Zum Wochenende: Gendern

  Ralf Hersel   Lesezeit: 8 Minuten  🗪 36 Kommentare

Mit Schrift und Sprache drücken wir unseren Respekt für Mitmenschen aus.

zum wochenende: gendern

Hinweis: Das ist ein Meinungsartikel.

Lasst mich raten; vermutlich schwillt einigen Leser:innen schon beim Titel dieses Wochenend-Beitrags der Kamm. Eigentlich wäre das auch kein Thema für mich gewesen, hätten nicht einige Kommentare mein Interesse geweckt, darüber zu schreiben. In diesen Kommentaren wurde sich kritisch zur Art und Weise, wie ich in meinen Artikeln 'gendere', geäussert; ('gendere', ist ein doofes Wort).

Solchen Themen nähere ich mich gerne aus einer gewissen Distanz und versuche zu ergründen, worum es denn geht. Deshalb schaue ich erst einmal, was die Wikipedia (ich habe gekürzt) zu diesem Begriff sagt:

Gendern ist eine eingedeutschte Wortbildung aus dem Englischen und bezeichnet die Berücksichtigung des Geschlechter-Aspekts in Bezug auf eine Grundgesamtheit von Personen oder Daten, etwa in Wissenschaft, Statistik und Lehre. Beispielsweise werden statistische Daten unterschieden in Angaben zu Frauen und zu Männern. Im besonderen Sinne steht das Gendern im Deutschen für einen geschlechterbewussten Sprachgebrauch, der eine Gleichbehandlung der Geschlechter in der schriftlichen und gesprochenen Sprache zum Ausdruck bringen will. Dabei wird unterschieden zwischen zweigeschlechtlichen, binären Formen und mehrgeschlechtlichen Kurzformen mit Genderzeichen, die neben männlichen und weiblichen auch nichtbinäre, diversgeschlechtliche Personen ansprechen und einbeziehen wollen.

Oder kurz gesagt: In der Germanistik bezeichnet Gendern den Gebrauch „geschlechtergerechter“ Formulierungen zur sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter im Deutschen.

Bei der Diskussion über 'Gender' fallen oft die beiden Begriffe 'biologisches Geschlecht' und 'soziales Geschlecht'. Aus biologischer Sicht gibt es keine binäre Geschlechtsbestimmung, sondern eine grosse Varianz. Die Unterscheidung zwischen 'männlich' oder 'weiblich' ist eine unangemessene statistische Verallgemeinerung von Grenzwerten. 'Männlich/weiblich' gibt es aus biologischer Sicht nicht; ihr seid alle irgendwo dazwischen auf der Skala; ihr seid mehr oder weniger intersexuell.

Wenn man über das 'biologische Geschlecht' spricht, spielt der Begriff 'Gender' keine Rolle, weil er sich auf das 'soziale Geschlecht' bezieht. Dabei geht es um die Selbstempfindung des Geschlechts, unabhängig vom 'biologischen Geschlecht'. Jeder Mensch ordnet sich in seinem 'sozialen Geschlechtsempfinden' nach seinem Gefühl ein und kann das über die Zeit ändern. Somit gilt für das 'soziale Geschlecht' dasselbe wie für das 'biologische Geschlecht', es ist keinesfalls digital, sondern analog und variabel.

(Hinweis: die letzten beiden Absätze sind nicht meine Meinung, sondern der Stand der Wissenschaft.)

Falls ihr meinen Ausführungen in den letzten beiden Absätzen folgen möchtet, kann ich über 'geschlechtergerechte Formulierung' schreiben. Der Respekt vor der Geschlechtervarianz (egal ob biologisch oder sozial) erfordert Formulierungen, die den Lebensformen und Empfindungen gerecht werden.

Nicht ihr entscheidet darüber, wie jemand angesprochen werden möchte, sondern die angesprochene Person.

So weit, so einfach. Schwierig wird es, wenn man die Entwicklung von Sprache und Schrift (insbesondere im Deutschen) betrachtet. Im Duden findet man diese Angaben, die auf den Regeln der amtlichen deutschen Rechtschreibung basieren:

Die Doppelnennung femininer und maskuliner Formen ist besonders in der Anrede üblich. Sie kann durch Schrägstrich verkürzt werden ‹§ 106 (1)›.

