Zum Wochenende: Ist Ubuntu zu Ende entwickelt?

  Fabian Schaar   Lesezeit: 17 Minuten  🗪 21 Kommentare

Eine Annäherung an den aktuellen Entwicklungsstand der Distribution.

zum wochenende: ist ubuntu zu ende entwickelt?

Am 12. Oktober 2023 ist die beliebte GNU/Linux-Distribution Ubuntu in der aktuellen Version 23.10 veröffentlicht worden. Diese Freigabe ging natürlich durch die Medien. Anstelle der eigentlichen Änderungen an Ubuntu und seinen Schwesterdistributionen mit anderen grafischen Oberflächen, dürfte das wohl eher an dem Bekanntheitsgrad des Betriebssystems gelegen haben. Und nebenbei auch an einer anstößigen Übersetzung im offiziellen neuen Installationsprogramm. Schlagzeilen wegen technischer Innovationen gab es bei dieser Freigabe eher nicht.

Ubuntu folgt bekanntlich einem sehr eindeutigen Veröffentlichungsmodell: Zwei Freigaben im Jahr sind bei den Entwicklern der Firma Canonical gesetzt - eine kommt im Frühjahr heraus, die andere erscheint im Herbst. Auch die Supportzeiträume dieser Versionen sind für viele wohl schon bekannt: Die meisten Veröffentlichungen genießen je neun Monate Support, die alle zwei Jahre erscheinenden LTS-Versionen dagegen mehrere Jahre Langzeitpflege. Neu ist daran nichts - und bei der Veröffentlichung 23.10 suchte man insbesondere bei den Flavours mit anderen Desktops als Gnome gefühlt vergeblich nach berichtenswerten Neuerungen. Diese Feststellung machte auch der Distro-Tester Jesse Smith, der für das englischsprachige Portal Distrowatch.com schreibt.

In einer Review zu Ubuntu Cinnamon 23.10 und der ebenfalls neuen Version 6 der Linux Mint Debian Edition meint er etwa, dass der Ubuntu-Entwicklergemeinschaft scheinbar früherer Enthusiasmus verloren gegangen sei. Vor weniger als zehn Jahren wäre die Community um die Distribution vor neuen Entwicklungen, Editionen und Ideen nur so übergekocht. Heute, so Smith, kümmere sich die Ubuntu-Firma Canonical scheinbar weniger um den Desktop. Als Indizien führt der Rezensent etwa die Abkehr Ubuntus vom selbst-entwickelten Unity-Desktop und die Rückkehr zu Gnome auf. Oder auch das gehörig eingedampfte Ubuntu One, ebenso wie Ubuntu Touch, welches mittlerweile von einer eigenständigen Community fortgeführt wird.

Smiths Einschätzung zum aktuellen Stand der Distribution gipfelt dann in einer steilen These: “In short, the Ubuntu developer community seems to be entirely uninterested in developing or talking about version 23.10 […].” Zu deutsch lässt sich das mit dem Gefühl übersetzen, dass die Entwicklergemeinschaft um Ubuntu vollkommen desinteressiert daran sei, die Version 23.10 zu entwickeln oder auch nur darüber zu reden. Das mache es auch schwierig, über die Veröffentlichung zu schreiben, bilanziert Smith. Aber ist an dieser These etwas dran? Grundsätzlich stellt sich hier eine Frage: Ist Ubuntu zu Ende entwickelt worden?

Wo steht Ubuntu heute?

Klar, Veröffentlichungshinweise gibt es sicherlich für jede Ubuntu-Version. Aber wenn diese nur aus einer Auflistung neuer Paketstände bestehen oder den kleinsten behobenen Fehler zu einer Neuerung stilisieren, kann man die oben aufgestellten Thesen durchaus nachvollziehen. Mit Blick auf die Vergangenheit der Distribution, des Projekts Ubuntu stelle ich auch selbst fest: Der Hype, den das Betriebssystem früher einmal gehabt haben muss, gibt es in dieser Form wohl nicht mehr. Ubuntu ist nicht mehr das Vorzeige-Linux - selbst wenn es noch große Marktanteile kontrolliert. Denn wer die Community immer wieder gegen sich aufbringt - selbst aus guten Intentionen heraus - kann sich nicht als deren Speerspitze verstehen.

Wo steht Ubuntu heute eigentlich? Die Distribution, die sie einmal war, ist sie vermutlich nicht mehr. Hin und wieder kommen mir die Berichte und Diskussionen zu Ubuntu so vor, als hätten die Entwickler mit Projekten wie dem Snap-Paketformat einige Nutzer praktisch desillusioniert. Förmlich vom Glauben abfallen lassen von einer Distribution, die einst als Hoffnungsträger, als das “Linux für die Massen” galt.

Ubuntu gibt es aber immer noch, mit dem Gnome-Desktop liefert man sogar die am meisten verwendete grafische Oberfläche unter GNU/Linux-Systemen aus. Und auch die Flavours bleiben relevant, entwickeln sich mehr oder minder in eine eigene Richtung oder bleiben klar als Mitglied der Ubuntu-Familie zu erkennen, wobei die Mutterdistribution eine Vorbildfunktion einnimmt. Zwar steht Ubuntu heute wohl nicht mehr dort, wo es vor einigen Jahren stand - die Zeit bleibt nicht stehen, und mit dieser GNU/Linux-Distribution macht sie keine Ausnahme. Aber eindeutig festzustellen, welche Stellung Ubuntu in der heutigen FOSS-Community zukommt - das bleibt schwierig.

Ubuntu: Licht und Schatten

Im Grunde wirft Smith Ubuntu in seiner Rezension nichts weniger als Langeweile vor. Zu wenig Innovation, zu wenig Wagnis, zu wenig von dem, was Ubuntu einst zu Ubuntu gemacht hat - so klingt für mich der Tenor, den der Autor in seinem Text anspricht. Aber muss hier nicht auch der besondere Betrachtungswinkel mit einbezogen werden, den Smith als Mitarbeiter von Distrowatch.com auf die FOSS-Szene haben könnte? Ist nicht eigentlich davon auszugehen, dass Smith schon so einiges aus der GNU/Linux-Welt gesehen hat - und heute deswegen nicht mehr so einfach zu begeistern ist?

