Dein Einstieg ins Usenet

  Niklas   Lesezeit: 14 Minuten  🗪 8 Kommentare

Dieser Artikel zeigt, wie das Usenet benutzt werden kann, was dafür gebraucht wird und wie es funktioniert.

dein einstieg ins usenet

Das Usenet ist ein riesiges dezentrales Netzwerk von Foren zu allen möglichen Themen. Wir haben es vorgestellt. Um das Usenet nutzen zu können, wird ein Newsserver und ein Newsreader benötigt. Der Newsserver ist der Einstiegspunkt, über den sich der Computer mit dem Usenet verbindet. Der Newsreader ist ein Computerprogramm, mit dem man Beiträge lesen und schreiben kann.

Es gibt eine Vielzahl von kostenlosen und kostenpflichtigen Newsservern im Internet. Dabei gibt es einen wichtigen Unterschied: Die kostenpflichtigen Server bieten in der Regel Zugang zum binären Teil des Usenet, der meist für Raubkopien und andere illegale Inhalte benutzt wird. Abgerechnet wird oft nach verbrauchtem Datenvolumen. Die kostenlosen Server hingegen bieten nur Zugang zum Text-Teil und das ist auch vollkommen ausreichend.

Hier ein paar empfehlenswerte Server:

  • http://www.eternal-september.org
    • Bietet Lese- und Schreibzugriff auf den Text-Teil des Usenet
    • Hat Verbindungen zu mehr als 60 Servern
    • Wird seit mehr als 15 Jahren als Privatprojekt betrieben
  • http://open-news-network.org
    • Ist ein Zusammenschluss aus mehreren Newsservern
    • Wird von einem Verein betrieben
    • Besteht seit 2005 als Privatprojekt, 2007 wurde der Verein gegründet
  • http://freedyn.de/usenet.php
    • Bietet Lese- und Schreibzugriff auf den Text-Teil des Usenet
    • Hat Verbindungen zu mehr als 20 Servern
    • Wird seit 2012 als Privatprojekt betrieben

Hinweis: Die Bestätigungsmails dieser Anbieter sind bei mir alle im Spam-Ordner angekommen. Nach der Registrierung unbedingt auch dort nachschauen. Bei Open News Network kann es ausserdem etwas dauern, bis die Bestätigungsmail zugestellt wird.

Jetzt brauchen wir auch noch das passende Programm, um den Usenet Zugang zu nutzen. Leider ist die Auswahl an Programmen, die noch aktiv weiterentwickelt werden, eher beschränkt. Und doch dürfte für die meisten etwas Passendes dabei sein, ob grafisch oder im Terminal.

Pan

Pan ist ein GTK-basierter Newsreader, der noch sehr aktiv weiterentwickelt wird und sowohl mit GTK2 als auch GTK3 kompatibel ist. Die neueste Version ist erst am 22. Dezember erschienen. Das Programm hat sehr viele Funktionen und kann auch von Usenet-Anfängern nach kurzer Eingewöhnung bedient werden. Es unterstützt auch mehrere Accounts. Pan kann beispielsweise bei FreeBSD, Void Linux, Arch Linux und darauf basierenden Distributionen bequem aus dem offiziellen Repository installiert werden. Ausser Linux und BSD wird auch macOS unterstützt.

Thunderbird

Der Mailclient von Mozilla ist ein echtes Multitalent. Neben Mail, Kalender, Messenger und RSS-Feeds unterstützt das Programm auch den Zugriff auf das Usenet. Thunderbird ist modern und bekommt regelmässig Updates. Die Nutzung als Usenet Client fühlt sich ähnlich an, wie als Mailclient. Wer Thunderbird sowieso schon für seine Mails nutzt, wird sich schnell eingewöhnen - und alle anderen bestimmt auch. Thunderbird ist für fast alle Betriebssysteme verfügbar, meistens im offiziellen Repository oder sogar vorinstalliert, wie etwa bei OpenIndiana.

SeaMonkey

Ein weiteres Programm von Mozilla, welches den Browser, Mailclient, IRC Client, Webseiteneditor und Usenet Newsreader in nur einem Programm vereint. SeaMonkey wird ebenfalls aktiv weiterentwickelt, obwohl es immer ein paar Versionen hinter Firefox und Thunderbird liegt. Im Gegensatz zu Thunderbird passt es sich bei seinem Design wesentlich besser an das verwendete GTK Theme an, ansonsten ist die Bedienung sehr ähnlich. SeaMonkey bietet Downloads für die drei grossen Betriebssysteme Linux, macOS und Windows an. Im offiziellen Repository konnte ich es nur bei Arch Linux und darauf basierenden Distributionen finden.

Tin

Tin ist Terminalprogramm zum Zugriff auf das Usenet. Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig. Tin wird komplett über die Tastatur gesteuert. Es hat keine Sidebars oder ähnliches, sondern füllt das gesamte Terminal mit der Ansicht, in der man sich gerade befindet - Liste der Newsgroups, Liste der Nachrichten oder die Nachricht selbst. Ein paar Tasten und ihre Wirkung werden unten aufgelistet. Zum Schreiben einer Nachricht leitet Tin an einen Texteditor weiter, in meinem Fall war das Nano. Es wird aktiv weiterentwickelt, die neueste Version ist erst am 26. Dezember erschienen. Das Programm ist für nahezu jede erdenkliche Plattform verfügbar, darunter alle BSD Varianten, Haiku, Linux, macOS, Windows (in Cygwin). Bei FreeBSD und Void Linux ist es im offiziellen Repository verfügbar, bei Arch Linux im AUR und bei Haiku in den Haikuports.

slrn

slrn ist ebenfalls ein Terminalprogramm. Die Steuerung finde ich hier etwas einfacher. Über dem Beitrag, der gerade gelesen ist, wird immer eine Liste der Beiträge in der Newsgroup, die nach Beitrag und dazugehörigen Antworten gegliedert ist, dargestellt. Zum Schreiben wird auch bei slrn ein externer Editor verwendet, auch dieses Programm wird aktiv weiterentwickelt. Zu Beachten ist, dass bei slrn zunächst eine .slrnrc Konfigurationsdatei im Home Verzeichnis angelegt und mit allen wichtigen Einstellungen gefüllt werden muss, damit das Programm sinnvoll genutzt werden kann. Es ist bei OpenIndiana, FreeBSD und Void Linux im offiziellen Repository, bei Arch Linux im AUR. Ausserdem gibt es einen inoffiziellen Build für Windows.

XRN

XRN ist ein grafischer Newsreader, der direkt die Xorg Bibliothek nutzt und ohne zusätzliche GUI-Bibliothek wie GTK oder Qt auskommt. Es ist damit sehr leichtgewichtig und schnell, lässt sich mit jeder Desktopumgebung ohne viele zusätzliche Abhängigkeiten nutzen, sieht aber etwas altbacken aus. Es scheint nicht mehr aktiv weiterentwickelt zu werden, die neueste Version erschien 2018. XRN ist nicht sonderlich gut dokumentiert, weshalb ich leider nicht herausfinden konnte, wie man ein Login erzwingen kann (mein Newsserver erlaubt anonyme Zugriffe, gibt dann aber nur Zugriff auf wenige Newsgroups). Ich finde XRN lediglich im AUR für Arch Linux. Auf anderen Systemen kann es aus dem Quellcode selbst kompiliert werden.

NewsBe

NewsBe ist ein grafischer Newsreader für Haiku, der die native GUI Bibliothek BeAPI nutzt und sich damit gut ins System integriert. Er wird leider nicht mehr besonders aktiv gepflegt. Dank eines ganz aktuellen Patches kann ich ihn zwar auf der 64Bit Version kompilieren, aber keine Verbindung zu einem Newsserver herstellen. Ich liste das Programm hier nur in der Hoffnung, dass die Probleme irgendwann behoben werden. Im aktuellen Zustand ist es unbrauchbar. Es ist ausschliesslich für Haiku verfügbar und muss selbst aus dem Quellcode im Github Repository kompiliert werden.

Nachdem die Auswahl des Newsservers und des Newsreader getroffen ist, könnt ihr mit der Erkundung und Nutzung des vielleicht grössten Foren-Netzwerks des Internets beginnen. Startet euren Newsreader und loggt euch mit Adresse des Newsservers, Benutzername und Passwort ein.

Achtung: Manche Newsserver erfordern kein Login. Der Newsreader fragt dann nicht nach Zugangsdaten und zeigt nur eine stark eingeschränkte Auswahl an Inhalten an. Das ist beispielsweise bei Eternal September der Fall. Ihr müsst den Newsreader dann so einstellen, dass er die Zugangsdaten immer sendet, auch wenn der Server nicht explizit danach fragt, um Zugriff auf alle Inhalte zu bekommen.

