Serie: Musik-Streamer - Freegal - Der Bibliotheken-Streamer

  Ralf Hersel   Lesezeit: 7 Minuten  🗪 6 Kommentare

FreegalMusic bietet einen Musik-Streaming-Dienst für öffentliche Bibliotheken an.

serie: musik-streamer - freegal - der bibliotheken-streamer

Am Dienstag habe ich im Intro-Artikel zur Serie über Musik-Streamer geschrieben. Dabei konnte der Eindruck entstehen, dass ich die Themen von GNU/Linux.ch aus dem Fokus verliere.

"Was haben denn Musikstreaming-Dienste mit Freier Software und Freier Gesellschaft zu tun?", wurde gefragt.

Nun, das Musikhören über Streaming-Dienste ist ein generelles Bedürfnis von sehr vielen Leuten, und sollte nicht an den Grenzen von Freier Software und Freier Gesellschaft haltmachen. Im Gegenteil, wenn Musikstreaming über Freie Apps möglich ist und die Künstler im Sinne der Freien Gesellschaft fair bezahlt werden, ist das wohl ein Thema für GNU/Linux.ch. Im Intro-Artikel habe ich bereits auf Freie Software hingewiesen.

Ihr habt viele Kommentare zum Thema geschrieben, wofür ich mich herzlich bedanke. Die missglückte Registrierung bei Tidal, habe ich erneut probiert und bin wieder gescheitert. Ich habe keine Lust, die Prozedur auf drölfzig Geräten auszuprobieren; entweder es funktioniert auf meinem Notebook in Firefox, oder nicht. Das ist ein Problem von Tidal, jedoch nicht meines.

In diesem Artikel geht es um eine ganz besondere Art eines Musik-Streamers, nämlich dem Streamer der öffentlichen Bibliotheken, namens Freegal. Ich bin ein grosser Fan von Bibliotheken, weil sie einen niederschwelligen und kostengünstigen Zugang zu Medien bieten. Seien es Bücher, E-Books, Lesungen, Musik, Magazine, Zeitungen, Spiele und Veranstaltungen. Die örtlichen Bibliotheken sind meist Teil von landesweiten Verbünden. Dadurch können erweiterte Angebote bereitgestellt werden, die eine kleine Dorfbibliothek alleine nicht stemmen kann. Soweit ich das beurteilen kann, gibt es diese Verbünde in ganz Europa. In meinem Fall ist es das Angebot der DibiOst-Onleihe.

Freegal-Music als Angebot der lokalen Bibliothek der Gemeinde Geroldswil

Hinter dem Markennamen FreegalMusic steht die Firma Library Ideas, LLC mit Sitz in Vienna, VA 22183 USA. Die Firma beschreibt sich selbst so:

Wie unser Name schon andeutet, sind wir ein globales Medienunternehmen, dessen Ziel es ist, Bibliotheken auf der ganzen Welt innovative digitale Lösungen und Ideen anzubieten.

Wir sind stolz darauf, elektronische Inhalte zu vertreiben, unsere eigenen innovativen Produkte zu entwerfen und zu entwickeln und uns direkt um den Kundenservice zu kümmern, um optimale Zufriedenheit zu gewährleisten.

Library Ideas® wurde 2008 von mehreren Führungskräften aus dem Verlagswesen gegründet und hat heute mehr als 5.000 Kunden in über 20 Ländern auf der ganzen Welt. In den Jahren 2011-12 wurde Library Ideas® als eines der wichtigsten Unternehmen im Bereich der Bereitstellung von elektronischen Inhalten in die EContent 100 aufgenommen. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Fairfax, Virginia und Chattanooga, Tennessee.

Wie sich die Firma zu ihrem Service FreegalMusic positioniert, könnt ihr hier lesen. Mit knapp 20 Millionen Songs, liegt das Angebot weit unter dem, was die grossen Musikstreamer anbieten, die 100+ anbieten. Dafür ist die Dienstleistung kostenlos, bzw. durch euren Bibliotheksbeitrag abgedeckt. Ich weiss nicht, was man in Deutschland für die örtliche Bibliothek bezahlt; in der Schweiz liegt der Jahresbeitrag bei ca. 30 Franken/Euro.

