Einsteigerlinux: Manjaro/Xfce

  Ralf Hersel   Lesezeit: 11 Minuten  🗪 11 Kommentare

Manjaro/Xfce im Test auf Einsteigerfreundlichkeit.

einsteigerlinux: manjaro/xfce

Manjaro ist eine auf Arch Linux basierende Linux-Distribution, die in Österreich, Frankreich und Deutschland entwickelt wird. Die Distribution ist auf Benutzerfreundlichkeit ausgerichtet. Wie seine Basis - Arch Linux - nutzt es ein Rolling-Release-Modell.

Das Projekt bietet drei Haupt-Desktop-Umgebungen an: Xfce, KDE-Plasma und die GNOME-Shell. Ob und wie sich Manjaro für Einsteiger eignet, teste ich mit der aktuellen Version 21.2.1 mit dem Xfce-Desktop. Um an die ISO-Datei zu gelangen, wählt man auf der Webseite des Projekts zuerst aus, welche Desktop-Umgebung man gerne hätte und kann diese dann direkt, oder als Torrent-Datei herunterladen.

Nach dem Download der mit 3.58 GB sehr grossen Datei, wird diese entweder in einer virtuellen Maschine gestartet oder man brennt sich mit dem Werkzeug Etcher die Distribution auf einen USB-Stick. Danach kann man vom Stick booten und Manjaro in aller Ruhe ausprobieren, ohne dabei ein bestehendes Betriebssystem auf dem Rechner zu beeinträchtigen. Ein Live-Boot ist gegenüber der virtuellen Maschine zu bevorzugen, da man auf diese Weise weniger Einschränkungen bezüglich Geschwindigkeit und Arbeitsspeicher hat. Falls es nur um den ersten Eindruck geht, kann man auch in einer virtuellen Maschine beginnen.

1. Installation

Der erste Eindruck beim Installationsprozess ist nicht der Beste. Dem Einsteiger bietet sich ein überwiegend textbasiertes Fenster, bei dem man nicht so viel versteht.

Tz, keytable, lang? Da staunt die Einsteigerin und der UX-Experte wundert sich. Nachdem man Zeitzone, Tastaturlayout und die Sprache ausgewählt hat, kann man entweder mit freien oder proprietären Treibern starten. Danach geht es vorbildlich weiter - man wird von einem Willkommensfenster begrüsst, welches alle wichtigen Informationen zu dieser Distribution enthält:

Ehrlich gesagt, viel besser kann man das nicht machen. Weiter geht es mit einem Klick auf die Option 'Installer starten'. Nun startet das eigentliche Installationsprogramm, in dem man einige einfache Angaben zur Sprache, Tastatur, Standort, Partitionierung und Benutzerangaben macht. Da man einige dieser Angaben bereits zu Beginn eingegeben hat, werden diese Daten hier übernommen, sodass man sich bequem durch die Dialoge klicken kann: weiter, weiter, weiter. Während der Installation informiert eine Slideshow über wesentliche Aspekte dieser Distribution. Trotz der beachtlichen Grösse der ISO-Datei, läuft die Installation zügig ab. Zum Schluss wird das System neu gestartet und nach wenigen Sekunden erstrahlt der Xfce-Desktop in seiner vollen Schönheit, bzw. Einfachheit.

Für den Installationsprozess vergebe ich 4 von 5 Punkten. Der fehlende Punkt ist dem ersten Dialog geschuldet.

2. Einführung

Nach dem Neustart wird das Fenster 'Willkommen bei Manjaro' wieder angezeigt. Nun hat man die Gelegenheit, sich mit den verschiedenen Dokumentationen, Hilfen und Kontaktmöglichkeiten vertraut zu machen.

Der erste Blick fällt bestimmt in die Leiste am unteren Bildschirmrand. Dort verwendet Manjaro/Xfce (im Gegensatz zum Original-Xfce) das Whisker-Menü, was eine gute Wahl ist. Blickt man nach rechts auf den System-Tray, sieht man das Schild-Symbol des Paket-Manager Pamac, der mit einem roten Punkt garniert ist. Das weist auf verfügbare Updates hin. Nach der Erstinstallation (und auch sonst) empfiehlt es sich, diese Neuerung zu installieren. Da Manjaro einem Rolling-Release Modell folgt, kommen schnell grosse Mengen an Updates zusammen. In meinem Test standen 1.2 GB an Updates bereit.

Für die Einführung (während der Installation und beim ersten Starten des Systems) vergebe ich die volle Punktzahl: 5.

