Einsteigerlinux: Linux Mint LMDE/Cinnamon

  Ralf Hersel   Lesezeit: 9 Minuten  🗪 6 Kommentare

Linux Mint LMDE im Test auf Einsteigerfreundlichkeit.

einsteigerlinux: linux mint lmde/cinnamon

LMDE ist ein Linux-Mint-Projekt, das für "Linux Mint Debian Edition" steht.

Sein Ziel ist es, sicherzustellen, dass Linux Mint weiterhin die gleiche Benutzererfahrung bieten kann, falls Ubuntu jemals verschwinden sollte. So können wir abschätzen, wie sehr wir von Ubuntu abhängig sind und wie viel Arbeit in einem solchen Fall anfallen würde. LMDE ist auch eines unserer Entwicklungsziele, da es garantiert, dass die von uns entwickelte Software auch ausserhalb von Ubuntu kompatibel ist.

Die normalen Distributionen aus dem Hause Mint basieren auf Ubuntu 20.04 LTS und unterscheiden sich bei den Desktop-Umgebungen. Zur Auswahl gibt es das Mint-Flagschiff Cinnamon, sowie Mate und Xfce als Oberflächen. Das oben erwähnte Zitat des Mint-Projektes kann einem zu Bedenken geben; allzu gross scheint das Vertrauen in Ubuntu als Basis-Distro nicht zu sein. Genau das ist der Grund, warum ich für diesen Test die Ubuntu-Zwischenschicht überspringe und die LMDE-Version ausprobiere, die direkt auf Debian (Version 10, Buster, von Oktober 2021) basiert.

1. Installation

Nach dem (mit 1.9 GB relativ kleinen) Download der ISO-Datei, gelangt man nach dem Start in den Live-Boot und beginnt mit einem Klick auf das Installations-Icon. Die Installation führt einen in neun Schritten zum Ergebnis: Willkommen, Sprachauswahl, Ortswahl, Tastatur-Layout, Benutzerkonto, Partitionierung, Zusammenfassung, Installation.

Das ist alles sehr einfach und schick gemacht. Hier sehe ich keinerlei Probleme für Anfänger. Während der Installation wird man von einer Präsentation unterhalten, die weitere Informationen zur Distribution liefert. Nach ein paar Minuten ist der Vorgang abgeschlossen. Alles gut, volle Punktzahl.

2. Einführung

Nach dem Neustart wird man Willkommen geheissen und erhält Informationen zu den ersten Schritten, zur verfügbaren Dokumentation und Hilfe, sowie zu den Möglichkeiten einer Mitarbeit.

Insbesondere die 'Ersten Schritte' haben mir gut gefallen, da man dort relevante Einstellungen machen kann. Der Screenshot gibt einen Eindruck davon. Die erste Begegnung gefällt mir ebenfalls; der Cinnamon-Desktop ist klar und einfach gestaltet. Auch hier finde ich alles vorbildlich, volle Punktzahl.

3. Vollständigkeit

Um die Vollständigkeit zu überprüfen, werfe ich einen Blick in das aufgeräumte Menü von LMDE. Dort findet man ein Favoriten-Panel mit zusätzlichen Funktionen für die Bildschirmsperre, das Abmeldung und für das Herunterfahren des Rechners. Neben einer Suchfunktion, werden die Anwendungen in sieben Kategorien unterteilt und es gibt Zugriff auf die Verzeichnisse unter Home, mit dem Dateimanager (Nemo), sowie die zuletzt verwendeten Dateien.

Bei den Büro-Anwendungen steht die gesamte LibreOffice-Suite zur Verfügung. Unter 'Grafik' gibt es Drawing, den Bildbetrachter 'Pix' und SimpleScan. Für das Internet wird Firefox, Hexchat, Thundbird und Transmission (für Torrents) angeboten. Als Multimedia-Apps enthält das Menü Celluloid (für Filme) und Rhythmbox (für Musik). Auch die Menüs Zubehör, Einstellungen und Systemverwaltung enthalten eine lange Liste von Anwendungen. Ist LMDE vollständig? Ja es ist vollständig! 5 Punkte.

