Serie - Strukturierte Notizen: Logseq

  andhet   Lesezeit: 13 Minuten  🗪 3 Kommentare

Logseq ist eine unter AGPLv3 stehender Outliner, um sein Wissen und seine Notizen in strukturierter Form ablegen zu können. Damit ist Logseq eine Alternative zu den bekannten Closed-Source Alternativen Roam Research und Obsidian oder der Open-Source Alternative Org-Mode.

serie - strukturierte notizen: logseq

Es gibt viele Arten Notizen zu erstellen. Man kann einfache Notiz-Anwendungen benutzen, Wikis pflegen und auch die alte gute Zettelwirtschaft sollte man nicht allzu schnell als antiquarisch betrachten.

Eine weitere Art ist die Benutzung von "Outlinern" oder - wenn man es übersetzen möchte - "Gliederungseditoren".

Neben kommerziellen Lösungen wie Roam Research und dem ebenfalls oft erwähnten Obsidian, welches bei strenger Auslegung nicht zu den Outliner gehört, gibt es auch Open-Source Lösungen. An dieser Stelle soll es um das unter AGPL v.3.0 stehende Logseq gehen.

Bei einem klassischen Outliner und somit ebenfalls bei Logseq erstellt man seine Notizen in Form von Bullet-Points, also Gliederungspunkten. Das kann je nach Anwendungsfall von Vorteil wie auch von Nachteil sein. Da hilft nur austesten und prüfen, ob diese Form der Notizen zum eigenen Arbeitsstil passt oder nicht. Logseq unterstützt aber auch einen "Dokumentenmodus", zum bequemeren Erstellen von längerem Fliesstext.

Eines der Vorteile solcher Tools ist, dass sie einzelne Gliederungspunkte miteinander verknüpfen können, wobei im Unterschied zu einem Wiki automatisch ein rückwärtiger Link eingefügt wird. Oder weniger verklausuliert ausgedrückt: Man sieht bei einem Punkt (oder Seite), wer auf diesen Punkt verweist.

Hierbei legt Logseq die Notizen in textueller Form ab, wobei man wählen kann, ob man seine Notizen lieber in Markdown oder in Org-mode schreiben möchte. Die Verwendung eines gängigen textuellen Format ist von Vorteil, wenn man später von Logseq zu einem anderen Tool wechseln möchte.

Eine Mahnung sei hier allerdings angebracht. Für die Verlinkung speichert Logseq Hash-Werte oder auch die Information darüber, ob ein Gliederungspunkt zugeklappt ist oder nicht, sodass bei einem Tool-Wechsel hier eine gewisse Hürde vorliegen könnte. 

Und wenn wir gerade bei Mahnungen sind. Logseq hat eine Einstellung zum Senden von anonymisierten Telemetriedaten, die leider standardmässig eingeschaltet ist. Wer dies nicht möchte, muss dies unter "Settings -> Advanced" abschalten.

Was ich ebenfalls nicht verschweigen möchte ist, dass Logseq noch als Beta-Version vorliegt. Das führt manchmal dazu, dass man seinen Graphen - die Bezeichnung für sein "Notiz-Projekt" - nach einem Update neu aufbauen muss, was nicht weiter tragisch ist. Bei sehr grossen Graphen kann ich mir allerdings vorstellen, dass das seine Zeit brauchen könnte.

Strukturieren der Notizen

Wie gesagt, legt man seine Notizen in Form von Gliederungspunkten an. Dabei kann man Hierarchien durch Einrückungen aufbauen, wobei ich noch nicht bemerkt hätte, dass diese in irgendeiner Art und Weise in der Tiefe begrenzt wären.

Einzelne Blöcke wie Seiten können getaggt werden. Für Tags wiederum kann man Namensaliase anlegen.

Ebenso können Seiten hierarchisch aufgebaut werden, wenngleich eher davon abgeraten wird. Weniger aus technischen Gründen, sondern weil Links und Tags, die technisch identisch sind, zu bevorzugen sind, da diese mehr Freiheiten bieten. 

