LibreOffice-Serie: Kompatible Schriftarten

  Fabian Schaar   Lesezeit: 6 Minuten  🗪 3 Kommentare

Mit metrisch kompatiblen Schriftarten kann man in LireOffice Microsoft-Fonts ersetzen.

libreoffice-serie: kompatible schriftarten

Die Entwickler der freien Bürosoftware LibreOffice sind stets um eine gute Kompatibilität mit den kommerziellen Microsoft Office-Produkten bemüht. Auch wenn die proprietären, das heißt verschlossenen, MS-Dateiformate dabei wohl die größte Hürde darstellen, gibt es noch weitere wichtige Faktoren. Einer davon sind die Schriftarten, die in einem Dokument verwendet werden: Kein getippter Text kann blank dargestellt werden - irgendeine Schriftart wird immer verwendet. So wie gesprochene Worte nicht ohne die Stimme auskommen, kann kein geschriebener Text dieser Darstellungsform ausweichen.

Im Digitalzeitalter kennen viele wohl die mehr oder weniger ikonischen Computer-Schriften. Doch Schriften wie die Arial, Courier New und Times New Roman aber auch Calibri bergen für freie Software ein großes Problem: Diese verbreiteten Schriften unterliegen einer restriktiven Lizenz. Wenn Nutzer die Bedingungen, die vor allem Microsoft stellt, nicht einfach abnicken wollen, muss eine Alternative her. Bei LibreOffice ist das nicht anders.

Eine hundertprozentige Kompatibilität zwischen MS-Office und freien Büroprogrammen herzustellen ist eine schier unüberwindbare Aufgabe: Die Entwicklung muss sich hier immer auf dem neuesten Stand befinden, da sich ja theoretisch immer wieder etwas ändern könnte in den Microsoft-Formaten. Doch das Problem mit den Schriften lässt sich etwas leichter lösen. Jede Schriftart bringt ganz spezielle Eigenschaften mit sich: Manchmal haben die Buchstaben Serifen, also kleine Zusätze an den Buchstabenlinien. Mal fehlen diese komplett. Die Schriftart heißt dann "Sans" oder "Sans Serif". In wieder anderen Schriften wird jedem Zeichen eine genau festgelegte Breite zugewiesen, das sind die
"Monospace"-, zu deutsch Festbreitenschriften. Bei jeder dieser verschiedenen lässt sich natürlich auch vermessen, wie breit und hoch die einzelnen Zeichen sein dürfen. Und genau da setzen die freien Alternativen zu den proprietären Schriftfamilien an.

Wenn eine Schriftart die geometrischen Maße mit einer anderen teilt, sind die beiden metrisch kompatibel. Wenn ein Text dann von einer in die andere Schriftart formatiert wird, ändert sich das Layout nicht. Metrisch kompatible Schriftarten lassen sich also beliebig austauschen, ohne die gesamte Darstellung eines Dokuments zu beeinflussen. Hier ist aber Vorsicht geboten: Nur weil Schriftarten ähnlich aussehen, heißt das noch nicht, dass sie auch metrisch kompatibel sind. Im Gegenteil können sogar Schriften verschieden aussehen und doch ohne Bedenken austauschbar sein. Manche der freien Schriften sind nur als optische Ersatzlösungen vorgesehen, andere passen auch zum Layout.

In LibreOffice werden standardmäßig die Schriftarten der "Liberation"-Familie verwendet. Ursprünglich von Red Hat lizenziert, lassen sich damit die wichtigsten MS-Schriftarten ersetzen: Liberation Serif ist die Standardschriftart für den Fließtext in einem LibreOffice-Writer-Dokument. Diese passt auf die Times New Roman, allerdings wirkt sie ein wenig kantiger. Beide sind aber serifenbetonte Schriften, so dass die Unterschiede für ein weniger geübtes Auge nicht sehr drastisch ausfallen. Mit der Liberation Sans können die Schriftarten Arial oder Helvetica ausgetauscht werden, die Liberation Mono ist metrisch kompatibel zu Courier New. Wer also bei den Standardschriftarten aus dem Liberation-Umfeld bleibt, kann wichtige MS-Schriften bedenkenlos ersetzen, auch wenn das Schriftbild selbst ein wenig anders aussieht.

Übrigens ist LibreOffice nicht das einzige Programm, dass freie Alternativen für MS-Schriften gut gebrauchen kann. Auch Googles ChromeOS setzt mit den Schriften Tinos, Arimo und Cousine die drei wichtigen Microsoft-Schrifttypen mit einer frei lizenzierten Schriftart. Diese Alternativen sind stark mit den Liberation-Schriftarten verwandt. Mit den Fonts Caladea und Carlito stellt Google außerdem freie Äquivalente zu Cambria und Calibre zur Verfügung. Auch diese lassen sich problemlos in LibreOffice nutzen.

