RSS - das vergessene Format

  Ralf Hersel   Lesezeit: 7 Minuten  🗪 17 Kommentare

RSS-Reader sind eine Möglichkeit, alle gewünschten Online-Nachrichten ohne Ablenkung, Flame-Wars oder lästige Werbung zu erhalten.

rss - das vergessene format

Standards wie RSS sind vielleicht die am meisten unterschätzte und am wenigsten genutzte Funktion des Internets. RSS-Feeds sind einfache Textdateien, die von jeder Webseite unter einer festen Adresse veröffentlicht werden, mit einem Link oder dem üblichen RSS-Symbol. Diese Feeds werden laufend mit Schlagzeilen, Auszügen und Links zu den Vollversionen der neuesten Einträge auf der betreffenden Webseite aktualisiert. Mithilfe von Programmen, die als RSS-Reader oder Aggregatoren bezeichnet werden, kann man dann automatisch so viele RSS-Feeds herunterladen und lesen, wie und wann man möchte.

Die Abkürzung RSS bedeutet 'Really Simple Syndication' (etwa: sehr einfache Verbreitung) und besteht aus einer standardisierten XML-Datei mit der Endung .rss oder .xml. Früher konnten solche RSS-Feeds direkt im Webbrowser abonniert und gelesen werden. Heute führt ein Klick auf dieses Icon (in Firefox) entweder zur Anzeige der Rohdaten, oder zum Speichern-unter Dialog. Damit können viele Leute nichts anfangen.

Vorteile

Kürzlich gab es in unserem Büro eine Diskussion über Newsletter. Als ich den Begriff RSS, als opt-in Möglichkeit aufbrachte, waren die Augen gross und die Stirnfalten tief. Niemand wusste, was RSS bedeutet. Dabei ist Syndication über News-Feeds eine tolle Sache mit vielen Vorteilen:

  • RSS spart Zeit. Sehr viel Zeit. Es gibt kaum etwas Effizienteres als einen einzigen, auch offline nutzbaren "Einstiegspunkt" für alle Arten von Nachrichten, von wichtigen Ereignissen bis hin zu Blogbeiträgen von Freunden.
  • RSS-Feeds sind ungefiltert. Es gibt keine Algorithmen. Im Gegensatz zu den sozialen Medien kann man bei RSS immer sicher sein, alle Nachrichten zu erhalten. Ausserdem steht es jedem frei, sie zu ignorieren oder zu priorisieren. Bei RSS ist der einzige Filter die eigene bewusste Auswahl von Nachrichtenquellen.
  • RSS wird nicht zentral überwacht. Alle Daten bleiben bei dir. Die Verfolgung von Verhaltensweisen bleibt auf dem eigenen Computer, falls sie dort überhaupt stattfindet.

Leider ist RSS für viele Webseiten heute kein Thema mehr, sodass die Option oft vor den Lesern verborgen wird. Beispiel gefällig? Wie lange braucht ihr, um auf der Webseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Link zum RSS-Feed zu finden? Wenn ihr ihn gefunden habt, wundert ihr euch vielleicht, warum dort kein Link auf den Feed angeboten wird. Stattdessen findet man eine Bastelanleitung für die FAZ-URL. Ihr seht es, RSS wird sehr oft stiefmütterlich behandelt.

Anwendungen

Wer RSS-Feeds nutzen möchte, hat mehrere Möglichkeiten:

  1. Online über RSS-Plattformen (nein, macht das nicht)
  2. Online über selbst gehostete Reader (gute Idee)
  3. Offline über Browser-Plugins (der praktische Ansatz)
  4. Offline über RSS-Reader Anwendungen

Die erste Möglichkeit ist Mist, weshalb ich dazu gar nichts schreiben möchte. Bei denen braucht ihr einen Account, sodass doch wieder jeder weiss, welche News ihr konsumiert.

Der zweite Vorschlag ist besser, und meine bevorzugte Lösung. Da ich meine eigene Nextcloud-Instanz hoste, bzw. beim Provider um die Ecke hosten lasse, kann ich die sehr gute RSS-App Nextcloud News verwenden. Der grosse Vorteil davon ist, dass mein News-Feed auf allen Geräten synchron ist (es gibt eine Android-App).

