Update-Angst

Do, 6. April 2023, Ralf Hersel

Gestern war mein schwarzer Mittwoch. Als Manjaro-User rollte das Talos-Release an, also die Version 22.1.0 der Arch-basierten Distribution. Da ich seit 2 Jahren Manjaro/GNOME ohne Probleme verwende, sah ich auch diesem grossen Update ohne Bedenken entgegen. Ich betreibe drei Maschinen mit dieser Distribution: eine Oracle-VM im Büro sowie einen PC und einen Laptop zu Hause. Letztere sind meine Hauptrechner.

Zuerst wurde das Update zu 22.1.0 auf meiner virtuellen Maschine (Oracle Virtual Box, Host: Windows, X.org) gemeldet. Nach dem Update bootete die VM bis zum Splash-Screen und verweigerte den Start von GDM (Login). Ich konnte ins Terminal booten, mich dort anmelden und mittels startx den Desktop starten. Die Ursache des Problems habe ich gestern nicht mehr herausgefunden.

Doch es kam noch viel schlimmer.

Zu Hause angekommen, meldeten auch meine beiden Hauptrechner die Ankunft des Manjaro-April-Updates. Die Probleme in der virtuellen Maschine schob ich auf Larry Ellison und X.org. Da hatte ich wesentlich grösseres Vertrauen in Wayland auf echtem Eisen.

Ich scheue kein Risiko und bin kein Hasenfuss. Deshalb habe ich das Update auf Rechner 1 (HP-Desktop) mit geballter Faust und voller Zuversicht gestartet. Zuerst lief alles wie gewohnt ab: die 1.4 GB wurden zügig heruntergeladen. Doch dann kam das lange Warten. Normalerweise wird die Installation der Pakete kurz nach dem Download der Pakete gestartet; dann kommen die post-installation-hooks und die Flatpaks. Nachdem ich fünf Minuten auf den Beginn der Installation gewartet hatte, wurde ich ungeduldig. Es schien mir, als wäre Pamac eingefroren, da auch htop keine nennenswerten Aktivitäten zeigte.

Dann nahm die Katastrophe ihren Lauf. In Pamac konnte ich die laufenden Aktionen nicht abbrechen (keine Reaktion auf das Abbrechen oder Schliessen der Anwendung). Ein zweiter Start von Pamac bezeugte, dass bereits eine Instanz des Paketmanagers lief. An dieser Stelle hätte ich Stärke und Geduld zeigen sollen.

Stattdessen habe ich die kill -9 Keule ausgepackt und das System gebootet. Danach durfte ich in die Abgründe der Hölle schauen. Manjaro meldete, dass der Kernel (6.1) nicht geladen werden konnte. Kurze Zeit später kam im Terminal die Nachricht, dass auch der zweite Kernel (5.15) nicht laden kann. Zur Auswahl blieben mir das BIOS und das GRUB-CLI. Vielleicht hätte ich mit eurer Hilfe das System retten können; doch schon hatte ich Etcher gestartet und eine frische Manjaro-ISO auf den USB-Stick gebrannt.

Selbstverständlich habe ich drei Minuten darüber nachgedacht, ob ich meine Rolling-Manjaro-Ambitionen aufgeben und wieder in den sicheren Hafen der LTS-Distros einschiffen soll. Als dann Lioh schrieb: "Frickel Distro. Nimm halt Ubuntu wie immer", habe ich tatsächlich kurz über alternative Distributionen nachgedacht. Fedora 38, Fedora Silverblue, VanillaOS, Mint, Arch? Alles Unsinn; ich habe genug Distros ausprobiert, um zu wissen, dass Manjaro die Beste für mich ist.

Gut 5 Minuten später war die alte Installation Vergangenheit und die Version 22.1.0 "Talos" installiert. Ich freue mich immer über die schnelle Installation einer GNU/Linux-Distribution, weiss aber genau, dass es danach drei Tage dauert, bis die Anwendungen und Konfigurationen wieder den eigenen Ansprüchen genügen. Datenverlust ist bei mir kein Thema, zumal das letzte Backup vor 3 Tagen erstellt wurde.

Jetzt steht Rechner 2 (Tuxedo-Laptop) vor meiner Nase und fragt nach dem Update. Das ist der Moment, in dem die Update-Angst einsetzt. Zurzeit bin ich noch unentschlossen, was ich machen soll. Ihr werdet die Antwort in eurem GNU/Linix.ch-Osterkörbchen finden.

Nachtrag

Mittlerweile kann ich bestätigen, dass das Talos-Update (22.1.0) sauber durchläuft. Man darf natürlich nicht die Dummheit begehen, den Update-Prozess in der Mitte abzubrechen, weil man zu ungeduldig ist. Zwischen dem Download der Pakete und dem Beginn der Installation können einige Minuten vergehen.

Allerdings kann es den Effekt geben, dass man nach dem Booten im Login des Terminals (TTY1) landet. Das passiert, weil der GNOME Display Manager (GDM) während des Updates als Orphan (verwaistes Paket) markiert wird. Falls man (so wie ich) diese Waise vor dem Reboot entfernt, hat man ein Problem. Die Frage ist, warum so ein wesentliches Paket überhaupt ge-orphant wird. GDM ist für den grafischen Login-Dialog und das Handling der Display-Server zuständig. Ohne GDM stoppt der Boot-Prozess, weil kein grafisches Login und kein Start eines Display Servers (X, Wayland) möglich ist.

Falls man sich der Ursache bewusst ist, lässt sich das Problem ganz schnell aus der Welt schaffen. Dazu installiert man GDM neu und startet den Display-Manager. Das geht so:

sudo pacman -S gdm
systemctl restart gdm

Danach startet die Desktop-Umgebung und auch nach einem Reboot ist alles wieder in trockenen Tüchern.

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Manjaro, Update, Rolling, Angst