Tilt-Shift Effekt

  Ralf Hersel   Lesezeit: 4 Minuten  🗪 1 Kommentar Auf Mastodon ansehen

Der Fotoeffekt erinnert oft an Miniaturlandschaften, kann aber auch für das Hervorheben von Szenen verwendet werden. Der Artikel erklärt, wie man den Effekt mit einfachen Mitteln erzeugen kann.

tilt-shift effekt

Der Tilt-Shift Effekt, den ihr im Titelbild seht, ist durch seine untertriebene Tiefenschärfe und übertriebene Farbsättigung in zentralen Bereichen bekannt. Wenn ihr im Internet nach "tilt shift"-Bildern sucht, werdet ihr sofort erkennen, was diesen Effekt ausmacht. Meist wirken die Bilder wie aus einer Miniaturlandschaft aufgenommen. Um solche Bilder zu erzeugen, kann man teure Spezialobjektive verwenden oder sie am Computer nachbilden.

Hier ist, was ifolor dazu schreibt:

Die Begrifflichkeit setzt sich zusammen aus den Wörtern Tilt (englisch: neigen) und Shift (englisch: verschieben). Mittels Verschiebung der Position der Objektivebene gegenüber der Bildebene können durch den Kameraschwenk bedingte perspektivische Verzerrungen vermieden werden. Diese entstehen durch das Prinzip der Zentralprojektion der Kamera, wobei horizontale Linien korrekt dargestellt werden, während vertikale Linien scheinbar auf einen Fluchtpunkt zulaufen. Eingesetzt wird dieses nach seinem Erfinder Theodor Scheimpflug benannte Prinzip vor allem in der Architektur-Fotografie, aber auch bei Landschafts- und Produktfotos, um das Auftreten von sogenannten stürzenden Linien zu unterbinden. Diese Verjüngungen der parallel verlaufenden vertikalen Linien entstehen unter anderem, wenn Objekte von „unten nach oben“ fotografiert werden.

Tilt-Shift-Objektive lassen sich nicht auf die Behebung von perspektivischen Fehlern reduzieren. Mit ihnen ist noch weit mehr möglich. Sehr beliebt ist der sogenannte Miniatureffekt, der Bilder erscheinen lässt, als seien sie in einer Miniaturlandschaft entstanden. Zustande kommt dieser Effekt durch die Tilt-Funktion der Objektive. Durch das Neigen der Objektivebene lässt sich die Schärfe des Bildes steuern. Dabei wird ein Teil des Bildes, zum Beispiel ein Streifen in der Bildmitte, bewusst scharf dargestellt, während der Rest des Motives unscharf erscheint. Aus erhöhter Position fotografiert, wirkt es nun wie eine Miniaturszene.

Falls ihr bei dieser Beschreibung wenig verstanden habt, können wir uns die Hand reichen. In diesem Artikel geht es darum, wie man den Effekt mit einfachen Mitteln nachbilden kann. Grundsätzlich eignen sich Fotos, die einen hohen Detailreichtum auf einer Bildebene aufweisen, etwa einen Markt mit vielen Leuten. Als Beispiel habe ich dieses Bild gewählt, welches ich im Juli in Santiago de Compostela (Spanien) aufgenommen habe.

Das Originalbild

Mit Tilt-Shift Effekt, nachdem Ralf daran herumgestümpert hat.

Wie ihr seht, verleiht der Effekt dem Bild mehr Dynamik und Fokus. Zugegeben, ich habe keine Ahnung von Fotografie, aber dieser Effekt hat mich schon immer interessiert. Ich hatte Lust, einen Artikel darüber zu schreiben, der aufzeigt, wie man den Tilt-Shift Effekt einfach nachbilden kann. Im Internet findet man tausende Anleitungen dazu; alle machen es ein wenig anders (einfach oder kompliziert). Es gibt sogar ein ImageMagick-Skript dafür, welches ich nicht ausprobiert habe.

Stattdessen habe ich es mit GIMP versucht. Darin öffnet ihr das Originalbild (ach was) und wählt in der Mitte einen kreisrunden oder ovalen Bereich aus. Dann invertiert ihr die Auswahl und werft einen gausschen Weichzeichner darauf. Fertig, oder noch nicht?

Man kann den Effekt bereits erkennen, aber die Grenze zwischen Weichzeichner und dem scharfen, inneren Bereich ist zu hart. Ich habe nicht herausgefunden, ob man bei der kreisförmigen Auswahl einen Gradienten im Grenzbereich definieren kann. Doch GIMP kennt den Filter: Weichzeichnen, Fokus-Weichzeichnen. Hier seht ihr ein übertriebenes Beispiel, bei dem man den Filtereffekt gut sehen kann:

Durch die drei Segmente erhält die Weichzeichnung einen abgestuften Gradienten. Nun wendet man den Fokus-Weichzeichner mit geeigneten Parametern an. Zusätzlich kann man die Farbsättigung erhöhen, was ebenfalls typisch für Tilt-Shift Fotos ist.

Ihr könnt selbst beurteilen, wie gut mir der Effekt gelungen ist. Ich bin nicht besonders überzeugt. Deshalb habe ich einen Online-Dienst ausprobiert, der sich auf Tilt-Shift spezialisiert hat. Hier ist das Ergebnis:

Nun ja, hier wurde keine Ellipse, sondern ein horizontaler Streifen ausgewählt. Zudem sind die Weichzeichnung und die Farbsättigung krasser. Mein Ergebnis gefällt mir besser.

Ich habe eine alte Anleitung in meiner Knowledgebase gefunden, mit der man es besser machen kann. Leider verstehe ich meine eigene Anleitung nicht mehr:

Zunächst ist das gewünschte Bild in GIMP zu öffnen. Als Allererstes dubliziert man die Hintergrundebene, blendet den Originalhintergrund aus (klick auf das Auge in der Ebenenpalette) und wählt das Dublikat aus.

Nun fügt man per Ebene/Maske/Ebenenmaske hinzufügen eine neue weiße Maske ein. Danach wählt man einen bilinearen Farbverlauf von Schwarz nach weiß aus der Werkzeugpalette aus. Dank der Ebenenmaske wird nun
das Bild dort transparent, wo man mit schwarz hinmalt, in diesem Falle also dort wo der Farbverlauf ist. So markiert man die Bereiche im Bild, die hinterher scharf erscheinen sollen, da das ursprüngliche Bild an diesen Stellen dann durchscheint.

Ist man damit fertig, wendet man die Ebenenmaske an (Ebene/Maske/Ebenenmaske anwenden). Die Unschärfe erzeugt man am besten durch den Gaußschen Weichzeichner (Filter/Weichzeichnen/Gaußscher Weichzeichner) mit einem Radius um die 35 (hier kann man experimentieren). Danach blendet man die Hintergrundebene ein und kann das Ergebnis bewundern. Ist man mit dem Schärfeverlauf zufrieden, kann man nun die Sättigung und den Kontrast der beiden Ebenen erhöhen, wobei man den Kontrast bei der unscharfen Ebene in Ruhe lassen sollte. Das Ganze kann man dann noch zu einer Ebene vereinen (optional) und abspeichern, fertig.

Tipps, wie es einfacher geht, sind in den Kommentaren willkommen.

Titelbild: https://pixabay.com/photos/lamborghini-brno-racing-car-618358/

Quellen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Tilt%E2%80%93shift_photography

https://www.ifolor.de/inspirationen/tilt-shift-mehr-als-nur-miniatureffekte

Tags

tilt-shift, Fotografie, Fotos, Effekt

Tobias
Geschrieben von Tobias am 10. Oktober 2025 um 12:31

Ich hab da vor Jahren mal ein Tutorial drüber gemacht: https://dablogter.blogspot.com/2014/04/timelapse-tiltshift-video.html Und hab dabei auf der Arbeit von houz aufgebaut: https://houz.org/posts/2014/03/13/fake-miniatures-in-darktable/

Einfach nur einen linearen Verlauf zu erstellen, ist genauso falsch, wie einen elliptischen Verlauf zu erstellen. Man braucht im Grunde eine Depth Map. Diese kann man entweder selbst erstellen, von einer KI generieren lassen oder aus den Metadaten des Fotos holen, da viele Handys diese direkt mitspeichern.

Hier habe ich mehrere blog posts zu dem thema depth maps: https://dablogter.blogspot.com/search/label/depthmap