Virtuelle Maschinen mit dem Virt-Manager

Do, 20. April 2023, Fabian Schaar

Ob zum Testen, für eine erhöhte Sicherheit oder für Entwicklungszwecke: Viele GNU/Linux-Anwender virtualisieren Computer auf ihrem Host-System. Anwendungen wie Oracles “VirtualBox” oder “VMWare” erfreuen sich großer Beliebtheit. Doch die GNU/Linux-Welt bietet ein weiteres, aber leider weniger bekanntes Programm, um schnelle virtuelle Maschinen zu erstellen: In diesem Artikel möchte ich den Virt-Manager vorstellen.

Leider können Neueinsteiger, die noch nie mit Virtualisierung gearbeitet haben, schnell mit den Platzhirschen der Software-Landschaft überfordert sein: Anwendungen wie VirtualBox bieten zwar viele Einstellungsmöglichkeiten und Funktionen, ob diese immer gebraucht werden, ist aber eine ganz andere Frage. Demgegenüber kommt der Virt-Manager wesentlich simpler daher: Die Anwendung nutzt sinnvolle Voreinstellungen, die Anfängern das Leben ein bisschen leichter machen. Fortgeschrittene Anwender können trotzdem auf sehr viele Programmfunktionen zurückgreifen – oder sich einfach zurücklehnen und virtualisieren.

Ähnlich wie die GNOME-Anwendung “Boxen” nutzt der Virt-Manager die Libvirt-Bibliothek und den zugehörigen Libvirt-Daemon im Hintergrund. In Verbindung mit QEMU und KVM kann so eine sehr schnelle und effiziente Virtualisierung umgesetzt werden, die Gerüchten zu folge sogar flotter ist als VirtualBox. Anders als bei Boxen versteckt der Virt-Manager allerdings keine Funktionen vor den Nutzern, stört aber auch nicht damit, wenn man einfach nur loslegen möchte.

Ersteinrichtung

Die Ersteinrichtung des Programms ist vergleichsweise einfach. Anders als z.B. VirtualBox ist der Virt-Manager in vielen Standardrepositorien enthalten, so auch bei Debian GNU/Linux. Für die eigentliche Installation reicht daher ein Shell-Kommando:

sudo apt install virt-manager

Das Paket “virt-manager” vermittelt apt dabei direkt alle notwendigen Abhängigkeiten und installiert zum Beispiel die wichtige Bibliothek “libvirt0” direkt mit. Sobald die Pakete installiert wurden, empfehlen sich noch zwei weitere Einrichtungsschritte. Zunächst sollte der eigene Benutzer in die Gruppe “libvirt” hinzugefügt werden. Dadurch erspart man sich beim Öffnen des Programms eine Passworteingabe:

sudo usermod -aG libvirt NUTZER

Um den Virt-Manager in Betrieb nehmen zu können, muss der Libvirt-Daemon laufen. Dieser kann über ein grafisches Menü aktiviert, und dann bei jedem Systemstart aufgerufen werden. Bei einem Start des Virt-Managers sollte man dabei zum Listenpunkt “QEMU/KVM”. Bei einem Doppelklick öffnet sich ein Konfigurationsfenster, in dem Einstellungen für die virtuelle Verbindung angepasst werden können.

Im Reiter “Virtuelles Netzwerk” muss dann ein Häckchen beim Unterpunkt “Autostart” gesetzt werden, mit einem Klick auf “Anwenden” werden die Änderungen gespeichert.

Nach einem Neustart sollte der Libvirt-Daemon dann laufen und der Virt-Manager ist bereit zur Nutzung.

Virtuelle Maschinen anlegen

Nach der Ersteinrichtung können mit der jetzigen Konfiguration sehr einfach neue virtuelle Maschinen angelegt werden. Dazu reicht ein Klick auf das entsprechende Symbol oben links. Alternativ kann das Datei-Menü verwendet werden. Der Virt-Manager öffnet dann einen einfachen Konfigurations-Wizard, der einige Fragen zur neuen virtuellen Maschine stellt.

