Serie: Musik-Streamer - Deezer

  Ralf Hersel   Lesezeit: 11 Minuten  🗪 2 Kommentare

Der Streamer punktet durch sein grosses Musik-Angebot und eine gute Bedienbarkeit; eignet sich aber kaum im Linux-Umfeld.

serie: musik-streamer - deezer

Die Serie über Musik-Streamer ist ergiebig; da fallen einem immer wieder neue Bereiche ein, die bei GNU/Linux.ch noch nicht untersucht wurden. In diesem Artikel schaue ich mir das Angebot von Deezer an und wende dieselben Kriterien wie bei den anderen Streamern an: Firma, Angebot, Anwendungen, Vergütung, Musik, Konnektivität und das Fazit.

Die Firma

Deezer ist ein internationaler Musikstreaming-Dienst, der im August 2007 in Frankreich gegründet wurde. Deezer ist in mehr als 180 Ländern verfügbar und streamt einen Katalog von über 120 Millionen Titeln (Stand: März 2024) mit einer Bitrate von bis zu 1411 Kbps. Neben Musik haben Nutzer auch Zugriff auf Hörbücher, Hörspiele und Podcasts. Deezer finanziert sich teilweise aus Werbung und hat rund 16 Millionen aktive Nutzer (Stand: 2022). Der Gründer heisst Daniel Marhely und der CEO ist Jeronimo Folgueira.

Das Angebot

Zum Zeitpunkt dieses Artikels bietet Deezer vier Abo-Modelle an: Free, Premium, Duo und Family:

Deezer-Free kostet nichts, hat aber die üblichen Einschränkungen bei der Funktionalität, der Musikqualität und den Werbeeinblendungen. Welche Einschränkungen es tatsächlich sind, konnte ich nicht prüfen. Ich habe mir diese Artikelserie einen Premium-Account geklickt. Der kostet (in der Schweiz) 14.95 CHF (15.53 EUR) und enthält einen User. Wer ein Jahres-Abo abschliesst, erhält 25 % Rabatt; Studierende bekommen es für die Hälfte.

Das Duo-Angebot - für zwei Hörer:innen - kostet 18.95 CHF im Monat, mit 8 % Rabatt beim Abschluss eines Jahresabos. Beim Familien-Abo können 6 Personen teilnehmen. Dafür zahlt man 22.95 CHF pro Monat, bei 8 % Jahresrabatt. Das sind die Preise in der Schweiz; die deutschen oder österreichischen Preise könnt ihr selbst herausfinden, wenn ihr auf diesen Link klickt: https://www.deezer.com/de/offers/

Wer Deezer ausprobieren möchte, kann sich ein kostenloses Premium-Abo für einen Monat klicken. Ich empfehle, diesen Vertrag sofort wieder zu kündigen. Danach könnt ihr dieses Abo dennoch einen Monat lang testen, ohne am Ende des Monats die Kündigung zu vergessen. Das funktioniert auch bei den anderen Musik-Streamern. Ich kann es für Deezer, Spotify, Tidal und Qobuz bestätigen.

Die Anwendungen

Mein bester Freund schwört auf Deezer und hat sich von Spotify abgewendet. Den Musik-Streamer gibt es für viele Geräte; da gibt es kaum Unterschiede zur Konkurrenz:

An dieser Stelle möchte ich einen Transparenz-Hinweis einfügen, weil sich manche Leser fragen, warum wir überhaupt über proprietäre Musikstreaming-Dienste schreiben und Screenshots dieser Dienste anzeigen:

Die GNU/Linux.ch-Community hat darum gebeten, diese Serie zu schreiben.

Mir - als Autor - ist es wichtig zu untersuchen, wie gut sich diese Dienste in einem freien Linux-Umfeld schlagen.

Ich finde das Thema "Musik-Streaming in einer freien Gesellschaft" interessant, weshalb ich gerne darüber schreibe.