Gut, vor ein paar Jahren habe das ja anscheinend noch anders ausgesehen. Aber trotzdem bleibt der fragliche Sachverhalt der gleiche: Ist Ubuntu wirklich so unspannend, wie es im referenzierten Text dargestellt wird? War es früher wirklich mutiger und experimentierfreudiger - kurz: Eine interessantere Distribution? Anders gefragt: Ist Ubuntu wirklich weniger spannend geworden - oder sind wir als Nutzerinnen und Nutzer heute einfach weniger leicht zu begeistern?

Ubuntu hatte vor einigen Jahren einen riesigen Hype: Mit Gnome in Hauptversion 2, einer starken Community und dem latenten, freundlichen Motto der Menschlichkeit konnte man sich zu einer festen Größe in der Szene etablieren. Über die Jahre wurde dieser Erfolg immer weiter ausgebaut - und durch ein paar Kontroversen vielleicht auch wieder gebremst. Amazon, Telemetrie und Snap - vermutlich reichen diese Stichworte schon, um die meisten an die Geschichte der Distribution zu erinnern. An den Teil nämlich, der eher als der der negativen Entwicklungen gilt.

Als Ubuntu seinen großen Hype hatte, habe ich GNU/Linux noch nicht verwendet. Ich kann mir aber vorstellen, wie dieses Gefühl gewesen sein muss. Denn als ich dann irgendwann einmal angefangen habe, das freie Betriebssystem GNU/Linux einzusetzen, war ich ebenfalls sehr enthusiastisch. Aus heutiger Perspektive ist aber auch ein etwas objektiverer Blick auf die Geschichte der Distro möglich und zeigt: Ubuntu hatte in der Vergangenheit sowohl viel Glanzvolles, als auch so manche Schattenseiten.

Eine verklärte Vergangenheit

Ubuntu ist nicht mehr das, was es einmal war. Neben harten, technischen Fakten beruht diese Aussage meiner Ansicht nach insbesondere auf einem ganz bestimmten Gefühl: Dem der schon angesprochenen enttäuschten Hoffnung. Freie Software kann für manche zu einem sehr emotionalen Thema werden - immerhin geht es hier ja um nicht weniger als die Rechte von Computernutzern. Idealisten auf der einen, technische Pragmatiker auf der anderen Seite: Das kann eigentlich nur zu hitzigen Diskussionen führen.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass Ubuntu es zu seinen Hochzeiten geschafft hat, beide Gruppen anzusprechen - und auch das ist beachtlich. Funktional war und ist Ubuntu qualitativ hochwertig, lieferte von Anfang an eine durchaus solide Distribution, die sich über die Zeit verbessert hat. Und ethisch gesehen, ergab sich mit Ubuntu die Chance, freie Software zu den Vielen zu bringen - zu Menschen, die sonst nie etwas davon gehört hätten. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich große Teile der FOSS-Community zu dieser Zeit tatsächlich wie der Circle of Friends gefühlt haben, den man von Ubuntu her kennt.

Aber ist da eigentlich auch mehr als dieses Gefühl? In den Anfangstagen war Ubuntu im Grunde ein Debian-Installer mit einer voreingestellten Paketauswahl - und natürlich großen Ambitionen. Diese Ziele hat man später vielleicht auch erreicht, viel mehr noch hat man sich aber einen Namen gemacht. Einen Namen als die Distribution für alle, für Einsteiger wie Erfahrene - für die Community eben, aus der Ubuntu auch entstammen sollte.

Hätten die ersten Ubuntu-Entwickler auch weiterhin primär an Debian mitarbeiten können? Ja. Hätte man innerhalb Debians ein ähnliches Produkt erzeugen können, wie Ubuntu es zu dieser Zeit war? Vielleicht. Wäre daraus ein ebenso großes und bedeutendes, neues Projekt entstanden? Vermutlich eher nicht, denn Debian war ja schon etabliert. Ubuntu ist durchaus einzigartig, war das aber nicht von Beginn an, sondern vielmehr erst über die Zeit hinweg. Ubuntu ist zu einem Teil der Community geworden. Aber zeigt sich an dieser Geschichte nicht eigentlich auch, dass die Anfänge von Ubuntu ein wenig verklärt werden?

Ubuntu ist nicht die einzige anfängerfreundliche Distribution - heute erst recht nicht, aber auch damals nicht unbedingt. RedHat Linux, später Fedora, und openSUSE konnte man schon früher installieren, auch gab es Einstiegsdistributionen wie Kanotix oder Mepis bereits vor Ubuntu. Letztere Distribution hatten meiner Einschätzung nach allerdings das wohl bedeutendste Momentum - das auch am besten ausgenutzt wurde. Menschlichkeit, Gemeinschaft und eine gewisse Offenheit versprüht Ubuntu ja bis heute. Und damals konnte man mit solchen Grundsätzen wohl auch gut auf sich aufmerksam machen.

Einmal als wichtiger Bestandteil der GNU/Linux-Welt etabliert, prägte Ubuntu diese stark. Das möchte ich dem Projekt wirklich nicht absprechen. Natürlich ist der Erfolg nicht vom Himmel gefallen. Was das Marketing angeht, waren Aktionen wie der kostenlose Versand von Installations-CDs natürlich Gold wert - aber bessere Software lagerte deswegen trotzdem nicht auf diesen Datenträgern. So unterschiedlich und facettenreich wie sie ist, sollte die Geschichte von Ubuntu auch vielschichtig betrachtet werden. Das ist nicht einfach, wenn ein Projekt so sehr für bestimmte Hoffnungen steht, für einige sicherlich auch der Einstieg in die liebgewonnene FOSS-Community war. Aus heutiger Perspektive ist das nicht unbedingt leichter - aber vielleicht doch möglich.

