GNOME 46 Beta ausprobiert

  Ralf Hersel   Lesezeit: 8 Minuten  🗪 7 Kommentare

Die neue Version der beliebten Desktop-Umgebung steht als Beta-Version und ISO-Image zur Verfügung.

gnome 46 beta ausprobiert

Das ISO-Image der neuen Version 46 der GNOME-Desktop-Umgebung kann hier als Beta-Version heruntergeladen werden. Es handelt sich dabei um den Nightly-Build, den man entweder auf echter Hardware oder in der virtuellen Maschine (VM) GNOME-Boxes installieren kann. Leistungswunder darf man bei der VM-Installation nicht erwarten, worauf die Entwickler explizit hinweisen. Nach der Installation in GNOME-Boxes, kann ich bestätigen, dass es äusserst zähflüssig zugeht. Nachdem die Distro installiert ist und man die VM neu gestartet hat, ist die Leistung in Ordnung.

Hier sind die Neuerungen von GNOME 46: (Achtung, jetzt wird es langweilig)

  • Verbesserungen bei GNOME-Shell und Mutter
  • Globaler Suchmodus im Dateimanager (Nautilus)
  • Upgrade-Plugin für die openSUSE-Leap-Distribution in GNOME-Software
  • Unterstützung für PKCS #11-Smartcard-Authentifizierung
  • Schließverhalten für angeheftete Registerkarten in Epiphany (GNOME Web)
  • GTK4-Portierung von GNOME Tweaks
  • Modernisierter Eigenschaftsdialog für GNOME-Bluetooth
  • Speichern von Schwierigkeitsgraden in GNOME-Sudoku
  • Voreinstellungsdialog für GNOME-Musik
  • Schlagschattenunterstützung für Dateieigenschaftsdialogsymbole in Nautilus
  • Microsoft-365-Anbieter und eine GTK4-Portierung für GNOME-Online-Konten
  • Verbesserter Standardhintergrund, der weniger Linsenverzerrungen verwendet
  • Verbesserungen bei den WLAN-Einstellungen, um auch das Passwort anzuzeigen, wenn das Netzwerk über einen QR-Code freigegeben wird
  • Bei den Wacom-Einstellungen kann man den aktuell aktiven Stift hervorheben, den Stift gegenüber dem Radiergummi bevorzugen und nur eingebaute Pads mit Tablets koppeln
  • Maus-Einstellungen mit einem modernisierten Maus-Testdialog
  • Bei den Einstellungen zur Privatsphäre wird ein nicht funktionierendes Mikrofon-Panel augeblendet
  • Die Einstellungen für die Suche enthält einen Befehlszeilen-Parameter, um den Dialog "Suchorte" direkt zu öffnen
  • Das Netzwerk-Panel enthält nun fehlende VPN-Einträge
  • Die GNOME-Einstellungen wurden auf GTK4 portiert
  • Die Kategorien in den GNOME-Einstellungen wurde teilweise neu organisiert und aufgeräumt
  • Der Loupe-Bildbetrachter erhielt eine neue Tastenkombination zum dauerhaften Löschen eines Bildes
  • .. sowie eine Schaltfläche zum Kopieren der Standortkoordinaten in den Bildeigenschaften
  • .. ausserdem Unterstützung für das Öffnen von Bildern in neuen Fenstern
  • .. und die Möglichkeit, die Stadt anzuzeigen, wenn der Standort des Bildes weniger als 15 km entfernt ist, anstatt 100 km.
  • In GNOME-Maps gibt es jetzt einen Renderer für Autobahnschilder
  • GNOME-Chess wurde von v43 auf v46 aktualisiert und erhielt eine Hervorhebung relevanter Figuren, wenn der König markiert ist
  • .. sowie eine neue Tastenkombination für die Anzeige der vorherigen/nächsten Züge
  • .. und HIG-Unterstützung (Human Interface Guidelines) für Tooltips
  • .. einen verbesserten Stil der Meldungsdialoge, Verbesserungen des Hauptmenüs und verbesserte Namen von Tastenkombinationen im Hilfe-Overlay
  • GNOME Connections erhielt eine Zertifikatsüberprüfung für RDP (Remote Desktop Protocol)
  • .. und Unterstützung für Domänen
  • GNOME Tweaks erhielt Unterstützung für die Suche nach Shell-Themen im Standard-Themenverzeichnis gnome-shell
  • .. Unterstützung für die Auswahl eines beschleunigten Profils für Touchpads
  • .. und eine Option für einen dunklen Hintergrund im Erscheinungsbild
  • .. zudem wurden die Optionen "Audio-Überverstärkung" und "Touchpad beim Tippen deaktivieren" entfernt
  • Die GNOME-Ersteinrichtung erhielt Verbesserungen an der Avatar-Erzeugung und der Willkommensseite
  • Der GNOME-Texteditor prüft nun auf Dateien auf der Festplatte, bevor er Entwürfe wiederherstellt, um die Anzeige gelöschter Dateien zu vermeiden
  • Und xdg-desktop-portal-gnome erhielt einen neu gestalteten Screencast-Bildschirmauswähler

