Bereits im April dieses Jahres formulierte die FSFE zwei Grundvoraussetzungen für sogenannte Corona-Apps. Erstens darf es keine Nutzungspflicht geben, und zweitens müssen sie als Freie Software verfügbar sein. Auf den ersten Blick erfüllt die im Juni veröffentlichte deutsche Corona-Warn-App (CWA), wie mittlerweile viele andere in Europa, diese Anforderungen. Jedoch wird der Austausch von Geräteschlüsseln mittels Bluetooth, auf deren Basis das Risiko berechnet wird, von einer unterliegenden Schnittstelle gehandhabt.
Das Problem dabei: Diese Schnittstellen-Software, Exposure Notifications API genannt und massgeblich entwickelt von Apple und Google, ist grösstenteils proprietär. Sie kann also nicht frei benutzt, untersucht, verbreitet und verbessert werden. In Googles Android-Betriebssystem ist ausserdem die Installation und Nutzung der Play Services notwendig. Diese Google-Dienste greifen tief in das System ein und untergraben die digitale Souveränität der Anwenderinnen und Anwender. Dies verhindert standardmässig die Nutzung vieler Corona-Apps für Menschen, die auf Datenschutz und Softwarefreiheit auf ihren Android-Geräten Wert legen
Ehrenamtliche lösen Problem Schritt für Schritt
Eine erste grosse Verbesserung stellte der Freie-Software-Entwickler und FSFE-Unterstützer Marvin Wißfeld im September bereit. Er baute die Exposure-Notification-Funktionalität in microG ein, eine Freie-Software-Implementierung der proprietären Google-Dienste. Damit können zumindest Menschen diverse Corona-Apps verwenden, die ein Google-freies Android-Telefon besitzen und microG installiert haben.
Vor wenigen Tagen gingen Christian Grigis, Fynn Godau, Marcus Hoffmann und Marvin Wißfeld noch einen Schritt weiter. Sie integrierten die Exposure-Notification-Komponente von microG direkt in die deutsche Corona-Warn-App. Dieses sogenannte Drop-In-Replacement ermöglicht selbst Menschen, die weder die Google-Dienste noch deren Freie-Software-Alternative microG installiert haben, die Nutzung der CWA. Ausserdem stellen sie seit gestern die App auf F-Droid bereit, einem App Store mit ausschliesslich Freier Software. Das ist somit auch vorteilhaft für jene Nutzerinnen und Nutzer, die zwar microG oder Google-Dienste installiert haben, aber ihre Software aus Sicherheits- und Komfortgründen lieber über F-Droid beziehen.