antiX 22 ist da!

  Fabian Schaar   Lesezeit: 3 Minuten  🗪 4 Kommentare

Das Federgewicht unter den Distributionen wechselt mit Version 22 zu seatd und consolekit und liefert somit ein systemd- und elogind-freies Betriebssystem aus.

antix 22 ist da!

Die extrem leichtgewichtige GNU/Linux-Distribution antiX hat gestern die neue Version 22 freigegeben. antiX wird in den grafischen Editionen "full" und "base", sowie in den minimalen Ausgaben "core" und "net" ausgeliefert.

"Full" und "base" bringen dabei die Fenstermanager IceWM, JWM, Fluxbox und HerbstluftWM mit und warten ausserdem mit einer Auswahl an nützlichen Anwendungen, aber auch dem hilfreichen antiX-Kontrollzentrum in Verbindung mit verschiedenen antiX-spezifischen Werkzeugen auf.

Eine weitere Stärke von antiX ist das vielseitige Live-System, mit dem unter anderem persistente Live-USB-Sticks erstellt werden können.

Die neueste Version basiert auf Debian 11 "Bullseye" und wird der Veröffentlichungsserie 21 zugeordnet. Neben dem Ziel, eine möglichst leichtgewichtige Distribution zu bauen, versuchen die Entwickler/innen auch vehement, systemd aus antiX fernzuhalten.

Bisher setzte man dahingehend auf das Paket elogind als Alternative zum systemd-logind. Mit der neuen Version wechselt die Distro zu seatd und consolekit. Die Pakete elogind, libpam-elogind und libelogind0 wurden entfernt.

Um zu garantieren, dass antiX ohne systemd läuft, musste das Entwicklerteam einige Debian-Pakete neu bauen, die sonst harte Abhängigkeiten zu systemd aufweisen. Darunter sind etwa die Pakete apt, pulseaudio, dbus, cups und samba.

Im Vergleich zu Devuan, dem Debian-Derivat ohne systemd, geht antiX hier teilweise radikaler vor, liefert aber "nur" zwei mögliche init-Systeme aus: Die Distribution kann mit sysvinit oder runit verwendet werden, während Devuan auch mit openRC aus dem Gentoo-Projekt aufgesetzt werden kann.

Die Implementierungen von Devuan basieren allerdings auf elogind und teilweise auch libsystemd0, also auf Paketen, die antiX aufwändig entfernt.

Neben diesen strukturellen Änderungen bringt antiX 22 auch die neue Firefox ESR-Version 102.3 sowie den alternativen Browser Seamonkey in Version 2.53.14 mit. Der standardmässig verwendete Kernel wurde auf Version 4.9.0-326 (LTS) aktualisiert. Wem das zu alt ist, kann aus den Paketquellen neuere Kernel bis zur Version 5.10.142 installieren. Des Weiteren wurden die Übersetzungen verbessert.

Bestehende Installationen der antix-21-Serie können bequem über apt oder das grafische Synaptic aktualisiert werden. Genauere Informationen zur Distribution finden sich auf der Projektseite antixlinux.com.

Quelle: https://antixlinux.com/antix-22-released/

Bild: Beispielbild (antiX 17.2 Preview):
antiX developers, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:07_Multitasking_Demo.jpg

Tags

AntiX, systemd, Elogind, Debian

Piet
Geschrieben von Piet am 20. Oktober 2022 um 18:45

Welchen Unterschied gibt es bei den init-Systemen? Es gab bei gnulinux.ch schon einmal so eine Serie. Ich habe die Unterschiede und den Sinn dahinter bisher nicht verstanden. Kann mir das jemand bitte erklären?

Fabian Schaar
Geschrieben von Fabian Schaar am 21. Oktober 2022 um 00:11

Traditionell werden Unix-ähnliche Systeme, also auch GNU/Linux mit einem init-System "initialisiert". Weniger kryptisch ausgedrückt heißt das, dass das init-System für das Starten, Stoppen und ferner auch Verwalten aller (Hintergrund-)Dienste des Betriebssystems (zum Beispiel ein Netzwerk-Daemon oder der CUPS-Druckserverdienst) verantwortlich ist. Systemd ist eine vergleichsweise junge, aber mittlerweile in den meisten großen Distros eingebaute Neu-Implementierung eines init-Systems. Leider vereinnahmt systemd immer mehr unabhängige Tools und wird immer größer und damit natürlich fehleranfälliger. Distros mit Alternativen init-Systemen tragen somit zum init-Freedom bei (und halten der Monokultur systemd etwas entgegen). Unterm Strich bleibt so etwas Geschmackssache -- jedem das seine.

Fabian Schaar
Geschrieben von Fabian Schaar am 21. Oktober 2022 um 00:39

Vielleicht an dieser Stelle noch ein paar technische Details:

  • systemd bringt eine komplexe Abhängigkeitsstruktur mit, die auch im Desktopbereich schwerwiegende Einflüsse auf andere Pakete hat
  • systemd entspricht nicht der Unix-Philiosophie, die besagt das a) "alles eine Datei ist" und b) ein Programm eine Aufgabe, diese dann aber möglichst gut und universell anwendbar erfüllen sollte
  • systemd speichert log-Dateien in einem Binärformat, diese müssen dann mit einem systemd-Tool ausgelesen werden
  • alternative init-Implementierungen wie sysvinit, runit oder openRC sind in der Regel wesentlich leichtgewichtiger und basieren maßgeblich auf init-Skripten, während systemd auf .services und .timer setzt
  • traditionelle init-Systeme basieren auf den verschiedenen Runleveln (z. B. für eine grafische Sitzung oder ein Shell-Login)
Ol0rf
Geschrieben von Ol0rf am 21. Oktober 2022 um 07:58

Systemd vereinfacht und abstrahiert für reine Heimanwender zu stark. Das wollen die alten Haudegen nicht.

https://wiki.gentoo.org/wiki/Comparison_of_init_systems