Heute Morgen hat sich Froschi damit beschäftigt, ob ZorinOS eine Alternative zu Linux Mint für Ein- und Umsteiger ist. Als weitere Möglichkeit werfe ich die unveränderbaren (immutable, atomic) Distributionen in den Ring. Zu diesem Zweck habe ich die Beta-Version von Fedora Silverblue 43 in einer virtuellen Maschine installiert und versucht, die Distro zu zerstören.
Obwohl das Ansehen von Linux sich in den letzten Jahren geändert hat, gilt es Vielen immer noch als ein Betriebssystem, das für Server, Tüftler und Entwickler entwickelt wurde, und nichts für schwache Nerven ist. Seine Robustheit und Flexibilität empfinden diejenigen, die noch keine Erfahrung damit haben, oft eher als Fluch denn als Segen, was viele Nutzer davon abhalten kann, es jemals zu nutzen.
Was sind immutable Distributionen?
Unveränderliche (immutable) Distributionen haben dazu beigetragen, dieses Bild zu ändern. Sie sind zuverlässig, schwer zu beschädigen und weitaus weniger einschüchternd als ihre veränderlichen Pendants. Betriebssysteme wie Bazzite, Fedora Silverblue und openSUSE Aeon verändern die Bedeutung der Nutzung eines Linux-Systems und bieten eine Erfahrung, die oft sicherer, konsistenter und für neue Benutzer wesentlich benutzerfreundlicher ist. Daher stellt sich die Frage, ob eine solche Distribution ein besserer Einstiegspunkt für Neuanwender:innen ist.
Auf einem herkömmlichen, veränderbaren Linux-Betriebssystem sind die Basissystemdateien beschreibbar. Alles ist möglich: Du hast maximale Flexibilität bei der Installation von Anwendungen und der Konfiguration des Systems. Diese Flexibilität kann aber auch zu Problemen führen. Updates können zu Konflikten führen, Abhängigkeiten können miteinander kollidieren und Daten können leicht überschrieben werden und für immer verloren gehen.
Ein unveränderliches Betriebssystem ist im Wesentlichen das Gegenteil davon. Die Basissystemdateien sind persistent, schreibgeschützt und isoliert, was bedeutet, dass man nur begrenzt Änderungen vornehmen kann. Ein Grossteil der Schäden, die man auf einer normalen Distribution anrichten kann, wird durch diesen Ansatz gemindert.
Fedora Silverblue kaputt machen
Die Installation von Fedora Silverblue 43 (beta) in der virtuellen Maschine (GNOME Boxes) funktionierte ohne Probleme, wenn man Geduld hat. Der Fortschrittsbalken im Anaconda-Installer bleibt nach ein paar Sekunden stehen. Doch nach 20 Minuten wird die Installation dann abgeschlossen.
Man hat Zugriff auf Root-Verzeichnisse:
Dann löschen wir doch mal /etc mit: sudo rm /etc/* und /boot mit: sudo rm /boot/*. Alleine die Tatsache, dass das möglich ist, lässt mein Verständnis von "immutable" schwinden. Aber vielleicht habe ich es nur missverstanden.
Nach dem Neustart von Fedora Silverblue, ist die Distro tot. Der Bootscreen dreht unendlich:
Meine Erwartung war, dass:
- man keine Root-Rechte erlangen kann
- und somit keine lebenswichtigen Dateien/Verzeichnisse löschen kann
- man (falls die vorherigen Punkte möglich sind) beim Neustart auf den letzten guten Zustand zurücksetzen kann
Fazit
Bisher war mein Verständnis von immutable Distributionen, dass die Kernbestandteile des Betriebssystems unveränderbar sind und damit einen Mehrwert für Ein- und Umsteiger bieten. Das ist nicht der Fall, wie ich oben gezeigt habe. Es spielt keine Rolle, dass eine Umsteigerin niemals auf die Idee kommt, ein Terminal zu öffnen, um /etc oder /boot zu löschen. Alleine die Tatsache, dass das möglich ist, genügt.
Somit sehe ich keinen Vorteil von immutable Distros für Ein- und Umsteiger:innen. Vermutlich habe ich das alles ganz falsch verstanden und ihr klärt mich in den Kommentaren über meinen Denkfehler auf.
Titelbild: https://pixabay.com/illustrations/anvil-wrought-idea-think-tank-1169340/ (modifiziert)
Quelle: https://fedoraproject.org/atomic-desktops/silverblue/
Ich habe neulich mal Vanilla OS 2 ausprobiert und war wirklich angetan davon. Laider konnte ich WinBoat nicht installieren, deswegen war das erstmal wieder raus. Aber es bleibt definitiv auf meiner Watchlist...
Fedora Silverblue und viele auf RPM-ostree aufbauende Distros sind meines Wissens nach nicht komplett immutable, sondern lassen auch das Installieren von .rpm Paketen zu. Es ist halt lediglich nicht mehr über eine grafische Oberfläche möglich... Andere immutable Distros sind da etwas strenger. KDE Linux hat zum Beispiel einige Verzeichnisse wie /usr in einer .erofs Datei gespeichert und hängt diese dann als readonly ein. Die Festplatte könnte man aber, wenn man wollte, trotzdem formatieren... Ich würde mal sagen, dass immutable-Distributionen nicht aus Versehen kaputt gehen können, da es keinen zugänglichen Paketmanager gibt, aber halt trotzdem erlauben alles mögliche bewusst anzustellen.
Gerade für Einsteiger/innen ist ein Linux, das nicht bei jeder Änderung den Geist aufgibt, von unschätzbarem Wert. Auch wenn ich AVMultimedia bislang nie als imutable bezeichnet habe, so macht an sich AVMultimedia genau dies (und zwar bereits seit 2012). Allerdings ist AVMultimedia dann auch nach sehr kurzer Zeit (innert 10 bis 20 Sekunden) startklar und arbeitet im Hauptspeicher. Wenn ich lese, dass es 20 Minuten bedarf, bis ein Linux bereit steht, dann glaube ich nicht, dass dies für Einsteiger/innen passt; niemand wartet derart lange...
Link zum Download: https://sourceforge.net/projects/archivista/
Als Schweizer Linux-Distribution ist die Tastatur auch entsprechend voreingestellt (Umschalten über Taskleiste) und es sind auch sämtliche gängingen Programme bereits enthalten.
Gut, einverstanden, bei AVMultiedia gibt es kein SecureBoot, und das mag eine Hürde sein, aber einfach mal zum Testen, es startet auch noch über Legacy und selbstverständlich über UEFi (SecureBoot wird nicht unterstützt, weil es dann ja ohne MS-Schlüssel gar nicht mehr läuft).