Nextcloud News App

Wer es bequem mag, und direkt aus dem Webbrowser einen RSS-Feed aufrufen möchte, kann ein Browers-Plugin verwenden. In Firefox findet man eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wenn man nach dem Stichwort 'RSS' im Add-ons Verzeichnis sucht. Leider waren meine Versuche, ein gutes und freies Add-on zu finden, nicht von Erfolg gekrönt. Entweder funktionierten die Browser-Erweiterungen gar nicht, oder die Funktionalität war unzureichend. Eventuell haben die Leser bessere Erfahrung gemacht und können in den Kommentaren einen Tipp abgeben.

Bei den offline RSS-Readern sieht es besser aus. Da gibt es für jeden Geschmack etwas. Für KDE-User gibt es den Reader Akregator, die GNOME-Anwender finden mit GNOME-Feeds eine gute Lösung und für alle anderen gilt Liferea als das Mass der Dinge.

Akregator

GNOME-Feeds

Liferea

Aber auch für die Freunde des Terminals gibt es Anwendungen, wie Snownews, Newsboat oder Miniflux. Keine dieser CLI-Programme konnte mich überzeugen. Screenshots erspare ich euch.

Fazit

Das vergessene RSS-Format findet man unberechtigterweise auf immer weniger Webseiten. Falls es einen RSS-Feed gibt, wird dieser meistens gut versteckt. Warum das so ist, darüber kann ich nur spekulieren. Vermutlich wollen euch die News-Seiten in ihr Ökosystem ziehen und scheuen deshalb die Tracking-freie Konsumation ihrer Inhalte.

Wenn ihr einen geeigneten RSS-Reader sucht, empfehle ich die erwähnten Desktop-Anwendungen oder den News-Reader in Nextcloud. Die Webbrowser-Addons sind nicht gut, ebenso wie die Terminal-Programme.

Widerspruch und Anregung sind willkommen!

Tags

RSS, RSS-Feeds, RSS-Reader, RSS-Feed, GNOME-Feeds, Nextcloud, Anwendung, Firefox, Terminal

Tealk
Geschrieben von Tealk am 9. Dezember 2021 um 09:29

Finde persönlich FreshRSS besser in der handhabung als die Nextcloud Variante

korse-karbon
Geschrieben von korse-karbon am 9. Dezember 2021 um 12:19

Da kann ich mich nur anschließen. Mit Nextcloud News komme ich irgendwie nicht klar, hatte ein zeitlang selfoss im Einsatz. Inzwischen bin ich aber auch bei FreshRSS gelandet - gefällt mir außerordentlich gut. Läßt sich auch sehr gut im Browser auf dem Smartphone nutzen.

Jeanne
Geschrieben von Jeanne am 9. Dezember 2021 um 14:46

Ich nutze ebenfalls seit Jahren RSS bzw. Atom. Unter Firefox nutze ich "Easy RSS" und unter Android "Nextcloud News". Ich habe einige Seiten schon angeschrieben, ob sie ein RSS-Feed anbieten. Die meisten wissen nicht, was das ist. Sie haben eine Newsletteranmeldung oder die Sprüche "Folge mir auf Facebook" oder "... Instagram". No way! Dann lieber nicht. Komischweise können Sie eine Seite und den ganzen Schmarrn erstellen, aber weigern sich die Arbeit in die Erstellung eines Feed zu stecken. Wenn die Seiten jedoch interessant sind, dann habe ich für Firefox ein Addon, dass die Seiten nach Änderungen durchsucht.

P.S.: Euer Atom-Feed funktioniert nicht mit Easy RSS. Wenn ich diese Seite speichere und dann öffnen will, z.B.: https://comments.gnulinux.ch/rss-das-vergessene-format#isso-541 komme ich auf die Seite 404 Not found.

tmpod
Geschrieben von tmpod am 9. Dezember 2021 um 09:35

Schöner Artikel über RSS. WIederspruch allerdings für die Aussage Terminal Programme wären dafür nicht gut. Ich habe Liferea und Akregator benutzt aber bin nun seit Jahren bei newsboat gelandet, für mich der flexibelste Newsreader. Ich lese damit nicht nur RSS Feeds von Webseiten, sondern auch News auf Twitter, Reddit, etc. Ich Abboniere und sehe, bzw. höre damit Youtube und Podcast per mpv, vlc. DIe Filtermöglichkeiten sind sehr gut und da die News in einer sqlite Datenbank gespeichert werden erlaubt auch das externe weiterverarbeiten.

