"Brauche ich im Fediverse nur einen Account?", ist eine Frage, die öfter gestellt wird. Manche Erklärungen suggerieren, dass es so ist. So heisst es z. B. bei Fedi.tips:
Brauche ich mehrere Konten? Muss ich vielen Servern beitreten?
Nein. Sie brauchen nur ein Konto auf einem Server, um Menschen aus dem ganzen Fediversum zu folgen und mit ihnen zu interagieren. Stellen Sie sich das wie Ihr Telefon vor: Sie brauchen nur ein Telefon mit einer SIM-Karte, um jeden auf der Welt anzurufen. Sie brauchen keine Telefone für jedes Telefonnetz, denn die Telefonnetze der Welt sprechen miteinander. Sie brauchen nicht für jeden Fediverse-Server ein Konto, denn die Fediverse-Server der Welt sprechen miteinander.
Was dort steht, ist zwar nicht falsch, kann aber in die Irre führen.
Bevor ich zur Account-Frage komme, möchte ich noch einmal kurz den Aufbau des Fediversums erklären: Das Fediverse besteht auch unterschiedlichen dezentralen Diensten, zum Beispiel:
- Mastodon für Micro-Blogging
- Pixelfed für Bilder
- Funkwhale für Musik
- PeerTube für Videos
- und viele mehr
Für jeden dieser Dienste kann es beliebig viele Instanzen geben. In der Regel hat man einen Account bei einer Instanz eines Dienstes, z.B. lautet mein Account für den Dienst Mastodon auf der Instanz social.anoxinon.de wie folgt: @ralfhersel@social.anoxinon.de. Alle Instanzen und Dienste kommunizieren über das ActivityPub-Protokoll miteinander.
Bei der Frage nach der Anzahl Accounts, die man im Fediverse benötigt, muss man zwischen Sender und Empfänger unterscheiden. Mit dem einen, oben genannten Account kann ich beliebigen anderen Accounts auf beliebigen Instanzen von beliebigen Diensten folgen. Ich bin Empfänger der Nachrichten von anderen Personen.
Die Sache sieht anders aus, wenn ich als Sender auftreten möchte. Mit dem oben genannten Account bin ich Sender von Mastodon-Tröts auf meiner Instanz. Alle anderen Teilnehmenden, egal bei welchem Dienst und Instanz, können meinen Tröts folgen. Falls ich jedoch meine Musik und meine Bilder zum Folgen bereitstellen möchte (Sender), brauche ich bei Pixelfed und Funkwhale zusätzliche Accounts. Es ist nicht möglich, sich bei diesen Diensten mit dem Mastodon-Account anzumelden. Pro Instanz eines Dienstes wird ein eigener Account benötigt.
Ein anderes Beispiel, welches nicht aus dem Fediverse stammt: Wenn du ein Gmail- und ein GMX-E-Mail-Konto hast, kannst du dich nicht mit dem Gmail-Account bei GMX anmelden und umgekehrt, obwohl beide dieselben Protokolle (SMTP, POP3, IMAP) verwenden.
Selbstverständlich kann man sich selbst folgen. Angenommen, ich möchte meine neuen Bilder von Pixelfed auf Mastodon sehen. Dann folge ich mit meinem Mastodon-Account meinem Pixelfed-Account. Selbst wenn man beim selben Dienst auf zwei Instanzen unterwegs sein möchte (z.B. ein privater und ein beruflicher Mastodon-Account), benötigt man zwei Accounts. Man kann sich nicht mit Masto-Account A bei der Masto-Instanz B anmelden.
Nun stellt sich die Frage, ob das ein konzeptioneller Fehler im Fediversum ist. Es wäre doch denkbar, dass man mit einem Account auf alle Instanzen aller Dienste zugreifen könnte. Bisher ist sowohl die Inhalte- als auch die Benutzerverwaltung dezentral organisiert. Jede Instanz (Server) hat seine eigene Ablage für Inhalte und Benutzeraccounts. Deswegen ist in der Account-Adresse der Instanzname enthalten.
Ein Fediverse-übergreifender Account würde eine zentrale Account-Verwaltung bedingen. Diese widerspricht jedoch dem dezentralen Konzept des Fediverse. Belässt man es bei der dezentralen Verwaltung, bräuchte man eine kontinuierliche Replikation der Accounts über alle Instanzen des Fediverse hinweg, was aus Performance-Gründen nicht möglich ist. Ausserdem hat jede Instanz ihr eigenes Regelwerk, dem man als Nutzer zustimmt. Auch angesichts dessen ist ein universaler Account nicht möglich.