    Kolleginnen und Kollegen, jede und jeder
    Kolleginnen/Kollegen

Die schriftliche Kurzform der Doppelnennung wird den amtlichen Regeln folgend mit Schrägstrich und Ergänzungsstrich ‹§ 98 (2)› oder mit Klammern ‹§ 86› gebildet.

    Mitarbeiter/-innen, Direktor/-in

Die Einklammerung der femininen Endung ist heute nicht mehr oft zu finden. Sie wird häufig abgelehnt, weil durch sie der Eindruck ent­stehen kann, die feminine Form sei zweitrangig.

    Lehrer(innen), Kolleg(inn)en, Lehrer(in)

Ein Nachteil der Doppelnennung und ihrer Kurzformen ist, dass sie keine „dritte Option“ enthalten, wie sie 2018 für das Geburtenregister in der Bundesrepublik Deutschland für zulässig erklärt wurde.

Vom amtlichen Regelwerk nicht abgedeckt sind Schreibweisen wie die folgenden:

    mit Genderstern (Asterisk): Schüler*innen
    mit Binnen-I (wortinterne Großschreibung): SchülerInnen
    mit Gender-Gap (Unterstrich; Doppelpunkt): Schüler_innen; Schüler:innen
    mit Schrägstrich ohne Ergänzungsstrich: Schüler/innen

Danke schön, you had one job! Die gültigen Regeln begegnen den geschlechtergerechten Personenbezeichnungen mit schriftlichen und sprachlichen Monstrositäten. Mit diesen Regeln habe ich auch keine Lust, meinen Respekt anderen Menschen entgegenzubringen. Der schweizerische Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren macht es auch nicht besser. Ich wäre froh, wenn die zuständigen Organisationen Regeln vorschlagen würden, die praktikabel sind.

Um den Ernst ein wenig zu entschärfen, möchte ich das Entgendern nach Phettberg erwähnen. Liebe Leserys, Hermes Phettberg hat sich eine ganz besondere Form des Genderns (bzw. Entgenderns) ausgedacht, die sowohl lustig als auch innovativ und praktikabel ist (ausser für Im-Teller-Denker). Hier ein Beispiel:

Liebe Kollegys, heute hat das Lehry Müller ein Schüly dabei erwischt Drogen mit anderen Schülys zu konsumieren. Ich plädiere für einen Informationsbrief an die Eltern. Dann können diese zum Arzty gehen, um es anschliessend auch ihren Followys mitzuteilen.

Spass beiseite; solche radikalen Sprachveränderungen benötigen Jahrzehnte für ihre Akzeptanz, und werden sich nicht durchsetzen, weil sie nicht kulturell gewachsen sind. Was kann man da machen?

Nun, man kann es so machen, wie ich beim Schreiben meiner Artikel für GNU/Linux.ch. Solange sich keine gesellschaftlich etablierten Regeln für geschlechtergerechte Personenbezeichnungen durchgesetzt haben, gendere ich, wie es mir gefällt. Vor Jahren habe ich das generische Femininum verwendet (immer Leserin), später habe ich Leser:in verwendet, weil damit der Lesefluss kaum unterbrochen wird (finde ich besser als Leser*in). Manchmal wechsle ich zwischen weiblicher und männlicher Anrede in einem Satz, z. B.: "Manche Entwickler verwenden Haskell, anderen Entwicklerinnen programmieren lieber in Python." Diese Variante gefällt mir am besten. Falls eine solche Formulierung nicht möglich ist, verwende ich 'Hörer:in'.

Es geht aber nicht darum, wie ich das Gendern handhabe, sondern darum, dass es Personen gibt, die sich darüber aufregen. Ich verstehe nicht, welchem Zweck das dienen soll. Gibt es keine wichtigeren Probleme? Ich könnte euch einige Themen nennen, über die man sich eher aufregen oder (besser) engagieren könnte.