Ich habe die Liste der Neuerung absichtlich so lang und langweilig geschrieben, wie sie ist. Wer sie sich durchliest, stellt sich vielleicht dieselbe Frage wie ich: "Und was hat sich nun bei GNOME 46 verändert?" Kleine Verbesserungen in einzelnen Anwendung gehören für mich nicht zum Umfang einer neuen Version eines Desktops. Dabei kann man sich fragen, welche Grundanwendungen zu einer Desktop-Umgebung gehören. Die Installation, Begrüssungs-App, der Dateimanager und die Systemeinstellungen würde ich dazuzählen. Vielleicht auch noch den Texteditor und das Terminal. Karten, Schach und Bildbetrachter eher nicht.

Was ich mir von GNOME 46 erhofft habe, sind folgende Änderungen:

  • Einstellung der Akzentfarben (das ist schon seit vier Versionen überfällig)
  • Integration von GNOME-Tweaks in die Systemeinstellungen
  • Ersatz von GNOME-Extensions durch den Extension Manager
  • Geschwindigkeitsverbesserungen (GNOME wird gefühlt immer langsamer)
  • Optionales Whitelisting von weiteren Screenshot-Apps (Shutter, Flameshot)
  • Behebung der gröbsten Schwächen in Nautilus: Spalten-Konfiguration (Favoriten), falsches Sortierverhalten

Bei GNOME-Dateien (Nautilus) möchte ich mehr ins Detail gehen. Obwohl ich ein GNOME Fanboy bin, habe ich seit einiger Zeit Nautilus durch Thunar ersetzt, weil Nautilus von Version zu Version schlechter geworden ist, IMHO. Zum kleinsten Übel gehört, dass man die Spalten nicht frei konfigurieren kann. Wenn ich keine Favoriten-Spalte möchte, wünsche ich sie gerne abzuschalten, was nicht möglich ist.

Die Favoriten-Spalte in Nautilus ist nicht abschaltbar.

Der Hauptgrund, warum ich Nautilus nicht mehr verwende, ist das fehlerhafte Sortierverhalten. Ich kenne keinen anderen Dateimanager, der Dateien nur im Viewport sortiert. Hierzu ein Beispiel zum Verständnis:

  • Erzeugt 100 Dateien in einem neuen Verzeichnis mittels: touch {001..100}.txt
  • Öffnet dieses Verzeichnis in Nautilus. Die Dateien sind von 001.txt bis 100.txt sortiert: alles gut
  • Nun klickt ihr auf die Namen-Spalte, um die Sortierung umzukehren (100.txt bis 001.txt)

Ihr seht es; die Dateiliste wird nicht vollständig, sondern nur im sichtbaren Bereich sortiert: 007.txt wird zuerst angezeigt, anstatt der erwarteten Datei 100.txt. Bei meinem Arbeitsfluss führt das zu fatalen Fehlern.

Die neue globale Suche in Nautilus habe ich auch ausprobiert. Eigentlich handelt es sich dabei nicht um eine Funktion des Dateimanagers, sondern der generellen Sucheinstellungen (GNOME-Settings: Suche).