3. Vollständigkeit

Bei einer ISO-Datei Grösse von 3.58 GB kann man einiges an installierter Software erwarten. Ein Blick in das Anwendungsmenü zeigt, was es gibt (die Auflistung ist unvollständig):

  • Büro: OnlyOffice Desktop Edition, PDF-Viewer, Wörterbuch
  • Einstellungen: sehr, sehr viele
  • Grafik: GIMP und Viewnior als Bildbetrachter
  • Internet: Firefox, HexChat, Pidgin, Steam, Thunderbird
  • Multimedia: Audacious, VLC, Xfburn
  • Spiele: Steam
  • System und Zubehör: sehr, sehr viel

Der Unterschied zwischen einem Betriebssystem und einer Distribution ist die Ausstattung. Manjaro hat sich dafür entschieden, dem Anwender ein möglichst vollständiges System zu liefern, mit dem fast alle Anwendungsfälle bei der täglichen Arbeit abgedeckt werden.

Für diese Vollständigkeit vergebe ich 5 Punkte.

4. Stabilität

Die Stabilität einer Distribution kann man nicht nach einem kurzen Test beurteilen. Dafür ist ein Betrieb über Monate hinweg notwendig. Da Manjaro dem Rolling-Release Modell folgt (aufgrund seiner Arch-Linux Basis), werden immer die neusten Software-Versionen eingespielt. Dies kann manchmal für Probleme bei der Stabilität sorgen. Im Gegensatz zu Arch-Linux, reicht Manjaro nicht alle Pakete durch, sondern hält sie eine Weile zurück, um auf Probleme reagieren zu können (curated rolling release). Falls dennoch ein Fehler durchrutscht, ist das Projekt bemüht, den zugehörigen Fix möglichst schnell nachzuliefern.

Unabhängig von diesem Test kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, da ich seit fast einem Jahr Manjaro/GNOME auf meinem Desktop-PC einsetze. Während dieser Zeit hatte ich kein einziges Mal Stabilitätsprobleme damit.

Für die Stabilität vergebe ich trotzdem nur 4 von 5 Punkten, da ein LTS-Konzept (long term support) stabiler als eine Rolling-Release Distro ist.

5. Vorkonfiguration

In diesem Kapitel geht es darum, was die Distributionsbauer getan haben, um das Basissystem im Sinne der Anwender zu optimieren. Manche Distribution, z.B. Fedora, machen wenig, indem sie eine unveränderte Desktop-Umgebung in ihre Distro packen. Das mag man gut oder schlecht finden; ich meine, dass es die Aufgabe einer Distribution ist eine solche Vorkonfiguration im Sinne ihrer Zielgruppe durchzuführen. Manjaro gehört zu denjenigen Distros (egal bei welcher Desktop-Umgebung), in denen viel vorkonfiguriert wird. Das beschert der Distribution Alleinstellungsmerkmale.

Manjaro bietet eine Vielzahl an Hintergrundbildern für jeden Geschmack. Über die Einstellung 'Erscheinungsbild' lassen sich die Farbschemata der Fenster und des Systems sehr granular einstellen. Es ist sogar möglich, den Linux-Kernel auszuwählen. Der vorherige Screenshot gibt euch eine Idee davon, welche Möglichkeiten es hier gibt. Ich finde, dass die Grundeinstellungen von Manjaro/Xfce dem Projektteam gut gelungen sind. Wer das System an seine eigenen Vorstellungen anpassen möchte, findet dafür alle Werkzeuge.

Für die Konfiguration gebe ich 4 von 5 Punkten. Alles gut, alles da - aber der letzte Schliff fehlt mir ein wenig.

6. Update-Prozess

Manjaro hält neue Pakete eine Weile zurück, falls sich unerwartete Fehler eingeschlichen haben. In der Regel erhält man (fast) jeden Samstag ein Update, welches durch den Paket-Manager (pacman, bzw. pamac als grafischer Überbau) durchgeführt wird. Pacman ist einer der besten und schnellsten Paket-Manager, die ich kenne. Die grafische Oberfläche (pamac) ist modern und intuitiv bedienbar.

Neben den nativen Arch-Paketen bietet Pamac auch die AUR-, Flatpak- und Snap-Formate an. Alle müssen zuerst eingeschaltet werden, bevor sie bei der Suche nach Software und den Updates berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu einigen anderen Distros (z.B. Ubuntu), läuft der Update-Prozess nicht überwiegend im Hintergrund ab. Bei Manjaro erhält man eine Benachrichtigung, falls Neuerung anstehen und startet daraufhin den Paket-Manager, um das Update tatsächlich auszuführen. Der Vorteil ist, dass sich die Anwenderin eher bewusst ist, welche Updates installiert werden. Als Nachteil könnte man nennen, dass vielen Benutzern völlig egal ist, was denn da an Software auf ihr System kommt.

Dem Update-Prozess gebe ich 4 von 5 Punkte, da er für Anfänger einen Tick einfacher sein könnte.

Bewertung

Kriterium Bewertung (max. 5)
Installation 🏆️🏆️🏆️🏆️
Einführung 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️
Vollständigkeit 🏆️🏆️🏆️🏆️🏆️
Stabilität 🏆️🏆️🏆️🏆️
Vorkonfiguration 🏆️🏆️🏆️🏆️
Update-Prozess 🏆️🏆️🏆️🏆️
Summe 26

Fazit

Der Installationsprozess ist bei allen Manjaro-Version derselbe; egal ob man Xfce, GNOME-Shell oder KDE-Plasma als Desktop-Umgebung wählt. Die Kombination Manjaro/Xfce eignet sich für alle Einsteiger:innen, die Wert auf ein solides, gut konfiguriertes System legen, die neusten Software-Versionen haben möchten und beim Desktop nicht auf shiny und fancy erpicht sind. Wer das möchte, kann die GNOME- oder KDE-Variante ausprobieren. Manjaro/Xfce ist insbesondere für solche Anwender empfehlenswert, die nicht die neuste Hardware verwenden und sich mit einer leicht altbackenen Oberfläche zufriedengeben. Dem Manjaro-Werbespruch: "Operating system for everyone", kann ich zustimmen.

Download: https://manjaro.org/download/

Tags

Manjaro, Xfce, Distribution, ISO-Datei, GNOME-Shell, Desktop, Linux

DerEremit
Geschrieben von DerEremit am 26. Januar 2022 um 12:07

Ob nun LTS oder Rolling Release stabiler ist liegt aus meiner Sicht eher an der Arbeit die reingesteckt wird. Lieber ein gut gepflegtes Rolling Release als ein schlecht gepflegtes LTS. Was ich halt sehe dass das Risiko bei einem Rolling Release höher ist das mal dein System in Störung geht.

Jens T.
Geschrieben von Jens T. am 28. Januar 2022 um 14:54

Das sehe ich ganz genauso. LTS ist schön und gut, läuft lange und ist irgendwann ganz schön angestaubt. Was mir bei LTS aufgefallen ist: man schiebt ein irgendwann notwendiges Update vor sich her, da man schon lange wieder vergessen hat, was alles für den eigenen Rechner bei einem Update zu beachten ist. Bei Rolling Realeases macht man andauernd Updates und hat das noch im Kopf.

8bit
Geschrieben von 8bit am 26. Januar 2022 um 14:12

"In der Regel erhält man (fast) jeden Samstag ein Update"

Die Updates kommen gebündelt ein Mal im Monat und werden auch im Forum angekündigt.

Ich finde es blöd, dass man den neuen Kernel manuell installieren muß. Ansonsten ist es für mich die beste Distribution (habe 1× Gnome und 1x Xfce).

Ulf45
Geschrieben von Ulf45 am 30. Januar 2022 um 01:52

Das Einsammeln, Bewerten und Freigeben der Updates macht schon Sinn.

Kritische Sachen, wie Browser- oder Email-client-Updates werden mit minimaler Verzögerung freigeben. Da habe ich leider mit Linux Mint eher schlechte Erfahrungen gemacht, ich habe z.B. nicht verstanden, warum Firefox-Updates teilweile gut eine Woche später weiter gegeben wurden. Bin daher auch aus dem Grund von Mint damals weg.

Daher gibt es bei Manjaro auch mal zwischendurch ein kleines Softwareupdate, wenn es sinnvoll ist.

Mit dem Kernel braucht man sich eigentlich nicht kümmern. Manjaro wartet auch hier etwas (jedoch zieht das Update rechtzeitig durch). Aber man kann bei Bedarf selber tätig werden, wenn man ungedultig ist ;)

Ares
Geschrieben von Ares am 26. Januar 2022 um 14:40

Hatte hatte Manjaro 2 Jahre im Einsatz, bin dann auf Endeavour OS umgesattelt.Manjaro ist nicht besonders zuverlässig.