Als erstes muss eine Quelle für das zu virtualisierende Betriebssystem angegeben werden. Der sinnvolle Standard ist hier die Installation von einem lokalen Installationsmedium, also zum Beispiel von einer ISO-Datei:

Im nächsten Schritt wird der Speicherort des Abbilds abgefragt. Außerdem muss ein Betriebssystem ausgewählt werden. Standardmäßig versucht der Virt-Manager, sich diese Frage selbst zu beantworten. Alternativ kann man beispielsweise ein generisches Betriebssystem aus der Liste auswählen:

Daraufhin können der Arbeitsspeicher sowie die Anzahl der CPU-Kerne für die virtuelle Maschine festgelegt werden:

Im vorletzten Schritt wird dann der Festplattenspeicher zugeteilt. Ein eingegebener Wert gibt dabei meines Wissens nur eine maximale Speicherkapazität an. Die virtuellen Maschinen belegen also nur so viel Plattenplatz, wie sie auch wirklich benötigen:

Abschließend wird die virtuelle Maschine dann noch benannt, und mit einem Klick auf “Fertig” kann diese genutzt werden:

Das letzte Fenster des Einrichtungswizards erlaubt auch eine spezifische Konfiguration des Netzwerks. Außerdem kann die Konfiguration vor dem Start der virtuellen Maschine bearbeitet werden, sofern hier das passende Häckchen gesetzt wird. Dann öffnet sich ein Einstellungsfenster für Profis:

Hier zeigt sich, welches Potential der Virt-Manager bietet. Nutzer von GNOME Boxen würden eine derartige Einstellungsfülle vielleicht nie zu Gesicht bekommen. Für die einfache Nutzung ist die Feinanpassung aber meistens nicht notwendig.

Virtuelle Maschinen verwalten und nutzen

Ich gebe zu: Der Prozess der Ersteinrichtung mag ersteinmal ein bisschen kompliziert erscheinen. Sobald dieser aber abgeschlossen ist, kann das Programm weitestgehend “einfach vor sich hin” genutzt werden und macht im Alltag keine Probleme mehr.

Die eigentliche Nutzung der virtuellen Maschinen ist sehr einfach. Folgt man der hier beschriebenen Anleitung, startet die angelegte Maschine automatisch durch und präsentiert sich in einem eigenen Fenster. Hier haben nutzer dann die Möglichkeit altbekannte Funktionen der Virtualisierung zu verwenden.

Virtuelle Festplatten lassen sich zum Beispiel klonen oder in Schnappschüssen abspeichern. Dazu wechselt man im Virt-Manager einfach zu dem entsprechenden Konfigurationsdialog im Menü “Anzeigen”. Ferner haben Nutzerinnen auch die Möglichkeit, USB-Sticks weiterzuleiten oder Tasten an die virtuelle Maschine zu senden. Natürlich kann diese aber auch “einfach so” genutzt werden. Dann gleicht der Virt-Manager realer Hardware in vielen Punkten.

Erweiterungen, wie diese von VirtualBox bekannt sind, müssen praktischerweise nicht installiert werden. Die Auflösung ist anfangs nicht immer, aber auch nicht nie direkt korrekt. In den bekannten Einstellungsprogrammen kann diese aber angepasst werden.

Fazit

Meiner Ansicht nach bietet der Virt-Manager eine interessante und schnelle Alternative zu VirtualBox oder GNOME Boxen. Diese kann gleichermaßen von Einsteigern wie Fortgeschrittenen gut genutzt werden. Nach der ersten Einrichtung ist die Bedienung weitestgehend intuitiv – ein bisschen Einarbeitungszeit hilft hier sicherlich weiter.

Die breite Verfügbarkeit der freien Anwendung und die vielen nützlichen Funktionen und Voreinstellungen machen den Virt-Manager zu einer Virtualisierungssoftware, die sich sicher nicht hinter der kommerziellen Konkurrenz verstecken muss. Allen, die gerne mit virtuellen Maschinen spielen, testen oder entwickeln, kann ich es nur ans Herz legen, dem Virt-Manager zumindest eine Chance auf dem Desktop zu geben.

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Libvirt, Virtualisierung, VirtualBox, Virtualisierungssoftware