In einem Blog-Beitrag äussert sich der Debian-Entwickler Steve McIntyre zum Umgang mit proprietärer Firmware im Debian Projekt. Seiner Meinung nach ist die Art und Weise, wie das Projekt mit (unfreier) Firmware in Debian umgehen, ein Schlamassel, das vielen Benutzer:innen schadet. Lange Zeit habe man so getan, als ob die Unterstützung und Einbindung von (unfreier) Firmware auf Debian-Systemen nicht notwendig sei. Man wollte den Benutzern keine (unfreie) Firmware zur Verfügung stellen, was in einer idealen Welt auch nicht nötig wäre. Für McIntyre ist dies jedoch kein vernünftiger Weg mehr, wenn man aktuelle Hardware unterstützen möchte.
Firmware ist die Low-Level-Software, die dafür sorgt, dass Hardwaregeräte funktionieren. Firmware ist eng an die Hardware gekoppelt, stellt ihre Funktionen zur Verfügung und bietet übergeordnete Funktionen und Schnittstellen für andere Software an. Aus einer Vielzahl von Gründen ist sie typischerweise keine Freie Software.
In der Vergangenheit wurde die gesamte erforderliche Firmware normalerweise direkt von den Herstellern in die Geräte/Erweiterungskarten integriert. Im Laufe der Zeit wurde es jedoch für die Gerätehersteller immer attraktiver (und daher auch üblicher), nicht auf allen Geräten eine vollständige Firmware mitzuliefern. Stattdessen enthalten einige Geräte nur einen sehr einfachen Satz von Firmware, der das Hochladen eines vollständigeren Firmware-"Blob" in den Speicher ermöglicht. Von den Gerätetreibern wird dann erwartet, dass sie diesen Blob während der Initialisierung des Geräts bereitstellen.
Für diese Änderung gibt es mehrere Hauptgründe. Kosten: Es ist in der Regel billiger, einen kleineren Flash-Speicher (oder gar keinen Flash-Speicher) in ein Gerät einzubauen. Flexibilität: Es ist viel einfacher, das Verhalten eines Geräts zu ändern, indem man einfach zu einem anderen Blob wechselt. Aus diesen Gründen müssen heute immer mehr Geräte in einem typischen Computer zur Laufzeit mit Firmware versorgt werden, damit sie korrekt funktionieren.
Vor etwa 10 Jahren brauchten die meisten Computer nur Firmware-Uploads, damit die WiFi-Hardware funktionierte. Eine wachsende Zahl von kabelgebundenen Netzwerkadaptern erfordert jetzt Firmware-Uploads. Einige funktionieren in begrenztem Umfang, sind aber auf zusätzliche Firmware angewiesen, um erweiterte Funktionen zu ermöglichen. Andere weigern sich, ohne Firmware-Upload überhaupt zu funktionieren. Immer mehr Grafikkarten benötigen jetzt auch Firmware-Uploads, um alle nicht grundlegenden Funktionen bereitzustellen. Ein einfacher (S)VGA-kompatibler Framebuffer reicht den meisten Anwendern heutzutage nicht mehr aus; moderne Desktops erwarten 3D-Beschleunigung, und viele aktuelle Hardware bietet diese nicht ohne zusätzliche Firmware. Aktuelle Generationen gängiger Intel-basierter Laptops benötigen ebenfalls Firmware-Uploads, damit Audio funktioniert.
Debians Main-Repository enthält einen kleinen Satz von Free-Firmware-Binärdateien, welche auf den Installations- und Live-Medien enthalten sind. Allerdings gibt es viele weitere Firmware-Binärdateien, die nicht frei sind. Wenn das Projekt rechtlich in der Lage ist, diese Binärdateien weiterzugeben, werden sie paketiert und dem unfreien Teil des Archivs beigefügt. Die Debian-Richtlinien trennen klar zwischen Freier und unfreier Software. Daraus ergibt sich eine Spannung, die auch die Installations- und Live-Medien betrifft. Da non-free offiziell nicht als Teil von Debian angesehen wird, können die offiziellen Medien nichts von non-free enthalten. Dies ist eine bewusste Politik für viele Jahre gewesen. Stattdessen hat das Projekt seit einiger Zeit einen begrenzten parallelen Satz von "inoffiziellen Non-Free"-Images erstellt, die Non-Free-Firmware enthalten. Diese unfreien Images werden mit der gleichen Software erstellt, die auch für die offiziellen Images verwendet werden, und zwar vom gleichen Team. Daraus ergeben sich Probleme:
- Das Erstellen, Testen und Veröffentlichen von zwei Image-Sets erfordert mehr Aufwand.
- Vom philosophischen Standpunkt aus möchte das Projekt gar keine unfreien Images anbieten. Deshalb werden hauptsächlich die bevorzugten offiziellen Images beworben. Das kann bei den Nutzern zu Verwirrung führen, weil die unfreien Images nicht so leicht zu finden sind.
- Die Verwendung unfreier Installationsmedien wird dazu führen, dass mehr Installationen standardmässig unfreie Software verwenden, obwohl diese kein Teil des Debian Projekts ist.
- Eine Reihe von Benutzern und Entwicklern beschweren sich, dass das Projekt offizielle Images veröffentlicht, die für viele der Benutzer einfach nicht nützlich sind.
Um diese Probleme zu lösen, schlägt McIntyre fünf Optionen vor:
- Nichts ändern
- Einstellen der non-free unofficial Images
- Aufhören, so zu tun, als ob die unfreien Images inoffiziell wären
- Das Image-Team könnte unfreie Pakete in die offiziellen Images aufnehmen und Firmware-Pakete zu den Eingabelisten für diese Images hinzufügen.
- Man könnte die unfreien Firmware-Pakete in eine neue Komponente für unfreie Firmware im Archiv ausgliedern und nur eine bestimmte Ausnahme zulassen, um die Aufnahme dieser Pakete in die offiziellen Medien zu ermöglichen. Dann würde nur einen Satz offizieller Medien generiert, der diese unfreien Firmware-Pakete enthält.
Steve McIntyre bevorzugt die letzte Option.
Ist traurig. Ich glaube ich kaufe mir wieder einen C-64 ... Ralph...
So wirt das mit dem Linux Desktop auf die Dauer nix...
Vielleicht wacht das Debian Team mal auf und folgt dem Vorschlag dieses klugen Menschen. Ist längstens überfällig!
Die Firmwaresituation bei Debian ist tatsächlich schwierig: Wird z.B. bei der Netzwerkinstallation die unfreie iwlwifi-firmware benötigt (oftmals bei Laptops) wird automatisch die gesamte nonfree-Sektion und contrib eingebaut - obwohl die blöde Firmware eigentlich von einem USB-Stick nachgeladen wird. Da ich einige Installationen nur mit der allernötigsten unfreien Software (und ansonsten nur mit freien Komponenten) bestücken möchte, deaktiviere ich manchmal die Sektionen der Repos wieder, wodurch ich dann keine Updates mehr für die Firmware bekomme. Die weitere Aufspaltung des Repos würde das Problem lösen, egal ob die dann erstellten Images als offiziell oder inoffiziell angesehen werden. Bei Fedora ist es ja ähnlich, allerdings müssten die neuen Images ja nicht sofort das Ende der "klassischen" strikt freien Abbilder einläuten.
Da stellt sich mir die wichtige Frage... Hat mal jemand mit den Herstellern gesprochen? Also ArchLinux hat mir die Firmware von einer USB3-Karte gelöscht und ich bin nun auf ein Firmwareupload angewiesen. Bzw. Habe ich die PCI-e Karte wieder flashen können mit Aufwand.