Der Traum ist aus

Hätten diejenigen, die Ubuntu heute als langweilig verkennen, auch so darüber geurteilt, wenn die Version 23.10 die erste der Distribution gewesen wäre? Hat man die frühen Freigaben von Ubuntu mit dem selben Maß gemessen, wie wir es heute an die aktuellen Versionen anlegen? Hätten wir Ubuntu 23.10 und seine Flavours zu den Hochzeiten der Distro ebenfalls als uninteressant wahrgenommen? Lebt der Eindruck, dass die Ubuntu-Gemeinschaft vor ein paar Jahren nur so vor Ideen übergekocht ist, vielleicht doch nur in unseren Köpfen?

Ja, ich habe auch manchmal das Gefühl, dass einige Distributoren nur ein Debian ausliefern und das Hintergrundbild und die Paketauswahl anpassen. Solche “Wallpaper-Distributionen” nehme ich dann auch negativ wahr - aber hätte ich Ubuntu in seinen frühen Tagen nicht vielleicht doch anders gesehen, wenn es, als es genau das getan hat? Wie gesagt: Ich möchte Ubuntu hier nichts absprechen. Nicht seinen Erfolg, nicht seine Beachtung, nicht die Hoffnungen, die es bei manchen geweckt hat. Mir geht es vielmehr um den Hype als Prinzip.

Wenn eine Distribution im öffentlichen Interesse steht und positiv aufgenommen wird, kann ihr das gehörig Auftrieb verleihen. Und wenn sich ein Distributor einen solchen Ruf einmal erarbeitet hat, dann kann er sich wohl auch der allgemeinen Beachtung sicher sein. Ubuntu hat zu Hochzeiten genau das geschafft: Der Hype um das Betriebssystem war da. Über die Zeit aber scheinen von diesem immer wieder kleine Stücke abgebröckelt zu sein.

Snap, Amazon und Telemetrie haben Ubuntu geschadet, denn mit derartigen Entwicklungen hat man sich schlicht Vertrauen verspielt. Und genau dieses fehlende Vertrauen könnte auch dazu geführt haben, dass der Hype um Ubuntu mittlerweile verschwunden ist. Positiv formuliert: Die von vielen so negativ wahrgenommenen Entwicklungen haben manch anderen die Augen geöffnet. Zumindest scheint es so. Und seitdem das der Fall ist, fällt auch auf, dass nicht jeder Ubuntu-Release extrem spannend ist. Oder sein muss?

Zwischen Kritik und Nörgelei

Ein so negativer Blick auf Ubuntu macht Spaß, und er deprimiert gleichzeitig. Spaß macht er, weil man dann schnell fertig ist mit dem eigenen Urteil. Es ist so einfach, Negatives aufzuschreiben, ohne sich in eine andere Position zu versetzen. Es ist leicht zu meckern - aber schwer zu kritisieren. Denn um Kritik sinnvoll zu formulieren, braucht sie manchmal auch ein bestimmtes Fundament. Im Fall Ubuntu lässt sich dieses wohl nur mit einer vielseitigeren Betrachtung erreichen.

Wirkt es nicht ein bisschen unrealistisch, dass die gesamte Ubuntu-Entwicklerschaft scheinbar das Interesse an ihrer Distribution verloren haben soll? So vollkommen, im Kollektiv? Das passt doch nicht mit einer engagierten Gemeinschaft aus Freiwilligen zusammen, die im Zweifel ihre eigene Freizeit für ein Projekt aufwenden. Oder mit Entwicklern, die in anderen Firmen vielleicht viel besser verdienen könnten - aber womöglich Hoffnungen gegenüber Canonical oder Ubuntu hegen und daher an diesem Projekt mitarbeiten.

Na klar, ich kann mich hier mit hunderten Worten über Ubuntu auslassen. Aber muss ich das wirklich? Sollte ich das wirklich? Das wirkt verkürzt und ist mir auch ein bisschen unangenehm. So schnell herabzuwürdigen, woran andere gar Jahre lang gearbeitet haben, fühlt sich nicht gut an. Es hat auch wenig Gehalt, hier ellenlang darüber zu schreiben, wie eine Frage von einer Seite beleuchtet werden kann und die andere indes auszublenden: Das ist ja immer noch ein Essay. Ich muss mich hier sozusagen zwingen, meine Frage auch mal gegensätzlich zu beantworten: Nein, Ubuntu ist nicht ausentwickelt worden!

Eine Distribution ist nicht auf einmal fertig - an Debian, openSUSE, Fedora, Arch und Konsorten verändert sich ständig etwas. Ubuntu macht hier keine Ausnahme - denn auch die eigenen Anwender erwarten aktuelle Pakete und Sicherheitspatches. Das ist doch logisch. In diesem Sinne stellt sich die Frage nach einer Ausentwicklung also gar nicht. So lange eine Distribution nicht eingestellt wird, kann sie nicht beendet werden - das wäre ein Widerspruch in sich. Eine Distribution ist mehr als nur ein einmalig herausgegebenes Bündel Software; sie muss gepflegt werden. Und auch wenn es langweilig scheint: Genau das machen die Ubuntu-Entwickler seit Jahrzehnten.

Um eine gute Distribution zu entwickeln, braucht es nicht immer viele neue Funktionen. Neues, Schönes, Modernes: Natürlich hat das seinen Reiz. Aber eben auch nicht immer. Manchmal braucht es auch eine gewisse Beständigkeit, ohne stehen zu bleiben und ohne die Vergangenheit zu verklären. Debian ist eine stabile Basis; in der öffentlichen Wahrnehmung wird das Projekt auch als solche gesehen und geschätzt. Bei Ubuntu kann man in dieser Hinsicht ähnlich argumentieren. Mehr noch ist Ubuntu mit seinem regelmäßigen Veröffentlichungs-Rhythmus förmlich darauf angelegt, eine gewisse strukturelle Sicherheit zu gewährleisten.