Doch wie sehen die Deezer-Anwendungen aus? Selbstverständlich gibt es einen Webplayer. Nicht selbstverständlich ist, dass es auch eine Anwendung gibt, die sich unter Linux installieren lässt. Ihr könnt es euch denken, es ist eine Electron-App, die den Webplayer als Anwendung abbildet. Diese inoffizielle Anwendung gibt es als Flatpak, Snap, AppImage und als Paket für die üblichen Paketmanager und sieht so aus:

Die Anmeldung ist bei Linux-Deezer schlechter, als bei der Linux-Anwendung für Spotify gelöst. Für die Anmeldung verlangt Deezer eine Anmeldung in einem Webbrowser-Fenster und eine Bestätigung, dass die Webapp geöffnet werden darf. In der Spotify-Anwendung für Linux muss man gar nichts machen; die Linux-App hat die Anmeldeinformationen und Einstellungen gespeichert. Für Qobuz gibt es keine Linux-App.

Die Deezer-Anwendung wirkt auf mich sehr aufgeräumt und gut strukturiert. Auch das könnt ihr selbst testen; es würde den Umfang dieses Artikels sprengen, würde ich alle Funktionen der App erklären. Leider bietet Deezer keine direkten Informationen zur Tonqualität. In den Einstellungen findet man diese Möglichkeiten:

Diese Angaben halte ich für unzureichend, insbesondere wenn es um "High Fidelity" geht. Was soll das bedeuten? Ausserdem sind das generische Optionen, die nicht berücksichtigen, was die einzelnen Musikstücke bezüglich ihrer Audio-Qualität überhaupt hergeben. Das kann Qobuz viel besser. Wenn man auf der Deezer-Webseite sucht, findet man diese Information zu "High Fidelity":

Mit allen zahlungspflichtigen Deezer Angeboten bekommst du High Fidelity Sound, also Musikdateien, die im FLAC-Format verschlüsselt sind (16-bit, 1.411 Kbps). Das bedeutet nichts anderes als verlustfreie, kristallklare Klangqualität, wie auf einer CD.

Wie so oft gibt es hier Licht und Schatten. Die UI von Deezer ist benutzerfreundlich, intuitiv und nicht mit Funktionen überlastet. Da findet man sich gleich zurecht. Wer Karaoke singen will, bekommt mitlaufende Lyrics geliefert. Die Detailinformationen zu den Titeln und Künstler:innen sind schlechter als bei Qobuz. Nicht gut finde ich das Fehlen von Detailinformationen zur Musikqualität eines Titels.

Erwähnenswert ist auch die Benutzerfreundlichkeit der Suche bei den verschiedenen Streaming-Diensten:

Qobuz bietet ein kleines, aber permanentes Suchfeld rechts oben, welches man löschen muss, bevor eine neue Eingabe möglich ist. Das ist nicht benutzerfreundlich.

Bei Deezer gibt es ein permanentes Suchfeld, in das man direkt etwas eingeben kann; das ist vorbildlich.

Spotify verlangt einen Klick auf den Menüpunkt "Suchen" bevor man etwas eingeben kann; das ist nicht gut gelöst.

Wie bei Deezer, gibt es auch bei Tidal ein permanentes Suchfeld mit einer guten Vorschau auf die Suchergebnisse, in das man direkt schreiben kann.

Die Möglichkeit zu einer direkten Suche, ohne diese zuerst einschalten (Spotify) oder vorherige Inhalte löschen zu müssen (Qobuz), halte ich für optimal (Deezer, Tidal).

Die Vergütung

Je nach Auswertung liegt Deezer bei der Bezahlung der Musikschaffenden im unteren 50er Perzentil. Deezer gehört zu den Firmen, die den Künstler:innen weniger zahlen als das obere Perzentil der Musik-Streamern. Genauere Angaben findet ihr in diesem Artikel der Serie.