Ich hoffe, ich konnte alle Klarheiten beseitigen. Schreibt eure Korrekturen und Bemerkungen gerne in die Kommentare.
Der Artikel ist inhaltlich falsch. Ein zentraler Account wäre nicht nötig. Das einzige, was nötig wäre, wäre, Darstellung und Protokoll zu trennen. In dem Sinne ist auch der E-Mail-Vergleich falsch.
So, wie es E-Mail-Clients gibt, die HTML können und welche, die nur Plaintext können, und welche, die Threads als Konversation anzeigen und welche, die das nicht tun, usw., könnte es einen ActivityPub-Server geben, der nur Store-and-Forward macht (entsprechend dem MTA bei E-Mail), und Mastodon, Pixelfed, usw. würden da dann ihre ActivityStreams abliefern (entsprechend dem MUA). Das ist im ActivityPub-Protokoll sogar vorgesehen, die (in dieser Hinsicht) proprietären Anwendungen wie Mastodon nutzen es nur nicht.
Ein weiteres Beispiel für ein Protokoll, das das so macht, ist Matrix. Hier gibt es ebenfalls verschiedene Clients, die mit ein und demselben Account unterschiedliche Darstellungen und Einsatzszenarien abbilden (Chat, 3D-Welt, Microblog, Datei-Cloud, ...).
Hallo Ralf,
du schreibst "Ein Fediverse-übergreifender Account würde eine zentrale Account-Verwaltung bedingen", das sehe ich anders. Über OAuth und ähnliche Mechanismen könnte man ja dem einen Service Zugriff auf gewisse eigene Account-Daten des anderen Services geben (analog zudem "Login mit Github" und co.).
Natürlich hängt da noch einiges anderes hinter, was zu beachten wäre. So könnte man bspw. über eine Weiterleitung von Inhalten an eine andere Instanz nachdenken (also eine Art alias für meinen Account auf einer anderen Instanz).
Grundsätzlich wäre für ein Account-Sharing aber m.E. keine Zentralisierung nötig.
Bei Friendica (https://gnulinux.ch/serie-fediverse-dienste-friendica-funktionsreich-und-doch-verstaendlich) kannst du dich so weit ich weiß mit OAuth anmelden. Außerdem ist es dort auch möglich, automatische Accountspiegelungen einzurichten, womit sich jeder Beitrag eines Accounts unabhängig vom Fedi-Dienst rebloggen lässt.
Immer wieder hört und liest man, dass nicht jede Instanz mit jeder anderen Instanz kommunizieren muss und das sogar verweigern kann. Und damit sind nicht die unterschiedlichen Dienste gemeint! Wie muss ich mir das vorstellen? So ähnlich wie damals Newsgruppen bzw. UUCP - Unix-to-Unix Copy? Das wäre dann auch eine Form von "Walled Garden". Braucht es in diesem Fall dann nicht doch mehrere Accounts, um wirklich alle Inhalte erreichen zu können?
Ein Fediverse-übergreifender Account bedeutet ebenfalls das Mastodon so gut mit Videos umgehen kann wie mit PeerTube. Ich sehe kein Problem damit wenn ein Anbieter mehrere Softwaredienste betreibt und die Account-Verwaltung mit LDAP zentralisiert. Dein Google-Konto nutzt du ja auch für Youtube, Gmail & Co.
Ein Fediverse-übergreifender Account wäre durchaus sinnvoll und auch möglich - aber anders als wie in dem Artikel ausgeführt. Zentrale Account-Verwaltung und kontinuierliche Replikation der Accounts sind nicht notwendig. Es bedarf einzig alleine einem Authentifizierungsverfahren a la Open ID oder wie bei Hubzilla mit OpenWebAuth kombiniert mit einem Rechteverwaltungssystem. So könnte ganz dezentral geregelt werde wer auf einer Instanz was tun darf oder eben nicht und das unabhängig davon auf welcher Instanz und in welcher App ein Account angelegt wurde.
Es ist möglich - es müsste eben nur ein einheitliches Authentifizierungsverfahren und Rechteverwaltungssystem geben.
mehr zu OpenWebAuth hier: https://videos.im.allmendenetz.de/w/pGfRdAVVsDMH4QFVGearkw