Somit hat man viele Möglichkeiten seine Notizen zu strukturieren und die automatisch erstellten rückwärtigen Links können sehr hilfreich sind.

Somit gibt es hier die volle Punktzahl; 5 Tuxe.

Editor

Wie bringe ich das jetzt dem ein oder anderen sanft bei? Vermutlich gar nicht. Also, wessen Rechner nur über 512 MB verfügt oder dem sein RAM, zur Nutzung zu schade ist, der sollte jetzt aufhören weiter zu lesen. Glaube mir, du regst dich nur auf. Ich habe dich gewarnt!

Denn, die Basis von Logseq ist Electron! Jetzt ist es raus. Und ja es gibt schlimmeres. 

Dafür kann man Themes verwenden! Und ja es gibt auch dunkle. 

Abgesehen davon haben wir es mit einem dreispaltigen Layout zu tun, in dessen Mitte sich der Haupteditor befindet. Links findet sich die Navigationsleiste und rechts eine Spalte, in der man zum Beispiel ein weiteres Editorfenster anzeigen lassen kann, oder ein frei editierbares Inhaltsverzeichnis. Die linke wie auch die rechte Spalte kann man ausblenden.

Ansonsten ist der Editor halt ein Editor und macht, was er soll. Tastenkürzel gibt es auch, allerdings habe ich noch keine Möglichkeit gesehen, wie diese angepasst werden können. 

Hier vergebe ich unaufgeregte 4 von 5 Tuxe.

Dunkles Standardtheme mit der Navigationsleiste links, dem Haupteditor in der Mitte und einem weiter geöffneten Editorfenster rechts.

Suchfunktion

Die beste Wissensdatenbank der Welt bringt einem nichts, wenn man nichts in ihr findet. Dementsprechend ist eine gute Suche ein wichtiger Punkt.

Logseq bietet diese mit ein paar Abstrichen.

Schlussendlich stehen verschiedene Suchmöglichkeiten zur Verfügung. Die einfachste Art zu suchen, stellt eine dialogbasierte Volltextsuche dar, die unter anderem bequem über das Tastenkürzel Cmd+k aufgerufen werden kann. Erweiterte Suchparameter werden hier nicht unterstützt, es handelt sich also wirklich nur um eine Standardsuche.

Daneben gibt es die Möglichkeit an beliebiger Stelle im Editor eine Suche zu definieren, wobei hier zwei verschiedene Suchsyntaxen zur Auswahl stehen. Das Ergebnis der Suche wird dann direkt unter der Definition angezeigt und beim Aufruf der Seite automatisch aktualisiert. Somit kann man für häufig gesuchtes eine eigene Seite anlegen.

Mit der einfachen Suchsyntax sind mittel komplexe Suchen relativ bequem möglich. Wenn man die Suchfunktionalität ausreizen möchte, muss man die kompliziertere Syntax verwenden. Mit der findet man allerdings dann auch wirklich alles.

Die Punktevergabe ist hier etwas schwierig, denn eigentlich steht einem eine sehr gute Suche zur Verfügung. Die dafür benötigte Syntax ist auf der anderen Seite nicht selbsterklärend. (Ausser man hatte mit der Datenbank Datomic schon einmal zu tun...)

Um zur besseren Veranschaulichung ein Beispiel aus der offiziellen Dokumentation zu bemühen, bei der alle Seiten gesucht werden, die mit dem Tag "programming" versehen sind:

{:title "All pages have a *programming* tag"
 :query [:find ?name
       :in $ ?tag
       :where
       [?t :block/name ?tag]
       [?p :block/tags ?t]
       [?p :block/name ?name]]
 :inputs ["programming"]
 :view (fn [result]
       [:div.flex.flex-col
        (for [page result]
          [:a {:href (str "#/page/" page)} (clojure.string/capitalize page)])])}

Ich vergebe 3,5 Tuxe. 

Referenzierung

Wie schon erwähnt unterstützt Logseq Backlinks. Zudem wissen wir schon, dass man von einem Block auf einen beliebig anderen Block verlinken kann. 

Natürlich kann man auch auf eine Seite verlinken.

Fürderhin wurde schon erwähnt, dass man für Tags Aliase anlegen kann. 

