Komplexe Systeme aufbauend präsentieren (the Linux way)

  Hanser   Lesezeit: 13 Minuten  🗪 1 Kommentar

Eine Präsentationsmethode, die den roten Faden Stück für Stück entwickelt.

komplexe systeme aufbauend präsentieren (the linux way)

Dies ist eine Präsentationsmethode, die ich bereits mehrfach erfolgreich eingesetzt habe. Da sie mir in der Art noch nicht an anderer Stelle aufgefallen ist, schreibe ich sie nieder. Andere haben so auch die Möglichkeit, sie zu nutzen.

Sinnvoll fand ich die Methode bisher immer dann, wenn das große Ganze eines Systems oder Ablaufs nicht auf einen Blick ersichtlich war.

Die Tools

Am Ende wird eine PDF-Datei erzeugt, die die Präsentationsfolien enthält.

Die Methode

Die Methode basiert darauf, in der Präsentation ein Gesamtbild des Themas anhand eines roten Fadens zu zeichnen. Hierbei wird eine anfangs triviale Grafik durch sukzessives Hinzufügen von Symbolen zu einem komplexen Schaubild erweitert, das das Thema umreißt und das Publikum durch das Gesagte Schritt für Schritt mitnimmt.

Beispiel

Diese Beispiel-Präsentation wurde nach hier beschriebener Methode erstellt. Die Quell-Dateien können im entsprechenden git-Repository eingesehen werden.

Vorbereitungen treffen

  • Passende Symbole von Font Awesome zusammensuchen.
    Selbst wenn diese nur im Entferntesten mit dem Thema zusammenhängen, werden sie in einem assets-Ordner gesammelt, um ggf. nachfolgend verwendet zu werden.
  • Nicht aufgefundene Symbole oder notwendige Variationen werden entweder selbst erstellt, oder an anderer Stelle (im Internet) gesucht. Hierbei auf optische Konsistenz mit den restlichen Symbolen achten!
  • In Inkscape eine neue SVG-Datei erzeugen, bei der das Seitenverhältnis dem der finalen Präsentation entspricht.

Gesamtbild erstellen

  • Das Thema in einem Schaubild in Inkscape zusammenbauen.
    Hier das Gesamtbild des Beispiels von oben: Beispiel-Präsentation
  • Im Laufe der Präsentation einmal gezeigte Symbole sollten nach Möglichkeit nicht mehr verschwinden – wenn nötig können diese ihre Farbe ändern.
  • Sich einen roten Faden für die Erzählung überlegen, der zum finalen Schaubild führt.
    Folgende Fragen sind hilfreich:
    • Womit beginnt man die Erzählung? Welche Symbole müssen anfangs angezeigt werden?
      Sehr leicht kann die Erzählung bei Existenz des Gesamtbilds über mehrere Erzählwege angedacht und sich für den eingängigsten entschieden werden.
    • Wie/Wann können die restlichen Symbole eingeblendet werden?
    • Kann eine kurzweilige (ggf. fiktive) Geschichte einer Ausprägung erzählt werden, die mittels der verallgemeinerten Symbole zu dem abstrakten Gesamtbild führt?
  • Wenn es die Erzählung unterstützt, kann das Gesamtbild nach Belieben angepasst werden:
    • Symbole vereinfachen/anpassen, besser geeignete Symbole wählen
    • Symbolik abstrahieren/detaillieren
    • Zusätzliche Symbole einfügen, die die Geschichte untermauern
  • Ebenen nach und nach in Inkscape erstellen (Strg+Umschalt+L).
    Jede Ebene entspricht später einer Folie und enthält den additiven Unterschied zur Vorgängerfolie. Eine Ebene enthält also hinzukommende/sich (farblich) ändernde Symbole.
    • Die entsprechenden Symbole jeweils in die passende Ebene verschieben (Rechts-Klick auf das Symbol -> “Verschiebe zu Ebene…”).
    • Besser ist es, wenige Symbole auf einmal einzublenden und lieber eine weitere Zwischen-Ebene/-Folie zu erstellen, um den Blick besser zu lenken.
    • Die erste zu zeigende Ebene ist in der Ebenen-Ansicht ganz unten, die letzte ganz oben.
    • Durch das Verschieben der Symbole in die Ebenen sollte sich die Darstellung des Gesamtbilds eigentlich nicht ändern. Dies ist jedoch dann der Fall, wenn eine Ebene hinter bestehenden Elementen dargestellt werden soll.
      Diese Ebene liegt dann über den letzt-eingeblendeten und verdeckt sie. Temporär kann jene Ebene ausgeblendet werden, um beim weiteren Bearbeiten nicht zu stören. Nicht vergessen, die Anordnung der Ebenen wiederherzustellen, bevor der Export gestartet wird.
    • Wenn sich die Farbe eines Symbols ändern soll, wird dieses dupliziert und mit unterschiedlichen Farben an derselben Stelle in mehreren Ebenen eingefügt. Somit überlagert es sich später und es ist nur das Symbol der obersten Ebene sichtbar.

