Im letzten Wort zum Sonntag haben wir über den Brief von Dalai an die Schweizer Bundeskanzlei berichtet. Dabei handelte es sich um einen erneuten Versuch, die Bundesregierung von den Vorteilen des Fediverse (insb. Mastodon) zu überzeugen. Nun ist die Antwort eingetroffen. Wer sich das Wochenende nicht vermiesen will, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen.
Mein Titelbild vom letzten Freitag hat manchen nicht gefallen, weil es sich beim KI-generierten Bild nicht um ein Mastodon, sondern um einen Asiatischen Elefanten handelte. Ich sage es mal so, wenn wir keine anderen Probleme haben, kann ich mit dieser Kritik leben. Vielleicht gefällt euch das Titelbild jetzt besser. Die Antwort auf Dalais Brief fällt so aus, wie ich es erwartet habe:
Sehr geehrter Herr W.
Besten Dank für Ihre Nachricht.
Die Bundesverwaltung verfolgt die Entwicklungen in den sozialen Medien aufmerksam. Sie beobachtet insbesondere allfällige Änderungen der Nutzungsbedingungen der Plattformen sowie Veränderungen im Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer aufmerksam. Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Strategie bei Bedarf anzupassen.
Für den Bundesrat halten wir bis auf Weiteres an der Plattform X fest. Seinen X-Profilen folgen nach wie vor viele politisch Interessierte, Politikerinnen und Politiker und Medienschaffende. X ist auch nach wie vor ein wichtiger Kanal für die internationale Regierungskommunikation und erlaubt bei Ereignissen schnelle Stellungnahmen und Reaktionen, wie sie von Regierungen heute erwartet werden.
Eine gleichwertige Alternative zu X gibt es bis heute nicht. Aber die sozialen Medien verändern sich schnell, bestehende Plattformen können an Bedeutung verlieren und neue können entstehen. Wir beurteilen die Situation laufend.
Der Pilotversuch mit einer bundeseigenen Mastodon-Instanz wurde, trotz einiger auch Ihrerseits erwähnter attraktiver Eigenschaften dieser Plattform, nicht weitergeführt. Die Gründe dafür werden in unserer Medienmitteilung vom 25. September 2024 genannt.
Freundliche Grüsse
L. Fluri
Team Anfragen aus der Öffentlichkeit
Bundeskanzlei
Einordnung
In seiner E-Mail hat Dalai diese Antwort kommentiert. Ich gebe das hier in abgeschwächter Form wieder:
Ich glaube, das Hauptproblem bei unserer Regierung ist, dass Ihnen die Digitalkompetenzen fehlt. Sie verstehen gar nicht, worum es geht und wieso sie ein Vorbild sein müssten. Sie sind wie Fliegen, nur weil alle Anderen auf der Schei*** sitzen, müssen sie es auch tun.
Nach meiner Meinung fällt diese Einordnung etwas zu kurz aus. Einerseits fehlt der Regierung Digitalkompetenz, was auch in anderen Staaten zu beobachten ist. Andererseits wird etwaige Digitalkompetenz durch Interessen beeinflusst. Eine solche Kompetenz ist nicht gleichzusetzen mit dem Verständnis der Bedürfnisse einer Freien Gesellschaft. Im Gegenteil kann man es auch als das Befolgen der Marketingversprechen der marktbeherrschenden IT-Grössen verstehen, gemäss dem Motto:
Wer bei Microsoft (Google, Amazon, Apple, Meta, Oracle) kauft, wird nicht entlassen.
Ich wünsche euch trotzdem ein entspanntes Wochenende.
Titelbild: modifiziert
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fediverse_logo_proposal.svg
https://www.freepnglogos.com/elon-musk-twitter-rebrand-x-logo-2.png
Quelle: E-Mail von Dalai
Ich muss sagen, dass es mir egal ist, weil ich weder das eine noch das andere nutze. Ich finde, Verlautbarungen im Netz sollten per html stattfinden, die ich ohne große Kopfstände per Browser ohne extra Anmeldung und Clients ansehen kann.
Nun ja, der Schweizer Bund fühlt sich ja momentan auch bei MS365 noch ganz wohl.... Wenn wir man ernsthaft überlegen, was gegen Mastodon und für X spricht: Bei X gibt es mehr Reichweite, ohne dass man etwas dafür tun müsste (da weiß man, was man hat), Mastodon ist ein Nischenprodukt. Zwei Netzwerke bespielen, bedeutet ein Mehr an Arbeit. Und: welche Rolle Mastodon in Zukunft spielt, das ist fraglos noch ziemlich ungewiss.