Wer sich auf der Webseite oder in der Smartphone-App bei Freegal anmeldet, muss lediglich die Postleitzahl angeben, damit die richtige Bibliothek ermittelt werden kann. Dann meldet man sich mit seinen Bibi-Credentials an. Sodann erhält man eine übersichtliche UI, die mir gut gefällt. Der vorherige Screenshot gibt euch einen Eindruck davon.

Die "begrenzte" Musikauswahl von 20 Millionen Songs machte sich bereits bei meiner ersten Suche bemerkbar. Die Suche nach "Pink Floyd - Wish you were here" zeigte sogleich unbrauchbare Ergebnisse:

Es gibt keine Originale, sondern nur Sampler. Ausserdem ist zu bedenken, dass die Downloads pro Tag auf 3 Titel beschränkt ist und man 3 Stunden pro Tag streamen kann. Die letzteren Beschränkungen lassen sich von Wenighörern verkraften; dass man manchmal keine Originaltitel findet, ist weniger gut. Vielleicht entspricht die Suche nach "Pink Floyd" nicht dem aktuellen Geschmack, weshalb ich es mit etwas Neuerem versuche. Die Suche nach "Tyla, Water" führte zum Original.

Die Qualität bei Freegal würde ich als "unterirdisch" einstufen. Ich habe die Tonqualität des erwähnten Songs "Tyla, Water" mit einer Datei verglichen, die ich mit ytdl von YouTube heruntergeladen habe. Diese Datei hat laut mediainfo eine Qualität von variablen 256 kb/s bei einer Sampling Rate von 48.0 kHz. Dann habe ich das Musikstück von Freegal heruntergeladen und erhalte diese Werte: constant 256 kb/s bei einer Sampling Rate von 44.1 kHz. Interessant ist, dass die erste Datei doppelt so gross wie die Freegal-Datei ist. Bei der Qualität liegen Welten dazwischen, obwohl sie sich nur bei der Sampling Rate unterscheiden. Bei Spotify (free account) klingt das Stück in etwas so schlecht wie bei Freegal. Ich bin wirklich gespannt, wie es bei Qobuz klingt, was ich als Nächstes testen möchte.

Die FreegalMusic-Anwendung gibt es im Web, für Android und iOS. Da alle gleich aussehen, gehe ich davon aus, dass es sich um eine WebApp- oder Electron-Anwendung handelt. Eine Suche nach Freegal in Pamac ergab: nichts. Eine Suche bei F-Droid ergab: nichts. Somit fällt FreegalMusic aus einer Freien Perspektive durch.

Fazit

FreegalMusic ist ein Angebot von öffentlichen Bibliotheken. Damit steht Musikstreaming auch Anwender:innen zur Verfügung, die kein Abo bei den grossen Streamern abschliessen möchten, jedoch beliebige Musikstücke suchen und abspielen möchten. Der Preis für das Streaming ist um den Faktor 10 niedriger als bei Spotify und Co. Das ist aus einer gesellschaftlichen Perspektive zu begrüssen. Wie viel dieses Geldes bei den Künstlern landet, konnte ich nicht herausfinden; bei der Firma Library Ideas habe ich keine Angaben dazu gefunden. Die Auswahl bei Freegal ist mit knapp 20 Mio. Titeln beschränkt. Obwohl die Zahl hoch klingt, findet man nicht das, was man sucht. Die Qualität der Musik liegt auf Radio-Niveau. Die Benutzeroberfläche von FreegalMusic im Web und in den Smartphone-Apps ist übersichtlich und ausreichend.

