Mit Open Source lesen: Der KOReader

  Martin Brodbeck   Lesezeit: 7 Minuten  🗪 1 Kommentar Auf Mastodon ansehen

Mit dem vielseitigen KOReader lassen sich E-Books optimal lesen. Egal auf welchem E-Reader.

mit open source lesen: der koreader

Es ist schon ein Kreuz mit den E-Readern. Mir ging es jedenfalls lange so: Mal ist die Hardware Top, dafür die Software eher mau, und mal ist es umgekehrt. Zumindest bei der Software gibt es Abhilfe. Und die ist Open Source.

Die Gerätehersteller und ihre Leseprogramme

Wer sich die herstellereigenen Leseprogramme auf den verschiedenen E-Readern (Kobo/Tolino, PocketBook, Kindle) anschaut, wird schnell feststellen, dass sie ihre individuellen Stärken und Schwächen haben und keines davon alle Erwartungen erfüllt.

Liest man auf einem Kobo-Gerät etwa EPUBs, stellt man mitunter fest, dass die Software modernere Inhalte (EPUB3) nur unzureichend unterstützt. Das liegt auch daran, dass Kobo die entsprechende Komponente (die Adobe Engine) nie wirklich aktualisiert hat. Liest man hingegen KEPUBs (bei denen die Kobo-eigene Engine zum Einsatz kommt), so muss man eine weniger ausgefeilte Typographie in Kauf nehmen und auf Ligaturen oder Kerning verzichten.

Die Software der aktuellen Tolino Gerätegeneration fußt auch auf der Kobo-Firmware, welche aber kräftig umgebaut und angepasst wurde. Die Lesesoftware hat noch mit vielen Kinderkrankheiten zu kämpfen und lässt derzeit grundlegende Fähigkeiten (etwa Silbentrennung) vermissen.

Bei den Kindles hat man von vornherein nur sehr begrenzte Möglichkeiten, das Erscheinungsbild eines E-Books zu beeinflussen. Und auch die PocketBooks haben so ihre Eigenheiten. Mehrmals ist mir aufgefallen, dass etwa bei Kursivschrift nicht die von mir festgelegte Schriftart verwendet wird, sondern eine andere im E-Book CSS hinterlegte. Jedenfalls, so ganz recht kann es einem keiner der Hersteller machen.

Der KOReader

Wenn man sich jedoch beim Lesen auf DRM-freie Inhalte beschränkt, gibt es Licht am Horizont. Der KOReader (Kindle/Kobo Open Reader) ist ein Open Source Programm, das mit einer unglaublichen Funktionsfülle und Konfigurierbarkeit aufwartet und sich auf den verschiedensten Geräten installieren lässt. Auf die genaue Vorgehensweise zur Installation, die je nach E-Reader unterschiedlich ist, soll hier nicht weiter eingegangen werden; hierzu gibt es genaue Anleitungen im Github-Wiki. Bei Problemen steht die Community gerne mit Rat und Tat zur Seite, wie etwa im MobileRead-Forum. Soviel sei jedoch gesagt: Der Schwierigkeitsgrad bei dem Installationsprozess ist sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite der Skala ist etwa PocketBook, wo sich die Installation mehr oder weniger auf das Entpacken einer ZIP-Datei beschränkt. Auf der anderen Seite der Skala sind die Kindle Reader, bei denen man erst mal einen Jailbreak durchführen muss.

An dieser Stelle möchte ich zunächst nur einige Vorteile (und Nachteile) des KOReaders aufführen. Bei Interesse folgen evtl. weitere kleine Artikel, die auf Details eingehen könnten, etwa wie und wo was einzustellen ist, damit man einen gewünschten Effekt erhält.

Vorteile des KOReaders

Hervorragendes Schriftbild. Der KOReader holt das typographisch Beste aus einem E-Book heraus. Man darf sich nicht nur an Ligaturen und Kerning erfreuen, man kann dafür sogar noch aus verschiedenen Optionen wählen (siehe Screenshot).

Portabel. Obwohl KOReader zunächst nur für Kindle- und dann Kobo-Geräte gedacht war, läuft er mittlerweile auch auf vielen weiteren Plattformen: Auf embedded Geräten (Cervantes, Kindle, Kobo, PocketBook, reMarkable), Android und Linux Computern.

Fremdwörter nachschlagen leicht gemacht. Wörter lassen sich einfach in beliebigen StarDict-Wörterbüchern nachschlagen. Oder man ruft gleich ganze Wikipedia-Artikel online auf. Vokabeln aus fremdsprachigen Büchern kann man sich mit einem eingebauten Vokabeltrainer einprägen.

„Richtige“ Fußnoten. Meines Wissens nach ist es nur mit KOReader möglich, dass man richtige Fußnoten haben kann. Diese werden also gleich unten auf der aktuellen Seite angezeigt. Das Hin- und Herspringen über Verlinkungen nach hinten im Buch gehört damit der Vergangenheit an.

Wallabag-Integration. Sammelt man eh schon interessante Webseiten mit der Open Source Software Wallabag, kann man diese einfach aus KOReader heraus herunterladen und wie normale E-Books auf dem E-Reader lesen.

Erweiterbar. Über die genannten Punkte hinaus existieren eine ganze Reihe weiterer standardmäßig mitgelieferter Plugins, die die Funktionalität des KOReaders erweitern. Um nur eine kleine Auswahl zu nennen:

  • Anbindung an Calibre (Wireless-Device)
  • Abrufen von OPDS-Inhalten
  • Lesestatistiken
  • Synchronisation der Lesestände
  • Reduktion des Blauanteils der Beleuchtung abhängig vom Sonnenstand

Nachteile des KOReaders

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das gilt auch für den KOReader. So ist es wohl der schieren Funktionsfülle geschuldet, dass einen die Menüs und Untermenüs geradezu erschlagen können. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, obwohl man doch gestern noch die Option X gefunden hat. Mancher Menüpunkt taucht auch nur auf, wenn man ein Buch geöffnet hat.

Ein anderer Punkt ist das Erscheinungsbild. Der KOReader versteht es zwar, ein E-Book maximal ansprechend darzustellen, doch das eigene Aussehen ist doch eher funktional-pragmatisch gehalten. So richtig hübsch sieht die eigene Oberfläche einfach nicht aus.

Auch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass man E-Books mit hartem DRM grundsätzlich nicht mit dem KOReader lesen kann. Auch für Bücher aus der Onleihe muss man auf die herstellereigene Lesesoftware zurückgreifen. KOReader jedenfalls kann weder mit Adobe DRM noch mit LCP/CARE umgehen.

Ausblick

Da der KOReader ein komplexes Stück Software (übrigens überwiegend in Lua programmiert) ist, wäre er durchaus weiterer, kurzer Artikel wert. Bei Interesse könnte es also weitergehen mit Details zu Funktionen und Einstellungen. Die verschiedenen Übertragungsmöglichkeiten von E-Books mit Calibre oder das Einrichten von Gesten zur schnellen Synchronisierung des Lesefortschritts zwischen den Lesegeräten zum Beispiel.

Quellen:
Titelbild: https://koreader.rocks

Tags

e-reader, e-book, koreader

Robert
Geschrieben von Robert am 17. März 2025 um 22:08

Genau wegen der drölfzig Millionen Einstellungen flog der KOReader bei mir wieder runter. Ich will Bücher lesen und kein Studium der Lesesoftware absolvieren. Auf meinem Tolino Shine 3 nutze ich wieder die integrierte Lesesoftware und unter Android habe ich Librera im Einsatz.