Aber bei Mastodon ist gerade Einiges in Bewegung: Von der Organisationsseite stellen die sich gerade ganz neu auf (https://blog.joinmastodon.org/2025/05/evolving-the-team/) und vielleicht gelingt es ihnen, den Publich Sector (nicht nur in der Schweiz) stärker für sich zu gewinnen.
Generell gibt es im öffentlichen Sektor vermehrt Bewegung zu vermelden - Software, die die Hoheit über die eigenen Daten sicherstellt. Hier geht es vor allem um eine Mögliche Loslösung aus dem Würgegriff von Microsoft. Die Mühlen mahlen leider nur langsam. Hierzu gibt es einen spannenden Artikel bei Heise.de (leider gepaywalled): https://www.heise.de/hintergrund/Wie-europaeische-Staaten-ihre-Abhaengigkeit-von-Microsoft-reduzieren-wollen-10365345.html Aus dem geht auch hervor, dass auch die Schweizer Bundesbehörden vorsichtig Alternativen zu sondieren bekommen haben. Und vermutlich kommt auch das Thema Mastodon irgendwann zur Wiedervorlage. Hoffentlich dauert das nicht allzu lange.
Wenn wir das Thema auf operativer/taktischer Ebene betrachten, dann müssen wir den konkreten Auftrag der Bundesverwaltung in der Sache sehen. Hier geht es einfach darum eine grosse Reichweite zu haben. Dies muss gleichermassen für wichtige Adressaten in Politik und Wirtschaft gegeben sein und auch für die durchschnittlichen Mitglieder der Zivilgesellschaft funktionieren.
Auch wenn bei X die Benutzerzahlen erodieren, kann man nach wie vor auf diesem Kanal die grösste Reichweite generieren. Auftrag erfüllt!
Falls X zu irgend einem Zeitpunkt tatsächlich marginalisiert und durch einen Konkurrenten überflügelt wird, so wird die hiesige Bundesverwaltung (und auch die anderer Länder) mit einer gewissen Verzögerung folgen. Mastodon hat also nichts weiter zu tun als erfolgreich X Teilnehmer vom Wechsel zu Mastodon zu überzeugen ;)
Wenn wir dieses Thema aus (Bundes) Strategischer Sicht betrachten wollen... Hat es einfach keine Relevanz!
Kurznachrichtendienste sind kein adäquater Ersatz für ausführliche Qualitätsinformationen, sind kein Ersatz für Politische Austauschkanäle, sind kein Ersatz für ordentlich recherchierte Nachrichten aus Politik-Wirtschaft-Gesellschaft u.s.w.
Im Grunde genommen sind X, Mastodon und Konsorten nichts weiter als die digitalen Pendants von "20 Minuten" oder "Blick am Abend" also Qualitäts- und Inhaltsbefreite Pseudonachrichtenportale.
Der Vorwurf (fehlende Digitalkompetenz) an die Landesregierung mag stimmen. Das ist aber nicht das Problem weil spitzen-Poliktiker erfahrungsgemäss über die Fähigkeit politisch Kariere zu machen hinaus keine weiteren Kompetenzen haben. Ob die Leute Erfolgreich (im Sinne gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher) Weiterentwicklung der Staaten die sie regieren sind, hängt mehr von ihren Beratern und den Departementsleitern ihrer Ressorts ab.
Ich hatte ja mit Swisstopo Kontakt, weil die X verlassen haben. Daraufhin habe ich sie angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht, dass man ja Mastodon - oder das Fediverse - nutzen könnte. Der Wortlaut sieht ziemlich ähnlich aus, wie von Euch im Artikel beschrieben. Scheint mir also eine Standard-Nachricht zu sein, die von den Offiziellen verwendet wird.
Meine Mail an Swisstopo: https://swiss.social/@thom/114030904728868245 Die Antwort: https://swiss.social/@thom/114036608717238354
Ja einen andere Antwort war nicht zu erwarten. Und wenn man in DE eine solche Anfrage stellen würde, bekäme man eine ähnliche Standartantwort, oder sogar gar keine.🙄 Politik läuft halt wie die Lemminge immer der Mehrheit hinterher! Wer darauf wartet das diese was verändert, hat schon verloren.
Man kann nur für sich selber Entscheidungen treffen, und mitteilen warum man so entschieden hat. Wenn die Mehrheit das anders sieht, oder es sie einfach nicht interessiert, dann ist das halt so.
Ich habe schon vor über einem Jahrzehnt aufgehört andere "Bekehren" zu wollen.🤷♂️