Am 04.01.2021 kündigte ein Mitarbeiter der Qt Company an, dass die weit verbreitete Version Qt5 ab dem nächsten Tag closed source weiterentwickelt wird. Als Grund wird angegeben, dass die Version Qt6 bereits verfügbar ist und Qt5 damit in den Long Term Support Zeitraum eintritt.
Bereits vor einem Jahr fasste die Qt Company den Entschluss, LTS-Versionen in Zukunft nur noch closed source und kostenpflichtig zur Verfügung zu stellen. Die meisten open source Projekte setzten bislang auf Qt5, da Qt6 noch nicht ganz fertig und bereit für den produktiven Einsatz ist. Auch der CTO der Qt Company ist sich dieses Problems bewusst und kündigt an, dass die meisten Qt Add-ons wohl erst mit der Version 6.2 wieder verfügbar sein werden. Bis dahin kann es allerdings noch einige Zeit dauern.
Einige Mitwirkende an der bislang quelloffenen Version Qt5 haben als Konsequenz angekündigt, sich von jetzt an nicht mehr an der Entwicklung zu beteiligen, was auch gar nicht mehr möglich ist. Die Qt Company dürfte mit diesen Reaktionen gerechnet haben. Viel dramatischer ist die Lizenzumstellung für die zahlreichen open source Projekte, die Qt5 in ihre Software integriert haben und weiterhin brauchen. Natürlich kann der bislang veröffentlichte Code weiterhin unter der ursprünglichen GPL Lizenz verwendet werden. Updates fallen jedoch weg. Damit stehen die Projekte nun vor der Frage, ob sie alle Komponenten von Qt5 selbst in einem quelloffenen Fork auf dem neuesten Stand halten wollen oder doch lieber alles schnell auf Qt6 umstellen, was vonseiten der Qt Company weiterhin quelloffen angeboten wird, um dann beim Erscheinen von Qt7 wieder vor einem vergleichbaren Problem zu stehen.
Eines der bekanntesten Projekte, welches Qt Technologie einsetzt, ist die quelloffene Linux Desktopoberfläche KDE vom gemeinnützigen Verein KDE e.V. Da man dort bereits damit gerechnet hat, dass so etwas passieren könnte, hat man die KDE Free Qt Foundation eingerichtet, die durch Verträge mit der Qt Company sicherstellen soll, dass Qt immer unter einer freien Lizenz zugänglich bleiben wird.
Sollte die Qt Company das Qt Framework nicht mehr unter einer freien Lizenz zur Verfügung stellen, wurde der KDE Free Qt Foundation das Recht zugesichert, den Code unter einer BSD Lizenz weiter zu pflegen. Dieser Vertrag wirkt jedoch erst, wenn innerhalb von 12 Monaten keine neue open source Version des Qt Frameworks mehr veröffentlicht wird, was ja mit Qt6 bereits geschehen ist. Es gibt aktuell kein offizielles Statement von der KDE e.V., wie mit der Ankündigung der Qt Company umgegangen wird. Ich habe aber eine Anfrage an den Mastodon Account des Projekts gestellt und bekam die Antwort, dass die Leiter der KDE e.V und der KDE Free Qt Foundation die Situation und ihre möglichen Auswirkungen noch analysieren. Ich werde euch hier entsprechend informieren, sobald ein offizielles Statement öffentlich ist.
Die Lizenzierung von Qt war schon immer ein kontrovers diskutiertes Thema in der Free Software Community. Zu Beginn wurde Qt unter der Qt Free Edition License veröffentlicht, wodurch der Quellcode zwar für jeden einsehbar war, aber die Weiterverbreitung von veränderten Versionen war verboten. Das wurde sehr kritisch gesehen, da das auf Qt basierende KDE sich zu einer der beliebtesten Linux Desktopoberflächen entwickelte.
Mit Qt2 wurde auf die Q Public License gewechselt, die mehr Freiheiten bot, jedoch weiterhin inkompatibel zur in der Free Software Szene beliebten Copyleft Lizenz GPL war. Mit dem Wechsel zur GPL 2.0 Lizenz mit der Version 2.2 des Qt Frameworks konnten die Lizenzprobleme zunächst behoben werden, doch die Tatsache, dass Qt massgeblich von einer gewinnorientierten Firma entwickelt wird, wird von vielen Free Software Aktivisten bis heute kritisiert. Und das nicht unbegründet, wie sich mit der Ankündigung vom 04.01. dieses Jahres zeigte.
Quellen:
https://soylentnews.org/article.pl?sid=21/01/06/1338223
https://lists.qt-project.org/pipermail/development/2021-January/040798.html
https://kde.org/community/whatiskde/kdefreeqtfoundation/
https://en.wikipedia.org/wiki/Qt_Project
https://www.theregister.com/2021/01/05/qt_lts_goes_commercial_only/