Ihr seht nun eine riesige Liste an Newsgroups. Am besten schaut ihr erst einmal in die rein, die euch interessieren. Wenn sie euch inhaltlich zusagen, könnt ihr sie abonnieren, um schneller darauf zugreifen und, je nach Newsreader, automatisch Neuigkeiten laden zu können.

Ihr könnt euch an Diskussionen in jeder Newsgroup beteiligen oder neue Themen in jeder beliebigen Newsgroup erstellen. Es ist dabei nicht notwendig, diese abonniert zu haben (das ist eine rein clientseitige Sache). Achtet aber vor dem Stellen einer wichtigen Frage darauf, wann der letzte Beitrag geschrieben wurde. Viele Newsgroups sind leider fast ausgestorben, es gibt sie noch, aber es wurde seit Jahren nichts mehr dort geschrieben und ihr braucht nicht auf zeitnahe Antworten zu hoffen.

Wenn ihr nach deutschen Diskussionsbereichen sucht, dann schaut euch die Newsgroups mit dem Präfix de. an. Das Gleiche gilt für alle anderen Sprachen. Gibt es kein Sprachenpräfix, so wird in der Regel in englischer Sprache kommuniziert. Vor allem bei weniger angesagten Themen ist es sinnvoll, in den englischen Bereich zu schauen, weil hier meistens mehr Menschen aktiv sind und eure Fragen schneller beantwortet werden. Bei beliebten Themen, wie etwa Linux (de.comp.os.unix.linux.misc) werdet ihr auch in der deutschen Newsgroup gut beraten, weil sich viele Nutzer dort beteiligen.

Hinweis zum Datenschutz: Leider findet auch die Datenkrake Google gefallen am Usenet und kopiert alle Nachrichten in seinen Service Google Groups. Ihr könnt das für eure Beiträge verhindern, indem ihr euren Newsreader so konfiguriert, dass er den Header X-No-Archive: yes bei jedem Beitrag mitsendet.

Ich hoffe, ich konnte euch mit meinem kleinen Einblick in das Usenet helfen. Wenn ihr weitere gute Newsreader oder freie Newsserver kennt, freue ich mich über Kommentare. Vielleicht sieht man sich ja mal im Usenet. Ich bin hauptsächlich in Newsgroups zu BSD, Unix, BeOS, Haiku und Solaris anzutreffen, die sind aber alle nicht besonders aktiv.

Quellen:

Tags

Usenet, Newsreader, Linux, Programm, XRN, Thunderbird, E-Mail, Terminal, Windows

kamome
Geschrieben von kamome am 19. Januar 2022 um 11:24

Danke, tin ist auch in Debian vorhanden.

manfred gil
Geschrieben von manfred gil am 19. Januar 2022 um 11:26

Hallo,flnews währe da noch zu erwähnen. Gruß

Niklas
Geschrieben von Niklas am 25. Januar 2022 um 17:20

Danke fuer den Hinweis, sieht auf den ersten Blick gut aus, werde ich zeitnah mal ausprobieren.

User
Geschrieben von User am 19. Januar 2022 um 11:41

Einen stabilen Usenet-Server stellt auch die FU Berlin mit http://news.individual.de/ für moderate 10 Euro im Jahr bereit.

Norbert
Geschrieben von Norbert am 19. Januar 2022 um 19:17

Da kommen nostalgische Gefühle auf.

Damals waren Newsgroups noch sehr verbreitet weil es nichts anderes gab.. Ebenso wie Mailboxen in die man sich mit seinem Modem einwählte. Z.B. Cybercity in Köln.

Johannes
Geschrieben von Johannes am 23. Januar 2022 um 21:38

Das war super spannend. Vom Usenet hatte ich bisher nur gehoert, aber nie genug verstanden um es mir mal anzuschauen. Besonders die Liste der Server war deshalb wertvoll fuer mich.

Ich habe mir mal einen Account auf eternal-september gemacht und mal angeschaut, was da so passiert. Ehrlich gesagt, es war bizarr.

Die Zahl der Groups ist ueberwaeltigend. Fuer mich vergleichbar hoechstens mit der Anzahl der Subbreddits auf Reddit. Nur dass es da keine Liste gibt, hier schon.

Fuer die meisten dieser Groups gibt es scheinbar keine Eintraege. Die, die ich finde fuehlen sich absurd an:

  • in z-netz.rechtswesen.diskurs.steuerrecht werden superspeziefische rechtsfragen diskutiert. Besonders feurig geht eine Diskussion von 2009 uber GEZ-Gebuehren.