Passend dazu empfehle ich die unaufgeregte Folge des Podcasts Servus, Grüezi, Hallo.

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gendern

https://de.wikipedia.org/wiki/Biologisches_Geschlecht

https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Geschlechtergerechter-Sprachgebrauch

https://www.bk.admin.ch/bk/de/home/dokumentation/sprachen/hilfsmittel-textredaktion/leitfaden-zum-geschlechtergerechten-formulieren.html

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/geschlechtergerechte-sprache-2022/346085/entgendern-nach-phettberg/

Bildquelle: https://wallpapercave.com/wp/wp3621684.jpg

Tags

Gendern, Gesellschaft, Kultur, Sprache

Pol Rubi
Geschrieben von Pol Rubi am 21. Juli 2023 um 17:36

Ich finde es wunderbar, dass jeder auf GNU/Linux so gendern kann wie er/sie mag und dass es immer mehr Leute gibt, die einen respektvollen Umgang mit allen Menschen pflegen und dies auch in der Sprache berücksichtigen. Danke Ralph für Dein gendern und weiter so.

Den Podcast kann ich übrigens auch empfehlen. Ist immer sehr amüsant!

sMaggo
Geschrieben von sMaggo am 21. Juli 2023 um 18:29

Hallo liebe Comjunity, hi Ralf,

das ist das erste Mal, dass ich mich zu einem Artikel äußere, habe in den letzten 1 1/2 Jahren jedoch viel Artikel hier gelesen. Immer wieder gerne auch Meinungsartikel.

Und ich muss sagen, dass mich Dein Artikel, oder besser der Grund Deines Artikels, tierisch aufregt!

Ich kann einfach nicht nachvollziehen, dass man aus dem Thema so nen Elefanten machen muss! Und ja, man MUSS gegen die Intolleranz arbeiten!

Es sollte föllig Wurscht sein, mit wem ich es zu tun habe! Hauptsache ist, es herrscht ein respektvoller Umgang!

Ob Muslim, Christin, hetero-, inter-, bi-, homo- oder sonstwassexuell, gendernd, Minderheit, Mehrheit, coulerd oder Weißbrot, Gmail- oder Tutanota-Nutzer, Windoof- oder Frack-User...alle sind wir Menschen mit Persönlichkeiten!

Ich muss ja nicht Freund*/.yn schließen, aber wenn die Person im Strassengraben liegt, muss ihr geholfen werden!

Frei nach den Toten Hosen: Auch lesbische schwarze Behimderte können ätzend sein.

Die nötige Tolleranz sehe ich daher im "wir" als Gesellschaft. Erst, wenn die Art des Seins als alltäglich angesehen wird, herrscht die nötige Egalität...es wäre Wurscht! Dann setzt sich meiner Meinung nach auch das sprachliche drum herum durch, also ein Standard. Ich persönlich verwende in Schriftform in der Regel den weiblichen und den masculinen Begriff ausgeschrieben. Ob da beim Lesen ein Stern, ein Punkt oder Strich steht ist mir...erraten...Wurscht. Leider wird es immerinderheiten oder schwächere geben.

Sorry, für die inflationäre Nutzung des "!". ;-)

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 21. Juli 2023 um 19:48

Danke für Deinen ersten Kommentar, sMaggo. Dem entnehme ich, dass wir einer Meinung sind. Der Grund für meinen Artikel muss Dich nicht aufregen; ich habe lediglich auf diejenigen Personen reagiert, denen mein Gendern in den Artikeln nicht gefällt.

onli
Geschrieben von onli am 21. Juli 2023 um 19:27

Dein Absatz zum biologischen Geschlecht ist falsch. Schau dir mal das mailab-Video dazu an, wenn du deinen Wissensstand korrigieren willst.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 21. Juli 2023 um 20:00

Ich kenne das mailab-Video, und sie bestätigt genau das, was ich geschrieben habe. Bitte schaue es Dir ab Minute 4:15 noch einmal an.

onli
Geschrieben von onli am 22. Juli 2023 um 00:23

Du schreibst oben "Die Unterscheidung zwischen 'männlich' oder 'weiblich' ist eine unangemessene statistische Verallgemeinerung von Grenzwerten." Sie sagt "Es ist in den allermeisten Fällen sinnvoll, von Mann oder Frau zu sprechen, weil es in den allermeisten Fällen zutrifft".

