Neue GCC-Richtlinie zur Urheberrechtsübertragung

  Ralf Hersel   Lesezeit: 3 Minuten

Die GNU Compiler Collection löst sich von der Rechteübertragung an die Free Software Foundation.

neue gcc-richtlinie zur urheberrechtsübertragung

Die GNU Compiler Collection (GCC) umfasst Frontends für C, C++, Objective-C, Fortran, Ada, Go und D sowie Bibliotheken für diese Sprachen. GCC wurde ursprünglich als Compiler für das GNU-Betriebssystem geschrieben. Das GNU-System wurde entwickelt, um 100 % freie Software zu sein, frei in dem Sinne, dass es die Freiheit des Benutzers respektiert.

Wie das GCC Steering Committee nun mitteilt, ist man nicht mehr bereit, die Urheberrechte an die Free Software Foundation (FSF) abzutreten. Damit tritt das Projekt aus dem Schatten der FSF heraus, weil man deren Regelungen entwachsen sei und nun selbstständig agiere.

Dies ist ungewöhnlich, da normalerweise alle Rechte von GNU-Projekten an die FSF übertragen werden müssen. Der Grund dafür liegt in der einfacheren Durchsetzung der Rechte gegenüber Dritten. Geplant ist, statt der Rechteübertragung von nun an ein kollektives Modell des Urheberrechts zu nutzen, das so ähnlich auch für den Linux-Kernel umgesetzt wird. Als Basis dazu soll das 'Developer Certificate of Origin' dienen. Die Idee dahinter ist, dass damit das Projekt und auch dessen Lizenz nicht von einem einzigen zentralen Unternehmen oder Verein kontrolliert werden kann.

Das Steuerungsgremium der GSS schreibt dazu:

Die GCC entstand als Teil des GNU-Projekts, hat sich aber zu einem autonomen Projekt entwickelt. Der GCC-Lenkungsausschuss hat beschlossen, die Anforderung zu lockern, das Copyright für alle Änderungen an die FSF abzutreten. GCC wird weiterhin entwickelt, vertrieben und lizenziert unter der General Public License v3.0. Die GCC wird nun Beiträge mit oder ohne eine FSF-Urheberrechtsabtretung akzeptieren. Diese Änderung ist konsistent mit der Praxis vieler anderer grosser freier Projekte, wie zum Beispiel dem Linux-Kernel.

Diese Entscheidung ist ein Affront gegen die Free Software Foundation. Nach der überraschenden und kontrovers diskutierten Rückkehr von Richard Stallman (RMS) in den Vorstand der FSF, kann dieser Schritt der GCC als Retourkutsche gesehen werden. RMS sieht sich als Gründer des GNU-Projekts weiter selbst als Projektleiter, der formal die Kontrolle über die einzelnen Teilprojekte ausübt.

Nun entdecken GNU-Projekte - wie die GCC - ihre Unabhängigkeit, sagen sich los vom Rechtemodell der FSF und organisieren sich unabhängig. Die GCC-Community entfernte den ohnehin nur formal als Mitglied im Leitungsgremium geführten Stallman offiziell aus der Liste ihrer Mitglieder.

Ob dieser Schritt der freien Sache dient, wird die Zeit zeigen. Sicherlich wird es nun für das GCC-Projekt schwieriger, ihre Urheberrechte ohne die FSF durchzusetzen. Ist dies eine Trotzreaktion oder ein logischer Schritt? Bestimmt war der RMS-Putsch ein Faktor für diese Entscheidung.

Quelle: https://gcc.gnu.org/pipermail/gcc/2021-June/236182.html

Tags

GCC, FSF, GNU-Projekts, GNU, RMS, Urheberrecht

Es wurden noch keine Kommentare verfasst, sei der erste!