Weiterhin wichtig zu wissen ist, dass Links und Tags in Logseq semantisch das Gleiche sind, wenngleich sich diese syntaktisch unterscheiden.

Tags werden in der gewohnten Schreibweise mit dem Gartenzaun (Doppelkreuz) geschrieben: #IchBinEinTag 

Interne Links werden mit zwei eckigen Klammern gesetzt: [[IchBinEinLink]]

Tags können keine Leerzeichen enthalten, bei Links ist dies erlaubt.

Ich persönlich verwende in Fliesstext Links und Tags immer dann, wenn ich einen Block gezielt taggen möchte.   

Lange Rede, kurzes Ergebnis: 5 von 5 Tuxe

Import/Export

Die Exportmöglichkeiten bei Logseq sind eher als durchschnittlich zu bezeichnen, wenn man die Benutzung von Plugins ausklammert.

Man kann einzelne Seiten als Markdown exportieren und man kann den gesamten Graphen als html exportieren, wobei hier, wenn nicht anders konfiguriert, nur die mit public gekennzeichneten Seiten exportiert werden.

Zudem kann man nach opml exportieren.

Ein pdf-Export ist per Plugin möglich, wurde von mir allerdings noch nie getestet.

Der Import umfasst die Möglichkeit, Roam-Research Dateien und OPML nach Logseq zu überführen.

Bisherige Markdown oder Org-mode-Dateien können auf Dateiebene abgelegt und durch eine Reindizierung in Logseq aufgenommen werden.

Wenn man nur die von Haus aus eingebauten Import und Export Funktionalitäten bewertet, würde ich 3 von 5 Tuxe vergeben.

Usability und Funktionalität

Logseq bringt eine Vielzahl von Funktionalitäten von Haus aus mit. Weitere Funktionen können durch Plugins nachgerüstet werden, wenngleich die Auswahl noch nicht so gross ist wie bei Obsidian und vermutlich wie bei Org-mode.

Es gibt die Möglichkeiten Lernkarten anzulegen, man kann natürlich Aufgaben definieren und diese mit einem Datum versehen, wobei es hier ohne Plugin noch keine Benachrichtigungsfunktion gibt.

Zeichnungen können erstellt werden, was in Logseq durch die Integration der TypeScript-Applikation Excalidraw umgesetzt ist, die Erstellung von Slides wird durch die Integration von reveal.js zur Verfügung gestellt.

Es steht ein Taschenrechner zur Verfügung, es gibt natürlich Source-Code-Highlighting bei Code-Beispielen und man kann Videos aus Onlinequellen einbinden und innerhalb Logseqs abspielen. Hierbei kann man auch Sprungmarken setzen, was bei Notizen zu Videos nützlich ist, da man von der Notiz aus direkt an die entsprechende Stelle im Video springen kann.

Man kann PDFs einbinden, diese in Logseq lesen und Textstellen im PDF können markiert werden und mit einer Referenz versehen werden, die man auf einer Logseq Seite als Sprungmarke ins PDF nutzen kann, was wiederum Notizen erleichtert; also eine PDF-Annotationsfunktion, welche den Kommentar allerdings nicht direkt im PDF speichert, was aber für die Suche und weitere Verlinkung innerhalb von Logseq von Vorteil ist. 

Hierbei können die PDFs entweder direkt zu Logseq hinzugefügt werden oder man kann auch PDFs, die als Zotero Anhänge vorliegen verwenden, da Logseq eine Zotero Unterstützung bietet. Diese habe ich allerdings noch nie getestet.

Fürderhin kann man Templates definieren, um zum Beispiel eine feste Struktur für Notizen vorzugeben. Das kann beispielsweise verwendet werden, um festzulegen, wie man Notizen zu einem Buch verfassen und mit welchen Blockattributen man den Abschnitt versehen möchte. Blockattribute sind wie Seitenattribute einfach nur Metainformationen, die entweder vordefiniert sind wie "alias:: " um einen Alias für einen Seitennamen anzugeben oder die man selbst definieren kann. In diesem Beispiel könnten das "Autor::", "Verlag::", "Buchtitel::" und "Auflage::" sein.

