Ja, Der Standard ist eine gute österreichische Tageszeitung, der man folgen kann. Vielleicht kennt ihr die Beiträge von Andreas Proschofsky wie diesen hier? Doch darum geht es hier nicht. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Standard-Anwendungen von Distributionen oder besser gesagt, der grossen Desktop-Umgebungen. Wer auf LTS ist und alle zwei Jahre die Distro neu installiert, kommt in den Genuss der aktuellen Standards.
Bei GNOME sind es die CORE-Apps und bei KDE-Plasma sind es diese Standard-Apps. Die Desktop-Projekte überlegen sich, welche typischen Anwendungen am besten zu ihrer Umgebung passen, gut integriert sind und einen hohen Nutzen für die Anwender:innen bieten. Die Auswahl dieser Apps ändert sich gelegentlich. Wer ein Rolling-Release-Modell fährt oder sein LTS-Release upgraded, kommt nicht zwingend in den Genuss dieser Standards.
Daher empfiehlt es sich, ab und zu auf die aktuellen Standards zu schauen. Hier sind zwei Beispiele für das GNOME-Ökosystem. Der Bildbetrachter wurde irgendwann von Eye of GNOME (EoG) zu Loupe geändert.
Bildbetrachter Loupe
Das ist eine moderne Gtk4-Anwendung die auf libadwaita basiert und grundlegende Funktionen für die Bildbetrachtung und Veränderung bietet. Bevor man EoG durch Loupe ersetzt, gilt es zu prüfen, ob die neue Standard-Anwendung alle Anwendungsfälle unterstützt, die von der bisherigen Anwendung geboten wurden. Das ist oft nicht der Fall, weil neue Apps eher mit weniger Funktionen aufwarten als ältere Apps (insbesondere im GNOME-Umfeld).
Bei mir ist es so, dass ich EoG schon lange durch gThump ersetzt habe, weil Letztere meinen Workflow besser unterstützt. gThumb ist weniger ein reiner Bildbetrachter, sondern eher eine Bildverwaltung. Da sie genauso schnell startet wie EoG, aber mehr Funktionen bietet, habe ich gThump als Standard für mich entdeckt. Auch die neue Standard-App Loupe reicht nicht an gThump heran, weshalb ich nicht wechseln werde. Es lohnt sich auf jeden Fall, die Kandidaten zu installieren und testen, damit man eine informierte Entscheidung treffen kann.
Als zweites Beispiel nenne ich den Dokumentenbetrachter (PDF-Viewer). Bisher ist noch die Anwendung Evince der GNOME-Standard. Dieses Programm wird in Kürze durch die Anwendung Papers ersetzt.
PDF-Viewer Papers
Ich habe es ausprobiert und Evince mit Papers verglichen. Papers findet man in der Paketverwaltung seiner Lieblingsdistribution. Ich habe die Anwendung nativ (nicht als Flatpak) installiert. Zu diesem Zweck habe ich eine Sample-PDF-Datei heruntergeladen und sie in beiden PDF-Viewern betrachtet: Evince und Papers:
Links: Evince, Rechts: Papers
Obwohl die Anwendungen auf den ersten Blick fast identisch aussehen, gibt es erhebliche Unterschiede:
- Evince startet einen Tick schneller als Papers
- Die Default-Skalierung ist bei Evince besser
- Evince bietet mehr Informationen und Zugriffe auf den ersten Blick: Zoom, Suche, Lesezeichen, Anmerkungen
- Die Zoom-Einstellung ist bei Papers intuitiver
- Die Anmerkungen bei Papers sind viel intuitiver bedienbar als bei Evince
Markierungen und Anmerkungen in Papers
Tja, die beiden Anwendungen liegen sehr nahe beieinander. Ich werde nun eine Zeit lang Papers als Standard-PDF-Betrachter einsetzen. Vielleicht bleibe ich dabei.
Fazit
Von Zeit zu Zeit lohnt es sich, einen Blick auf die aktuellen Standard-Anwendungen des Desktops zu werfen. Dann kann man entscheiden, ob die Neuen etwas besser können als die Alten. Manchmal hat man bereits eine andere Lösung gefunden, die den eigenen Anforderungen noch besser entspricht, als die Standards.
Titelbild: https://apps.gnome.org/assets/overview-illustration/boring.svg
Quellen: im Text
Ein interessantes Thema. Vor allen Dingen in Bezug auf welche Dinge ein Betriebssystem außer dem Kern, einer GUI und einigen Hilfsprogrammen zur Verwaltung des Systems noch alles mitbringen könnte oder heute vielleicht sogar dabei haben muss.