Die Definitionsungenauigkeiten und Abweichungen, die sie vorher beschreibt, sind eben keinesfalls gleichzusetzen mit einer biologischen Geschlechtsskala die uns alle betrifft.

Robert Riebisch
Geschrieben von Robert Riebisch am 21. Juli 2023 um 20:21

'"Manche Entwickler verwenden Haskell, anderen Entwicklerinnen programmieren lieber in Python." Diese Variante gefällt mir am besten.'

Bei mir führt genau diese Variante zu maximaler Verwirrung, weil mein Kopf versucht herauszufinden, ob dieser Satz eine Aussage darüber treffen will, ob das Geschlecht eine Rolle bei der Bevorzugung einer Programmiersprache spielt. Im konkreten Fall würde ich wohl eher die Variante "Manche Menschen verwenden Haskell, andere programmieren lieber in Python." wählen.

Robert Riebisch
Geschrieben von Robert Riebisch am 21. Juli 2023 um 20:42

Bitte das Kommentarsystem hinsichtlich Gänsefüßchen (double quotes) fixen. Ist mir schon in anderen Kommentaren aufgefallen, dass da was nicht stimmt.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 21. Juli 2023 um 20:54

Das ist ein gutes Argument; kann zu Verwirrung führen, ist aber eine charmante Umsetzung. Begriffe wie "Menschen, Personen, Entwickelnde, Programmierende" gefallen mir nicht gut, weil sie so abstrakt klingen. Bei Phettberg wären es die "Programmierys", was ich lustig finde.

Pedro Navaja
Geschrieben von Pedro Navaja am 21. Juli 2023 um 21:14

Vorab: Ich bin gegen das Gendern, bin aber der Meinung dass abseits von staatlichen Institutionen jeder selbst entscheiden können soll wie er das macht. So auch hier. Zum Thema. "Aus biologischer Sicht gibt es keine binäre Geschlechtsbestimmung, sondern eine grosse Varianz. [...] 'Männlich/weiblich' gibt es aus biologischer Sicht nicht". Das mag ja streng genommen stimmen, dass aber für die Fortpflanzung ein Männchen (Keimzellenproduzen) und ein Weibchen (Eizellenproduzent) von nöten ist ist auch wahr. Es kommt auf den Kontext an, mMn wird das hier sehr verkürzt und einseitig dargestellt. "Die Unterscheidung zwischen 'männlich' oder 'weiblich' ist eine unangemessene statistische Verallgemeinerung von Grenzwerten." Dem würde ich widersprechen, wobei mir nicht ganz klar ist was unangemessen hier bedeutet. Dass z.B. über 80% der Gefängnisinsassen weltweit männlich sind ist ja nicht einfach ein statistischer Fakt sondern in der Realität relevant. In der Psychologie sind die Unterscheide zwischen Mann und Frau gut erforscht und belegt.

Pedro Navaja
Geschrieben von Pedro Navaja am 21. Juli 2023 um 21:20

Nachtrag: Wie relevant die Unterschied sind lässt sich im Sport leicht sehen. Mir ist nicht klar warum diese Unterschied nicht anerkannt werden und welches Ziel damit verfolgt werden soll.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 21. Juli 2023 um 23:08
Pedro Navaja
Geschrieben von Pedro Navaja am 21. Juli 2023 um 23:32

Nein,den Artikel kenne ich nicht. Ich interessiere mich nicht für Sport, sondern für Statistik und Psychologie und studiere entsprechendes. Da ich in deine Aussagen etwas hineininterpretiert habe was so nicht da steht ist eine Diskussion unsinnig weil anderes Thema.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 21. Juli 2023 um 23:01

Ja, jeder soll selbst entscheiden, wie und ob er/sie respektvoll mit seinen Mitmenschen umgeht. Bei der Fortpflanzung hast Du recht; das ist aber nur ein Teilaspekt des biologischen Geschlechts. Bei den Gefängnisinsassen sehe ich keine Verbindung zu dem, was ich geschrieben habe. Ja, in der Psychologie ist die Varianz zwischen den Grenzwerten (Mann/Frau) gut belegt.

Pedro Navaja
Geschrieben von Pedro Navaja am 21. Juli 2023 um 23:24

Gut, da habe ich etwas hineininterpretiert was so nicht das steht, sorry.

tuxnix
Geschrieben von tuxnix am 22. Juli 2023 um 02:08

Deine Sicht auf die Biologie ist sehr verkürzt. Es gibt Arten bei denen Geschlechter für den Fortbestand eine Rolle spielen, in grossen Bereichen spielt dieser Luxus wiederum gar keine Rolle. Wie Bakterien miteinander Kommunizieren ist recht gut erforscht. Sie Gerndern nicht,.aber jede andere Differenzierung ist auch bei ihnen Gegenstand der Kommunikation. Was den Menschen angeht, so halte ich Genden für überflüssig und bisweilen sogar störend und der Kommunikation abträglich. Es ist viel wichtiger wie man einen anderen Menschen begegnet und wie man ihn gegenüber handelt. Und in vielen Bereichen werden Frauen immer noch schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Aber anstatt dort etwas zu verändern, was politisch sehr einfach durchzuführen wäre, wird die Diskussion auf lächerliche Äusserlichkeiten gelenkt. Diese polarisierende Diskussion um das Gendern ist nur ein Ablenkungsmanöver und dient dazu die Gesellschaft in Lager zu spalten um das Gegenteil von Emanzipation männlich wie weiblich ab absurdum zu treiben. Deshalb ist es blöde und politisch kontraproduktiv sich weiter mit diesem Thema zu beschäftigen. Meine Meinung darüber.

andre3011
Geschrieben von andre3011 am 21. Juli 2023 um 22:06

Ich „alter, weißer Mann“ werde es mit der deutschen Sprache, gesprochen und geschrieben, so halten, wie ich es lernte. Keine seltsamen Formulierungen. Ich muß es nicht jedem recht machen!

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 21. Juli 2023 um 23:10

Na dann wünsche ich gute Besserung "alter weisser Mann". Hast Du mal darüber nachgedacht, "wie ich es lernte" durch "was ich noch lernen kann" zu ersetzen?

Daniel
Geschrieben von Daniel "PepeCyb" am 22. Juli 2023 um 11:47

"so halten, wie ich es lernte." Richtig... und so wie es zumindest die Sprachregelung noch immer vorsieht.

Ansonsten ist es mir inzwischen wurscht, wie jemand (im Internet) schreibt. Binne-I be gone macht es für mich lesbar., ;-)

Alm Öhi Klara
Geschrieben von Alm Öhi Klara am 21. Juli 2023 um 23:59

Zugestehen muss ich, dass mir das "Gendern nach Phettberg" –speziell im "schweizerischen" Kontext– durchaus seinen speziellen Charme zu haben scheint :D

Obwohl ich das verkrampfte und nicht selten eher absurde "Gendern" ablehne, finde ich es ausdrücklich gut, dass es -an dieser Stelle hier- jede(r) Schreibende halten kann, wie er oder sie das will. Was ich nicht gut finde, bzw. auch warum, wäre eine Sexualisierung, wo sie einfach völlig unerheblich ist.

Mitunter ist mir das Geschlecht meines Gegenübers sogar völlig egal, und seine -oder meinetwegen auch ihre- Körpergrösse in Zentimetern oder etwaige Blutgruppenzugehörigkeiten wird ja i.d.R. nicht halb so krampfhaft thematisiert, wie irgendwelche "Geschlechterdefinitionen".

Schlimm wird es, wo das auch noch von den falschen Leuten mit den falschen Gründen propagiert wird –nicht hier, wohlgemerkt, keine Sorge!– aber nehmen wir mal die "Kunst" als eine Art Hilfskonstruktion. "Soziale Netzwerke" sind nicht immer ein Vorteil, und selbstverständlich gibt es durchaus auch "Schrott".

Während ein "Kunstwerk" idealerweise vielfältig interpretiert werden kann, unter den verschiedensten Gesichtspunkten, ist es mittlerweile so, daß irgendwelche selbsternannte Idioten nur noch EINEN Aspekt gelten lassen wollen, und auch nur noch EINE Interpretation. Falls sie das Werk nicht gleich direkt verbrennen.

Auch während der Französischen Revolution hatten sich schon Leute zusammengerottet, die dann irgendwann damit anfingen, sich gegenseitig zu dekapitieren, bis die Sache dann irgendwann auslief, mutmasslich weil niemand mehr wusste, wohin mit all den –im Namen der Kunstfreiheit– abgetrennten Köpfen.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 22. Juli 2023 um 00:44

Mir war klar, dass dieser Artikel die Gemüter erhitzen wird. Ich habe ihn geschrieben, weil sich einige Leser:innen an meiner Art des Genderns gestört haben. Auf die meisten Kommentare habe ich sachlich geantwortet. Da es in meinem Leben noch mehr als GNU/Linux.ch gibt, werde ich keine weiteren Kommentare beantworten. Am Montag gibt es neue Themen, die meine Aufmerksamkeit erfordern. Ich danke euch allen, für die Kommentare. Habt ein schönes Wochenende.

tuxnix
Geschrieben von tuxnix am 22. Juli 2023 um 01:44

Wer gendert ist selbst daran schuld.

Lioh Möller
Geschrieben von Lioh Möller am 22. April 2024 um 12:07

Ich halte den Kommentar für unangebracht. Es wird niemand dazu gezwungen zu gendern, sondern es ist ein Ausdruck von Respekt Menschen wie mir gegenüber. Letztendlich entscheidest du es für dich selbst, wie du es handhaben möchtest.

Henry
Geschrieben von Henry am 22. Juli 2023 um 04:29

Interessante Definition des sog. Standes der Wissenschaft. Aber wenn wir während der letzten drei Jahre eines gelernt haben, dann Folgendes: Wer für sich in Anspruch nimmt die Wissenschaft zu repräsentieren oder deren vermeintlichen Konsens wiederzugeben, meint damit ausschließlich die jenigen Wissenschafter, die die Position des Aussagenden unterstützen. Alle davon abweichenden Wissenschaftler werden damit übgergangen bzw. ungefragt vereinnahmt. Ähnlich dürfte es sich vermutlich auch bei diesem Thema verhalten.

Zu deiner Verwunderung darüber, dass sich Menschen darüber aufregen: Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber in meinem Fall empfinde ich es schlichtweg als unnötig, nervig und für das Textverständnis hinderlich. Wenn ich in einem abseits davon interessanten Artikel einen Satz das. 2. oder 3. Mal lesen muss, weil dessen Autor sich nicht an die etablierten Regeln der Grammatik hält, dann sinkt mein Interesse daran, den Artikel zu Ende zu lesen drastisch. Kommt das häufiger vor, meide ich den Autor / die Website.

Henry
Geschrieben von Henry am 22. Juli 2023 um 04:35

Ergänzender Gedanke zum Thema, wer entscheidet, wie ich wen an(zu)spreche(n habe): Ich beneide jeden, dessen einziges oder größtes Problem das Pronomen ist, mit dem ich ihn anspreche. Der betreffende Mensch scheint ja offensichtlich keine nennenswerteren, weltlichen Probleme zu haben.

Christian Lorenz
Geschrieben von Christian Lorenz am 22. Juli 2023 um 08:17

Moin,

sehr schön und mit der Unterschrift ist einiges gesagt. „Mit Schrift und Sprache drücken wir unseren Respekt für Mitmenschen aus“

Schönes Wochenende ihr alle Gruß Christian

Pete
Geschrieben von Pete am 22. Juli 2023 um 21:26

Danke für den Artikel über das Gendern.