Vielleicht zeigen sich hier auch wieder Differenzen zwischen den Interessen der kommerziellen Canonical-Kunden und den Community-Anwendern des Ubuntu-Desktops. Die Industrie setzt bei ihrer Infrastruktur anscheinend stets auf Langfristigkeit. Verständlich, irgendwie. Software mit Jahren über Jahren garantierter Unterstützung funktioniert natürlich auch auf dem heimischen Rechner - Debian steht bei mir etwa bestes Beispiel, ich sehe diese Distro übrigens auch nicht als ein Produkt primär für die Industrie. Aber manche Anwender wollen einfach immer das Neueste und Beste auf dem Rechner. Deswegen sind rollende Distributionen wie Arch Linux auch so beliebt. Und dann ist da natürlich auch diese gewisse Abenteuerlust: Wenn freie Software zum Hobby wird, verspricht ein Ubuntu-Release natürlich auch Interessantes und Sehenswertes.

Put the fun back into computing

Dieses Essay ist vielen womöglich schon zu lang. Analysen im Journalismus haben meines Wissens nach gezeigt, wie wenig Leser wirklich von einem Text lesen - mit tausenden Wörtern habe ich bestimmt keine sonderlich große Chance, alle meine Überlegungen allen zu vermitteln. Aber das muss ich ja auch nicht. Das Thema dieses Beitrags ist zu komplex, als dass ich es in wenigen Absätzen abhandeln und beiseite schieben könnte.

Ursprünglich habe ich meine Anregung für diesen Text der Seite Distrowatch.com entlehnt. Deren Slogan lautet: “Put the fun back into computing” - der Spaß soll in den Computer-Alltag zurückkehren. Ist damit nicht eigentlich schon so vieles gesagt? Mit Blick auf die unterschiedlichen Ansprüche an Ubuntu ergibt sich hier auch ganz deutlich: Die Position, die Jesse Smith in seiner Review vertritt, ist am Ende des Tages auch “nur” eine Einzelmeinung. Sie ist Aufsehen erregend, streitbar, zu diskutieren - aber schlussendlich seine ganz persönliche, eigene Sichtweise.

Ich wiederum sehe Distrowatch als eine Domäne der Nerds. So aktuell wie die Seite ist, so wenig, wie sie sich sonstigen Trends im Webdesign hingibt: Das Portal ist schon eigen und wird von unterschiedlichen Autoren unterschiedlich beurteilt. Mal als eine gute Informationsquelle, mal als die Anlaufstelle schlechthin für alles im FOSS-Zusammenhang - und in gewissen Fällen als ein wenig unseriös. Doch man muss der Seite und ihrem Slogan lassen: Eine gewisse Aussagekraft ist schon dahinter, man ist in der Szene bekannt und beachtet, egal wofür.

Jesse Smith beurteilt die GNU/Linux-Welt vermutlich anders als seine Leserschaft, anders als du vor dem Monitor oder auch als ich hier an der Tastatur. Jesse Smith hegt andere Erwartungen an Ubuntu und stellt sich von der Distribution vielleicht etwas anderes vor als das, was diese tatsächlich liefert. Oder liefern muss? Andererseits gibt es nämlich Menschen, die mit dem aktuellen Angebot von Ubuntu-Distributionen wohl durchaus zufrieden sind, vermute ich zumindest mal. Jesse Smith gestaltet seinen Desktop wahrscheinlich anders als du, ich, wir. Und das ist nicht schlimm, nicht entscheidend, gar nicht der Punkt. “Jesse Smith” lässt sich hier nämlich beliebig durch andere FOSS-Anwender ersetzen.

Eine einheitliche Vorstellung, wie freie Software, GNU/Linux-Distributionen eingeschlossen, genutzt werden sollen, die gibt es eben nicht. Warum sollte es die auch geben? Sie wird nicht gebraucht, erst recht nicht, wenn das Angebot der verfügbaren Distributionen so reichhaltig wie im Moment ist. Wohin sich Ubuntu entwickeln sollte oder auch nicht, das ist genau so wenig in Stein gemeißelt. Außerdem ist die Meinung, auf die ich hier ausführlich eingehe, nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird die nächste Ubuntu-Version wieder interessanter - vielleicht war 23.10 nur die Ruhe vor dem Sturm? Vielleicht haben die Ubuntu-Entwickler nicht das Interesse verloren, sondern nur ihren Fokus bei der Entwicklung verlagert?

Ubuntu 23.10 mag nicht die spannendste Freigabe dieser Distribution in ihrer Geschichte sein. Aber schlecht, langweilig, uninteressant macht sie das noch nicht automatisch. Eine solide Distro für das wertzuschätzen, was sie ist, will anscheinend auch gelernt - oder überdacht sein. Wohin sich Ubuntu entwickeln wird, lässt sich schwer einschätzen, für mich zumindest. Wie Ubuntu ist, darüber können wir uns streiten. Ob wir derartige Debatten allerdings brauchen oder nicht, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Ubuntu ist in der Vergangenheit nicht stehen geblieben, bleibt mit der aktuellen Interimsversion nicht stehen und macht das wohl auch in Zukunft nicht. Zumindest hoffe ich das.

