Wenn wir von den GNOME-Standard-Anwendungen im Bereich Multimedia sprechen, müssen wir zwischen drei Kategorien unterscheiden:
- Musikverwaltung
- Musik abspielen
- Videos abspielen
Gemäss der Seite Apps für GNOME, finden sich dort mehrere Anwendungen, nämlich:
Das sind die beiden Anwendungen, die zu den GNOME-Core-Apps gehören. Darüber hinaus gibt es noch die Circle-Apps, die das GNOME-Ökosystem erweitern. Dort findet man im Multimedia-Bereich:
Lassen wir den Standard-Videoplayer (Totem) ausser Acht und schauen auf die Musikplayer. Über die Namensgebung habe ich mich schon des Öfteren aufgeregt. Wer kommt auf die Idee, eine Musikverwaltung Musik zu nennen? Was soll das sein? Ein Player, eine Verwaltung, ein Tag-Editor, ein Audacity? Nach einem Blick auf die Webseite erfährt man, was Musik sein soll:
Geben Sie Ihre Musik wieder und verwalten Sie Ihre Sammlung
Eine einfache und schöne Möglichkeit, Ihre Musik zu hören.
Finden Sie Titel in Ihrer lokalen Sammlung, nutzen Sie automatisch generierte Wiedergabelisten oder stellen Sie eine neue Wiedergabeliste zusammen.
GNOME-Music
Tja, was ist es nun? Für einen Player kann Musik zu viel, für eine Verwaltung kann es zu wenig. Eigentlich fehlt nur die Möglichkeit, die Quelle der Musiksammlung angeben zu können, statt nur auf den lokalen Musikordner zu schauen. Dann wäre es die neue Standardanwendung bei GNOME, um Musik zu verwalten.
Im Gegensatz dazu ist die vorherige Standard-App Rhythmbox ein Juwel. Ich verwalte meine grosse Musiksammlung seit vielen Jahren damit. Das ist gut gepflegte Software, die alle benötigten Funktionen bietet und - trotz ihres Alters - auch in GNOME 46 noch gut aussieht:
Rhythmbox in GNOME 46
Schaut man in den GNOME-Einstellungen (GNOME 46 nightly build) bei den Vorgabe-Anwendungen nach, findet sich bei "Musik" nichts.
Kandidaten für einen Standard-Musikplayer gäbe es genügend: Musik, Amberol, Decibels.
Der Autor von Amberol ist niemand geringerer als Emmanuele Bassi. Er beschreibt sein Werk so:
Ein kleiner und einfacher Sound- und Musikplayer, der gut in GNOME integriert ist.
Amberol strebt danach, so klein, unaufdringlich und einfach wie möglich zu sein. Es verwaltet Deine Musiksammlung nicht; es lässt Dich keine Wiedergabelisten verwalten, weder intelligente oder anderweitig; es erlaubt Dir nicht, die Metadaten Deiner Lieder zu bearbeiten; es zeigt Dir keine Songtexte oder die Wikipedia-Seiten Deiner Bands. Amberol spielt Musik ab, und sonst nichts.
Amberol
Und dann gibt es noch das "New Kid on the Block": Decibels. Laut dieser Quelle, wird Decibels als neue Standardanwendung für die Audiowiedergabe erwogen. Die Anwendung hat eine einfache Benutzeroberfläche, die sowohl auf dem Linux-Desktop als auch auf mobilen Geräten funktioniert. Sie bietet folgende Funktionen:
- Zeigt die Wellenform des Tracks an
- Einstellen der Wiedergabegeschwindigkeit von 0,5x bis 3,0x
- Pause, Wiedergabe, 10s zurück/vorwärts springen, Lautstärke hoch/runter
Decibels
Fazit
GNOME ist mehr als eine Desktop-Umgebung. Ebenso wie KDE (mit Plasma und Gear), ist es ein Ökosystem bestehend aus dem Desktop, Anwendungen, Anleitungen, einer Community, einer Entwicklungsplattform und vielem mehr. Man kann argumentieren, dass die Auswahl der Standardanwendungen ein Alleinstellungsmerkmal der Distributionen ist. Ich halte beides für richtig: Die grossen Desktop-Umgebungen sollen Standards vorgeben, die von den Distros übernommen oder übersteuert werden können.
