Vor zwei Wochen habe ich über den Bedarf nach einer Mittelklasse-Office-Suite geschrieben. In den Kommentaren zum Artikel und bei uns im TALK-Raum, war man sich überwiegend einig, dass eine solche abgespeckte Office-Suite sinnvoll sei, man aber nicht das Rad neu erfinden müsse. Stattdessen könnte man auf den Kern-Funktionen von LibreOffice aufsetzen.
Bitteschön: Collabora Office
Die Firma Collabora Productivity Ltd aus Cambridge (England) unter der Leitung von Michael Meeks, ist für ihre Web-Office-Suite Collabora Online bekannt. Das Produkt basiert auf LibreOffice und adaptiert dieses für den Einsatz in der Cloud. Die Suite bietet sich ebenfalls an, wenn man Office-Funktionalität in Nextcloud integrieren möchte. Zwischen den drei Firmen, also Collabora Productivity, der Open Document Foundation (LibreOffice) und der Nextcloud GmbH gibt es seit Jahren eine enge Zusammenarbeit, um souveräne Kollaborationslösungen zu entwickeln.
Im Portfolio von Collabora gibt es nun drei Produkte:
- Collabora Online (als Web-basierte Lösung)
- Collabora Office Classic (als Unternehmenslösung für den Desktop)
- Collabora Office (als reduzierte Lösung für den Desktop)
Zwischen dem heute angekündigten Collabora Office und der Classic-Variante gibt es einige signifikante Unterschiede. Classic basiert auf dem VCL-Toolkit von LibreOffice, während die neue Desktop-Version JavaScript, CSS, Canvas und WebGL für die Benutzeroberfläche verwendet. Anwender:innen profitieren von einer einheitlichen Benutzeroberfläche bei der Online- und der neuen Desktop-Variante. Die Abhängigkeit von Java fällt weg, aber auch Funktionalität bei den unterstützten Makro-Sprachen und dem Datenbank-Modul "Base".
Ausprobiert
Das wird jetzt kein ausführlicher Test, sondern nur eine Schilderung meines ersten Eindrucks. Collabora Office für den Desktop wird als Flatpak ausgeliefert. Ihr findet es (noch) nicht bei Flathub.org, sondern nur auf der Collabora-Site.
Nach dem Herunterladen des 281 MB grossen Flatpaks installiert ihr es mit diesem Befehl im Terminal:
flatpak install collaboraoffice-v25.04.7.2_final.flatpak
Aber Achtung, das Paket installiert noch einige KDE-Abhängigkeiten:
Müsst ihr selbst wissen, ob euch der Spass insgesamt ca. 1 GB wert ist. Bei mir dauerte die Installation 6 Minuten und 38 Sekunden. Beim ersten Start vergingen ca. 10 Sekunden, bis ich mit dem Test beginnen konnte. So präsentiert sich Collabora Office auf dem Desktop:
Das Editieren von Text gestaltet sich als sehr zähflüssig. Teilweise wurden meine Texteingaben oder Zeilenumbrüche gar nicht, oder nur mit grosser Verzögerung angenommen. Ein normales Arbeiten ist unter diesen Umständen nicht möglich. Collabora Office speichert die Dokumente im Open Document Format ab. Über die Export-Funktion stehen zudem die Formate RTF, DOCX, DOC, EPUB, PDF und HTML zur Verfügung.
Klickt man auf das Start-Icon, wird standardmässig die Textverarbeitung geöffnet. Über das Kontextmenü (rechte Maustaste) lassen sich die Tabellenkalkulation, das Präsentationsprogramm oder die Zeichnen-Anwendung öffnen. In der laufenden Anwendung fehlt die Zeichnen-Anwendung als Option.
Beim zweiten Start stand die Office-Suite etwas schneller (5 Sekunden) zur Verfügung. Allerdings fehlte beim Öffnen eines bestehenden Dokuments die Werkzeugleiste. Interessanterweise funktionierte das Bearbeiten in der Tabellenkalkulation ohne Probleme und ohne Verzögerung:
Doch auch beim erneuten Öffnen der Tabelle fehlte die Werkzeugleiste. Ich habe nicht herausgefunden, wie man diese wieder aktivieren kann. Zum Schluss habe ich mir das Präsentationsprogramm angesehen.
Wie bei der Textverarbeitung zeigen sich auch hier Schwächen beim Eingeben von Text. Die Verzögerung ist zu gross, um damit zügig arbeiten zu können.