Quellen:

https://www.freegalmusic.com/home

https://www.libraryideas.com/

Tags

Freegal, Musik, Musik-Streamer, Bibliothek

Eirik
Geschrieben von Eirik am 29. Februar 2024 um 09:57

Danke Ralf für die "Serie" zum Musik-Streaming! Ich höre zwar noch (jetzt schon wieder oldschool) von eigenen Dateien, die ich selbst gerippt oder gekauft habe, aber Streaming ist für mich essentiell wichtig zum Vorhören der später gekauften Musik - analog zu dem, was man früher mal im Plattenladen tat (das gabs mal, ohne Internet!). :-) Es geht hier also zwar um Musikstreaming, aber ja auch um Bibliotheken. Ich bin ebenfalls ein großer Fan dieses Zugangs zu Wissen und Unterhaltung. Darum möchte ich hier zusätzlich mal einen Tipp bezüglich Filmstreaming abgeben. Die Firma filmwerte GmbH betreibt das Portal filmfriend. Dort kann man nach Anmeldung mit seinen Bibliothekdaten Kino-Filme streamen, wenn seine Bibliothek dabei ist. Die Auswahl ist groß. Ich finde dort sehr viel, was mir gefällt (z.B. Art-House, Musikfilme, Dokus). Es gibt Apps für den Fernseher und das Telefon (leider nur über Google Play, Apples AppStore und Amazon). Müsste man mal anregen die App auch im F-Droid-Repository oder auf z.B. Github anzubieten... Ich schaue im Browser und lege den z.B. auf die Leinwand (Projektor). Genial. filmfriend ist für Mitglieder der angeschlossenen Bibliotheken in Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Belgien und Deutschland "kostenlos", d.h. Jahresgebühr und alles ist gut. https://www.filmfriend.de/de/about-us

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 29. Februar 2024 um 17:20

Toller Tipp, Erik. Danke für Filmwerte.

David
Geschrieben von David am 29. Februar 2024 um 13:47

Ich würde es bezweifeln, dass man bei 256 kByte/s und 44.1 kHz, wirklich noch Qualitätsprobleme beim direkten Abspielen allein, wegen dieser zwei Parameter hat. In der Produktion können höhere Raten wegen der Vermeidung von Aliaseffekten hilfreich sein.

Eirik
Geschrieben von Eirik am 29. Februar 2024 um 15:46

Würde ich auch anzweifeln. An der Bitrate und der Samplingrate liegt der Qualitätsunterschied definitiv nicht. Man hat mit mp3 schon mit niedrigeren Bitraten hervorragende Qualität und weit ab von "unterirdisch". Bei OggVorbis erhört man mit noch geringeren Bitraten keinen Qualtätsverlust zur Audio-CD - die übrigens auch "nur" mit einer Samplingrate von 44,1kHz daherkommt. Es muss da also was anderes für die unterirdische Qualität bei Freegal der Grund sein.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 29. Februar 2024 um 17:26

Ich stimme euch zu, 256 kBit/s sollte eigentlich ordentlich klingen. Ich bin meisten mit 192 kBit/s zufrieden. Und ja, "unterirdisch" ist übertrieben, aber schlecht klang es trotzdem. Wie ich schrieb, ist die eine (bessere) Datei fast doppelt so gross, wie die von Freegal (bei gleicher Länge). Daher nehme ich an, dass der Qualitätsunterschied an anderen Parametern liegt.

Andererseits tut es ja keinem weh, wenn Musik in hoher Qualität gestreamt wird. Im Vergleich zum Video-Streaming ist das ein Bruchteil.

👓
Geschrieben von 👓 am 6. März 2024 um 21:17

Der Grund ist häufig der CD Grund. Damit CDs im Autoradio gut klingen hat man die Dynamik massiv komprimiert. Ein jedes Audiofile das von einer CD stammt, klingt automatisch Scheisse. Ich weiss nicht welche zeitschrift aber es gab mal eine, die das systematisch untersuchte und über mehrere Jahre nachweisen konnte, das die Qualität der lieder auf CD jedes Jahr abgenommen hat. (war vor etwa 15jahren)