Serie: Musik-Streamer - Qobuz

  Ralf Hersel   Lesezeit: 8 Minuten  🗪 15 Kommentare

Der französische Player möchte mit HiRes-Audio und einer fairen Bezahlung für die Künstler überzeugen.

serie: musik-streamer - qobuz

Warum schreibe ich über Qobuz? Weil ihr es in den Kommentaren empfohlen habt! Qobuz, ein Musik-Streaming-Unternehmen der Firma Xandrie SA mit Sitz in Paris. Das Unternehmen wurde 2007 von Yves Riesel und Alexandre Leforestier gegründet und zunächst durch namhafte Venture Capital-Investoren mit insgesamt ungefähr 13 Mio. € unterstützt. Anfang November 2015 wurde für das Unternehmen ein Insolvenzverfahren eingeleitet, nachdem trotz steigender Abonnentenzahl keine Anschlussfinanzierung zu finden war. Ende Dezember 2015 erwarb Xandrie, eine französische digitale Vertriebsplattform, das Geschäft aus der Insolvenz.

Qobuz bietet zwei kostenpflichtige, werbefreie Abonnements (Qobuz Studio, 15 CHF; und Qobuz Sublime, 21 CHF) in jeweils drei Varianten (Solo=1 Nutzer, Duo=2 Nutzer und Family=6 Nutzer) an. Qobuz Studio bietet HiRes-Streaming, die Variante Qobuz Sublime zusätzlich Preisnachlässe beim Kauf digitaler Musik. Das Streaming kann über einen webbasierten Player, einen Desktop-Player (Windows und macOS), eine mobile App (Apple iOS und Android) oder mittels Streaming-Clients zahlreicher Hersteller von Audio-Geräten erfolgen.

Für GNU/Linux gibt es kein Angebot von Qobuz. In den Repositories habe ich lediglich diese Anwendungen gefunden:

Damit kann man wenig anfangen. Somit ist man auf den Web-Player oder die Smartphone-App angewiesen. F-Droid hat auch noch nichts von Qobuz gehört. Aus der Perspektive der Freien Software ist dieser Musikstreamer durchgefallen. Doch wie sieht der Web-Player aus? Ihr seht ihn im Titelbild. Ich halte ihn für vergleichbar mit dem Spotify-Player; es ist alles etwas wirr, was mir nicht gut gefällt.

Qobuz wirbt mit über 100 Millionen Titeln, einem grossen Katalog an HiRes-Audio und 500'000 Albumrezensionen und Künstlerbibliografien. Ausserdem gibt es ein Musikmagazin. Vor vier Jahren warb die Firma damit, dass 100 % aller Einnahmen im ersten Monat einer Anmeldung an die Künstler gezahlt werden. Neuere Informationen über die Bezahlung von Künstler:innen habe ich nicht gefunden; auch nicht auf der Homepage von Qobuz. Daher lautet meine Hypothese: Wenn ein Dienst die Bezahlung der Künstler nicht als unique selling proposition auf der Homepage herausstellt, passiert es auch nicht.

Hm, es sieht nicht gut aus für Qobuz: FOSS findet nicht statt, es gibt keine Evidenz für eine bessere Vergütung der Künstler:innen, als bei anderen Musikstreamern und das UI besticht nicht durch Übersichtlichkeit und Benutzungsfreundlichkeit. Doch Qobuz hat noch ein Ass im Ärmel: HiRes-Audio.

Wie man im nächsten Screenshot sehen kann, werden bestimmte Musikangebote mit einem HiRes-Label versehen.

Bei den Neuheiten scheint alles in HiRes-Qualität angeboten zu werden. Doch wie sieht es bei einer beliebigen Suche nach Titeln aus? Wie im letzten Beitrag zu dieser Serie versuche ich es mit "Tyla - Water".

So sieht es aus: CD 16 Bit, 44.1 KHz - Stereo. Für alle, die keine grossen Ansprüche an die Tonqualität stellen, mag CD-Qualität in Ordnung sein. Als ich im letzten Artikel über die Qualität desselben Songs bei FreegalMusic gejammert habe, wusste ich noch nicht, dass Tyla - Water bei Qobuz genauso miserabel klingt. Das Lied ist zu basslastig und völlig übersteuert. Auch eine CD-Qualität kann nichts am schlechten Abmischen eines Titels ändern; ich glaube, dass der Toningenieur in diesem Fall einen schlechten Tag hatte.

Doch damit nicht genug; probieren wir es mit Pink Floyds - Wish you were here. Haha, Volltreffer: das Original in HighRes-Qualität.