In diesem Artikel ging es um Musik-Anwendungen. Als Anwender wünsche ich mir in diesem Bereich zwei Standardanwendungen, eine für die reine Wiedergabe von Musikdateien und eine weitere für die Verwaltung von Musiksammlungen. Das ist insbesondere für Einsteiger:innen wichtig, die man mit "Batteries included" überzeugen kann.
Mir würde es gefallen, wenn sich das GNOME-Team für Standardanwendungen im Bereich "Musik" entscheiden könnte. Wie seht ihr das? Haltet ihr Standardanwendungen für sinnvoll? Seht ihr das eher als Aufgabe der Desktop-Umgebung oder der Distributionen? Schreibt es in die Kommentare.
Bildquelle: Standard Oil Logo 1970
Quellen:
https://ubuntuhandbook.org/index.php/2024/03/gnome-considers-decibels-core-audio-player/
Bei GNOME und Co. werden sie u.a. auch die "Waylandifizierung" solcher Anwendungen im Auge haben. Selber verwende ich die Dinge aber in Form von LXDE und LXQt, und ich werde das Thema (zunächst) ausklammern.
Mit "Standardanwendungen" habe ich so meine Schwierigkeiten, auch wenn im Zweifel bei Auslieferung auch mal Dinge mit an Bord zu haben, ebenfalls OK ist, und natürlich ist das ein Widerspruch 😉️
Womit ich "standardmäßig" Musik höre, könnte ich ad hoc gar nicht sagen, aber tatsächlich ist es "Audacious". VLC ersetze ich i.d.R. durch "mpv", und für Spezialfälle (Untertitel) habe ich "SMPlayer".
Meine Musik liegt alphabetisch in einem Ordner, wo es "Sinn macht" habe ich Unterordner, und für Dinge, die "inhaltlich" zusammen gehören, existieren ggf. Playlists.
LXDE und LXQt sind als Desktop-Umgebungen gut wie sie sind. –OK, LXDE ist -zugegeben- bei Auslieferung leider hässlich wie die Nacht, was sich aber mit wenigen Handgriffen beheben läßt.
Hallo Ralf und vielen Dank für einen weiteren guten Artikel! Zwischen Deinen Zeilen lese ich eine gewisse Unschlüssigkeit bei dem Thema - und damit bist Du in bester Gesellschaft. :) Ich habe natürlich auch meine Favoriten aber mittlerweile bin ich an einem Punkt angekommen wo ich am liebsten gar keine Empfehlung geben möchte. Zum einen weil meine eigenen Favoriten sich in den letzten 10 Jahren fast jährlich geändert haben. Zum naderen ist da auch die Problematik "Was sind die Kriterien, die ein Standard-Player erfüllen sollte?" -> da wirst Du 3 Leute fragen und mindestens 5 Antworten bekommen :)
Für mich wären das: Einhalten der GNOME-Standards. Ich meine hier im Besonderen den "nahtlosen" Zugriff auf Netzwerklaufwerke. So wie der Dateimanager es einfach ermöglicht "andere Orte -> SMB://..." oder ähnliche Ressourcen einzubinden muss das auch ein "GNOME-Player" können. Oder zumindest gemountete Laiufwerke anbieten/einbinden können. Und alleine bei diesem Kriterium scheiden zahlreiche Apps bereits aus, weil es nur über Frickeleien funktioniert und abgesehen von der Benutzer_UN_Freundlichkeit auch durch völlige Instabilität glänzt.
