Wird der Raspberry Pi noch gebraucht ?

  Norbert Rüthers   Lesezeit: 4 Minuten  🗪 5 Kommentare

Hat der Raspberry Pi noch die Bedeutung, die er mal hatte oder ist seine Zeit vorbei ?

wird der raspberry pi noch gebraucht ?

Das Jahr 2022 neigt sich langsam dem Ende entgegen. Ein Jahr mit vielen grossen und einschneidender Ereignissen.

Von den meisten fast unbemerkt blieb, dass der Raspberry Pi in diesem Jahr sein 10-jähriges Bestehen seit seinem Erscheinen feierte. Anfang 2012 kam das erste Modell auf den Markt und löste einen Sturm der Kreativität aus.

Ursprünglich für die Computerbildung englischer Schulkinder gedacht, wurde viel mehr daraus.

Denn was dieses kleine und am Anfang von vielen belächelte Teil auslöste, kam einem Orkan gleich.

Leute, die jahrelang reine Konsumenten waren und keinerlei Einfluss darauf hatten, was und wie ein Computer etwas tat, entdeckten die eigene Kreativität wieder. So etwas hat es seit 80ern des letzten Jahrhunderts, mit den Homecomputern wie C64 nicht mehr gegeben. Eine ganze Maker-Szene entstand im Umfeld des Raspberry Pi. Wenn die Frage aufkam, irgendetwas realisieren zu wollen, stand gleich der Raspberry Pi im Raum und ob man das denn nicht auch mit ihm machen könnte. Und in den meisten Fällen war das auch so.

Seit 2012 sind viele Modelle und Varianten des Raspberry Pi herausgekommen. Tausende von Projekten wurden entwickelt und realisiert. Zuletzt der Zero mit WLAN und der Pico mit WLAN.

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist die Verfügbarkeit aller Modelle jedoch reichlich eingeschränkt.

Wenn ein Modell denn mal (kurzzeitig) lieferbar ist, dann zu stark bis unverschämt überhöhten Preisen.

149 € für einen Pi 4 mit 2GB habe ich heute noch gesehen. Wohl dem, der noch Reserven in der Schublade hatte.

Dazu kam, dass die Industrie, die mittlerweile auch Raspberrys z.B. in Form von CM4  Modulen einsetzt, vertragsbedingt bevorzugt beliefert wurde.

Das hat der Raspberry Community durchaus nicht gutgetan. Zumal es über mehr als 2 Jahre dauerte.

Eine Besserung stellt man erst für das zweite Quartal 2023 in Aussicht

Viele sind deshalb inzwischen zu Alternativen wie Odroid, Banana Pi oder anderen gewechselt, wenn diese denn zu bekommen waren. Denn auch die Konkurrenz war von Lieferschwierigkeiten nicht unbetroffen. Aber ein Intel NUC ist eben kein Ersatz für den Pi auch wenn einige Leute das behaupten.

Gründe, die für den Raspberry Pi sprechen:

  • Einstieg in die Linux-Welt und Programmiersprachen
  • Verstehen, wie ein Computer grundlegend funktioniert
  • einfach und praktisch bezogen programmieren lernen
  • Einfachste Möglichkeit, elektronische Projekte zu realisieren
  • Kreative Projekte nach den eigenen Vorstellungen realisieren
  • Mit wenig Energieaufwand Dienste 24/7 bereitzustellen
  • Aktionen über die vorhandenen Ausgänge auszuführen
  • Mit Sensoren auf Ereignisse zu reagieren

In einem Interview gab Ebon Upton von der Raspberry Foundation kürzlich bekannt, dass 2023 wohl kein Raspberry Pi 5 kommen wird. Allenfalls ein Upgrade des Raspberry Pi 4. 2023 soll ein Jahr des Erholens und der Aufarbeitung werden. Das Aufkommen der RISC-V Boards und wie diese Technologie Einfluss auf die künftige Entwicklung haben könnte, spielt in dem Zusammenhang wohl ebenfalls eine Rolle (wie ich vermute).

Es ist auch nicht einfach, denn natürlich will man kompatibel zu bestehenden Projekten und relativ preiswert bleiben, und andererseits sind die Grenzen der verwendeten ARM SOCs fast ausgereizt. Wie auch immer, für die meisten Anwendungsfälle reichen die vorhandenen Modelle. Natürlich wären ein oder mehrere SATA Ports oder auch M2 für NVMe Karten eine sinnvolle Verbesserung, die sich auch viele wünschen.

Manche sagen, dass sich die Raspberry Foundation wieder auf die ursprüngliche Zielgruppe konzentrieren solle und die Industrie hintan anstellen sollte. Dem kann ich grundsätzlich zustimmen, aber lukrative Industrieverträge kann ein Unternehmen nun mal nicht einfach ignorieren.