Ich bin masslos enttäuscht. Nichts mit HiRes, der Song wird ebenfalls nur als CD 16 Bit, 44.1 KHz abgespielt. Noch schlimmer ist, dass die Wiedergabeleiste verschwindet, sobald man irgendetwas anderes im GUI der Qobuz-Webseite anklickt. Mir ist es nicht gelungen, diese Wiedergabeleiste erneut herzustellen. Solch einen Fail habe ich noch nie gesehen.

Die letzte Chance mit HiRes gebe ich Qobuz mit dem Titel Ana Popovic - Object of Obsession. Im Player stellt sich das so dar:

Wieder kein HiRes-Audio, sondern nur CD-Qualität.

So langsam fühle ich mich von Qobuz verarscht (sorry für das Wort). Auch beim Abspielen dieses Songs (die hier gebotene Live-Version klingt übrigens auch in CD-Qualität hervorragend), gibt es keine Wiedergabeleiste. Das ist ein No-Go, weshalb ich mein Probeabo bei Qobuz sofort löschen werde. By the way, das Abspeichern von Favoriten beherrscht Qobuz auch nicht; obwohl ich alle erwähnten Songs als Favoriten gesichert habe, enthält die Liste (auch nach erneutem Anmelden nur den Tyla-Song).

Fazit

Aufgrund der Empfehlung aus unserer Community habe ich Qobuz wohlwollend ausprobiert. Insbesondere die Vergütung der Künstler und die hohe Audioqualität haben mein Interesse geweckt. Die Benutzerfreundlichkeit und das UI waren dabei nachrangig. Leider hat mich Qobuz auf ganzer Linie enttäuscht. Weder habe ich Beweise für eine faire Bezahlung gefunden, noch hat mich die Benutzererfahrung überzeugt. Im Gegensatz zu Tidal, hat der Anmeldeprozess für das einmonatige Probeabo (fast) reibungslos funktioniert. Ich musste den zweiten Faktor erneut anfordern, was kein Problem für mich war. Ohne dass ich tief in die Oberfläche von Qobuz eingetaucht bin, fand ich die Tatsache, dass Favoriten nicht zuverlässig gespeichert werden und insbesondere, dass die Wiedergabeleiste nachhaltig verschwindet, als unzumutbar.

Schwerwiegender finde ich das Vorgaukeln von HiRes-Audio Inhalten, die ich niemals hören konnte. Alle getesteten Titel wurden lediglich in CD-Qualität wiedergegeben und ausgezeichnet. Ob das ein Anzeigefehler ist und die Titel tatsächlich als 24-bit FLAC-Dateien (wie versprochen) wiedergegeben wurden, weiss ich nicht. Zumindest hörte es sich nicht danach an.

Leider muss ich in dieser Serie wieder einmal schlechte Laune verbreiten. Ich bin mir sicher, dass ich den Musikstreamer, der das Meiste an Freier Software, guter Bezahlung für die Künstler und annehmbarer Funktionalität und Tonqualität bieten kann, noch finden werde. Hallo Tidal, ich möchte mich gerne anmelden!

Nachtrag

Ein Kommentator weist darauf hin, dass der Web-Player von Qobuz standardmässig auf CD-Qualität eingestellt ist. Man findet in der Wiedergabeleiste die Möglichkeit zwischen verschiedenen Audioqualitäten umzuschalten:

Ich habe mir das Stück Tyla - Water noch einmal in der höchsten Qualität angehört. Zwischen CD 16-Bit und Hi-Res 24-Bit liegen Welten, die jeder hören kann.

Das Problem mit der verschwundenen Wiedergabeleiste konnte ich heute nicht mehr reproduzieren. Auch sehe ich heute alle Favoriten, was gestern nicht der Fall war.

Den schlechten Eindruck aus dem Artikel möchte ich dahin gehend korrigieren, dass der Web-Player funktional ist und macht, was er soll. Die Möglichkeit, bei vielen Titeln vier Audio-Qualitäten zur Auswahl zu haben und sehr viele Titel in hoher Qualität vorliegen, hebt Qobuz von vielen anderen Streaming-Angeboten ab.

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Qobuz, Musik, Musik-Streamer

Lukas Müller
Geschrieben von Lukas Müller am 1. März 2024 um 11:12

Im Web-Player ist standardmässig nur CD-Qualität eingestellt. In den Einstellungen kann man auf Hi-Res Audio umstellen. Dafür gibt es auch eine Tastenkombination.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 1. März 2024 um 17:15

Danke für den Hinweis, Lukas. Ich habe einen Nachtrag dazu unter den Artikel geschrieben.

Pol
Geschrieben von Pol am 1. März 2024 um 12:14

Auf der Androidapp von Qobuz wird Wish you were here mit 24 Git / bis 192 kHz angeboten.

