In der GNU/Linux.ch Community wurde die Anwendung Xournal++ vor längere Zeit vorgestellt. Ich selbst war noch vor kurzer Zeit Student und habe mich dabei zu einem dogmatischen Verfechter freier Software gemausert und dabei ein massives Problem gehabt: Viele meiner Mitstudenten (hier ist das generische Maskulinum; leider kein Anachronismus, sondern bittere Realität in meiner Studentenlaufbahn) verwendeten Tablets und bereiteten die PDF-Datensätze der Dozentinnen dort auf. Sie konnten mittels Bildschirmfotos und Stift diese direkt bearbeiten, ich musste alles drucken und mit Stift ausfüllen.
Neben meinem Gewissen gab es zwei zentrale Probleme:
- Ich kann es nicht ausstehen, auf Touchscreens zu arbeiten. Es artet immer in ein Geschmiere aus, dass durch feine Linien des Stiftes durchzogen ist und mehr nach abstrakter Kunst, als nach einem Arbeitsgerät aussieht. Zusätzlich fehlt bei Laptops oder Tablets, die im Gegensatz zu Smartphones vorhanden Selbstreinigung durch die Hosentascheinnenseite, eine einfache Möglichkeit des Reinigens.
- Ich mag das Gefühl von Papier. Ich mag den Widerstand, den es mir beim Schreiben bietet, ich liebe die Haptik und die gleichförmige Bedienung. Bildschirme sind dagegen furchtbar glatt, man verrutscht leicht und meine ohnehin hässliche Handschrift sieht aus, als hätte ich gerade die 2te Klasse abgeschlossen.
Was war die Lösung?
Ein Wacom Tablet und Xournal++. Die Anwedung bietet mir das Annotieren mittels Handschrift und Tastatur an. Durch die explizite Stiftunterstützung können Bewegungen geglättet werden, sodass es zu keinen Verzerrungen kommt. Wenn es etwas Schickeres sein muss, so kann ich mittels LaTeX und der Bibliothek TikZ Grafen erzeugen und beliebig positionieren.
Als kleines Beispiel habe ich den Artikel 'Zum Wochenende: Zusammenarbeit für die Freiheit' als Vorlage für Anmerkungen verwendet (durch welche Inspiration ist dieser Artikel wohl entstanden).
Was sind die Vorteile?
- Der Bildschirm bleibt sauber, da das Wacom Tablet, ähnlich zu einer Tastatur, vor mir liegt. Ich schreibe darauf nach "Gefühl", ebenso wie ich nicht mehr auf die Tastatur sehe. Auch wenn die Arbeit damit gewöhnungsbedürftig ist, so ist sie um Welten besser als mit einem Tablet + Stift. Die Haptik und der Widerstand beim Schreiben sind dem von Papier deutlich ähnlicher.
- Wacom bietet einen ausgezeichneten Linux Support und ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte für freie Linux Unterstützung. Aktuell sind drei Mitglieder des Wacom Teams Teil der Entwicklertruppe. Natürlich gab und gibt es in der langjährigen Beziehung zwischen der Firma und der Community ihre Höhen und Tiefen, es scheint jedoch eine klare, gesetzte und funktionierende Struktur zu geben.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit der Methode. Skripte, Paper oder Dokumente lassen sich damit schnell und einfach bearbeiten. Ich kann diese ergänzen oder mit Sekundärliteratur anreichern. Mit dem LaTeX Framework lassen sich schöne Graphen und Formeln einbauen, die das Verständnis erhöhen.
Natürlich muss auch Arbeit investiert werden:
- Auch wenn meine Handschrift schlecht ist, so schlimm sieht sie tatsächlich nicht aus. Es wird aber kontinuierlich besser, ich denke, es ist wie das blinde Tippen auf einer Tastatur: es dauert, bis man den Dreh raus hat.
- Es gibt das Wacom Tablet in verschiedenen Grössen, wer an vielen unterschiedlichen Plätzen arbeitet, sollte die kleinste Variante nehmen, für alle mit festem Arbeitsplatz ist die mittlere Variante zu empfehlen.
Ich hoffe, ich konnte damit der Intention des Artikels gerecht werden und folge dem Leitspruch "Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt."
Danke für den tollen Beitrag, werde wiedereinmal mein Wacom Intuos Pro heraus kramen...