Ich habe alles verloren, was meinen Job ausmachte!

  Ralf Hersel   Lesezeit: 3 Minuten  🗪 2 Kommentare

Neuigkeiten aus der KI-Welt beherrschen die Tech-Meldungen. Es wird Zeit, den Opfern eine Stimme zu geben.

ich habe alles verloren, was meinen job ausmachte!

Als Autor bei GNU/Linux.ch gehört das Sichten von knapp 1000 Tech-News zu meiner täglichen Beschäftigung, um die Essenz für unsere Leser:innen herauszufiltern. Seit Monaten beziehen sich ca. 30 Prozent der Meldungen auf KI. Diese Flut führt bei mir dazu, solche Nachrichten zu unterdrücken. Zu viel Aufsehen, zu viel Bla-bla. Doch manchmal packt mich eine Meldung, so wie diese von Sternsafari.

Ok, die Nachricht wurde auf Reddit gepostet, was in der Regel ein Garant für fehlende Qualität ist. Vielleicht ist Sternsafari eine KI; wer weiss das heute noch? Dennoch möchte ich hier wiedergeben, was Sternsafari geschrieben hat:

Ich bin als 3D-Künstler in einer kleinen Spielefirma mit 10 Mitarbeitern beschäftigt. Unser Art-Team besteht aus 2 Personen, wir machen 3D-Modelle, um sie zu rendern und 2D-Sprites für die Engine zu erhalten, die einfacher zu handhaben sind als 3D. Wir machen Handyspiele.

Mein Job ist jetzt anders, seit Midjourney v5 letzte Woche herauskam. Ich bin kein Künstler mehr, auch kein 3D-Künstler. Alles, was ich tue, ist Soufflieren, Photoshoppen und die Umsetzung gut aussehender Bilder. Der Grund, warum ich überhaupt 3D-Künstler geworden bin, ist verschwunden. Ich wollte Formen im 3D-Raum schaffen, modellieren, kreieren. Mit meiner eigenen Kreativität. Mit meinen eigenen Händen.

Das kam für mich über Nacht. Ich hatte keine andere Wahl. Und mein Chef hatte auch keine Wahl. Ich bin jetzt in der Lage, eine Figur, die von Midjourney ausgespuckt wird, in 2-3 Tagen zu erstellen, zu riggen und zu animieren. Früher haben wir dafür mehrere Wochen in 3D gebraucht. Der Unterschied ist: Mir ist es wichtig, ihm nicht. Für meinen Chef ist es einfach eine enorme Zeit-/Geldersparnis.

Ich möchte keine "Kunst" machen, die das Ergebnis von zusammengeklaubten Internetinhalten ist, von Künstlern, die nicht gefragt wurden. Aber es ist schwer zu erkennen, dass die Ergebnisse besser sind als meine Arbeit.

Ich bin verärgert. Mein 3D-Kollege ist damit völlig einverstanden. Er promptet den ganzen Tag, zeigt die Ergebnisse und bekommt Lob dafür. Die Sache ist die, dass wir beide qualitativ nicht auf dem gleichen Niveau waren. Meine Arbeit war immer einen Tick besser, in Form und Textur, Rendering... Ich war mir immer sehr sicher, dass ich meinen Job nicht verlieren würde, weil ich etwas bessere Qualität liefere. Dieser Vorteil ist verschwunden, und damit auch meine Hoffnung, meine eigene kreative Energie zum Schaffen zu nutzen.

Es ist schon schwer, einen Job in der Spieleindustrie zu bekommen. Aber ein Unternehmen und ein nettes Team zu verlassen, weil die KI meinen Job übernommen hat, fühlt sich sehr dystopisch an. Ich bezweifle, dass es in einem anderen Unternehmen auch besser wäre. Ich bin zwischen Trauer und Wut. Und es tut mir leid, dass ich eure Kunst benutzt habe, liebe Künstlerkollegen.

Ich nehme an, wir werden solche Mitteilung in Zukunft häufig lesen.

Quelle: https://old.reddit.com/r/blender/comments/121lhfq/i_lost_everything_that_made_me_love_my_job/

Tags

KI, Midjourney, Jobs, Opfer

BuffaloBill
Geschrieben von BuffaloBill am 28. März 2023 um 14:43

Vielleicht sollte der Autor in Erwägung ziehen, dass die Ausseneinschätzung seiner Leistung nicht seiner Eigeneinschätzung entspricht? Meine Arbeit war meiner Meinung nach immer besser. Klar. Meiner Meinung nach wäre auch ICH die geeignetste Person für ... das Kanzleramt.. Oder für amerikanischer Präsident.

Die Frage, inwiefern die Künstler, welches das Basismaterial, auf deren Grundlage die KI trainiert wurde, entlohnt werden sollten, ist aber wirklich spannend.

Hans
Geschrieben von Hans am 29. März 2023 um 12:42

Der Beruf der Pferdekutscher wurde auch durch die Dampflokomotive abgelöst. Zurecht, die Fahrt in der Bahn ist besser und schöner.

Die Pferdekutscher haben rumgeheult, und gingen unter. Jetzt heulen die "Künstler", und gehen unter. Der Menschliche Geschmack ist insoweit bereits berechenbar, dass etwas angenehmes und schön empfundenes sicher generierbar ist.

Keiner braucht die Leute die zwei Wochen an den letzten 5% Qualität rumfrickeln. Wenn er was sicheres will, soll er Zimmermann werden.

Ich finde die Zukunft gut.