Es gibt wenig, was mir persönlich auch ohne Verwendung von Plugins noch fehlen würde. Eine von Haus vorhandene Erinnerungsfunktion bei Aufgaben fehlt mir persönlich, da die jetzige Lösung eher unübersichtlich ist. Ebenso wäre eine Kalenderübersicht hilfreich.

Daher gibt es einen Tux weniger und es bleiben somit 4 Tuxe übrig.

Journal-Ansicht im aus dem Marketplace bezogenen dev-theme-Look.

Multi-Plattform

Die Multi-Plattformunterstützung lässt kaum ein Auge trocken. Alleinig BSD-Anwender und Anwender exotischer Betriebssysteme schauen in die Röhre, ansonsten stehen aber Versionen für Windows, Linux, MacOS, Android und iOS zur Verfügung.

Da kann man gut und gerne 5 Pinguine vergeben.

Synchronisation

Wie schon erwähnt, arbeitet Logseq dateibasiert in einem textuellen Format. Damit kann zur Synchronisation schlussendlich eine beliebige Dateisynchronisierung benutzt werden. Ich hatte anfänglich die Nextcloud-Synchronisierung im Einsatz, die allerdings nach einiger Zeit zu Fehlern führte. Es schien, dass sich die Nextcloud-Synchronisierung und Logseq anfingen zu beharken, da Nextcloud die Datei noch synchronisierte, während Logseq noch Änderungen vornahm. Was hier genau das Problem war, hatte ich allerdings nicht weiter untersucht, da ich sowieso eine andere Lösung anstrebte.

Meine Lösung heisst Git. Die Logseq-Desktop-App bietet nämlich eine eingebaute Git-Unterstützung und eine zeitbasierte Autocommit Funktion, die standardmässig auf 60 Sekunden eingestellt ist. Pushen und Pullen muss man bei dieser Lösung allerdings selbst, wozu ich auf dem Handy Termux verwende. Dass auf dem Handy keine Autocommits zur Verfügung stehen, stört mich nicht, da ich dort Logseq sowieso nur im Lesemodus betreibe.

Daneben arbeiten die Logseq-Entwickler an einer eingebauten Synchronisation, die vermutlich kommerziell angeboten werden soll, um Einnahmen erzielen zu können. Wie das Lizenzierungsmodell am Ende genau aussehen wird, ist derzeit noch nicht zu hundert Prozent klar. Am wahrscheinlichsten ist zurzeit ein komplett kommerzielles Modell, eventuell wird der Dienst kommerziell und der Code als Open Source unter einer Lizenz zur Verfügung gestellt, die eine private, nicht kommerzielle Nutzung erlauben würde. Dies wurde zumindest - wenn ich mich recht entsinne - von Ramses Oudt (mittlerweile der Community Manager) in einem seiner Videos in einem Nebensatz erwähnt. Leider habe ich die Quelle nicht wiedergefunden.

Schlussendlich vergebe ich hier 3 von 5 Tuxe.

aktualisiert am 2022-09-21 20:55: Fotos eingefügt

Tags

Outliner, Notizen

Stanok
Geschrieben von Stanok am 21. September 2022 um 09:51

Ich verwende auch Logseq schon seit zwei Monaten. Davor habe ich Obsidian benutzt. Logseq gefällt mir besser. Ausser Sync. Die Synchronisation mit Nextcloud auf einem Smartphone ist momentan problematisch, man muss händisch anstoßen. Per Webdav ist noch schlimmer und geht bei mir gar nicht.

kamome
Geschrieben von kamome am 21. September 2022 um 10:02

Danke – ich habe dennoch weitergelesen ;) Interessant, auch wenn ich Electron meide.

OT „Fürderhin“ gibt es in dieser Verwendung (bisher) nicht – „bisher“ hier in doppelter Funktion ;)

Frank
Geschrieben von Frank am 18. November 2022 um 09:29

Das Sync-Problem mit Nextcloud hab ich auch mit ZIM Desktop.

Bei Logseq fehlt mir aber echtes WYSIWYG.