Während der Ostertage habe ich meine Mutter in Sankt Augustin besucht. Sie ist seit einigen Jahren begeisterte Manjaro-Nutzerin und hat keine Probleme mit dem semi-rolling Betriebssystem. Ja, auch Personen, die sich im 82. Lebensjahr befinden, kommen mit einer Arch-basierten Distribution zurecht. Da ihr unwesentlich jüngerer Nachbar ihr bei vielen alltäglichen technischen Dingen hilft, hatte ich als Dankeschön ein wenig Schweizer Schokolade mitgebracht.
Nachdem wir uns eine Weile unterhalten hatten, sah ich das Glänzen in seinen Augen und den Laptop im Hintergrund. Ich wusste, dass er von Windows 10 auf Linux wechseln wollte. Obwohl die Schokolade hochwertig war, reichte sie nicht aus, um seine Unterstützung für meine Mutter aufzuwiegen. Ein paar Minuten später sass ich vor einem uralten Lenovo-Laptop aus der 300 Euro Klasse.
Nachdem ich Etcher und das aktuelle Linux Mint ISO-Image heruntergeladen und auf seinen USB-Stick gespeichert hatte, begann die Geduldprobe. Es brauchte ca. 10 Reboots, bis ich die BIOS-Taste herausgefunden hatte. Um dem Nachbarn das Ausprobieren der Distro möglichst einfach zu gestalten, habe ich die Bootreihenfolge im BIOS so geändert, dass zuerst von USB gebootet wird. Das ist zwar fahrlässig, für seine Bedürfnisse jedoch angemessen. Ich konnte ihm nicht zumuten, das Boot-Menü aufzurufen.
Aufgrund der alten Hardware dauert das Booten vom USB-Stick ungefähr 10 Minuten. Zuerst glaubte ich an einen Fehler oder eine Inkompatibilität, doch es war nur Geduld gefragt. Nachdem Linux Mint endlich hochgefahren war, verhielt sich das System fluffig. Ich habe dem Nachbarn erklärt, wie er Mint booten kann und eine kurze Einführung in diese Distribution gegeben. Das war keine Schulung, sondern eine 5-Minuten-Erklärung der wichtigsten Handgriffe: Booten, Start-Menü, Dateimanager, Firefox, Herunterfahren.
Da sich meine Premium-Support-Aktivitäten auf die Blutlinie bzw. Erbfolge beschränken, habe ich keine Lust, die Nachbarschaft meiner Mutter dauerhaft zu unterstützen. Hier ist Hilfe zur Selbsthilfe gefragt. Deshalb habe ich nach Linux User Groups in der Nähe von Sankt Augustin gesucht. Wer im Internet nach "Linux User Groups" sucht, wird fündig:
- https://l-p-d.org/lugs (mit interaktiver Karte)
- https://www.linux-magazin.de/heft-abo/linux-user-groups/
- https://wiki.ubuntuusers.de/Linux_User_Groups/
- https://de.wikipedia.org/wiki/Linux_User_Group
- http://lugslist.com/ctry/germany.php?lg=de
So konnte ich dem Nachbarn die Troisdorfer Linux User Group empfehlen. Ob er diese Möglichkeit ergreift, ist ihm überlassen. Ihr wisst ja, was Konfuzius dazu gesagt hat:
Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.
Und gestern kam mein Gitarren-Buddy vorbei, um nach Unterstützung beim Umstieg von Windows 10 auf Linux zu fragen. Ich nehme an, dass solche Anfragen in den nächsten Monaten zunehmen werden. Wie sieht es bei euch aus? Werdet ihr auch häufiger von Windows-Flüchtlingen angefragt?
Titelbild: https://www.pexels.com/de-de/foto/fischer-bei-sonnenuntergang-am-wasser-30059372/
Quellen:
- im Text
- und: https://endof10.org/
> Es brauchte ca. 10 Reboots, bis ich die BIOS-Taste herausgefunden hatte.
Vielleicht nützt es ja mal noch jemandem, hier eine recht umfangreiche Liste mit Hotkeys: https://www.pcffm.de/gesamtliste-tastenkombinationen-bios-uefi-bootmenu-startoptionen-alle-hersteller-asus-acer-dell-lenovo-hp-msi-gigabyte/
und hier noch eine: https://www.cyberdragon.technology/guides/boot-bios-keys
Ich hoffe, du hast deine Mutter und ihren Nachbarn auch auf die https://froscon.org/ hingewiesen ;)
Danke für den Artikel und die Listen der "Linux User Groups", vielleicht eine Ergänzung: https://www.pro-linux.de/lugs/ Leider sind alle Listen nicht wirklich aktuell, man kann nicht erkennen,
Das ist eine schöne Geschichte und ich finde den Aspekt mit der Hilfe zur Selbsthilfe sehr wichtig. Ich sehe darin v.a. auch eine alternativlose Voraussetzung für Digitale Souveränität. Das ist u.a. Grund nicht im operativen IT-Geschäft sondern im Bildungsbereich zu arbeiten oder sich in diesem Bereich zusätzlich zu engagieren. Allerdings auf dieser Metaebene und ohne Produktschulungen für Microsoft & Co.
