Innenminister wollen Verschlüsselung unterlaufen

  Ralf Hersel   Lesezeit: 4 Minuten  🗪 2 Kommentare

Behörden wollen Verschlüsselung unterwandern.

innenminister wollen verschlüsselung unterlaufen

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben der Vorsitzende der deutschen Innenministerkonferenz, Innenminister Thomas Strobl, sowie die Sprecher der SPD- bzw. unionsgeführten Innenministerien, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gemeinsam mit Hans-Georg Engelke, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, eine Auswahl der Beschlüsse der Herbst-Innenministerkonferenz vorgestellt.

Im Rahmen der Cybersicherheitsstrategie hat sich die Innenministerkonferenz auch damit befasst, wie man bei der Kriminalitätsbekämpfung mit verschlüsselter Kommunikation etwa über Messengerdienste umgeht.

„Im digitalen Zeitalter nutzen Kriminelle nicht mehr das Telefon. Die Kommunikation läuft verschlüsselt, etwa über Messengerdienste. Diese Kanäle dürfen sich aber nicht zu rechtsfreien Räumen entwickeln“, so Minister Thomas Strobl.

Deshalb fordert die Innenministerkonferenz das Bundesinnenministerium auf, sich – gegebenenfalls auch innerhalb der Europäischen Union – dafür einzusetzen, dass Sicherheitsbehörden bei der verschlüsselten Kommunikation nicht im Blindflug unterwegs sind. Konkret heisst das: Anbieter internetbasierter Kommunikationsdienste müssen die technischen Voraussetzungen schaffen, um den Sicherheitsbehörden auf Basis der jeweils bestehenden rechtlichen Voraussetzungen die Kommunikationsinhalte unverschlüsselt zur Verfügung zu stellen.

Meine Meinung dazu

Die 'technischen Voraussetzungen' könnten so aussehen:

  • Ausnutzung von Zero-Day-Exploits (unveröffentlichte Software-Schwachstellen), um Inhalte vor der Verschlüsselung auszuleiten.
  • Anbieter von Kommunikationssoftware (z.B. Messenger) dazu zwingen, vor der Verschlüsselung Nachrichten auszuleiten.
  • Hersteller von Betriebssystemen dazu zwingen, vor der Verschlüsselung Nachrichten auszuleiten.
  • Hardwareproduzenten (Smartphones usw.) dazu zwingen, vor der Verschlüsselung Nachrichten auszuleiten.

Diese Situation erfordert einige grundsätzliche Feststellungen:

  • 'Verschlüsselte Nachrichten' auslesen wollen, ist ein Widerspruch in sich. Verschlüsselte Nachrichten können nicht ausgelesen werden, ansonsten sind es keine verschlüsselte Nachrichten.
  • Der Begriff 'Ende-zu-Ende-Verschlüsselung' wird meist falsch verstanden. Hier stellt sich die Frage, wo die Enden sind. Wer meint, dass die Enden die sendenden und empfangenden Software-Anwendungen (Messenger) sind, hat es nicht verstanden. Die Enden müssen an Stellen liegen, die nicht kompromittierbar sind. Beim heutigen Stand der Technik liegen diese Enden in den Köpfen der Nutzer:innen. Was das technisch bedeutet erfordert einen eigenen Artikel (kommt noch).
  • Die wichtigste Erkenntnis ist jedoch, dass mit allen Plänen zur Unterwanderung von Verschlüsselung auf das falsche Ziel geschossen wird. Welcher Kriminelle ist so blöd (manche doch), die üblichen und populären Kommunikationskanäle zu verwenden? Das führt dazu, dass mit solchen Massnahmen die Zivilgesellschaft unter Generalverdacht gestellt wird, indem die Message an Mutti ausgelesen und analysiert wird. Falls Mutti Pech hat, gerät sie durch ein False-Positive unberechtigterweise in die Fänge der Behörden.

Quelle und Bildquelle: https://im.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/beschluesse-der-herbstkonferenz-2021/

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Innenminister, Nachrichten, Verschlüsselung, Enden, Innenministerkonferenz, Strobl, Sicherheitsbehörde, Voraussetzung

mw
Geschrieben von mw am 6. Dezember 2021 um 12:06

IMHO handelt es sich um den Versuch, die Verschlüsselung madig zu machen und den Bürger glauben zu machen, der Staat kann sowieso auf Deine Nachrichten zugreifen, also ist verschlüsselung völlig überflüssig. Solange Software (OpenSource) und Hardware (ohne Schnüffelhardware vin Intel oder AMD) noch unter Kontrolle der Nutzer sind, wird es starke Verschlüsselung geben. Und sie ist zwingend notwendig auch als Schutz gegen den übergriffigen Staat, der sich nicht an die Regeln hält, der er sekbst aufgestellt hat. Das zeigt schon alleine der widerholte versuch Voratsdatenspeicherung las gesetz zu verabschieden, obwohl diese als nicht mit der Verfassung und dem EU recht als vereinbar gilt. Da sich der Statt nicht an die Regeln halten will, brauchen es dei Bürger ja wohl auch nicht. Damit haben wir dann das Chaos oder den so oft zitierten "rechtsfreien Raum". Disen schafft nicht eine starke Verschlüsselung, sondern der Staat selbst durch sein übergriffiges Verhalten.

BabaJ
Geschrieben von BabaJ am 6. Dezember 2021 um 12:59

"Das führt dazu, dass mit solchen Massnahmen die Zivilgesellschaft unter Generalverdacht gestellt wird, indem die Message an Mutti ausgelesen und analysiert wird. Falls Mutti Pech hat, gerät sie durch ein False-Positive unberechtigterweise in die Fänge der Behörden."

Das ist schon geschehen: