Thunar statt Nautilus

  Ralf Hersel   Lesezeit: 7 Minuten  🗪 3 Kommentare

Wer unter GNOME einen besseren Dateimanager sucht als Nautilus, sollte sich Thunar ansehen.

thunar statt nautilus

Der Standard-Dateimanager der GNOME-Desktopumgebung heisst GNOME-Files (aka Nautilus). Die aktuelle Version 43.0 hat als grosse Verbesserung die Auswahl von mehreren Dateien oder Verzeichnissen mit der Maus (Maus-Lasso) erhalten. Daneben sehe ich jedoch einige Verschlechterungen, die mich stören und bewogen haben, eine Alternative auszuwählen.

Sowohl Nautilus als auch Thunar verwenden GTK als GUI-Toolkit, womit dem Austausch aus optischen Gründen nichts im Wege steht. Thunar sieht genauso gut wie Nautilus auf dem GNOME-Desktop aus. Bei der Funktionalität bietet der Dateimanager aus dem Xfce-Lager in vielen Bereichen mehr, als GNOME-Files. Wer mit Nautilus keine Probleme hat, kann den GNOME-Standard-Dateimanager selbstverständlich weiterverwenden. Allen, die mehr möchten, kann ich Thunar empfehlen.

Doch kommen wir zu den Dingen, die mich in der 43er-Version von Nautilus stören. Ich möchte vorausschicken, dass solche Störenfriede nicht offensichtlich sind, sondern meist erst nach ein paar Wochen bemerkt werden. Als Erstes fiel mir auf, dass Nautilus nicht mehr auf Klicks auf Dateien oder Verzeichnisse reagierte, wenn man mit den Vor/Zurück-Tasten der Maus zwischen Verzeichnissen springt. Dieses Verhalten konnte ich bei Manjaro und Fedora feststellen, nicht jedoch in den Nightly Builds von GNOME-OS. Deshalb gehe ich davon aus, dass dieser Fehler bereits behoben wurde.

Die Konfiguration der Spalten für die Dateiliste war bei Nautilus schon immer ein Desaster. Es gab keine generelle Einstellung, die sich auf alle Verzeichnisse auswirkt. Auch in der neuen Version gibt es das nicht. Was mich aber wirklich nervt ist, dass sich nun die Favoriten-Spalte (die mit dem Stern) gar nichts mehr abschalten lässt. Mich stören Spalten, die ich nicht benötige.

Links: Nautilus, Rechts: Thunar

Im Screenshot fallen mehrere Dinge auf: in beiden Dateimanagern habe ich drei Verzeichnisse markiert. Bei Nautilus halte ich den Kontrast für zu gering (Standard-Theme: adwaita-dark). Bei Verzeichnissen zeigt Nautilus nicht die Grösse, sondern die enthaltenen Objekte an; das gefällt mir besser. Die Favoriten-Spalte lässt sich bei Nautilus nicht ausschalten; Thunar kennt keine Favoriten. Nautilus unterscheidet zwischen Orten und Lesezeichen (linkes Panel); Thunar zeigt Orte und Lesezeichen zusammen an. Dafür kann Thunar in der Seitenleiste alternativ eine Baumansicht anzeigen. Soll die Dateiauswahl invertiert werden, muss bei Nautilus die Tastenkombination Ctrl+Shift+i bemüht werden; Thunar hat diesen Befehl im Bearbeiten-Menü.

Auch bei der Sortierung verhält sich Nautilus neuerdings komisch. Im Screenshot seht ihr links die Standardsortierung der Dateien (nach Name, A-Z) und rechts das Ergebnis, wenn man auf die Namensspalte geklickt hat, um die Sortierung umzukehren:

Oben: Nautilus, Unten: Thunar

Seht ihr das Problem? Bis zur Version 42 hat sich Nautilus genauso verhalten wie Thunar. Nun bleibt Nautilus nach dem Umdrehen der Sortierung bei den unteren Dateien hängen, anstatt zum Anfang der Dateiliste zu springen, so wie es Thunar macht und wie man es haben möchte.

Bei meinen Tests für diesen Artikel habe ich Nautilus als instabil empfunden. Des Öfteren wurden Befehle nicht angenommen oder erst mit Verzögerung angenommen. Alle bisher beschriebenen Schwächen, bzw. Regressionen, halte ich bei einem Dateimanager für nicht akzeptabel. Deshalb kann es nicht schaden, einem anderen Dateimanager eine Chance zu geben.