Pol
Geschrieben von Pol am 1. März 2024 um 12:18

Ich habe auch versucht herauszufinden, wieviel die Künstler bezahlt bekommen. Nach ca. einer halben Stunde habe ich erfolglos aufgegeben.

Holger
Geschrieben von Holger am 1. März 2024 um 16:29

Ich kann das alles nicht nachvollziehen... Zum Einen kann ich sehr wohl Hires-Audio über den Webplayer von Qobuz abspielen (vorausgesetzt, das wurde auch so in den Profileinstellungen aktiviert und der DAC kann auch damit umgehen). Zum Anderen habe ich gestern ein Tidal-Konto erstellt- ohne Probleme. Ich halte es für zu einfach, etwaige lokale Probleme den Streaminganbietern zuzuschieben. Sorry.

Christopher
Geschrieben von Christopher am 1. März 2024 um 16:41

Ich finde die Serie eine tolle Idee. Allerdings frage ich mich gerade wie gut das ist, wenn jemand darüber schreibt der sich anmeldet, ein wenig testet, seine präferierte Titel als Referenz nutzt um dann darüber zu berichten. Der andere Ansatz wäre, dass Leute berichten, die den Dienst schon länger nutzen. Ist wahrscheinlich die andere Richtung. Vermutlich auch nicht neutral, da sie den Dienst ja schon länger nutzen und vermutlich als gut befinden. Ich denke, dass bei solch einem Test immer zu berücksichtigen ist, dass jeder seine eigenen Vorlieben, Anforderungen und Präferenzen, hat. Deswegen halte ich Kommentare für sehr wichtig um persönliche Eindrücke aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten (z.b. missglückte Anmeldung bei Tidal). Ist wie mit Produkt Rezessionen. Das Gesamtbild macht es am Ende.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 1. März 2024 um 17:19

Christopher, ich sehe Deinen Punkt. Dennoch halte ich meine "naive" Herangehensweise für richtig und wichtig. Für viele Leute zählt der erste Eindruck, wie sich ein Angebot präsentiert, ob man schnell damit zurechtkommt und wie sich wichtige Funktionen erschliessen.

Christopher
Geschrieben von Christopher am 1. März 2024 um 18:09

Schon richtig @Ralf. Deswegen hatte ich ja auch beide Herangehensweisen eingeräumt. Ich kann auch nicht beantworten was die richtige und-/oder beste ist. Wichtig und total wertvoll sind für mich aber die Kommentare, da diese eine weitete Perspektive eröffnen.

volker
Geschrieben von volker am 1. März 2024 um 17:49

Qobuz nutze ich als app im Logitech Media Server auf debian und das funktioniert wunderbar. HiRes Inhalte werden abgespielt, wenn man das einstellt. Und Wiedergabelisten lassen sich speichern und abspielen. Ich nutze Qobuz selten in der Browser-App. Die Android App funktioniert auch. Unterwegs geht da nur mp3 Qualtiät, aber hoppla, das habe ich ja so eingestellt. Wo steht das mit der fairen Bezahlung für die Künstler? In dem von Dir verlinkten Beitrag steht klar, dass nurbis zum 15 Mai (2020) unterstützt wird...

Vielleicht hätte eine ausgiebige Recherche die Voraussetzung für einen soliden und objektiven Beitrag geschaffen.

The_Raven
Geschrieben von The_Raven am 1. März 2024 um 20:10

Qobuz, Tidal und Spotify kann man übrigens auch mit dem Raspi und Volumio nutzen. Sofern ein Abo vorhanden ist natürlich. Man nehme einen Raspberry, packe einen Audio-Dac drauf und hänge zwei lautsprecher dran. Aktuell habe ich 8 davon verbaut. 😬 Ist in etwa wie sonos, gefällt mir aber besser weil man damit flexibler ist. An den raspi kann man nämlich noch sensoren hängen und dann ganz tolle dinge machen. Und es ist "opensourceiger" als sonos. 😁

Schoeppi
Geschrieben von Schoeppi am 2. März 2024 um 00:33

Ich nutze Spotify und Qobuz auch schon seit Jahren mit dem Logitech Mediaserver und bin absolut zufrieden damit. Alles Opensource, vielleicht etwas aufwändiger bzgl. der Installation, aber wenn es mal läuft, geht es sehr gut. Der Logitech Mediaserver lässt sich mit diversen Hardwareplayern nutzen, wer aber ein Setup z.B. nur für den lokalen Computer möchte, kann sich den Server und Squeezelite, das ist ein Softwareplayer, auf die heimische Maschine installieren und damit Musik hören. Damit ist kein Zugriff auf die Webinterfaces der diversen Streamingdienste mehr nötig und es muss auch keine Client-Software eines Streaminganbieters mehr installiert werden. Mit dem PiCorePlayer gibt es die Möglichkeit einfach und unkompliziert entweder nur den Logitech Mediaserver, oder zusätzlich auch noch Squeezelite, auf einen PI zu installieren, der dann, sobald ein DAC-Modul im PI verbaut ist (Hifiberry DAC z.B.), einfach an einen Verstärker angeschlossen werden kann.

