Endless OS 4.0 ausprobiert

  Ralf Hersel   Lesezeit: 6 Minuten  🗪 4 Kommentare

Erste Eindrücke einer ungewöhnlichen Distribution für ganz normale Leute.

endless os 4.0 ausprobiert

Endless OS ist ein auf Debian (Stable) basierendes Betriebssystem, das eine vereinfachte und optimierte Benutzererfahrung mit einer angepassten, von GNOME 3 abgeleiteten Desktop-Umgebung bietet. Anstelle eines traditionellen Linux-Paketverwaltungssystems verwendet Endless OS ein schreibgeschütztes Root-Dateisystem, das von OSTree verwaltet wird und über das Anwendungspakete gelegt werden.

Nachdem wir letzte Woche über die neue Version Endless OS 4.0 berichteten, habe ich diese Distribution kurz ausprobiert. Ursprünglich war Endless OS für Schulen in Entwicklungsländern ausgelegt. Da in solchen Ländern oft schwierige Bedingungen bei der Internetverbindung bestehen, liefert die Distribution sehr viele Inhalte für den offline Gebrauch mit, wie z.B. 50'000 Wikipedia-Artikel und viele Lern-Videos. Daher ist das Installationsmedium 17 GB gross. Es gibt auch eine Basis-Version, die mit 3 GB kleiner ausfällt. Nun stellt sich die Frage, ob Endless OS auch ausserhalb der eigentlichen Zielgruppe sinnvoll ist.

Die Basics

  • Basiert auf: Debian (Stable)
  • Herkunft: USA
  • Desktop basiert auf: GNOME-Shell 3.38
  • Paketmanagement: Flatpak (only)
  • Release-Modell: fixed
  • Besonderheit: unveränderbares Root-Filesystem (inmutable)

Installation

Der Installationsvorgang von einem ISO-Image gehört zum Einfachsten, was ich bisher gesehen habe: Sprachauswahl, Tastatur-Layout, Name, Passwort, fertig. Hier gibt es keine Probleme und keine Fragen bleiben offen. Leichter kann man das nicht machen. Selbstverständlich ist das nichts für fortgeschrittene Anwender:innen, sondern richtet sich eindeutig an Personen, die noch nie ein Betriebssystem selbst installiert haben.

Der Desktop

Der GNOME-Desktop wurde bei Endless OS wesentlich verändert. Nach dem Starten sieht man eine Suche, die Anwendungsübersicht, ein Panel am unteren Rand, wenige Tray-Icons und zwei für GNOME typische Besonderheiten:

Links unten im Panel befindet sich das Endless-Logo. Diese öffnet kein Menü, sondern schaltet zwischen den offenen Fenstern und der Anwendungsübersicht (Starter-Icons) um. Das funktioniert auch mit der SUPER-Taste. Ganz rechts im Panel sieht man ein Wlan-ähnliches Symbol, mit dem zwischen der normalen Fensteransicht und einem Exposé aller offenen Anwendungen umgeschaltet werden kann. Vermutlich handelt es sich dabei um eine Hot-Corner, die jedoch in meiner VM (GNOME-Boxes) nicht funktionierte. Man kann aber darauf klicken, um das Umschalten anzustossen. Ein Klick auf die Datumsanzeige öffnet das GNOME-typische Panel mit Kalender, Benachrichtigungen, Terminen usw. Das runde Anwendermenü rechts im Panel stellt sich so dar:

Ich bewerte den Desktop als sehr benutzerfreundlich. Nichts ist überflüssig, alles ist intuitiv. Was mir gar nicht gefällt, sind die fehlenden Einstellmöglichkeiten für das farbliche Erscheinungsbild der Benutzeroberfläche. Die Tray-Popups haben ein dunkles Theme, alle Fenster haben ein helles Theme. Hier würde ich mir eine Möglichkeit wünschen, um bei den Fenstern zwischen einem hellem und dunklem Theme umschalten zu können.

Die Anwendungen

Trotz des grossen Basis-ISO-Images, ist die Anzahl der vorinstallierten Anwendungen sehr bescheiden. Als da wären: Chromium, Dateien, Videos, Shotwell, Rhythmbox, GNOME App-Center, LibreOffice, die bei GNOME üblichen Hilfsprogramme, sowie drei spezielle Endless-Anwendungen:

  • Sidetrack: ein Maze-Runner Spiel.
  • System: erklärt auf spielerische Weise, was ein Betriebssystem ist.
  • Hack: eine spielerische Content-Creation Anwendung:

What the hack?

Das System

Wie erwähnt, handelt es sich bei Endless OS um eine immutable Distribution. Anwendungen können nur als Flatpaks über den modifizierten GNOME-Software-Store installiert werden. Dadurch fehlen alle Applikationen, die nicht als Flatpak vorliegen. Ein sudo apt install irgendetwas funktioniert nicht. Schaut man auf das Zielpublikum dieser Distribution, ist das eine gute Entscheidung: "Bei Endless OS macht niemand etwas kaputt". Auch die GNOME-Shell-Extensions kann man nicht installieren, weil sudo apt-get install chrome-gnome-shell nicht möglich ist.

Somit sind alle Voraussetzungen für ein sehr stabiles System gegeben: Debian (Stable), so gut wie keine Anpassungsmöglichkeiten, keine Installationen, die über Flatpaks hinausgehen.

Offene Anwendungen

Fazit

Obwohl Endless OS ursprünglich für Entwicklungsländer und Schulen gedacht war, und immer noch Lernanwendungen und eine Offline-Wikipedia mitliefert, ist diese Distro in der aktuellen Version 4.0, reif für weitere Anwendergruppe. Alle, die ein sehr stabiles, optische ansprechendes und leicht zu bedienendes Betriebssystem suchen, sind mit Endless OS gut beraten. Wer höhere Ansprüche an die Konfigurierbarkeit einer GNU/Linux-Distribution stellt und nicht nur Flatpaks installieren möchte, sollte die Finger davon lassen, und eine "normale" Distro installieren. Dennoch: Daumen hoch für Endless OS 4.0.

Quelle: https://endlessos.com/

Tags

Endless, OS, GNOME, Panel, Anwendungen, Anwendung, Desktop

manu
Geschrieben von manu am 30. November 2021 um 11:05

Danke! Interessant wäre noch, wie Systemupdates eingespielt werden. Hast du das ausprobiert?

Arne
Geschrieben von Arne am 30. November 2021 um 12:07

psst Ralf: Besonderheit: unveränderbares Root-Filesystem (inmutable) bitte auf immutable ändern

Pater
Geschrieben von Pater am 30. November 2021 um 18:21

Appimages können sicher auch verwendet werden.

oldtux
Geschrieben von oldtux am 2. Dezember 2021 um 13:47

Da es auf Debian basiert dürften sich auch andere Anwendungen über .deb und sogar über snap nachrüsten. Wer es mag. Zunächst kann ich das Projekt nur beglückwünschen. Innerhalb von wenigen Minuten über eine .exe-Datei ein lauffähiges Dual-Boot zu installieren, ist für einen Laien genial gelöst. Als Experte lässt sich sicher über das eine oder andere streiten.