4. Stabilität

Da die Linux Mint Debian Edition auf Debian 10 'Buster' basiert, ist eine grösstmögliche Stabilität garantiert. Dafür muss man gut abgehangene Software in Kauf nehmen, bzw. schätzen. Hier darf man keine neuen Versionen der Anwendungen erwarten. Obwohl 'Buster' noch nicht so alt ist, sind die Versionsnummern der Apps schon etwas angestaubt: LibreOffice 6 (aktuell: 7), Rhythmbox 3.4.3 (aktuell: 3.4.4), Nemo 4.4 (aktuell: 5.0), Kernel 4.19 (aktuell: 5.15). Lediglich Firefox liegt in der aktuellen Version 96 vor. Dennoch sind die Anwendungen nicht so alt, dass man sich Sorgen machen muss, wesentliche funktionale Änderungen verpasst zu haben.

Für die Buster-Stabilität gibt es erneut 5 Punkte.

5. Vorkonfiguration

Ich kenne den Cinnamon-Desktop nicht gut genug, um eine benutzerfreundliche Konfiguration einschätzen zu können. Im Panel gibt es den Starter und die Apps: Show Desktop, Firefox, Terminal, Dateimanager. Der System-Tray zeigt: Benachrichtigungen, Paketmanager, Wechseldatenträger, Netzwerke, Lautstärke und Uhrzeit. Wie bereits gesagt, ist das Cinnamon-Menü übersichtlich, schön und funktional.

Beim Default-Theming weiss ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Die Mischung aus halbdunkel und halbhell ist eher ungewöhnlich, kann aber manchen Anwendern gefallen. Für meinen Geschmack ist es ein wenig blass.

Die Systemeinstellungen bilden ein Sammelsurium von separaten Apps (das kennt man auch von Xfce). Wählt man darin zum Beispiel die 'Themen' aus und dort 'Schreibtisch', wird man mit einem wahren Chaos an Themen konfrontiert, die jeweils keinen grossen Effekt auf die Darstellung haben. Das ist definitiv nicht gut gemacht.

Auf den ersten Blick erscheinen die Voreinstellungen ganz nett; kratzt man ein weniger an der Oberfläche, finde ich sie nicht überzeugend. Deshalb nur 3 von 5 Punkten.

6. Update-Prozess

Während ich diesen Beitrag geschrieben habe, kam mir die Aktualisierungsverwaltung einige Male unangenehm in die Quere. Diverse Fehlermeldungen tauchten auf, mit denen sich eine Einsteigerin bestimmt nicht befassen möchte.

Ausserdem ist mir die Mint-eigene Aktualisierung namens 'mintUpdate' viel zu geschwätzig für Anfänger. Schauen wir nun auf die Anwendungsverwaltung 'mintInstall', die wie ein Fork von GNOME-Software aussieht. Den Zugriff findet man sofort, da das Icon im Favoriten-Panel des Menüs enthalten ist. Meine erste Suche nach dem Tool 'Markor' brachte mintInstall sofort zum Absturz. Auch ein Neustart mit dem Versuch Geany zu installieren führte zu einem Crash. Eine erneute Aktualisierung führte auch nicht zum Erfolg, da diese wegen des Fehlens eines einzelnen Paketes überhaupt kein Update durchführte.

Bewertung

Kriterium Bewertung (max. 5)
Installation 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️
Einführung 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️
Vollständigkeit 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️
Stabilität 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️
Vorkonfiguration 🏆️🏆️🏆️
Update-Prozess 🏆️🏆️
Summe 25

Fazit

LMDE/Cinnamon hinterlässt bei mir einen gemischten Eindruck. Was stark begann, endete schwach. Es mag sein, dass das mittelmässige bis schwache Abschneiden bei der Vor-/Konfiguration und dem Update-Prozess an meiner Unfähigkeit liegt. Allerdings ist davon auszugehen, dass insbesondere Einsteiger:innen ebenfalls ihre Mühe bei diesen Punkten haben werden.