Slides Erzeugen

  • Mittels batch-export-Plugin die einzelnen Ebenen exportieren.
    Hierbei Export each layer as a single layer auswählen. Die Ebenen werden im folgenden Schritt zusammengefügt.
  • Mittels Imagemagick composite die Folien aggregieren.
    Die Reihenfolge der Bilder im command gibt an, ob es sich um eine Ebene handelt, die davor (als Overlay) oder dahinter (als Hintergrund) eingefügt werden soll.
    composite overlay.png vorherige_folie.png neue_folie.png
    composite vorherige_folie.png hintergrund.png neue_folie.png
  • Die png-files mit img2pdf zu PDFs wandeln.
  • Die Einzel-PDFs mit pdftk zusammenfügen.

Ein entsprechendes Script, das obige commands enthält, kann hier betrachtet werden.

Die Präsentation

Den PDF-Betrachter in den Präsentationsmodus versetzen und die Folien beim Erzählen der Geschichte weiterklicken – die "eine Minute pro Folie"n-Regel gilt hier selbstverständlich nicht.

Die Vorteile

  • Die Präsentation kann – da es sich um SVG-Dateien handelt – sehr gut mit einer Versionsverwaltung (git, SVN, …) gepflegt werden.
  • Wenngleich die viewport-switches von Software wie z.B. Sozi ein größerer eye catcher sind als die hier erzeugten Slides, so erhöht diese Methode meiner Meinung nach die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit, da die Darstellungsart kaum Ablenkung erzeugt und dadurch der Inhalt leichter nachvollzogen werden kann.
  • Es wird ein konsistentes Bild gezeichnet, das sich langsam – immer komplexer werdend – aufbaut. Wenn der parallel erzählte rote Faden gut durchdacht ist, können selbst sehr komplexe Zusammenhänge letztendlich schlüssig dargestellt werden.
  • Während der Präsentation können Dinge selbstständig, individuell nochmals nachvollzogen werden, da alles bisher Gezeigte noch immer dargestellt wird.
  • In einer anschließenden Diskussion/Bei Rückfragen kann – anstelle der relativ sinnfreien “Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit”-Folie – das Gesamtbild dargestellt werden und die Klärung erleichtern.
  • Da die Präsentation keine Animationen enthält, ist sie für online-Präsentationen bspw. via BigBlueButton bestens geeignet.
  • Die Gesamtgrafik kann für weitere Zwecke verwendet werden, da sie eine gute Übersicht über einen Sachverhalt bietet und sich dadurch z.B. auch sehr gut als Handout eignet.

Die Nachteile

  • Da die Präsentation quasi keine Texte enthält, spricht sie nicht für sich selbst und der Sinn ergibt sich häufig wirklich erst beim Präsentieren.
  • Ein hybrider Ansatz (Text/Bullet-Points & Schaubild) ist generell möglich (z.B. durch Import der einzelnen Bilder als Hintergrundbilder in LibreOffice Impress), jedoch mit viel Handarbeit verbunden.

In eigener Sache

Wenn dich meine Methode inspiriert hat und du sie ausprobierst, freue ich mich über ein kurzes Feedback und ggf. einen Blick auf dein Gesamtbild. Zu erreichen bin ich am besten über Mastodon.

Tags

Symbole, Ebene, Präsentation, Gesamtbild, Methode, Folie, PDF

UbIx
Geschrieben von UbIx am 26. Januar 2022 um 07:17

Interessanter Ansatz.

Ist sicher für den ein oder anderen Vortrag besser geeignet als eine normale Präsentation.

Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher ob es bei jedem Publikum gut ankommt.