Einsteigerlinux: Linux Mint LMDE/Cinnamon
Fr, 28. Januar 2022, Ralf Hersel
LMDE ist ein Linux-Mint-Projekt, das für "Linux Mint Debian Edition" steht.
Sein Ziel ist es, sicherzustellen, dass Linux Mint weiterhin die gleiche Benutzererfahrung bieten kann, falls Ubuntu jemals verschwinden sollte. So können wir abschätzen, wie sehr wir von Ubuntu abhängig sind und wie viel Arbeit in einem solchen Fall anfallen würde. LMDE ist auch eines unserer Entwicklungsziele, da es garantiert, dass die von uns entwickelte Software auch ausserhalb von Ubuntu kompatibel ist.
Die normalen Distributionen aus dem Hause Mint basieren auf Ubuntu 20.04 LTS und unterscheiden sich bei den Desktop-Umgebungen. Zur Auswahl gibt es das Mint-Flagschiff Cinnamon, sowie Mate und Xfce als Oberflächen. Das oben erwähnte Zitat des Mint-Projektes kann einem zu Bedenken geben; allzu gross scheint das Vertrauen in Ubuntu als Basis-Distro nicht zu sein. Genau das ist der Grund, warum ich für diesen Test die Ubuntu-Zwischenschicht überspringe und die LMDE-Version ausprobiere, die direkt auf Debian (Version 10, Buster, von Oktober 2021) basiert.
1. Installation
Nach dem (mit 1.9 GB relativ kleinen) Download der ISO-Datei, gelangt man nach dem Start in den Live-Boot und beginnt mit einem Klick auf das Installations-Icon. Die Installation führt einen in neun Schritten zum Ergebnis: Willkommen, Sprachauswahl, Ortswahl, Tastatur-Layout, Benutzerkonto, Partitionierung, Zusammenfassung, Installation.
Das ist alles sehr einfach und schick gemacht. Hier sehe ich keinerlei Probleme für Anfänger. Während der Installation wird man von einer Präsentation unterhalten, die weitere Informationen zur Distribution liefert. Nach ein paar Minuten ist der Vorgang abgeschlossen. Alles gut, volle Punktzahl.
2. Einführung
Nach dem Neustart wird man Willkommen geheissen und erhält Informationen zu den ersten Schritten, zur verfügbaren Dokumentation und Hilfe, sowie zu den Möglichkeiten einer Mitarbeit.
Insbesondere die 'Ersten Schritte' haben mir gut gefallen, da man dort relevante Einstellungen machen kann. Der Screenshot gibt einen Eindruck davon. Die erste Begegnung gefällt mir ebenfalls; der Cinnamon-Desktop ist klar und einfach gestaltet. Auch hier finde ich alles vorbildlich, volle Punktzahl.
3. Vollständigkeit
Um die Vollständigkeit zu überprüfen, werfe ich einen Blick in das aufgeräumte Menü von LMDE. Dort findet man ein Favoriten-Panel mit zusätzlichen Funktionen für die Bildschirmsperre, das Abmeldung und für das Herunterfahren des Rechners. Neben einer Suchfunktion, werden die Anwendungen in sieben Kategorien unterteilt und es gibt Zugriff auf die Verzeichnisse unter Home, mit dem Dateimanager (Nemo), sowie die zuletzt verwendeten Dateien.
Bei den Büro-Anwendungen steht die gesamte LibreOffice-Suite zur Verfügung. Unter 'Grafik' gibt es Drawing, den Bildbetrachter 'Pix' und SimpleScan. Für das Internet wird Firefox, Hexchat, Thundbird und Transmission (für Torrents) angeboten. Als Multimedia-Apps enthält das Menü Celluloid (für Filme) und Rhythmbox (für Musik). Auch die Menüs Zubehör, Einstellungen und Systemverwaltung enthalten eine lange Liste von Anwendungen. Ist LMDE vollständig? Ja es ist vollständig! 5 Punkte.