Ich besitze und nutze seit Jahren auch ein paar der Konkurrenzmodelle, aber das Original liegt mir doch mehr am Herzen. Deshalb  werde ich dem Pi auch treu bleiben. Er ist eben das Original.

Für mich kann die in der Überschrift gestellte Frage nur mit "ja" beantwortet werden.

Quelle: https://www.raspberrypi.com/

Tags

SBC`s, Raspberry Pi, maker, Hobby

Nils
Geschrieben von Nils am 22. Dezember 2022 um 20:41

Als ich die Überschrift las, dachte ich so bei mir, das ist doch die Hardware Version von "braucht es heutzutage Debian noch?" Aber ja, im Artikel werden schon Dinge angesprochen, die ich so nicht mitbekommen habe. Mein letzter RasPi war ein 4er, den ich ein paar Wochen nach Release gekauft habe, und für mehr war kein Bedarf da. Vielleicht werden Innovationen heute meist woanders geboren, vielleicht gibt es viele Kopien, vielleicht wurden in der Führung ein paar ungeschickte Entscheidungen getroffen, aber da passt der Debian Vergleich dann doch, das Original gibt halt den Takt vor. Es setzt den Standard und weist die Richtung. Das macht der RasPi immer noch und macht es vermutlich noch einige Jahre. Und wem was nicht passt, der hat ja Auswahl auf dem Markt. Ich nutz ja auch kein Debian.

UbIx
Geschrieben von UbIx am 22. Dezember 2022 um 22:42

Danke für den schönen Artikel Norbert. Auch ich denke das Original bleibt das Original aus verschieden gründen. Denn eigentlich stimmt alles zusammen und es ist maximal flexibel. Alle anderen haken dann doch an der ein oder anderen Stelle (z.B. nicht 100% OSS). Ich hoffe dass sich Zeitnah das Lieferproblem beseitigen und damit die Preissituation beruhigen wird. Auch spannend wird, ob sich die Inflation die sich gerade einstellt eher positiv oder negativ auswirkt.

Phil
Geschrieben von Phil am 23. Dezember 2022 um 08:42

Ich verwende mehrere RasPi's. 2 davon sind 4er. Einen verwende ich als MediaPlayer am Fernseher (sehr praktisch auf Reisen in einem Hotel) und den zweiten in einem Zynthian ( https://zynthian.org/ ). Ist eine tolle Sache. Ein 3er steuert meinen Wärempumpenboiler.

The_Raven
Geschrieben von The_Raven am 23. Dezember 2022 um 16:01

Der Pi wird halt immer mehr für Dinge missbraucht für die er nicht gedacht ist bez. nie gedacht war (z.B. als Nextcloud-Server). Daher bin ich auch der Meinung das es aktuell einen Pi5 gar nicht braucht. Auch M2 oder SATA braucht es nicht. Wenn man sowas braucht nimmt man einen NUC oder etwas vergleichbares. Ich darf übrigens gar nicht sagen wie viele PI's bei mir zuhause verschiedene Aufgaben erledigen... Spoiler: Es sind mehr als 15... (ZeroW, Zero2W, Pi3, Pi3+, Pi4, Pi400). Habe damit viele ganz tolle Projekte realisiert. Hatte auch kurz OrangePi's und BananaPi's. Aber nein danke, da fehlt mir einfach das drum herum (community und software). Und klar, für einige Projekte würde auch ein Arduino reichen. Aber ich bin halt wohl einfach faul und nehme daher lieber einen ZeroW. Ist halt schon sehr bequem wenn man alles hat (inkl. WLAN) und ein Web-Interface laufen lassen kann.

Florian
Geschrieben von Florian am 20. April 2023 um 19:45

Ich für meinen Teil war auch lange auf der Suche nach einer Raspberry Pi 4 Alternative. Eigentlich wollte ich Pimox für die Virtualisierung verwenden, um weitere Software wie Paperless NGX zu verwenden. Hauptzweck ist der Betrieb von Home Assistant, d.h. GPIO Ports benötige ich nicht. Wichtig war mir nur der Stromverbrauch. Nach dem Versuch mit einem gebrauchten Thin Client, der aber zu viel Storm gezogen hat und auch laut war, habe ich schließlich den Beelink Mini S mit einem Intel Celeron N5095 gefunden. Der hat richtig viel Leistung und ist absolut leise. Das Beste ist, dass damit Proxmox VE out of the Box läuft! Stromverbrauch liegt bei nur 5W. Absolute Empfehlung von meiner Seite für weniger als 160 €. Hier meine Konfig: https://technikauswahl.de/2022/12/beelink-mini-s-der-bessere-raspberry-pi-fuer-proxmox-ve/