Die Installation von Thunar erfolgt wie gewohnt: Software-Verwaltung, Thunar, Installieren, Fertig. Schwieriger wird es, wenn man dem Betriebssystem mitteilen möchte, dass Thunar ab jetzt der neue Default-Dateimanager sein soll. Zu diesem Thema verweise ich auf diesen Artikel bei uns: Falscher Dateimanager. Es gibt in den Systemeinstellungen von GNOME keine Möglichkeit, den Standard-Dateimanager zu setzten.

Da fehlt doch was!

Diese Einstellung ist aber wichtig, weil andere Anwendungen ansonsten weiterhin Nautilus öffnen, falls ein Datei-Dialog benötigt wird. Mit diesem Befehl kann der Standard-Dateimanager auf Thunar geändert werden:

xdg-mime default thunar.desktop inode/directory
zurück zu Nautilus:
xdg-mime default org.gnome.Nautilus.desktop inode/directory

Ob das funktioniert hat, könnt ihr überprüfen, indem ihr ein Bildschirmfoto aufnehmt (PrtScr-Taste) und dieses dann als Datei speichert. Dabei sollte jetzt Thunar geöffnet werden.

Das nächste Problem, ist eher ein ästhetisches, nämlich das furchtbare Thunar-Icon:

Manche mögen den nordischen Gott Thor, nach dem Thunar benannt wurde. Ich finde, das Icon sieht aus wie ein Verkehrsschild oder ein amerikanischer Briefkasten. Falls ihr das Icon ändern möchtet, nehmt ihr das Icon aus der Nautilus-Desktop-Datei (/usr/share/applications/org.gnome.Nautilus.desktop), nämlich: Icon=org.gnome.Nautilus und ersetzt damit die entsprechende Zeile in der Thunar-Desktop-Datei (/usr/share/applications/thunar.desktop). In der Datei steht dann:

# Icon=org.xfce.thunar
Icon=org.gnome.Nautilus

Zum Schluss möchte ich zwei Funktionen nennen, die nicht auf Anhieb funktionieren. Das Öffnen von Verzeichnissen im Terminal (rechter Mausklick, Terminal hier öffnen) führt zu dieser Fehlermeldung:

Das ist eine benutzerdefinierte Funktion, die man leicht anpassen kann. Dazu öffnet man den Menüpunkt: Bearbeiten, benutzerdefinierte Aktionen, Terminal hier öffnen und trägt dort diesen Befehl ein:

gnome-terminal --working-directory=%f

Was ebenfalls nicht auf Anhieb klappt, ist das Öffnen einer Datei mit Root-Rechten. Es gib Sicherheitsgründe, warum das nicht geht. Wer es dennoch versuchen möchte, findet hier Lösungshinweise.

Fazit

Die Version 43 von Nautilus überzeugt mich nicht. Zu wenige Optionen, zu geringe Stabilität. Thunar macht es besser, ist schneller, bietet mehr und passt sich gut in den GNOME-Desktop ein. Dabei bin ich auf die erweiterten Funktionen von Thunar noch gar nicht eingegangen. Übrigens erscheint in Kürze die neue Version 4.18 von Thunar.

Tags

Dateimanager, Nautilus, Thunar, GNOME-Files

UbIx
Geschrieben von UbIx am 6. Dezember 2022 um 07:39

Genau, diese Probleme sind es die mich von der Verwendung von GNOME abhalten. Für mich ist KDE/Plasma und dort vor allen der Dateimanager Dolphin optimal. Es gibt akteuell keine Funktion die ich vermisse oder schwierig zu erreichen ist.

Andy
Geschrieben von Andy am 29. Januar 2024 um 20:48

Hallo Habe bis auf das bild alles nach Anleitung gemacht nur bei Anwendungen wie zb. Telegram oder Whatsapp oder Maispring oder auch USB greift er wenn man Dateien versenden möchte immer auf Nautilus zurück.

Hast du da eine Idee wie ich es Systemweit zur Anwendung bekomme ?

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 8. Februar 2024 um 22:05

Print Screen ruft bei mir Thunar auf, nachdem ich es eingestellt habe: xdg-mime default thunar.desktop inode/directory Überprüfe das doch noch mal bei dir.