Mit LibreOffice werden auch die freien Liberation-Schriftarten auf eurem System installiert. In vielen GNU/Linux-Distributionen finden sich auch Pakete für die Google-Schriftarten, welche meist als "croscore-fonts" oder "croscore-fonts-extra" betitelt werden. Wie genau die Schriftpakete bei euch heißen, hängt von der verwendeten Distribution ab. Theoretisch könnt ihr eure Schriftarten aber auch aus Onlinequellen wie den Google Fonts oder ähnlichen beziehen und installieren. Sobald ihr diese auf die Platte gebannt habtm, könnt ihr eure Standardschrift in LibreOffice Writer anpassen. Dazu öffnet ihr den Optionsdialog, entweder über die Tastenkombination Alt+F12 oder über den Menüpunkt "Extras". Darin navigiert ihr dann zum Aufklappmenü "LibreOffice-Writer", und dort zum Abschnitt "Grundschriftarten (westliche)". Das Fenster sollte dann in etwa so aussehen:

Hier könnt ihr die Schriftarten für die unterschiedlichen Formatierungsteile im Dokument festlegen. Mit zwei Klicks auf "Anwenden" und "OK" lassen sich die eigenen Einstellungen permanent sichern. Mit dem Knopf "Standard" schaltet ihr auf die Voreinstellungen zurück. Diese sehen Liberation Serif für den Großteil des Dokuments und Liberation Sans für Überschriften vor. Solltet ihr oft mit der Calibri-Schrift zu tun haben, bietet es sicher hier zum Beispiel an, auf Carlito umzuschalten.

Natürlich ist nicht jede freie Schrift zu einer anderen metrisch kompatibel. Das ist aber sehr wichtig, wenn Dokumente ausgetauscht werden sollen. Falls ihr nicht oft Dokumente mit anderen teilt, könnten natürlich auch andere freie Schriften für euch interessant werden. Besonders spannend finde ich zum Beispiel die Linux Libertine, die DejaVu-Familie oder auch die Vollkorn-Schriftart. Was euch gefällt, bleibt natürlich Geschmackssache.

Weitere Informationen zu den Liberation-Schriften:

Weitere Informationen zu den Croscore-Schriften:

Bildnachweis: Pearson Scott Foresman, Public domain, via Wikimedia Commons

Tags

LibreOffice, Schriftarten, Liberation, Croscore, Arial, Helvetica

BuffaloBill
Geschrieben von BuffaloBill am 4. Juli 2023 um 11:33

Das Problem besteht übrigens auch innerhalb vom Word-Universums selbst. Da geht dann irgendjemand hin und kauft sich seine super Luxusexklusivschrift (irgendwie muss man seine Individualität ja ausdrücken). Dann macht er damit ein Dokument (*.docx) und schickt das an Person B, welche die Schrift nicht hat. Dann passiert etwas Ähnliches, Word nimmt einfach irgendeine andere Schrift, welche auf dem Zielrechner installiert ist. Fazit: Proprietäre Fonts sind ein Mist. Kauft euch lieber ein teures Auto....

Robert
Geschrieben von Robert am 4. Juli 2023 um 14:23

Fonts können wirklich ein Ärgernis darstellen, weil nicht unbedingt jeder benutzte Font auch auf jedem anderen PC-System vorhanden ist. Proprietäre Fonts sind dann noch eine Nummer schlimmer, weil andere Software sie ohne Lizenzierung nicht verwenden darf.

Dabei kommt mir gerade die Geschichte mit Adobe und den Lizenzgebühren für Pantone-Farbpaletten ins Gedächtnis zurück. Stellt Euch nur mal ganz kurz vor Kleinweich würde ab morgen Extragebühren für die weitere Verwendung der Fonts in ihrer OfficeSuite verlangen!? Und was passiert dann mit den "alten" Word-Dateien?

Das Problem der "Proprietären Fonts" lässt sich IMHO durch PDF-Dokumente umschiffen. Die Fonts bleiben doch beim editieren bzw. bearbeiten von PDF-Dateien immer erhalten, oder? Gibt es bei PDFs & Proprietären Fonts irgendeine Lizenzvereinbarung?

Dietmar Liste
Geschrieben von Dietmar Liste am 5. Juli 2023 um 11:19

Daran habe ich (Schriftsetzer, Mediengestalter) bisher nicht gedacht. Werde also bei Linux Mint 21 und Windows 11 künftig kompatible Schriften verwenden. Danke.