Trauriger User
Geschrieben von Trauriger User am 27. Januar 2022 um 11:27

Ich habe mir letztens EndeavourOS von der ISO offline installiert. Habe dann Internet angemacht, update "pacman -Syu" geht nicht. Zu alte ISO.

EndeavourOSist komplett unbrauchbar für Anfänger.

Horst
Geschrieben von Horst am 26. Januar 2022 um 14:53

Ich vermisse bei dem an Sonsten interessanten Beitrag die Warnung vor einer uninformierten Nutzung von "AUR",

Ulf45
Geschrieben von Ulf45 am 30. Januar 2022 um 02:03

Schon richtig. Aber warnt man generell bei anderen Systemen vor allen, nicht durch Paketetierung der hoch geschätzten Maintainer zurstandenen Installationen, auch? Hinweise sind bei allen Systemen vorhanden, die ich bisher getestet habe. Letztendlich ist ein durch eine "Community" überwachtes System prinzipiell besser, wenn natürlich auch für Betrug offen. Besser als wenn jemand sein Paket, ohne Kontrolle ins Netz stellt.

Gast
Geschrieben von Gast am 27. Januar 2022 um 09:52

Hallo

es würde mich mal interessieren

was unter „Einsteiger-Linux“ gemeint ist.

sind es:

diejenigen die es lernen wollen / müssen / auch beruflich / smart Home usw

oder werden reine „Anwender“ die nur ihre Anwendung „sehen“ angesprochen,

und denen das OS völlig egal ist, und sich nie mit dem OS beschäftigen wollen.

(wie beim Handy oder Tablet)

Manjaro hatte ich auch mal nativ auf PC,

da ich aber von „AUR“ zu sehr verleitet wurde,

hat es Manjaro beim nächsten Upgrade zerbröselt. :--)

ich bin Xfce Fan, weil für mich praktischer.

Ich habe spaßeshalber „LinuxFXwin11“ nach meinen „Anwender-Vorgaben“ getestet,

das ist die erste KDE-Oberfläche die mir zugesagt hatte, die Distri würde ich, bei Bedarf,

dauerhaft auf ein Notebook installieren und die 35$ dafür zahlen, bis MS meckert. :--)

Gruß Gast

Piscatorius
Geschrieben von Piscatorius am 28. Januar 2022 um 16:26

Kurze Anmerkung zu Punkt 6 des Artikels. Unter Update-Prozess wird der Eindruck erweckt, Pamac sei lediglich die grafische Benutzeroberfläche für Pacman. Meinem Verständnis nach sind Pacman und Pamac jedoch zwei verschiedene Dinge.

Pacman ist der Paketmanager aus dem Upstream von Arch Linux.

🔗 Pacman Overview - Manjaro

Pamac dahingegen ist der Standard-Paketmanager von Manjaro. Pamac kann auf zwei Arten verwendet werden: als grafische Benutzerschnittstelle (Pamac GUI) oder als Kommandozeilenschnittstelle (Pamac CLI).

🔗 Pamac - Manjaro

PietLu
Geschrieben von PietLu am 29. Januar 2022 um 03:41

Mir kommt der Beitrag, auch wenn ich seit 2015 Manjaro-Xfce-User bin, für ein Einsteigerlinux etwas zu positiv rüber. Vom Scoring wäre es mEn eher hinter Debian anzusiedeln.

Blickt man auf die vielen, vielen, wenn auch unnötigen, da leicht recherchierbaren Hilfegesuche im offiziellen Forum, wird einem da ein Einsteigerlinux versprochen, dass es vielleicht gar nicht ist. Zu viele Einsteigerfragen bleiben anscheinend unbeantwortet, weswegen ich den Punkt Einführung wohl drastisch niedriger sehen würde. Auch den Punkt Update-Prozess würde ich abstufen. Nicht, weil der so unheimlich kompliziert ist, sondern weil der stable-Branch einfach zu selten mit Updates versorgt wird. Ein Ubuntu erhält ein Browser-Sicherheitsupdate innerhalb der nächsten Stunden nach VÖ, Manjaro stable kann da durchaus ein paar Tage für brauchen. Weswegen ich auch auf die testing-Branches gewechselt bin, wo Updates häufiger kommen. Diese kleinschrittigen Updates im testing-Branch führen auch dazu, dass es in den Updatethreads zum testing-Branch im offiziellen Forum zu weniger Fehlermeldungen als Selbigen zum stable-Branch kommt.

Ich käme in meiner Bewertung nur auf 21 Punkte.