Quelle: https://linuxmint.com/download_lmde.php

Tags

LMDE, Mint, Linux, Ubuntu, Cinnamon, Firefox, Desktop, Anwendung

Horst
Geschrieben von Horst am 28. Januar 2022 um 14:15

Mein Fazit: Warum nicht gleich Debian-Stable verwenden?

Fred
Geschrieben von Fred am 29. Januar 2022 um 16:53

Weil schon die Einrichtung der Wlan-Karte schwierig war, als ich's das letzte Mal probiert hab, (ist schon bissl her). Auch andere Sachen verlangen deutlich mehr Klimmzüge, inclusive stundenlanger Recherche. Warum soll ich dann nicht eine Distribution nutzen, die mir die Arbeit abnimmt und auch noch besser aussieht? Bin halt kein Informatiker sondern nur interessierter Nutzer, mit betonung auf Nutzen. Ich muss mir ja auch kein Auto selber bauen, nur weil ich damit fahren will...

Fred
Geschrieben von Fred am 28. Januar 2022 um 18:24

Ich habe ein Jahr lang LMDE4 als Hauptdistri genutzt und hatte keine Probleme mit Updates oder Installation von Programmen. Auch habe ich meheren Freunden Mint auf Ubuntu-Basis installiert und auch da gab es keine Probleme, die durch Mint selbst verursacht wurden, es gab nur 2x Supportanfragen, die aber andere Urschen hatten und leicht zu beheben waren. An LMDE gefällt mir die größere Softwareauswahl dank Debian-Basis (z.B. Palemoon-Browser für ältere Hardware), dafür scheinen mir Distributions-Upgrades wie vermutlich demnächst auf LMDE5 schwieriger, weshalb alle Einsteiger die Ubuntu-Basis bekommen, dort hat das immer denkbar einfach funktioniert und die Standard Programme reichen anscheined allen, auch weil sie z.T. schon von Windows bekannt waren (z.B. Firefox). Inzwischen nutze ich wieder MX-Linux, da mir einige kleinere Möglichkeiten mehr entgegen kommen. Ist zwar nicht so hübsch aber auch sehr stabil und weitreichender über grafische Tools zu konfigurieren, was für Einsteiger möglicherweise aber auch schon wieder zu verwirrend ist. Distro-Upgrades sind dort auch nicht so einfach, normalerweise wird die Neuinstallation empfohlen. Ich nutze Linux insgesamt schon über 10 Jahre, mit gelegentlichen Rückfällen zu Windows, die aber jetzt ziemlich sicher der Vergangenheit angehören werden, nachdem sich Windows nun auch komplett zur Schnüffel-Software entwickelt hat, wohingegen Linux inzwischen deutlich benutzerfreundkicher geworden ist und ich Softwareseitig auch nix mehr vermisse...

Calabi-Yau
Geschrieben von Calabi-Yau am 28. Januar 2022 um 19:07

Die Fehlermeldungen beim Update verschwinden, wenn man nach der Installation im Terminal apt update --allow-releaseinfo-change eingibt. Hängt damit zusammen, dass LMDE 4 noch auf Debian 10 beruht.

joerg
Geschrieben von joerg am 28. Januar 2022 um 21:28

Ich habe mit der Aktualisierungsverwaltung leider auch Probleme gehabt, weshalb ich auf die "normale" Linux Mint Variente für meine Mutter umgeschwenkt bin, sehr Schade!

ost
Geschrieben von ost am 15. Februar 2022 um 15:25

Nutze schon seit LMDE2 die Debianversion von Mint und bin absolut davon überzeugt, da es stabiler auf schwacher HW spürbar schneller ist als die Ubuntus. Updateprobleme wie im Test sind nicht nachvollziehbar. Das einzige, was sich etwas schwieriger gestaltet ist das Partitionieren der Platte bei der Installation, was der Tester seltsamerweise gar nicht erwähnt. Mint ist halt etwas langweilig, denn wenn man es sich komplett eingerichtet hat, gibt es nichts mehr daran zu basteln - es läuft einfach ...