Fazit
Meine anfängliche Euphorie über eine einfache Office-Suite ist bei diesem Kurztest schnell der Ernüchterung gewichen. Collabora Office für den Desktop startet zu langsam, hat Probleme beim flüssigen Arbeiten mit Text und stellt die Arbeitsoberfläche beim Öffnen von Dokumenten nicht mehr vollständig dar. (Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass Dateien read-only geöffnet werden. Um mit dem Editieren zu beginnen, muss zuerst ein Bearbeiten-Icon geklickt werden. Erst dann erscheint die Werkzeugleiste.)
Der Funktionsumfang der Suite geht in Ordnung, ist für meinen Geschmack jedoch immer noch zu umfangreich. Meine grösste Kritik gilt der Zähflüssigkeit von Collabora Office, welche ein ernsthaftes Arbeiten mit der Anwendung praktisch unmöglich macht.
Nachtrag
Viele von euch haben sich über das neue Collabora für den Desktop gefreut und es gleich selbst ausprobiert. Die meisten konnten meine Kritik an der Zähflüssigkeit nicht nachvollziehen, was gut ist. Aus Neugierde habe ich die Office-Suite auf einem zweiten Rechner installiert, um etwaige Probleme mit der ersten Installation auszuschliessen. Die zweite Installation verlief schneller, weil die KDE-Pakete bereits vorhanden waren. Auch die Startzeit lag in einem annehmbaren Rahmen. Doch an der Responsibilität (insbesondere bei der Texteingabe) hat sich nichts geändert. Wenn ich in der Textverarbeitung etwas schreibe, läuft die Ausgabe immer 3 bis 4 Zeichen hinter meinem Tippen her. So kann ich nicht arbeiten.
Mir ist noch ein weiteres Problem aufgefallen: Wenn ich die Anwendung schliesse, erscheint immer ein Dialog, dass die Änderungen im Dokument nicht gespeichert wurden, obwohl das nicht stimmt.
Titelbild: https://www.collaboraonline.com/wp-content/uploads/2025/11/CO-Multiple-Tabs-1-1024x682.png
Quelle: https://www.collaboraonline.com/blog/collabora-online-now-available-on-desktop/





Danke, für die die Vorstellung der Suite! Hab selber mal getestet und bin wegen der Verzögerungen zu einem anderen Ergebnis gekommen. Nach einem Rechnerneustart steht dieses Office bei mir nach ca. 3 Sek. zur Verfügung. Tastatureingaben werden sofort angenommen, es kommt zu keinen Verzögerungen. KDE Plasma 6.3.6; Kernel 6.12.58; Wayland; NixOS 25.05; Intel i5 11th Gen; 8 GB RAM; IdeaPad.
Auch bei mir: Installation ca. 20 Sekunden, Start 3 - 5 Sekunden, Eingaben höchstens minimale Verzögerungen (evtl. automatische Rechtschreibeprüfung deaktivieren). System: Linux Mint Cinnamon, Beelink N100 Mini-PC, 16 GB - also eher "dünne" Hardware.
Auf den ersten Blick gefällt mir diese Variante sehr gut, obwohl der Unterschied zum LibreOffice naturgemäß ja nicht groß sein kann. Wenn man den Kompaktmodus einschaltet, hat man tatsächlich die gewünschte Zwischenform Texteditor/Office.
Tja, Neustart hätte ich auch mal probieren können, zumal meine Hardware schneller ist als die, die Detente und Herbert angegeben haben.
Das Konzept klingt ja an sich interessant. Von Interesse wären evtl. Test, bzw. "Vermutungen" darüber, wieso es bislang -scheinbar- so derart lahm abläuft: Entweder irgendwelche Stunts über die 'Cloud', Flatpak, das GUI verhunzt, oder Inkompatibilitäten, welche die Sache ggf. verlangsamen?
Das Libreoffice startet bei mir leider auch eher "lahmarschig", aber halt von klassischer HD auf einem antiken Atom Netbook mit 2GB RAM, und wenn es einmal gestartet ist, dann läuft es gut.
Danke für den Test!
Das neue Collabora gefällt mir ausgesprochen gut und es läuft auch sehr performant. Installation via flatpak ging fix, starten tut es in ca. 1 Sek - Verzögerungen beim arbeiten beobachte ich nicht (Linux-Mint “Mate” auf Geekom A7 mit AMD 7940HS). Danke für den Tipp und den ersten Test!
Die gemeinnützige Stiftung hinter LibreOffice heißt "The Document Foundation" mit Sitz in Berlin.
Thank you for the review! I -expect- that for some reason the QWebEngine under the hood is running un-accelerated, I can reproduce this under X11, and we will take a look at that - as you say, it's a poor experience in this case. https://github.com/CollaboraOnline/online/issues/13673 is the issue.
Thank you, Michael, I really appreciate that.