Serie - Suchmaschinen: Startpage

  Ralf Hersel   Lesezeit: 10 Minuten  🗪 4 Kommentare

In dieser Serie geht es um Internet-Suchmaschinen, die eure Privatsphäre respektieren.

serie - suchmaschinen: startpage

Als erste Suchmaschine in dieser Serie werfe ich einen Blick auf Startpage und bewerte diese aufgrund der definierten Kriterien. Startpage wurde von einem niederländischen Unternehmen entwickelt und sollte ursprünglich der “Zwilling” von Ixquick, einer anderen alternativen Suchmaschine, sein. Im April 2018 wurde der Support für Ixquick eingestellt, da dieselben Funktionen durch die Suchmaschine Startpage angeboten werden.

Startpage ist aufgrund seines genialen Namens und der Tatsache, dass sie die Suchergebnisse von Google verwendet, anstatt ihre eigenen zu indizieren, schnell über Ixquick hinausgewachsen. Aus diesem Grund bietet Startpage den weltweit umfassendsten Index von Suchergebnissen (d. h. Google), liefert ihn jedoch in einem datenschutzorientierten Paket.

Qualität und Herkunft der Suchergebnisse

Da Startpage 'nur' auf dem Index von Google basiert, gibt es über die Qualität der Ergebnisse nicht viel zu sagen. Da hier die Anfragen anonymisiert an Google geschickt werden und somit kein persönliches Targeting stattfinden kann, sind die Ergebnisse allgemeiner und gut. Man kann einwenden, dass dennoch der Google-Bias zum Tragen kommt.

Punkte: 3 von 4

Eigentümer, Firmensitz, Jurisdiktion

Jetzt wird es interessant. Der CEO der Startpage BV mit Sitz in Den Haag (Niederlande) heisst Robert Beens und ist niederländischer Staatsbürger. Die Startpage BV gehört der Surfboard Holding BV aus Gravenhage (NL), deren Direktor Michael Louis Blend heisst und eine Firma mit 4 Mitarbeitern führt.

Am 14. November 2019 wurde eine Mehrheitsbeteiligung der Privacy One Group (eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von System1) an Startpage bekannt gegeben. System1 ist ein grosses Unternehmen für Internet- und Anwendungslösungen für Endverbraucher. Es besitzt Websites wie HotStuffWorks, Activebeat und MapQuest und erwirbt Werbung für seine Websites. Der Sitz von System1 ist das US-Steuerparadies Delaware. Butter bei die Fische: System1 ist eine Internet-Werbeagentur.

Lange Rede, kurzer Sinn: Startpage wird (finanziell) durch System1 kontrolliert. Zu den rechtlichen Implikationen gibt dieses Statement von Startpage (April 2022)  - meiner Meinung nach - ein überspezifisches Dementi ab. Wer Startpage verwenden möchte, sollte das Statement unbedingt lesen. Dort wird versucht, das Finanzielle vom Rechtlichen zu trennen. Ehrlich gesagt, traue ich dem Braten nicht. Daher urteile ich so: Eigentümer = System1, Firmensitz = Delaware (USA), Jurisdiktion (USA: Patriot Act).

Punkte: 1 von 4

Privacy-Versprechen

Alle in dieser Serie betrachteten Suchmaschinen versprechen bezüglich Datenschutz und Wahrung der Privatsphäre sehr viel ("das Blaue vom Himmel"). Hier ist Vertrauen in die Versprechen der Betreiber erforderlich, da man den Datenabfluss selbst nicht überprüfen kann. Es gibt jedoch mindestens zwei Indikatoren, die bemerkenswert sind. Dies ist zum einen die Jurisdiktion und zum anderen die evtl. Finanzierung über pseudonyme Werbung.

Bei der Jurisdiktion ist die Sache ganz einfach; handelt es sich doch bei der Firma hinter der Suchmaschine um ein US-amerikanisches Unternehmen, welches dem Patriot Act untersteht. Dieses US-Bundesgesetz wurde von George W. Bush als direkte Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 geschaffen.

Die Bestimmungen des Patriot Act erlauben US-Behörden wie dem FBI, der NSA oder der CIA nicht nur den Zugriff ohne richterliche Anordnung auf die Server von US-Unternehmen. Auch ausländische Tochterfirmen (Startpage BV) sind nach dem US-Gesetz verpflichtet, Zugriff auf ihre Server zu gewähren – selbst dann, wenn lokale Gesetze dies untersagen. Damit sind US-Firmen und deren europäische Töchter gesetzlich dazu verpflichtet, zu lügen. Und damit ist die Stellungnahme von Startpage genau nichts wert.