Ähnliche Setups lassen sich z.B. mit auch mit Volumio realisieren, wie schon vorher geschrieben wurde.

Streaming funktioniert also schon sehr gut mit diverser quelloffenen Softwware und ist auch nicht mega kompliziert. Ein wenig muss man sich einmal beim Setup mit der Materie beschäftigen, läuft es einmal, ist es sehr stressfrei und kann komplett über einen Browser, oder auch über diverse Smartphone-Apps, genutzt werden. Offizielle Streamingsoftware direkt von Spotify, Qobuz und co nutze ich schon seit Jahren nicht mehr, das ist auch nicht nötig.

Norbert
Geschrieben von Norbert am 2. März 2024 um 08:49

Ich nutze Quobuz über einen Raspberry Pi auf dem Volumio läuft. Quobuz (aber auch Tidal) lässt sich problemlos in Volumio einbinden Auf dem Raspberry ist ein DAC montiert der für einen Ausgezeichneten Klang sorgt Das ganze funnktioniert hervorragend

Toras
Geschrieben von Toras am 2. März 2024 um 19:04

Ich bin ein großer Fan von CDs und kaufe sie immer noch regelmäßig. Ich finde, dass CDs einen besseren Klang haben als Streaming-Dienste, die oft die Qualität komprimieren. Außerdem mag ich es, die physischen Alben zu besitzen, die Cover anzuschauen und die Booklets zu lesen. Ich unterstütze auch gerne die Künstler direkt, anstatt einen Teil meines Geldes an die Streaming-Plattformen zu geben. Ich sehe keinen Grund, ein monatliches Abo zu bezahlen, wenn ich die Musik, die ich liebe, auf CDs haben kann.

Apu
Geschrieben von Apu am 3. März 2024 um 09:05

Vielen Dank für den Artikel. Etwas Off-Topic aber meiner Meinung nach ist das mit dem Hi-Res generell ein Etikettenschwindel um dem Hörer nocheinmal das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich glaube, dass über 95% der Community einen Blindtest zwischen Hi-Res, CD-Qaulität und Komprimierter Musik (320 kbs) der selben Aufnahme nicht bestehen würde, egal mit welchem Equipment. Meiner Meinung ist es wichtiger wie der Song prodiziert wurde. Leider nimmt die Dynamik bei neuen Songs seit Jahren immer mehr ab, Stichwort "Loudness War". Wer ein Negativbeispiel braucht der solle sich einmal das Album "Death Magnetic" von Metallica anhören.

Und wer einfach einmal schauen will, wie sehr sein Lieblingsalbum unter dem "Loudness War" leidet der kann sich auf der Seite https://dr.loudness-war.info informieren.

Genug von meinem Off-Topic-Thema. Schönen Sonntag!

p.s. Hören ist subjektiv :)

Chris
Geschrieben von Chris am 4. März 2024 um 12:43

Ok, das Problem mit der falsch eingestellten maximalen Qualität ist in erster Linie mangelnde Usability im Web Player, der auf Linux-Rechnern ja leider mangels echtem Client der Standard-Player sein wird. Auch über Apps muss man in der Regel die max Qualität oft erst hochsetzen (z.B. im beliebten Bubble Upnp) Wenn das erledigt ist, steht dem HiRes Hören nichts im Wege. Was jeder für sich testen muss sind zwei Dinge: 1) wie hoch ist der Anteil an verfügbaren HiRes-Aufnahmen bei den eigenen Hörvorlieben? Gerade viele ältere Aufnahmen vor 2010 existieren schlichtweg oft nur in CD-Qualität. - Egal ob auf Tidal oder Qobuz. Und 2) Macht es für das eigene Gehör und die vorhandene Technik einen Unterschied? Mein Gehör ist sicher nicht das beste, meine Technik schon gar nicht - aber im direkten Vergleich und Blindtest höre ich den Unterschied. Ein dritter wichtiger Punkt wäre noch das Entdecken neuer Musik: Tidal setzt auf Algorithmus-Empfehlungen und Benachrichtigungen bei Neuheiten. Qobuz hat aufwendige redaktionelle Empfehlungen und ein Community-Forum.