Tabellenkalkulation im Terminal

  Ralf Hersel   Lesezeit: 4 Minuten

sc-im ist das Spreadsheet für Terminal-Enthusiasten und GUI-Verweigerer.

tabellenkalkulation im terminal

Es müssen nicht immer die aufgeblähten Office-Pakete sein, wenn man mit Texten, Zahlen, Zeichnungen und Präsentationen arbeiten möchte. Bei der Textverarbeitung kommt man unter Umständen schneller mit einem normalen Texteditor oder Markdown zum Ziel. Um Zeichnungen zu erstellen, empfiehlt sich evtl. ein Programm, welches speziell auf die zu erstellende Grafik ausgelegt ist. Folien zu pinseln, um diese dann durchzuklicken, gehört schon lange zu einer Unart in den Büros dieser Welt. Aber was ist mit der Tabellenkalkulation?

Ralf, komm jetzt! Du willst uns doch nicht ernsthaft eine Tabellenkalkulation im Terminal andrehen? Doch, genau darum geht es in diesem Artikel. Zugegeben, es ist schmerzhaft, aber es funktioniert. Insbesondere, wenn man Vim-Kommandos beherrscht.

sc-im steht für "Spreadsheet Calculator Improvised" und ist ein ncurses-basierter, Vim-ähnlicher Tabellenkalkulationsrechner. Die Terminal-Anwendung basiert auf sc, dessen ursprüngliche Autoren James Gosling und Mark Weiser sind; Modifikationen wurden später von Chuck Martin hinzugefügt. Ja, James Gosling ist einer der Urväter der Programmiersprache Java.

Die Anwendung findet man im AUR; für andere Distributionen muss man die Software selbst kompilieren. Auf der GitHub-Seite des Projektes findet man entsprechende Anleitungen. Nach dem Starten im Terminal wird man von einem Ncurses-Fenster begrüsst und kann sich die Hilfe-Datei ansehen:

Das ist auch bitter nötig, weil man ohne diese kaum etwas zustande bringt. Dabei ist der Funktionsumfang von sc-im riesig. Ein Blick in die Online-Hilfe lässt erahnen, was mit diesem Terminal-Programm möglich ist. Um das Beispiel aus dem ersten Screenshot zu erstellen, brauchte ich diese Befehle:

  • = Zahl eingeben
  • \ Text eingeben
  • :fsum, um die Spaltensummen zu bilden

Wer durch die Hilfe-Datei scrollt, erkennt schnell, welche Möglichkeiten in dieser Anwendung stecken. Es gibt wenige Dinge, die einer ausgewachsenen GUI-Tabellenkalkulation nachstehen. Für die meisten von uns wird es wohl an der Bedienung scheitern. Wer nicht täglich mit sc-im arbeitet, wird sich in der Menge der Kommandos nicht zurechtfinden.

Hier sind einige Funktionen, die das Programm bietet:

  • Vim-Steuerungsbefehle für die Bearbeitung von Zellinhalten
  • UNDO / REDO
  • 65.536 Zeilen und 702 Spalten werden unterstützt. (Die Anzahl der Zeilen kann auf 1.048.576 erweitert werden, wenn gewünscht)
  • Import und Export von CSV- / TAB-getrennten / XLSX-Dateien. ODS-Import. Markdown-Export.
  • Schlüssel-Mappings
  • Autobackup
  • Direkte Farbunterstützung - durch Angabe der RGB-Werte können die Bildschirmfarben vom Benutzer angepasst werden, sogar zur Laufzeit
  • Einfärben von Zellen oder deren Formatierung wie fett, kursiv oder unterstrichen
  • Breite Zeichenunterstützung. Die folgenden Alphabete werden unterstützt: Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Deutsch, Portugiesisch, Russisch, Ukrainisch, Griechisch, Türkisch, Tschechisch, Japanisch, Chinesisch
  • Sortieren von Zeilen
  • Filtern von Zeilen
  • Zwischensummen
  • Zellenverschiebung
  • Unterstützung der Zwischenablage
  • GNUPlot-Interaktion
  • Skripting-Unterstützung mit LUA

Obwohl dieser Funktionsumfang beeindruckt, ist eine Tabellenkalkulation ist ein gutes Beispiel für einen Anwendungstyp, bei dem eine GUI-Anwendung mehr Sinn macht, als ein Terminal-Programm. Probiert es selbst aus.

Quelle: https://github.com/andmarti1424/sc-im

Tags

Tabellenkalkulation, Terminal, Calc

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