Bildnachweis: Beitragsbild basierend auf dem Ubuntu-Logo: Canonical Ltd., GPLv3, via Wikimedia Commons

Quelle: https://distrowatch.com/weekly.php?issue=20231023#ubuntucinnamon

Tags

Ubuntu, Ubuntu-Flavours, Flavours, Xubuntu, Kubuntu, Ubuntu Mate, Ubuntu Budgie, Lubuntu, Distribution, Weiterentwicklung

Rowihei
Geschrieben von Rowihei am 3. November 2023 um 18:44

Guten Abend, ... habe diesen wirklich langen Text wirklich komplett gelesen und muß in Vielem zustimmen. Meine ersten Gehversuche mit SUSE 7.0 (?) trieben mir bei jedem Update die Schweißperlen auf die Stirn und ich gab irgendwann auf. 2004 versuchte ich es mit Ubuntu nochmal - und war begeistert ! - das lief, und meist problemlos. Bis heute finde ich bei Problemen eine Lösung auf den Ubunu-Seiten und DAS macht eine Distribution stark. Da ich nicht mehr alle 4 Jahre mein System + 10 von Bekannten/Verwandten umstellen möchte, habe ich PCLinuxOS getestet und Stück für Stück die umgestellt. Eine "rollende" Distro hat seine Vorteile. Ubuntu-rolling-Rhino kam leider zu spät ... und es fehlen ein paar (für mich), wichtige Dinge:

  • Erzeugen einer ISO aus meinem fertigen System als System-Backup oder eigene "Distro" (mylivecd, remastersys, sysback, respin, distroshare, penguin-eggs ... haben alle ihre Tücken)
  • Fernwartungssoftware alá gitso (2010 eingestellt) - anydesk und teamviewer sind keine Open Source... aber in der Not ...

Gruß, rowihei (70)

The_Raven
Geschrieben von The_Raven am 3. November 2023 um 20:09

Ein uraltes chinesisches Speichwort sagt: Vergraule niemals die Community! 😉 Jahrelang war ich treuer Ubuntuuser. Heute bin ich Mintuser. Und zwar ganz einfach aus dem Grund weil Clem auf die Community hört und ich Canonical nicht mag. 🤷

Sir.Sputnik
Geschrieben von Sir.Sputnik am 3. November 2023 um 20:22

Danke für diesen Einblick in die Nerd Welt. Mein erster Gedanke nach dem langen Text, mal auf den Permalink klicken um zu sehen ob die Anzahl der Kommentare die Aussagen bestätigt.Anscheinend ja denn es gab keinen.Inzwischen einen.

Auch wenn das die Aussage der Langeweile oder "Interessiert keinen" bekräftigt wird das Ubuntu und das was Ubuntu für uns User geleistet hat keinesfalls gerecht. Was bedeutet den diese Langeweile für uns User also Benutzer von Ubuntu. Stabilität, gleichbleibende Qualität der gelieferten Software also wenig Probleme ein Stabiles System das ich trotz halbjährlichen Release und dank LTS nur alle paar Jahre mal upgraden kann.

Ja da gibt es wenig zu meckern, langweilig halt. Es funktioniert einfach. Die meisten wollen halt mit Ihren Systemen arbeiten, evtl auch Spass haben sogar Spielen ist inzwischen ohne Probleme möglich. Und ich denke, sicher wissen tue ich es nicht, sicherlich auch durch Ubuntu erst möglich geworden.

Wenn ich mir noch überlege was ich persönlich für eine Bereicherung, was ich alles über IT, Betriebssysteme, Netzwerktechnik usw. durch Ubuntu gelernt habe.

Finde ich die Aussage der Langeweile oder Ubuntu wäre "zu Ende entwickelt" nicht angebracht. Zu "Put the fun back into computing" kann ich nur sagen "i have every day fun with computing" Und ganz besonders da mir Ubuntu oder GNU/Linux beigebracht hat meine Systeme besser zu verstehen und zu gebrauchen.

Just my one cent.

P.S: Starker Artikel der wirklich zum nachdenken anregt.

Klitrock
Geschrieben von Klitrock am 3. November 2023 um 20:31

Habe mir die besagte Ubuntu-Variante mit cinnamon-desktop runtergeladen und war ersteinmal erstaunt darüber, wie lange die Live-Version benötigt hat um zu booten.

Firefox wird per default mittlerweile als Snap ausgeliefert und im Store lässt sich die normale Variante überhaupt nicht mehr auswählen. Der Trend wird dahin gehen, dass alles als Snap per default laufen wird. Darüber hinaus wird man es dem User abgewöhnen selbst eine Entscheidung darüber zu treffen.

Ubuntu will damit in die gleiche Richtung wie Windos/Mac. Dem User sämtliche Entscheidungen abnhemen hin zu den User überhaupt nicht mehr entscheiden lassen und das ist auch schon die größte Kritik.

Ich habe keine Lust auf Snaps, genauso wenig habe ich Lust auf Flatpaks. Interessiert das jemanden? Debian bisland nicht und das ist auch richtig so. Wer Lust hat 3 Sekunden auf sein VLC-Player zu warten um eine mp3 zu hören, gerne! Nur zu! Installier dir Snap oder Flatpak aber lass mich das bitte selbst entscheiden.

Ob Ubuntu tatsächlich Windows/Mac noch Konkurrenz machen kann steht in den Sternen. In der kleinen Linux-Gemeinde fasst Canonical aber sicherlich nicht mehr Fuß und wird weiter abrutschen.

The_Raven
Geschrieben von The_Raven am 4. November 2023 um 08:05

Ich wollte noch schreiben das ich heute Canonical fast mit Microsoft gleich stelle, habe mich dann aber doch nicht getraut 😁 Aber es hat schon was. Ich bin gespannt wann Mint vollständig auf Debian wechselt.

Boomer
Geschrieben von Boomer am 3. November 2023 um 20:37

Du schreibst mehrmals, du hast die Frühzeit von Ubuntu nicht miterlebt: Ubuntu war nicht nur schöner als die anderen Distros (und das damals aktuelle Windows XP), sondern auch weniger frickelig als Suse Linux und Debian, die ich vorher genutzt hatte. Und die Community war überhaupt die Beste. Letzeres macht mir am meisten Sorgen. Wird die Community den Generationswechsel schaffen? Denn mit der steht und fällt das ganze Projekt.

noisefloor
Geschrieben von noisefloor am 4. November 2023 um 10:09

Das stimmt. Der "Erfolg" von Ubuntu war, dass es einfach zu der Zeit benutzerfreundlicher war. Im Sinne von, es war (viel) einfacher für "jeden". ohne großen Aufwand und gefrickel eine nutzbare Desktopinstallation von Linux zu bekommen. Plus dass Canonical das Glück hatte, das sich eine sehr gute und hilfsbereite Community gebildet hat.