Die Musik

Wenn es um die Musikauswahl geht, kann Deezer punkten. Mit über 120 Mio. Titeln, bietet dieser Musikservice eine grosse Anzahl; vermutlich die grösste in der Branche. Bei meinen Tests, konnte ich alles finden, wonach ich gesucht habe. Aber genug, ist nicht gut genug, weshalb ich Deezer mit speziellen Suchen herausfordere. Hier kommen ein paar exotische Titel, die Deezer nicht findet:

  • Guns N' Roses - Don't cry (in der Version von 1985). Ok, diese Aufnahme ist so schlecht, dass sie fehlen darf.
  • Raven Featuring Jocelyn Brown ‎– So In Love
  • Shebba - We Should Get Together

Zugegeben, ich musste lange suchen, bis ich Titel fand, die Deezer nicht kennt.

Beim Abspielen von Titeln ist mir aufgefallen, dass der Webplayer von Deezer die Lautstärke immer auf 50 % zurücksetzt. Das liegt vermutlich daran, dass ich im Browser keine Cookies erlaube. Die Play-Leiste kennt diese Zusatzfunktionen: Lyrics, Warteschlange, Chromecast, Lautstärke und Zugriff auf die allgemeinen Angaben zur Klangqualität. Noch einmal: Deezer zeigt die Qualität eines bestimmten Titels nicht an. Hier wird suggeriert, dass alle Titel mit der eingestellten Qualität abgespielt werden. Das kann nicht sein, weil kein Musik-Streamer alle Titel in HiRes-Qualität hat.

Zusatzinformationen zu einem Titel oder einer Künstlerin findet man nicht auf Anhieb. Zwar gibt es bei einem Künstler Links zu Facebook und X, doch wer will das schon? Dafür bietet Deezer eine Diskografie, Top-Titel, ähnliche Künstler:innen, Playlisten, Konzerte und eine kurze Biografie.

Im Vergleich dazu, liefert Qobuz weitaus reichhaltigere Zusatzinformationen zu Titeln und Künstler:innen. Auch Spotify kann das besser.

Die Konnektivität

Auf dieser Seite werden die Geräte genannt, mit denen sich Deezer verbinden kann. Dort findet man das Übliche: Handys, Computer, Soundsysteme, TV, Autos und andere Geräte. Bezüglich Software-Lösungen (gar für Linux) findet man dort nichts. Eine Internetsuche fördert die oben genannte inoffizielle Desktop-Anwendung zutage. Zur Fragen, wie man von Deezer auf einem Server zu einer Musikanlage streamt, habe ich nichts gefunden. Da bleibt nur die Bluetooth-Variante vom Handy oder Notebook zu Bluetooth-fähigen Lautsprechern. Bezüglich der Konnektivität ordne ich Deezer am unteren Rand der Skala ein.

Fazit

Der Musik-Streamer Deezer gefällt durch eine übersichtliche und benutzerfreundliche Oberfläche. Da gibt es nicht zu viel und nicht zu wenig. Der Preis für das Premium-Abo mit angeblicher HiRes-Qualität liegt im üblichen Rahmen. Deezer vergütet die Musikschaffenden schlechter als der Durchschnitt der anderen Angebote. Der grosse Pluspunkt dieses Musikdienstes ist die grosse Musikauswahl. Dafür halten sich die Zusatzinformationen zu einzelnen Musikstücken in Grenzen. Eine Konnektivität aus Sicht eines Linux-Nutzers ist leider nicht vorhanden.

Quellen:

https://www.deezer.com/de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Deezer

https://www.deezer.com/explore/de/features/hifi/

https://www.deezer.com/explore/devices/

https://github.com/aunetx/deezer-linux

Tags

Musik, Musik-Streamer, Deezer

Reiner
Geschrieben von Reiner am 19. März 2024 um 15:08

Ich nutze Deezer hauptsächlich mit dem Webplayer. Mir ist dabei aufgefallen, dass man dafür im Gegensatz zu anderen Streamingdiensten kein DRM-Plugin installiert haben muss.

Christopher
Geschrieben von Christopher am 19. März 2024 um 16:55

Das sollte mMn bei Spotify auch so sein. Hatte den Test mal im Browser gemacht und das hat ohne DRM Gefrickel funktioniert.