4. Stabilität
Da die Linux Mint Debian Edition auf Debian 10 'Buster' basiert, ist eine grösstmögliche Stabilität garantiert. Dafür muss man gut abgehangene Software in Kauf nehmen, bzw. schätzen. Hier darf man keine neuen Versionen der Anwendungen erwarten. Obwohl 'Buster' noch nicht so alt ist, sind die Versionsnummern der Apps schon etwas angestaubt: LibreOffice 6 (aktuell: 7), Rhythmbox 3.4.3 (aktuell: 3.4.4), Nemo 4.4 (aktuell: 5.0), Kernel 4.19 (aktuell: 5.15). Lediglich Firefox liegt in der aktuellen Version 96 vor. Dennoch sind die Anwendungen nicht so alt, dass man sich Sorgen machen muss, wesentliche funktionale Änderungen verpasst zu haben.
Für die Buster-Stabilität gibt es erneut 5 Punkte.
5. Vorkonfiguration
Ich kenne den Cinnamon-Desktop nicht gut genug, um eine benutzerfreundliche Konfiguration einschätzen zu können. Im Panel gibt es den Starter und die Apps: Show Desktop, Firefox, Terminal, Dateimanager. Der System-Tray zeigt: Benachrichtigungen, Paketmanager, Wechseldatenträger, Netzwerke, Lautstärke und Uhrzeit. Wie bereits gesagt, ist das Cinnamon-Menü übersichtlich, schön und funktional.
Beim Default-Theming weiss ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Die Mischung aus halbdunkel und halbhell ist eher ungewöhnlich, kann aber manchen Anwendern gefallen. Für meinen Geschmack ist es ein wenig blass.
Die Systemeinstellungen bilden ein Sammelsurium von separaten Apps (das kennt man auch von Xfce). Wählt man darin zum Beispiel die 'Themen' aus und dort 'Schreibtisch', wird man mit einem wahren Chaos an Themen konfrontiert, die jeweils keinen grossen Effekt auf die Darstellung haben. Das ist definitiv nicht gut gemacht.
Auf den ersten Blick erscheinen die Voreinstellungen ganz nett; kratzt man ein weniger an der Oberfläche, finde ich sie nicht überzeugend. Deshalb nur 3 von 5 Punkten.
6. Update-Prozess
Während ich diesen Beitrag geschrieben habe, kam mir die Aktualisierungsverwaltung einige Male unangenehm in die Quere. Diverse Fehlermeldungen tauchten auf, mit denen sich eine Einsteigerin bestimmt nicht befassen möchte.
Ausserdem ist mir die Mint-eigene Aktualisierung namens 'mintUpdate' viel zu geschwätzig für Anfänger. Schauen wir nun auf die Anwendungsverwaltung 'mintInstall', die wie ein Fork von GNOME-Software aussieht. Den Zugriff findet man sofort, da das Icon im Favoriten-Panel des Menüs enthalten ist. Meine erste Suche nach dem Tool 'Markor' brachte mintInstall sofort zum Absturz. Auch ein Neustart mit dem Versuch Geany zu installieren führte zu einem Crash. Eine erneute Aktualisierung führte auch nicht zum Erfolg, da diese wegen des Fehlens eines einzelnen Paketes überhaupt kein Update durchführte.
Bewertung
Kriterium | Bewertung (max. 5) |
Installation | 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️ |
Einführung | 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️ |
Vollständigkeit | 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️ |
Stabilität | 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️ |
Vorkonfiguration | 🏆️🏆️🏆️ |
Update-Prozess | 🏆️🏆️ |
Summe | 25 |
Fazit
LMDE/Cinnamon hinterlässt bei mir einen gemischten Eindruck. Was stark begann, endete schwach. Es mag sein, dass das mittelmässige bis schwache Abschneiden bei der Vor-/Konfiguration und dem Update-Prozess an meiner Unfähigkeit liegt. Allerdings ist davon auszugehen, dass insbesondere Einsteiger:innen ebenfalls ihre Mühe bei diesen Punkten haben werden.