Klaus
Geschrieben von Klaus am 3. November 2023 um 22:56

Ubuntu war vor 7 Jahren mein Einstieg in die Linuxwelt, daher wird es für mich immer eine besondere Rolle spielen. Mittlerweile benütze ich auch andere Distributionen. Tumbleweed gefällt mir im Moment sehr gut. Ich habe je ein System mit Ubuntu und Tumbleweed. Beide laufen stabil und bin mit beiden Happy. Das ist alles was ich als Anwender von einer Distribution erwarte. Wenn Ubuntu Dinge tut, die andere nicht tun, is die Hütte zu klein, wenn es ganz normal auf dem eingeschlagen Pfad fortschreitet auch. Ubuntu bezieht Prügel weil es auf Snaps setzt, andere setzen auf Flatpaks. Keiner fragt mich als Anwender, ob ich das eine oder andere will. Beide werden kommen, bzw. sind ja schon da. Warum sollte ich den Snaps nicht genauso vertrauen, wie dem Lieferanten des Betriebssystems? Und machen wir uns doch nichts vor. Die Paketmäher einer Distribution sind schon lange nicht mehr die einzige Software Quelle für eine Distribution. Beispiel gefällig? Nur um mal eins der bekannteren zu nennen: Pythons pip/pipx

Klaus
Geschrieben von Klaus am 3. November 2023 um 22:58

Lustig: Paketmäher anstelle von Paketmanager, Autokorrektur ist doch was wundervolles.

Kater
Geschrieben von Kater am 4. November 2023 um 00:19

Danke für den spannenden Artikel!

Canonical kann mit Ubuntu auf dem Desktop kein Geld verdienen. Innovationen hervorzubringen bringt daher nichts. Früher hat man es beispielsweise mit dem Cloudspeicher Ubuntu One probiert und ist gescheitert. Regelrechten Hass der Community gab es für die Amazon Lense, die bei der Suche passende Amazon Artikel vorschlug. Da hätten sie eine Provision bekommen... .

Aber der Zug ist mittlerweile in Richtung Server und IoT abgefahren.

Torsten
Geschrieben von Torsten am 4. November 2023 um 05:17

Ein sehr guter Artikel, der mir aus der Seele spricht. Auch ich habe vor ca. 18 Jahren mit Ubuntu angefangen und ich habe wohl alle Hochs und Tiefs miterlebt. Seit "Snap" habe ich mir von Ubuntu verabschiedet. Ich nutze derzeit Debian, das ist zwar nicht immer hochaktuell, aber dort macht man keine halbe Sachen und zickt nicht ständig herum, wie Canonical es tut. Ich hoffe aber, dass Canonical/Ubuntu irgentwann doch wieder "die Kurve" kriegt, bin jedoch skeptisch, was das betrifft. Offenbar ist die Luft bei Canonical 'raus.

noisefloor
Geschrieben von noisefloor am 4. November 2023 um 10:05

IMHO trifft vieles des gesagten auch alle Mainstream-Distros zu - die großen "Banger" bei einem neuen Release waren auch bei Fedora, Suse & Co nicht dabei. Was IMHO auch daran liegt, dass halt schlicht nicht mehr so viel passiert wie "früher". Die letzte für alle Nutzer relevante Änderung bei Linux war systemd. Das ist ~10 Jahre her. In der jüngeren Vergangenheit gab es Pipewire - nur interessiert das IMHO die meisten Nutzer nicht, solange Ton aus den Lautsprechern kommt, wenn man ein Video schaut oder Musik hört. Bei den Desktop Umgebungen entwickelt IMHO nur GNOME kontinuierlich am Desktop und dem Gnome Software Ökosystem - was auch nicht immer gut an. KDE kommt IMHO nicht so richtig aus dem Quark und alle anderen Desktops sind schlicht zu klein, als das sie hochfrequent Neuerungen bringen können. Sind Linux-Desktopdistros zu Ende entwickelt? Nee, sicher nicht. Legt da irgendeiner der großen / relevanten kommerziellen Player wie Canonical, RedHat, Suse einen Fokus drauf? Nee, sicher nicht. Geld wird im Serverbereich, industriellen IoT Bereich etc. verdient. Nichts desto trotz ist es IMHO gut, wenn man - wie Canonical - ein festes Release Modell hat. Dann gibt es wenigsten eine Plan, wann was kommt. So wie es früher z.B. bei Debian war, dass lange nicht bekannt war, wann die nächste Version kommt, war IMHO auch kein guter (im Sinne von Planungssicherheit) Zustand.

Daniel
Geschrieben von Daniel am 4. November 2023 um 10:29

Langweilig kann auch gut sein. Ist halt eine Frage des Blickwinkels. Ich erwarte von einer Distri dass ich einschalten und loslegen kann. Ich will keinen Desktop "modden", mich interessieren keine Animantionen am Desktop u.s.w. SNAP, FLAT, oder doch lieber APT... ist mir egal. Ich nutze (z.Zt) Ubuntu damit ich damit Aufgaben erledigen kann. Ich nutze Ubuntu weil ich es besonders einfach in eine AD Umgebung integrieren kann. Ubuntu ist meines Erachtens nach wie vor die Distri welches es mir am einfachsten macht mit "einschalten und loslegen". Was ich an der (deutschsprachigen) Community nicht verstehe ist das fast schon obligatorische Geheule wenn Cannonical ein neues Projekt veröffentlicht. Unity war ein gelungener Ansatz (die Reaktionen unterirdisch). SNAP ist älter als FLAT, trotzdem findet in der deutschsprachigen Community keine Diskussion statt ohne das jemand behauptet das Canonical damit einen unbotmässigen Sonderweg gehe welcher der Community schadet (wo es doch FLAT gibt). Das RedHat unter IBMs Führung immer mehr gegen die Community arbeitet wird geflissentlich unterschlagen. Selbst das MIR Projekt hatte den positiven Effekt dass das Wayland-Projekt endlich in die Gänge kam (böse Konkurrenz). Meiner bescheidenen Meinung nach ist die englischsprachige Community recht entspann wenn dieses oder jenes Unternehmen ein neues Linux Projekt veröffentlicht. Man schaut sich das an, nutzt es wenns passt. Oder man lässt es. Die deutschsprachige Community unterscheidet sich dahingehend erheblich das man offensichtlich seine Feindbilder pflegt. Und gefühlt jedes deutschsprachige Portal veröffentlicht 1:1 jeden geässigen Artikel nochmals welcher bereits 10mal auf anderen Portalen veröffentlicht wurde. Vielleicht wechsle ich tatsächlich irgenwann zu Debian oder Arch (was auch immer). Aber das hat dann damit zu tun das meine Ansprüche an jene Distri am Besten abgedeckt sind und nicht das ich diese oder jene Firma mehr mag.