  • Es gibt spam. Was habe ich auch erwartet? Ob es wohl sowas wie Moderation gibt?

  • es gibt viele Porno-Gruppen, manche mit Namen die eindeutig illegales versprechen. Manche mit Namen, die einen daran erinnern, wie absurd das Internet eigentlich ist.

  • viele Gruppen (hunderte) haben scheinbar gar keinen Inhalt. Was hier wohl los ist?

  • Die Diskussionen, die ich sehe fallen alle komplett mit der Tuer ins Haus, als wuerde sich jeder supergut kennen. War das damals so im Internet?

Wie kann man gute/aktive Gruppen finden?

Danke fuer die beiden Artikel. Es war auf jeden Fall genug, um mich traurig zu machen, dass das Usnet nicht mehr aktiv ist. Was fuer eine tolle Sache das gewesen sein muss... Schade.

Niklas
Geschrieben von Niklas am 25. Januar 2022 um 17:32

Ich fange direkt mal unten an... Ja, es waere wirklich sehr schade, wenn das Usenet verloren gehen wuerde. Aber es ist ja noch da und kann benutzt werden. Es ist zwar nicht mehr so beliebt wie frueher, aber es liegt an uns, es wieder mit Leben zu fuellen. Solange noch einige Server hobbymaessig betrieben werden, ist das Usenet nicht tot.

Spam ist tatsaechlich ein grosses Problem im Usenet. Es gibt Ansaetze, um Spam zu bekaempfen, aber dadurch, dass es dezentral organisiert ist, wirkt das nicht zu 100%. Es gibt ein paar Accounts mit Sonderrechten, ich denke das werden meistens Bots sein, die nach Spam suchen und diesen entfernen. Es ist jedoch auch die Entscheidung des eigenen Newsservers, ob er diesem Account vertraut, also die Loeschanfragen beachtet. Im Grossen und Ganzen muss man mit dem Spam einfach leben. Das sieht jetzt auch nur so extrem viel aus, weil es im Vergleich oft nur noch wenig sinnvolle Inhalte gibt. In sehr aktiven Gruppen faellt der Spam weniger ins Gewicht.

Wenn eine Gruppe keinen Inhalt hat, heisst das nur, dass dein Server keinen Inhalt kennt. Man muss bedenken, dass Speicherplatz frueher deutlich teurer war, als heute. Deshalb wurden Inhalte nur eine bestimmte Zeit zwischengespeichert und danach geloescht. Heute bewahren manche Newsserver zumindest Textbeitraege unbegrenzt lange auf. Bei Eternal September, was ich uebrigens auch nutze, werden Beitraege aber nach ein paar Jahren tatsaechlich geloescht. Und in manchen Gruppen gibts halt keine neueren Beitraege.

Wie das damals war, ob sich jeder supergut gekannt hat, das kann ich schwer beurteilen. Aber ich denke, im relativ kleinen heutigen Nutzerkreis des Usenet kennen sich tatsaechlich viele Nutzer schon sehr gut.

Ein Universalrezept, um die aktivsten Gruppen zu finden, kann ich dir auch nicht geben. Prinzipiell sind die populaersten Themen am aktivsten. Zum Beispiel wirst du jede Menge Inhalte finden, wenn du in Gruppen zum Thema Linux schaust. Nischenthemen wie BSD oder Solaris sind hingegen kaum noch aktiv. Unter den wenigen verbleibenden Usenet Nutzern wird sich hoechstens eine handvoll finden, die gleichzeitig auch noch an so einem exotischen System interessiert ist. Abseits vom Computer kann ich die Lage schlecht einschaetzen. Um ehrlich zu sein: Ich bin Vollzeitnerd. Ich beschaeftige mich kaum mit anderen Sachen und habe noch nicht in Gruppen zu anderen Themen geschaut. Mein Gefuehl sagt mir aber, dass die Leute, die im Jahre 2022 noch das Usenet benutzen, mit grosser Mehrheit technisch versiert sind und zu IT Themen schreiben.

Thorsten
Geschrieben von Thorsten am 30. Januar 2022 um 15:16

ich sag mal so früher war den Menschen es auch noch bewusst(er) das da eine andere Mensch am anderen enden sitzt, dementsprechend hatten die Gespräche einschlagende Wortwahl. ^^