Wir erinnern uns: im Jahr 2010 gründete Frank Karlitschek die Firma ownCloud mit dem gleichnamigen File-Sharing-Produkt. 2016 verliess Karlitschek das Unternehmen und schuf den Fork Nextcloud inklusive der Nextcloud GmbH. Bis 2023 wurde ownCloud von der ownCloud GmbH weitergeführt und für den Einsatz in Unternehmen positioniert. Dann hat die GmbH mit der US-Firma Kiteworks fusioniert und ownCloud in deren Angebot "Private Content Network" übernommen. Nun entstand mit OpenCloud als Teil der Heinlein-Gruppe ein weiterer Fork von ownCloud.
Während Nextcloud weiterhin PHP-basiert ist, hat ownCloud die Technologie auf Go auf der Serverseite und Vue-JS beim Client geändert. Damit versprach man sich eine bessere Leistung und Eignung für den Unternehmenssektor. Als Fork erbt OpenCloud diese Basis.
OpenCloud hat vier Kundengruppen im Visier:
- Öffentlicher Sektor - hier wird mit 100 % DSGVO-Konformität geworden
- Forschung und Wissenschaft - für Performance und Skalierung
- Bildungseinrichtungen - barrierefrei, sicher und auf mobilen Endgeräten erreichbar
- Unternehmen - flexible Datenräume für eine gesteigerte Produktivität
Ihr seht, was hier fehlt? Die Privatanwender! Wobei ich glaube, dass es sich hierbei um Marketing und nicht um eine technische Unmöglichkeit handelt.
Foto-Verwaltung in OpenCloud
Wie Klaas Freitag, der CTO von OpenCloud, sagt, steht die Version 1.0 (eher eine Beta-Version) zu Testzwecken zur Verfügung. In einem Rolling-Modell möchte man in einem Dreiwochen-Zyklus das Feedback der Community in neue Releases einfliessen lassen, um bereits im März eine allgemein installierbare Version zu liefern. Wer mittesten möchte, findet auf der GitHub-Seite die nötigen Informationen.
Wie Ende März mit dem Dreiwochen-Zylus zusammenpasst, erschliesst sich mir nicht. Das sind ja nur ein oder zwei Zyklen.
Die erste Version von OpenCloud erlaubt es den Nutzern, Daten in der Cloud zu speichern, zu verwalten und zu teilen. Die Anwendung bietet eine granulare Benutzer- und Rechteverwaltung an. Die Integration von Collabora Online ermöglicht die Bearbeitung von Office-Dateien. Somit besteht für Nutzer:innen die Möglichkeit, in Echtzeit an Dokumenten zu arbeiten. Die Anwendung soll künftig sowohl über Drittanbieter als auch auf eigener Hardware verfügbar sein. OpenCloud hat angekündigt, im März ein kommerzielles Angebot (SaaS) zu veröffentlichen.
Ich habe noch nicht versucht, OpenCloud zu installieren; dafür fehlt mir das technische Verständnis und die Anleitung auf der GitHub-Seite, die bald kommen soll.
Beurteilung
Europa befindet sich in einer fast unmöglichen Aufholjagd im IT-Bereich gegenüber den Tech-Firmen aus den USA und China. Unternehmer wie Frank Karlitschek mit der Nextcloud bilden bei dieser Jagd eine kleine Speerspitze. Es ist elend zu beobachten, wie die europäischen Staaten immer noch um den Faktor 100 oder sogar 1000 höhere Lizenzgebühren an die Konkurrenzunternehmen aus zunehmend feindlich gesinnten Staaten überweisen, anstatt dieses Geld in die EU-FOSS-Wirtschaft zu investieren.
Daher ist es zu begrüssen, dass die Heinlein-Gruppe die ownCloud mit dem Fork OpenCloud nach Europa zurückholt. Das ist auch für Nextcloud gut, weil Konkurrenz das Geschäft belebt. Mit dem neuen Hub 10 baut Nextcloud bisherige Vorteile aus. Im Fokus dieser Version stehen Integration, Modularität des digitalen Arbeitsplatzes, Sicherheit und Performance.
Als Anwender der ersten Stunde, sowohl von ownCloud als auch von Nextcloud, kann ich bezeugen, dass die Marketingversprechen der Realität hinterherhinken. Wenn es um Performance, Usability und Sicherheit geht, habe ich grosse Bedenken, die jeweils eigene Artikel wert wären. Aufgrund der erhöhten Bedrohungssituation (hybride Kriegsführung) ist der Aspekt Cloud-Sicherheit wesentlich. Da verzichte ich gerne auf Performance und Usability. Mike Kuketz hat das Thema Sicherheit bei der Nextcloud kürzlich erläutert.
Wenn es um die Funktionalität geht, ist die Nextcloud eine Meisterin. Dort gibt es nichts, was es nicht gibt - fast so gut wie Emacs 😊. Hier sieht man den Vorteil der guten Zusammenarbeit mit der Community. Für Nextcloud gibt es über 400 Add-ons, die aus der Freien Szene stammen. Das ist wohl der grosse Vorteil beim Vergleich zwischen Nextcloud und OpenCloud. Letztere bietet eine Basis-Funktionalität an und muss sich die Mitarbeit der Community erst verdienen. Dafür punktet OpenCloud mit den (vermutlich) besseren technischen Bausteinen.
Ich bin gespannt auf die ersten Vergleichstests.
Titelbild: https://opencloud.eu/de
Quellen:
https://github.com/opencloud-eu
https://www.linux-community.de/nachrichten/ocis-fork-erste-version-von-opencloud-verfuegbar/
https://nextcloud.com/de/blog/nextcloud-hub-10-ihr-einheitlicher-modularer-digitaler-arbeitsplatz/
Sehe ich genau so. Bin ebenfalls als ehemaliger OwnCloud-User nun bei NextCloud. Und genau wie du sehe ich ebenfalls verschiedene Probleme. PHP ist schon sehr "fummelig" und bei jedem Update weiss man nie ob es anschliessend noch läuft. Das "Ökosystem" mit den Apps sehe ich ebenfalls nicht nur positiv. Denn aktuell hat z.B. der Entwickler von "Two-Factor Email" den Pickel hingeschmissen, sprich das App ist nun ohne Entwickler. Einerseits extrem schade da dies ein wirklich tolles App war, andererseits zeigt es auf wie schnell ein App sterben kann. Natürlich kann ich auch den App-Entwickler verstehen, alles hat mal ein Ende nur die Wurst hat zwei. Und die Entwicklung ist anscheinend schon recht aufwändig da man die Apps ja immer auf die aktuelle NC-Version anpassen muss. Ich bin sehr gespannt wo die Reise hin geht. Aktuell geht noch gefühlt alles Richtung Office365 und Teams. Da werden irgendwie alle Warnungen ignoriert... :-(
Na da bin ich dann auf die weiteren Artikel gespannt 😉 Ein interessanter Vergleich wäre Nextcloud und OpenCloud mal gegenüber zu stellen und zu gucken wo, wie, was besser ist, vor allem Performance/Skalierbarkeit und Sicherheit.