Hurgelmorg
Geschrieben von Hurgelmorg am 4. November 2023 um 12:39

Da stimme ich vollends zu. Und auch damit das Ubuntu auch für mich immer eine besondere Distribution bleibt, da sie z.B den Desktop nicht stark verändern (nutzerfreundlich!) und Ubuntu auch sonst "Einsteigen und loslegen" am besten erfüllt. Snap finde ich besser als Flatpak,, auch die Offline-Installation und die Backups. Bei Flatpak sind zahlreiche Befehele notwendig, was anstrengend ist. Wenn einem der Datenschutz nicht so wichtig ist, ist Chrome OS oder auch die Flex Variante für viele x86 PCs und Notebooks erste Wahl, wenn es um Einfachheit geht. Und hier muss man sich um Snap oder Flatpak oder welchen Desktop man nimmt, keinen Kopf machen, ist alles von Google und wie gesagt sehr simpel und flott. Auch ist es das stabilste System mit einem Linux Kernel auf einem Laptop, meiner Erfahrung nach.

Fedora ist besser geworden aber viele Abstürze und Fehlermeldungen machen es nicht zum OS meiner Wahl. Und mit Arch & Co. kann ich nichts anfangen, das Stabilität für mich sehr wichtig ist. Es soll einfach ohne Murren und ohne Nerven laufen.

Christian Becker
Geschrieben von Christian Becker am 5. November 2023 um 07:51

Dem stimme ich auch zu. Es muss nicht immer mehr dazukommen. Einfach mal konsolidieren ist auch wichtig, nur halt nicht spannend. Ich habe Ubuntu zwar nie gemocht, aber ich finde man tut dem Projekt unrecht, wenn man aus den fehlenden Neuigkeiten irgendwas ableiten will.

Wenn Ubuntu jetzt den Desktop von standardmäßig Gnome auf z.B. KDE umgestellt hätte, wären das sicherlich "spannende" Neuigkeiten gewesen. Nur eigentlich auch nicht, denn Kubuntu gibt's ja schon ewig und somit wäre es vom Entwicklungsstandpunkt her eigentlich langweilig - aber die Linuxnachrichtenwelt wäre sicherlich voll von Meldungen.

andreas
Geschrieben von andreas am 4. November 2023 um 13:26

Danke für den guten Artikel - bei gut durchdachten Inhalten nehme ich mir sehr gerne Zeit zum Lesen^^. Ich kenne/verwende Linux seit nun fast 20 Jahren und seit 15J faktisch ausschließlich. Ubuntu hat für mich in seinen Anfängen nur 1-2 Jahre eine Rolle gespielt. Bei meinen Installationen für Andere sieht dies schon anders aus. Ubuntu hat sich,trotz seiner Richtungswechsel/Launen, einen festen Platz in der Linuxwelt verdient. Für mich persönlich bleibt Debian am Wichtigsten. Auch für "Exoten" hab ich immer ein Herz um mal hemmungslos zu Testen^^. Allen Entwicklern, Entusiasten und Autoren rund um Linux ein herzliches Danke von mir und gelegentlich gerne einen oder zwei Kaffee spendiert :) DANKE

fedora
Geschrieben von fedora am 4. November 2023 um 21:31

Zu Ende entwickelt? Wenn es zum Dauerläufer mutiert wird es Langweilig? Ich bin froh das dem so ist und mich nicht mehr darum kümmern muss. Es auch noch Fehler die über die Jahre mitgeschleppt wurden und immer wieder unausgegoren neu aufgelegt werden wie aktuell der auf Flutter basierende AppStore der einfach im Betastadium ausgeliefert wurde. Ebenso sind diese sprunghaften Switches in den Gnome CoreApps nicht erklärbar in keinem Fall Canonical anzuhängen, sondern der Gnome Org. die sind noch nicht einmal in der Lage die Webpräsents der neuen Rel anzupassen und das fast zwei Monate nach Veröffentlichung. Das betrifft im selben Ausmass aber auch das Fedora Projekt. Auffallen ist aber, das die deutsche Ubuntusers Community im Umgang mit den Hilfesuchenden ziemlich blass geworden ist und in ihrer Selbstdarstellung zu ersticken erscheint. Was früher als Anlaufstelle Nr1 genutzt wurde, wird maximal noch als Wiki empfohlen, nicht aber in der direkten Kommunikation für Neueinsteiger und auch Fortgeschrittene. Das Jahr des Linuxdesktops ist lange vorbei gezogen und vor allem durch Canonical in diesem Zustand. Ich bin Froh das es diese Vielfalt gibt und setzte dabei auf Fedora und Ubuntu und den Rest wird als Experiment in die VM gezwängt und gut ist.

Abbc
Geschrieben von Abbc am 4. November 2023 um 22:53

Ich bin irgendwo Anfang 2000 mit Linux gestartet und habe den Anfang von Ubuntu miterlebt. Den ganzen Hype usw. Alles was Ubuntu damals gemacht hat, habe ich bereits vor Jahren gesehen. Nur Ubuntu hat das eben Nett verpackt und Rund erscheinen lassen. Ich habe Ubuntu dann noch 1 Jahr lang benutzt und mit dem Release Ubuntu 6.06 auch wieder verlassen. Bis Mitte 2023 habe ich mich nie sonderlich für Ubuntu interessiert und davor lief ein Linux bei mir entweder auf WSL oder VirtualBox zur Anschau, meist Fedora oder openSUSE.