Früher waren frisch installierte Systeme, egal ob Windows, Mac oder Linux relativ nackt, ohne größere Zusatzsoftware. Heute ist man daran gewöhnt nach der Installation bereits einen Browser, Bildbetrachter, Dokumentenbetrachter, Multimedia-Player für Musik und Video und ein komplettes Officepaket vorzufinden. Gleiches gilt für die vielen kleinen, meistens sinnvollen, Hilfsprogramme die sich häufig unter "Zubehör" verstecken. Da hat sich in den letzten 10 oder mehr Jahren eine ganze Menge getan.
Die Frage ist nur, ob bei der Auswahl von vorinstallierten Anwendungen auf den kleinsten oder den größtmöglichen gemeinsamen Nenner gesetzt wird. Wenn zur Lösung einer bestimmten Aufgabe z.B. 5 oder 10 verschiedene Apps existieren, dann gibt es immer eine mit den meisten Funktionen, eine andere mit der besten Bedienung und eine dritte die vielleicht die am aktuellsten ist, die neuste Technik einsetzt. Welche App sollte dann wohl preferiert werden? Standard-Anwendungen sind notwendig und wichtig, sollten sich jedoch bei Bedarf leicht auswechseln lassen. Das steht und fällt alles mit individuellen Vorlieben und dem eigenen (erlernten, gewohnten) Workflow.
PDF-Betrachter sind bereits Standard, doch ein freier PDF-Editor wäre noch viel besser. Und nein, LibreOffice ist für mich kein vernünftiger PDF-Editor. Was vermisst ihr als Standard-Anwendung in einem Betriebsystem bzw. in einer Distro?
Die Frage ist meiner Meinung nach nicht, was der Standard ist, sondern ob man gerne mal was Neues ausprobiert bzw. mit dem bisherigen Programm unzufrieden ist. Nur weil eine neue Anwendung zum Standard (für evtl. nur eine kurze Zeit) wird, würde ich sie mir nicht anschauen. Außer ich bin ein neugieriger Mensch und teste gerne neue Anwendungen... aber dann würde ich mir auch nicht z.B. Loupe nehmen, WEIL es die neue Standardanwendung für den Gnome Desktop ist (zumindest in Linuxdistros X, Y und Z; aber Linuxdistro J, O und R nehmen lieber weiter EoG und Distro F installiert gar keine Anwendungen und überlässt es dem Nutzer, alles selbst auszuwählen), sondern eher, weil ich evtl. dadurch zum ersten mal von dieser Anwendung gehört habe. Wenn ich nicht so neugierig und noch dazu zufrieden bin, bleibe ich doch eher bei dem, was ich kenne und beherrsche, als dass ich mir was anderes angucke, das ausprobiere und dann am Ende doch wieder zurückwechsle.
Ich mag LXDE und LXQt, und an sich auch den Dingen, die dort jeweils als
Standard
mitgeliefert werden, allerdings nicht grundsätzlich, und teilweise ändert sich auch dort der "Standard" gelegentlich.Der PDF-Viewer z.B. ist –glaube ich– Evince, allerdings ist er auf älterer Hardware nicht sonderlich flott. Für den Alltag verwende ich
mupdf
, halt um bedarfsweise auf Evince zurückzugreifen.PS: ZWEI DINGE, die ich in LXDE/ LXQt gerne als
Standard
hätte ;)(1.) Den "runner" Dialogen, die ich mit
Ctrl-Space
starte, stünde -neben dem Start von Programmen (und dem 'Calculator Feature' in LXQt)- auch eine grafischeDesktop-Suche mit fzf
gut zu Gesicht ...und...(2.) Tragischerweise scheint die
plank
-Leiste gewisse "Altlasten" mit sich zu schleppen, die einem Schwenk aufwayland
im Wege stehen, jedenfalls meine ich, das so gelesen zu haben. Die relevanten Teile wären hier vermutlich openbox bzw. labwc.Gerade im GNOME Umfeld ist das Ganze natürlich ein spannendes Thema. Bei gThumb stimme ich dir zu, das kann nicht durch Loupe ersetzt werden. EoG denke ich schon, da das tatsächlich nur ein einfacher Bildbetrachter ist. Sind halt unterschiedliche Ausrichtungen der Programme.
Bei Evince und Papers ist es meines WIssens nach so gewesen, dass Evince nicht mehr wirklich weiter entwickelt wurde/wird, weshalb es geforked wurde und jetzt als Papers deutlich überarbeitet wird. Aktuell kann es also noch Probleme geben, aber in einer Weile dürfte die Sache recht klar zugunsten von Papers ausgehen, da dort noch neue Features (wie das Markieren von Text) kommen. Auch Bugs dürften weniger werden und UX-Verbesserungen dürften kommen. Die Entwickler sind da meines Wissens nach recht motiviert bei der Sache, nur dauert das bei so einem Programm eine Weile.
Ich finde es lustik, wie Du gThumb ausdauernd gThump schreibst, nur einmal hast Du es richtig falsch gemacht.
Das gibt dem Artikel einen wagemutigen Drive ins abenteuerliche 😂