Ich bin übrigens wegen einer unsäglichen Diskussion zum Gendern auf Linuxnews.de [1] überhaupt erst auf GNU/Linux.ch aufmerksam geworden. Wegen der hasserfüllten Wortwahl des Autors auf Linuxnews.de und der inakzeptablen Kommentare zum Gendern dort, habe ich mich entschieden eine andere Seite über Linux-Neuigkeiten zu suchen. Diese habe ich bei GNU/Linux.ch gefunden. Der Stil der Artikel und auch der Kommentare hier ist m.E. viel freundlicher und ansprechender. Das zeugt auch dieser Artikel.

[1] https://linuxnews.de/umfrage-inklusive-sprache/

Ich
Geschrieben von Ich am 24. Juli 2023 um 08:35

Man sieht die Kommentare der zweiten Seite nicht!

Tim Moritz Admin
Geschrieben von Tim Moritz am 24. Juli 2023 um 10:04

Jetzt sollten alle sichtbar sein

Markus
Geschrieben von Markus am 24. Juli 2023 um 22:12

"Mit Schrift und Sprache drücken wir unseren Respekt für Mitmenschen aus."

Dann sind Leute die gendern schon mal raus. Ich finde es äußerst respektlos, sogar beleidigend, wenn mich Leute z.b. als Leserin bezeichnen. Ein Doppelpunkt oder ein Stern im Wort ändert daran nichts.

Ralf Hersel Admin
Geschrieben von Ralf Hersel am 24. Juli 2023 um 23:25

Wie hättest Du es denn gerne?

Markus
Geschrieben von Markus am 25. Juli 2023 um 17:08

Ich hätte gerne die Rückkehr in entspanntere Zeiten. Als das generische maskulinum ganz selbstverständlich für alle gegolten hat. Was es in allen Sprachen (außer de selbstverständlich) ja immer noch tut.

Fabian Schaar Admin
Geschrieben von Fabian Schaar am 25. Juli 2023 um 17:34

Ich möchte mich nicht in die Diskussion einmischen und mich auch nicht positionieren. Nur ein Hinweis darauf, dass es in anderen Sprachen durchaus auch derartige Diskussionen geben kann. Ein Beispiel: Im Englischen nennen manche anstatt "she" oder "he" für sie oder er "they", etwa wenn das soziale Geschlecht unbekannt ist.

Markus
Geschrieben von Markus am 25. Juli 2023 um 21:55

Nun ja, spontan zweifle ich stark an das wir hier über Relevanz reden was die Anzahl der Personen angeht.

Skr
Geschrieben von Skr am 26. Juli 2023 um 10:34

Fun-Fact: Gendern ist eigentlich das falsche.. Bsp:

  • Die Engländer lieben Fußball.
R@iner
Geschrieben von R@iner am 11. August 2023 um 09:26

Ein bisschen Wissenschaft. Philipp Huebl trägt hier die Argumente beider Seiten vor: Vorlesung "Bullshit-Resistenz" (2023, UDK Berlin) 14. "Sondersitzung: Gendern" (yt, 2:35h)

Btw: "Oder kurz gesagt: In der Germanistik bezeichnet Gendern den Gebrauch „geschlechtergerechter“ Formulierungen zur sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter im Deutschen."

Da liegt schon der Fehler. Es wird die Behauptung aufgestellt, dass Sprache "geschlechtergerechter" sein könnte, weil sie derzeit "geschlechterungerecht" sei. Damit ist bereits ein Bias vorgegeben, der eine spätere Unterscheidung zwischen Sexus und generischem Maskulinum fast unmöglich macht.

Ich sage mal so: Früher kämpften die Leute für eine geringere Arbeitszeit, für höhere Löhne, für eine Gleichbehandlung von Menschen durch Gesetze und vielleicht noch für ein Gesundheitssystem für alle. Nicht wenige sind dabei verhaftet oder gleich umgebracht worden. Siehe z.B. Sacco und Vanzetti.

Jetzt haben wir Leute, die irgendwelche Regeln der Sprache ändern wollen, weil sie die Grundthese vertreten, dass das Denken das Sein bestimme. Ich hingegen vertrete die These, dass das (gesellschaftliche) Sein das Denken bestimmt. Damit kann Gendern oder nicht Gendern für mich gar keine Relevanz entwickeln.