Weil ich technische Probleme mit WSL hatte, habe ich mich irgendwann mit dem Gedanken beschäftigt, ob ich wieder Linux auf richtige Hardware installieren sollte. Und wenn ja, welches?! Da ich in letzter Zeit immer wieder in Kontakt mit einigen Unternehmen war, habe ich auch manchmal mitbekommen, das sie auch vereinzelt auf Linux setzen. Meist als Server, manchmal in der Entwicklung als Desktop OS. Ich schreibe selbst Websoftware was letztendlich auch später meist auf Linux läuft. Aus Interesse mal nachgefragt um welche Distro es sich meist handelt, kam die Antwort immer, Ubuntu. Na ich weiß nicht, dachte ich mir.

Schließlich habe ich meine Werkzeuge genauer angeschaut und geprüft was davon ich direkt als Linux-Installer von Herstellern bekomme. Software aus dem Pakete-Manager versuche ich nach Möglichkeit zu vermeiden. Oft sind die gelieferten Pakete zu alt oder man kann nicht die geforderte Version installieren, oder man hat schlicht Probleme weil es nicht so läuft wie gewollt. Darum ich Pakete direkt vom Hersteller und man hat meist seine Ruhe. Nicht nur das immer mehr Hersteller von Entwicklungswerkzeugen scheinbar mehr Linux unterstützen, fällt meist immer ein Name der Distro die Unterstützt wird, Ubuntu LTS. Bei einigen meiner Werkzeuge stand auf der Webseite auch "Getestet unter Ubuntu 22.04". Also ist es Ubuntu geworden.

Und Ubuntu kommt mir jetzt auch sehr viel Erwachsener rüber als es früher der Fall war. Mir ist Unterstützung der Hersteller wichtig und zum Glück funktioniert Ubuntu auf meinem Entwicklerlaptop fast sehr gut. Wenn es so weiter geht und sich weiter verbessert, kann ich eine Zukuft mit Linux bei mir sicher gut vorstellen. Momentan habe ich noch einige Problemchen, aber ich hoffe das gibt sich.

Arjun Leines
Geschrieben von Arjun Leines am 5. November 2023 um 08:01

Ubuntu zu Ende entwickelt? USB Stick rein, mit wenigen Klicks installieren, fertig, los. Das ist eine reife, stabile und schöne Distro geworden, ich brauch da nicht noch Configfiles anzupassen, Soundtreiber nach zu installieren, da funktioniert alles einfach auf Anhieb, was der Distro hoch anzurechnen ist. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dieses Mass an Reife zu halten, ein Lob also an den Entwicklungsstand von Ubuntu, und diesen anregenden Artikel.

Zora
Geschrieben von Zora am 6. November 2023 um 08:40

Bitte nicht vergessen. Ubuntu! Preis-Leistungsverhältnis, super! Danke. :)

Conrad
Geschrieben von Conrad am 6. November 2023 um 15:53

Früher war ich Angestellter bei der Bank, mein Rechner selbstverständlich Windows, der Rest der Software auch von Microsoft, Oracle mit ein paar OpenSource Farbtupfern. Daß sich daran je etwas ändern könnte, war eine absurde Vorstellung. Zu Hause lief erst SuSE, dann das notorisch unzuverlässige Kanotix - schließlich Ubuntu. Die Dinge, die man nicht machen konnte, überwogen erst und wurden dann aber immer weniger: Multimedia, Internetradio und gar Fernsehen aus Übersee, Videokonferenzen auch dahin, Bild- und Videobearbeitung, Bluetooth alles kam mit der Zeit und funktionierte. Bei Ubuntu war jedes Jahr zweimal Weihnachten. Man mußte jeweils die neuste Version haben. Ging aber etwas schief, war es auch nicht so schlimm - war ja Hobby.

Heute bin ich freiberuflicher Berater - auch viel im Bankenumfeld unterwegs. Mein Arbeitsplatz natürlich Linux, ich arbeite auch fast nur noch mit OpenSource Software. Diese hat längst weite Teile der IT- Infrastruktur erobert. Nur wenn ein Kollege einmal seinen Bildschirm teilt, wird klar, daß es auch noch Windows gibt. :-) Alles an meinem Rechner funktioniert. Der Arbeitsplatz ist in hohem Maße strukturiert - mehrere Rechner, jeweils mit mehreren Bildschirmen, zig VMs mit VPN Zugängen zu verschiedenen Kunden - sonstige Dienste, Nextcloud, Icinga, Jitsi überall. Ein Ausfall wäre fatal und würde gleich richtig Geld kosten. Das dämpft die Abenteuerlust auf neue Versionen ungemein. Was soll daran denn auch "besser" sein? Runde statt scharfe Ecken bei Gnome? Ist es das Wert dafür Überstunden zu machen?

Ich finde das gar nicht so schlecht. Der Artikel betont Gefühle. Die hat man als junger Mensch - im professionellen Bereich ist Rationalität King. Da zählen halt dann andere Dinge.

Wohin soll sich nun Ubuntu hin entwickeln? Der klassische Desktop ist auf dem Rückzug. Viel Funktionalität ist auf webbasierte Plattformen gewandert, das Mobilgerät - Telefon, Tablet - ist für viele Aufgaben das primäre Kommunikationsmedium.

Dort sieht es heute so mau aus wie vor 20 Jahren am Computer - proprietäre Oberflächen (wenn auch mit OpenSource Fahrwerk) ein unglaublicher Verlust an Autonomie und Souveränität durch die ganzen Apples, Metas und Alphabets - grauenhaft. Hier bsteht massiver Handlungsbedarf und zwar auf dem Endgerät genauso wie auf einer Server- Infrastruktur.