caos
Geschrieben von caos am 9. Dezember 2021 um 09:50

Danke für den Artikel 👍️...ich habe RSS auch letztes Jahr erst (wieder-)entdeckt und finde es super! Auf dem Tablet hatte ich "Feeder" genutzt (https://f-droid.org/de/packages/com.nononsenseapps.feeder/) Am Desktop bin ich aber immer noch bei Thunderbird. Das ist für einige wenige Abos ok, aber bei mehr als zehn nicht mehr so besonders übersichtlich...Schaue mir also gerne die empfohlenen Anwendungen mal an bei Gelegenheit. Besonders gut finde ich auch die Möglichkeit, über Invidious Video-Kanäle zu abonnieren Zur Auffindbarkeit: Das ist mir auch aufgefallen, dass es zum Teil leider sehr versteckt ist. Außerdem hatte ich noch teilweise das Phänomen, dass der Button erst dann angezeigt wurde, als ich für die Seite UBlock Origin deaktiviert habe.

Henning
Geschrieben von Henning am 9. Dezember 2021 um 10:12

Danke für den Artikel, der spricht mir aus dem Herzen! Ich selber nutze RSS-Feeds wann immer möglich und versteh überhaupt nicht, das RSS so in Vergessenheit geraten konnte. Vor allem bei Podcasts finde ich die Entwicklung weg von den dezentralen, offenen und leicht zu nutzenden Atom/RSS-Feeds hin zu geschlossenen Plattformen schrecklich. Hier vor allem die Tatsache, daß die Nutzer das auch noch feiern, weil es ja so bequem ist.

Ich hab dabei überhaupt nix gegen Streamingdienste, im Gegenteil habe ich selber Abos von Spotify, Netflix und Amazon Prime. Aber Podcasts will ich auf diesen Plattformen nicht sehen und höre sie da bewusst nicht.

Ich würde vermutlich viele Websites aus meinem Feed-Reader nicht regelmäßig besuchen, wenn sie keine RSS-Feeds anbieten würden und kann somit auch die Angst der Seitenbetreiber, durch die Feeds die Nutzerbindung zu verlieren, nicht wirklich nachvollziehen.

sebastian
Geschrieben von sebastian am 9. Dezember 2021 um 11:46

Vor allem bei Podcasts finde ich die Entwicklung weg von den dezentralen, offenen und leicht zu nutzenden Atom/RSS-Feeds hin zu geschlossenen Plattformen schrecklich. Hier vor allem die Tatsache, daß die Nutzer das auch noch feiern, weil es ja so bequem ist.

Ja genau das! Danke.

Das Problem ist die "Facebookisierung" des Internets.

(Edit: okay, bei Podcasts kommt nicht nur dazu, dass es für User einfacher ist alle Podcasts zentral zu finden, sondern für die Content Creator auch, dort Geld zu verdienen. Das ist der Grund warum Pixelfed zwar nett gemeint und eine super Idee ist, aber sich niemals gegen Instagram durchsetzt. Denn kein Influencer mit >100k Followern hat die Lust sich dort ein zweites Standbein aufzubauen. Keine Influencer, keine Masse. Keine Masse... usw...) Das bringt so viele Symptome mit sich, fehlende RSS Feeds sind eins davon.

Ich nutze übrigens eit 2013 selfoss [https://selfoss.aditu.de/], weil das UI schlicht ist und auf Desktop sowie Mobile super aussieht. Leider unterstützt es nur SingleUser (man kann aber problemlos einfach zwei Installationen haben). Hab ca. 700000 Items in der Datenbank gehabt (auto increment index der item Tabelle ist ungefähr dort).

kamome
Geschrieben von kamome am 9. Dezember 2021 um 12:45

die von jeder Webseite unter einer festen Adresse veröffentlicht werden

Leider nicht von jeder :(

Will man in Firefox bleiben, gibt es z. B. die Erweiterung „Livemarks“ – mit der geht es dann auch wieder mit dem Klick auf die Atom-/RSS-Links :) Taucht eben als schlichtes Lesezeichen auf – für einige wenige Abos funktioniert das für mich sehr gut, z. B. auch hier.

orbit
Geschrieben von orbit am 9. Dezember 2021 um 14:45

Auch ich benutze Feeds. Auf dem android-phone 'Feeder' und 'LiveMarks' als addon für Firefox. Mit beiden komme ich ganz gut klar. Danke für das Hoch-Halten dieses Themas.