Ich nutze selbst Arch Linux und dokumentiere meine Installation unter https://this.ven.uber.space/docs/computer/ um zu inspirieren und ein Fundament für die Einrichtung eines eigenen Systems (z.B. mit dem Schwerpunkt für Pro Audio) zu bieten. In der Verwandschaft habe ich ebenfalls Manjaro "ausgerollt", um nicht alle paar Jahre ein
dist-upgrade
machen zu müssen.Vielleicht finde ich bald etwas Zeit um nochmal die hiesige Linux User Group aufzusuchen und/oder Leute dort hin zubringen...
Ich hatte das glück in mumble missverständnisse vorbeugen zu können, während wir minetest (luanti) gezockt hatten. Es gibt aber auch (vorsichtig ausgedrückt) linux-profis, die einen mit fremdwörtern erschlagen, was abschreckend wirken kann (bitte nicht vorwürflich auffassen :-) ) .
weiss jemand ob die LUG Genf (GULL) noch aktiv ist? die Webseite sieht ziemlich tot aus... (jede Menge https Fehler, letzte Dokumente von 2018, Einschreibeformular für Neumitglieder geht nicht...
"Windows-Flüchtlinge" made my day 😂
Was leider immer noch fehlt ist eine ausreichende Anzahl vorinstallierter Linux-PCs im Handel. Stellt Euch vor in den Elektronik-Märkten vor Ort liefe auf der Hälfte aller Geräte irgendeine Linux-Distro. Leute könnten das direkt ausprobieren und viele würden wahrscheinlich gar nicht bemerken dass es kein Windows ist. Genau dort setzt Linux-Mint jetzt mit der neuen OEM-Funktion den richtigen Hebel an: https://linuxnews.de/linux-mint-report-fuer-maerz-2025/
Was Support betrifft: Wie viele "private" Windows-User haben in ihrem Leben jemals den Microsoft-Support kontaktiert, weniger als 1%? Das meiste läuft über Freunde und Foren. Also eigentlich kein Unterschied zu Linux, außer dass es eben verschiedene Distros, Paketformate und Desktops gibt. (Diese Art der "Freiheit" ist dann beim Thema 🆘 Support 🆘 leider eher ein wenig hinderlich ... )
In Mülheim an der Ruhr bieten wir seit etlichen Jahren zweimal im Monat den Linux-Treff an (https://www.linuxtreff-muelheim.de/cms/), in dem wir Leuten beim Umstieg auf Linux, bzw. Freie Software unterstützen. Einmal im Jahr veranstalten wir mit der Volkshochschule die Veranstaltung "Linux im Alltag", da wir Denglisch vermeiden, das ist auch eine Einstiegshürde, heißt die Veranstaltung nicht mehr "Linux Presentation Day". Die nächste Veranstaltung ist am 10. Mai 2025.
Eine recht umfassend und so gut wie möglich aktuelle Liste finder sich auf der LPD Seite https://l-p-d.org/lugs Sowie auf le.o auch in einer Karte: https://linux-events.org/SL_LUGs
Ich schließe mich dem an. Ich denke, es braucht nicht noch eine (dann irgendwie zu pflegende) LUG-Liste. Per Findmaschine habe ich mindestens 6 Listen gefunden, die teilweise gut gepflegt sind. Darauf könntet ihr zentral verweisen. Teilweise sind sie aber auch schon hier genannt worden.
Meiner Erfahrung nach sind die LUGs sehr unterschiedlich ausgerichtet. Ich war viele Jahre bei der DLUG in Düsseldorf dabei, die konzeptionell ein Laber-Stammtisch mit teilweise sehr kompetenten Leuten ist. Derzeit kämpfe ich darum, die KaaLUG in Kaarst am Leben zu erhalten, die im Laufe der Jahre (wertfrei gemeint) immer mehr zu einem Alte Säcke-Treff geworden ist und nur noch durch das Engagement von wenigen einzelnen Leuten zusammengehalten wird. Ein Problem mag hier der nicht gerade städtische Einzugsbereich sein. Wer also aus dem Gebiet Düsseldorf/Neuss/Krefeld/Meerbusch/Kaarst/Willich kommt und Lust hat, gerne melden. Vor allem Leute mit administrativer Erfahrung und einem integren Charakter sind willkommen.
Denn gerade in den Zeiten, wo alle nur noch auf irgendwelchen Telefonen herumwischen, halte ich einen Desktoprechner oder Laptop mit einem ordentlichen Pinguin drauf, für empfehlenswert.