Die Idee dahinter finde ich gut. Bei jeder Anwendung, die eine Suchfunktion anbietet, kann diese Funktion über die Sucheinstellungen in den System-Einstellungen konfiguriert werden. Ich habe es ausprobiert und einen meiner Raspberry-PIs, der über sftp eingehangen ist, in die Sucheinstellungen aufgenommen: funktioniert nicht; es wurden keine Dateien auf dem Raspi gefunden. Andererseits möchte man die Sucheinstellungen nicht global, sondern für jede Anwendung regeln. Na ja, solange diese Funktion in GNOME 46 nicht richtig funktioniert, ist ein Nachdenken zum Für und Wider halb gar.

Die finale Version der Desktop-Umgebung soll am 20. März erscheinen. Gemessen an den Änderungen, halte ich diese Version nicht für ein Major-Release.

Quelle: https://discourse.gnome.org/t/gnome-46-beta-released/19505

Tags

GNOME, GNOME-46, Nautilus, Dateimanager

Max Kaufmann
Geschrieben von Max Kaufmann am 26. Februar 2024 um 14:58

Ich nutze schon lange XFCE, da es sehr schnell und anpassbar ist.

Pascal Garber
Geschrieben von Pascal Garber am 26. Februar 2024 um 15:04

Gibt es zu dem Sortier-Verhalten von Nautilus einen Bug Report? Trotz das Problem auch in der Groß-Ansicht auf?

Pascal Garber
Geschrieben von Pascal Garber am 26. Februar 2024 um 15:05

Gibt es zu dem Sortier-Verhalten von Nautilus einen Bug Report? Tritt das Problem auch in der Grid-Ansicht auf?

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 26. Februar 2024 um 17:59

In der Grid-Ansicht zeigt sich dasselbe Sortierverhalten. Einen Bug-Report habe ich noch nicht geschrieben.

Christopher
Geschrieben von Christopher am 26. Februar 2024 um 23:32

Warum erwarten immer alle so viel? Ich denke die meisten Entwickler machen das immer noch unentgeltlich, oder? Bugs sind nicht gut, aber es gibt Bugs mit denen kann ich leben und schränken mich nicht wirklich in meiner Arbeit ein. Dann gibt es Bugs die machen das Arbeiten unmöglich oder gefährden wohl möglich die Arbeit. Es gibt in Microsoft und deren Anwendung Bugs bis heute, die schon in früher Stunde dort zu finden waren. Also, worüber beschweren wir uns😁?

linmob
Geschrieben von linmob am 27. Februar 2024 um 14:49

Ich weiß nicht Ralf, muss jedes Release irgendein Killerfeature wie den Activities-Indicator in 45 haben? Was nicht erwähnt wurde, ist dass natürlich ein neues 4.14-Release von GTK4 (mit besserer GPU-Beschleunigung) zum Einsatz kommt, und libadwaita 1.5 auch neue Widgets bringt, die in viele GNOME Apps eingearbeitet werden. Das allein ist ein Haufen Arbeit.

Laut letztem This Week in GNOME kann auch noch einiger Fortschritt in Bezug auf fractional scaling (inkl. XWayland) in 46 landen - was auch viele sehr freuen wird.

Klar - 46 ist jetzt nicht super spannend, aber es fixt sicher die Probleme diverser Menschen, die diese reported/mit MR angegangen sind, und nicht nur in einem Blog-Post jammern, dass das persönliche Problem, was man nicht reported hat keinen Eingang gefunden hat. ;-)

(Sorry, aber das musste sein: Kein konstruktiver (!) Bugreport, keine Kekse!)

Christopher
Geschrieben von Christopher am 28. Februar 2024 um 06:49

Danke. Das ist, was ich meinte. Davon abgesehen: Ich als Debian Stable Nutzer, bin da ohne hin recht abgehärtet und freue mich immer mit einer neuen Major Version über viele neue Funktionen diR auch funktionieren, weil halt nicht immer brand neu. Für mich ist der Computer und das OS zum arbeiten da. Ohne großes Tamm, Tamm. Wieviel Arbeit die vielen Freiwilligen investieren, kann ich nur erahnen. Dafür meinen allergrößten Respekt und ein fettes Lob wie Dankeschön.