Feeder - https://gitlab.com/spacecowboy/Feeder

LiveMarks - https://github.com/nt1m/livemarks/

onli
Geschrieben von onli am 9. Dezember 2021 um 19:12

RSS ist toll :) Ich würde die gehosteten Online-RSS-Reader nicht zu sehr verteufeln. Feedly ist ein guter Reader mit einem großzügigen kostenlosen account, bazqux eine perfekt gemachte und immerhin günstige Alternative. Wer selbst hosten will, auf uberspace beispielsweise, dem empfehle ich FreshRSS.

Adrian
Geschrieben von Adrian am 10. Dezember 2021 um 07:55

Ich bin auch immer enttäuscht wenn eine interessante Seite mal kein RSS anbieten, insbesondere bei einigen News Seiten ist RSS schwer zu finden oder gar nicht vorhanden. Auf der anderen Seite gibt es glücklicherweise bei viele Blogs (vor allem technische Blogs) eine RSS feed anbieten. Ich selbst finde RSS toll, so kann ich mehrere Seiten "überwachen" und weiss wenn es was neues gibt, auch gibt weiss ich was ih bereits gelesen habe. Ich persönlich verwende TT-RSS denn da kann ich auf die Feeds von zu Hause, vom Büro oder via Mobile zugreifen.

Wen interessiert: https://wyssmann.com/blog/2021/02/low-cost-news-aggregator-solution-with-tiny-tiny-rss-a-feedly-alternative/

stefan
Geschrieben von stefan am 11. Dezember 2021 um 09:16

Ich habe nie aufgehört rss zu verwenden und zwar in Kombination von newsboat/FreshRSS. Ein App für Android braucht man nicht weil FreshRSS direkt gut im Browser läuft. Die sozialen Netzwerke (Twitter, Youtube, ..."you name it") hole ich mir über über RSS-Bridge rein: https://github.com/rss-bridge/rss-bridge

Andanan
Geschrieben von Andanan am 4. Februar 2022 um 02:36

youtube kann auch direkt atom-feeds ausspucken: https://www.youtube.com/feeds/videos.xml?channel_id=UCBa659QWEk1AI4Tg--mrJ2A

Das hat für mich durch die Kombination von TT-RSS und Invidious das klassische Youtube-Abo ersetzt.

Fred
Geschrieben von Fred am 12. Dezember 2021 um 14:50

Hi, ich nutze auch aus diesem Grund oft den Palemoon-Browser, ein Fork einer älteren Firefox-Version, der noch RSS eingebaut hat. Dabei auch noch resourcenschonender und datenschutzfreundlich. https://www.kuketz-blog.de/pale-moon-datensendeverhalten-desktop-version-browser-check-teil9/

Werner
Geschrieben von Werner am 30. April 2023 um 05:33

RSS ist tägliche Routine, gerade durchgezählt 59 Abos. Die Qual der Readerwahl blieb mir erspart, denn PaleMoon - ein Firefoxderivat - identifiziert hier Webseiten mit RSS-Feeds ohne Xpi-Erweiterung automatisch per orangenem Strahlsymbol in der Adressleiste - click und noch ein Abo #60 - ich ordne es mal unter News/IT-Blog zwischen fefe und heise ein. ;)

Maik
Geschrieben von Maik am 24. Oktober 2023 um 17:14

Ich bin ein großer Freund der von RSS und nutze es schon seit vielen Jahren. Sofern ich meiner FreshRSS-Instanz glauben kann haben ich inzwischen 347 Seiten im Abo. Viele davon veröffentlichen nur wenige Artikel im Jahr, andere fast hundert pro Tag. Den Überblick behalte ich da nur mithilfe von Filtern. Was mit allerdings unschön aufgefallen ist, dass die Artikel von gnulinux.ch nicht vollständig im RSS-Feed landen. Ich würde mich freuen wenn sich das andern lässt 😉

Thomas
Geschrieben von Thomas am 15. März 2024 um 09:27

Bei einem "Feeder" kann aber auch die Gefahr bestehen, einer Filterblase. Und somit eine verzerrte Sicht auf die Welt bekommt und wichtige Informationen nicht erhält. Was gefährlich werden kann, wenn man nur bestimmte Quellen konsumiert.