Ebenso die Fähigkeit eine Stream-URL (zB webradio) abzuspielen. Nicht über das Verwenden eines Plugins für radio.net - nein, einfach eine stinknormale MP3 URL eines wenradiosenders. Jetzt kann man natürlich streiten: Fällt Webradio in die Zuständigkeit eines "Musik Players"?Sind Mediendateien auf einem Netzlaufwerk noch "lokale Medien"? Wo ist die Grenze? Je enger man die zieht umso mehr Apps werden sich eignen. Wenn es darum geht MP3 Dateien zu spielen die in /home liegen dann gute Nacht Marie -> da kannst Du 1 Woche lang Vollzeit Apps durchprobieren. CDs abspielen können war früher mal ein 100% MUSS Kriterium, heute ist eher die Frage ob OGG und FLAC Codecs sauber funktionieren :)
Wenn man sich auf den Feature Scope nicht einigen kann, der einen "Standard"-Player ausmacht, dann müssten für mich folgende Kriterien erfüllt sein: Ressourcensparsamkeit, Unaufdringlichkeit, gvfs-Supprt, Hintergrundplayback (auch bei Bildschirmsperre) und nahtloser Support der "Media-Hotkeys" (Tastaturkombinationen aus den GNOME-Einstellungen).
Darüber hinaus? Cool wäre natürlich auch, wenn dieser "Standard-Funktionsumfang" mit optionalen Plugins erweiterbar wäre. Für mich sind Webradio und Spotify (ja, sorry - ich weiss, aber bleiben wir realistisch, das gehört zu "Musik" dazu) wären für mich wichtig. Aber wie gesagt - das ist mein usecase. YMMV. :)
P.S.: Meine "Player"-Apps sind Audacious und Clapper. Aktuell setze ich Fedora ein. Natürlich verwende ich aber auch VLC und KODI. Ich tagge mit Picard und EasyTag und auf Raspi kenne ich Volumio und Mopidy, würde aber niemals so weit gehen zu behaupten ein "Gnome-StandardPlayer" sollte annähernd so sein wie diese Apps bzw. JEOS die völlig andere Zwecke erfüllen sollen.
Es bleibt für mich dabei: Die Frage lautet "Was soll der GNOME-Standardplayer können (müssen)?"
LG, Thomas
Standardanwendungen finde ich prinzipiell nicht schlecht. Besonders für Anfänger geeignet. Wer mag kann ja dann immer noch seine Lieblingsapp installieren. Ich bin etwas nostalgisch "angehaucht" (vermutlich aufgrund meines Alters) und verwende die Terminalapp: Musikcube. Einfach klasse!
Ich verwende gerne die Musikverwaltung Lollypop.
Decibels ist jetzt im Incubator, wird also sehr wahrscheinlich die neue Standard-App für alles mit Audio. Music-Bibliotheksverwaltung macht es aber nicht, das können aber viele Andere:
und dann natürlich noch https://github.com/xou816/spot für alle Spotify-Kunden.
(Ich persönlich kann bzgl. Erfahrungen leider fast nichts beitragen, da ich fast nur Podcasts höre und kenne die ganzen Projekte nur wegen meiner Arbeit an linuxphoneapps.org.)
Mit Musikhören unter Linux hatte ich schon immer meine Probleme. Für Windows gibt es das exzellente foobar2000, welches alles bietet, was ich brauche. Zudem ist es anpassbar und erweiterbar. Linux hat zwar etliche Musikprogramme, aber keines von denen kann Foobar auch nur halbwegs das Wasser reichen. Mal kann die Linuxsoftware nicht mit exotischen Formaten wie SNES-Musik umgehen (Game Emu Player Plugin), oder die Taggingoptionen sind bescheiden usw. Vielleicht foobar2000 in einer Bottle?
Videokonsum hingegen ist unter Linux kein Problem: SMplayer oder KDE Haruna. Dank mpv können die alles, auch Fansubs mit Gestaltung und Karaokeeffekten.
Als "foobar2000-Ersatz" bevorzuge ich den DeaDBeeF Player:
https://deadbeef.sourceforge.io/ https://de.wikipedia.org/wiki/DeaDBeeF https://wiki.ubuntuusers.de/DeaDBeeF/
Wann und warum genau ist eigentlich das Wort "Programm" in der IT-Presse derart unbeliebt geworden? Überall ist immer selbst dann von "Apps" die Rede, wenn es gar nicht um Smartphones oder Tablets geht.
Nehmen die Leute das als "Boomer"-Wort wahr oder wie kommt das?