsphasen von Paketgruppen, den sogenannten "Transitions". Zum Beispiel gab es vor kurzem eine Qt-Transition zu Qt 15.7. Gerade, wer den KDE-Desktop einsetzt, musste in dieser Zeit vorsichtig sein.

Eine gute Zwischenlösung, die auf hauseigene Debian-Werkzeuge und -Infrastruktur zurückgreift, sind die Debian-Backports. Diese bezeichnen ein bestimmtes, eher unbekanntes Repository, in dem rückportierte Software aus dem Testing-Zweig für derzeitige Stable-Systeme angeboten wird.

Dabei werden aktuellere Software-Versionen entsprechend den in Stable vorhandenen abhängenden Paketen neu gebaut. Die Debian-Backports lassen sich sehr einfach in ein laufendes System einbauen. Momentan werden Backports für Stable (Bullseye) und Oldstable (Buster) angeboten. Um die Bullseye-Backports zu aktivieren, muss folgende Schrittfolge ausgeführt werden.

Zunächst fügt man folgende Zeile in die Datei '/etc/apt/sources.list' hinzu:

deb http://deb.debian.org/debian bullseye-backports main

Diese muss dazu, bestenfalls mit einem Terminal-basierten Texteditor, als Root bzw. über sudo geöffnet werden. Ist das geschehen, können die Debian-Quellen über den folgenden Befehl aufgefrischt werden:

sudo apt update

Sobald die Paketquellen auf den neuesten Stand gebracht wurden, können Pakete aus den Backports einfach über die Konsole oder auch über grafische Installationswerkzeuge wie Gnome Software, Discover oder Synaptic installiert werden. Auf der Kommandozeile gibt es folgende Möglichkeiten, als Beispiel soll hier das Paket amfora installiert werden:

sudo apt install amfora/bullseye-backports

oder

sudo apt install -t bullseye-backports amfora

Um zu Überprüfen, ob ein Paket in den Backports verfügbar ist, kann die Website https://backports.debian.org/Packages/ verwendet werden. Zuverlässigere Ausgaben liefert aber eine Abfrage über apt: Als Beispiel sollen hier alle verfügbaren Linux-Abbilder aufgelistet werden. Da dabei lediglich die Paketdatenbank befragt und die Ausgabe gefiltert wird, sind keine Root-Rechte nötig.

apt search ^linux-image | grep bullseye-backports

Das kleine Dach vor dem Suchbegriff filtert die Ausgabe dabei so, dass nur Pakete angezeigt werden, die mit dem Suchbegriff beginnen. Der grep-Befehl hinter der Pipe begrenzt die Ausgabe dann auf Zeilen, in denen "bullseye-backports" vorkommt.

Da Pakete bei Debian immer dem Namensschema <Name>/<Repo-Teil> folgen, bekommt jedes Paket genau eine Zeile zugewiesen, wodurch die Ausgabe sehr übersichtlich wird.

Um alle Pakete, die aus den Backports installiert wurde, anzuzeigen, kann zum Beispiel der folgende Befehl genutzt werden, auch dafür sind keine Root-Rechte notwendig:

dpkg-query -W | grep '~bpo'

Da die Backports immer aus Testing rückportiert werden, sollte es bei großen Versionsaktualisierungen (über eine Hauptveröffentlichung, zum Beispiel Bullseye zu Bookworm) zu keinen Problemen kommen. Die entsprechende Zeile kann dann aus der Datei /etc/apt/sources.list entfernt oder auskommentiert werden. Nach einer gewissen Zeit sollten auch Backports für die neue stabile Veröffentlichung verfügbar gemacht werden.

Sollte durch ein Backport-Paket eine bestehende Systemkomponente aktualisiert werden, ist dies ohne manuelle Interventionen möglich, da eine aktuellere Version bei Debian immer die ältere "überschreibt". Bei neueren Kernel-Abbildern können im Bootloader Grub auch ältere Kernel ausgewählt werden, die neueste Version ist dabei immer die standardmäßig priorisierte.

Die Debian-Backports bieten eine tolle Möglichkeit, neue Software auf einem stabilen Debian-System zu nutzen, ohne auf Drittanbieter-Lösungen wie Flatpak oder Snap zurückgreifen zu müssen. Natürlich muss auch dazu gesagt werden, dass Pakete aus den Backports weniger intensiv getestet werden als die Pakete aus den Haupt-Paketquellen und nur bestimmte Software über diesen Weg installiert werden kann.

Quellen:
https://backports.debian.org/
https://wiki.debian.org/Backports

Bild:
Debian OpenLogo; Debian-Projekt (CC BY-SA) via Wikimedia Commons:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Debian-OpenLogo.svg

Tags

Debian, Backports, Apt, How-To's

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