Punkte: 1 von 4

Werbung auf der Ergebnisseite

Die meisten von uns nervt Werbung auf der Ergebnisseite, insbesondere wenn die Hälfte der ersten Seite damit zugestopft ist. Die ersten fünf Suchergebnisse sind die potenziell meistgeklickten Links. Da der Hinweis auf einen Werbehintergrund optisch unscheinbar präsentiert wird, ist die Gefahr gross, dass man auf eine Werbung klickt, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Hier stellt sich die Frage der Finanzierung, für die es drei Möglichkeiten gibt: Werbung, Spenden, Investoren (oder eine Kombination davon). Bei Startpage sieht man keine Werbung in den Suchergebnissen. Die Vermutung liegt nahe, dass dies nicht nötig ist, weil man einen Investor hat (System1), der die Daten anderweitig verwertet (was eine Spekulation ist). Wenn ich nur diesen Einzelaspekt bewerten soll, erhält Startpage hierfür:

Punkte: 4 von 4

Verfügbarkeit, Geschwindigkeit

Ich habe Startpage über eine lange Zeit verwendet. Dabei gab es teilweise Verzögerungen beim Antwortverhalten. Ob das auf Verfügbarkeit oder Belastung zurückzuführen ist, kann ich nicht sagen. Daher vergebe ich subjektive:

Punkte: 3 von 4

Funktionen

Startpage bietet:

  • Web, Bilder, Videos und News
  • eine sinnvolle zeitliche Einschränkung ("Jahre" fehlt bei vielen anderen Suchmaschinen)
  • Regionen und einen Familienfilter
  • Besonders sinnvoll finde ich die "anonyme Ansicht", mit der Links über einen Proxy besucht werden können.
  • Wikipedia und Karte im rechten Panel (die Karte ist ziemlich nutzlos, weil sie sich nicht vergrössern lässt)
  • Die Bilder-Suche lässt sich nach Grösse, Format und Farbe(?) filtern
  • Videos verlinken alle auf YouTube (meh)
  • Bei den News wird die Quelle angegeben und es gibt ein Vorschaubild

Punkte 3 von 4

Einstellungen

Bei Startpage kann man über das Zahnrad-Symbol folgende Einstellungen vornehmen (nur die Wichtigsten):

  • Startpage-Sprache und Such-Sprache
  • Regionen-Filter
  • Link in neuem Tab
  • Suchvorschläge anzeigen
  • Werbung ein-/ausschalten (ich habe bei eingeschalteter Werbung keine gesehen; das mag an meinen strengen Firefox-Einstellungen liegen)
  • Ergebnisse pro Seite (10 oder 20)
  • Anfragemethode (POST, GET). Warum kann das nicht per default auf POST eingestellt sein?

Ganz wichtig finde ich, dass sich die Einstellungen per URL speichern lassen, statt sie in einem Cookie abzulegen.

Punkte: 3 von 4

Fazit

Startpage gehört mit zu den beliebtesten alternativen Suchmaschinen. Grund dafür sind Google als Index, die Möglichkeit Werbung auszuschalten und die ausgewogenen Funktionen. Der grosse Pferdefuss bei der Suche aus den Niederlanden ist die Finanzierung und Jurisdiktion dahinter. Der Firma System1 ist keinen Deut mehr zu Vertrauen als Google, Microsoft oder Meta. Ich frage mich seit 21 Jahren, warum der Patriot Act die US-amerikanische Wirtschaft noch nicht in den Ruin getrieben hat.

Bewertung

Kriterium Bewertung (1 bis 4)
Qualität 🐧🐧🐧
Jurisdiktion 🐧
Privacy 🐧
Werbung 🐧🐧🐧🐧
Geschwindigkeit 🐧🐧🐧
Funktionen 🐧🐧🐧
Einstellungen 🐧🐧🐧
Summe 18 Tuxe

Hinweis: die Bewertung kann in der Endauswertung geändert werden, weil zum Zeitpunkt des Schreibens, noch nicht alle Ergebnisse vorliegen.

Tags

Artikelserie, Serie, Startpage, Suchmaschine

Anton
Geschrieben von Anton am 2. August 2022 um 14:23

Tolle Idee für eine Artikelserie!

Der erste Teil war sehr kurzweilig zu lesen und der Umfang ist genau richtig. Der Autor kommt schnell und direkt auf den Punkt ohne lange um den heißen Brei zu reden. Vielen Dank dafür!

Hoffentlich gibt es einen Teil zu meinem aktuellen Favoriten: MetaGer :-)

kaligule
Geschrieben von kaligule am 2. August 2022 um 21:08

Warum wurde man die Anfragemethode überhaupt ändern wollen? Und warum POST? Ist das nicht eine klassische GET Anfrage? "I want to GET all the search results, please."

Alaerock
Geschrieben von Alaerock am 4. August 2022 um 16:20

Bei GET Anfragen auch via https wird das gesuchte im klat text an die URL angehängt und somit sichbar und jeder weiß wonach du suchst, via POST request nicht.

Krissi
Geschrieben von Krissi am 6. August 2022 um 05:07

Schwachsinn. Nur der Seitenaufruf ist von außen sichtbar, sobald man eine Seite per https aufruft. Was danach passiert, lässt sich nur noch lokal am Rechner/Browser aufrufen und natürlich beim gegenüberliegenden Server. Daher ist POST nötig bei einem unsicherem Arbeitsumfeld und Paranoia gegenüber dem aufgerufenen Server. Ansonsten kann man auch GET verwenden.

Siehe auch: https://security.stackexchange.com/questions/59334/get-over-https-vs-post-over-https https://security.stackexchange.com/questions/12531/ssl-with-get-and-post