GNU Taler organisiert sich

  Ralf Hersel   Lesezeit: 4 Minuten  🗪 5 Kommentare

Das Bezahlsystem GNU Taler ermöglicht das schnelle und einfache Geldüberweisen mit Datenschutz und hoher technischer Sicherheit. Nun hat sich ein europäisches Konsortium gebildet, um die Bezahlmethode voran zu bringen.

gnu taler organisiert sich

Das neue EU-Projekt NGI TALER soll private und sichere Online-Zahlungen in der Eurozone ermöglichen.

Die Organisationen GNUnet e.V. und Taler Systems SA geben die Gründung eines europäischen Projekts bekannt, das für die nächsten 36 Monate laufen wird. Dieses Internet-Pilotprojekt der nächsten Generation mit dem Namen "NGI TALER" wird von einem Konsortium aus 11 Partnern aus 8 europäischen Ländern betrieben und hat den Auftrag, ein innovatives elektronisches Zahlungssystem zum Nutzen der europäischen Bürger, Händler und Banken einzuführen.

Dieses Zahlungssystem unterscheidet sich von den derzeitigen Online-Zahlungsmethoden wie Kreditkarten oder Banküberweisungen dadurch, dass es dem Käufer Privatsphäre bietet: Weder Händler noch Banken können die Zahlungen zurückverfolgen oder verknüpfen. Es ist auch eine risikofreie Zahlungsoption für den Händler, da es keine gefälschten oder gestohlenen Kreditkarten gibt, da die Zahlungen sofort abgewickelt und bestätigt werden. Das Zahlungssystem ist sozial, ökologisch und fiskalisch verantwortungsbewusst: Es handelt sich nicht um eine neue Währung, es gibt keine energieaufwendige Proof-of-Work- oder Proof-of-Stake-Methode, und die Abrechnung erfolgt viel schneller als bei Zahlungen mit Kreditkarten. NGI TALER erzwingt Transparenz bei den Händlern, sodass die Staaten sicherstellen, dass die Unternehmen für ihre Einnahmen verantwortlich gemacht werden können und ihre Steuern zahlen.

Die folgende Grafik zeigt den Zahlungsprozess:

NGI TALER wird als Pilotprojekt im Rahmen der Initiative Next Generation Internet (NGI) im Rahmen des Forschungsförderungsprogramms Horizon Europe der Europäischen Kommission finanziert. Das Projekt basiert auf der freien Software GNU Taler, die von der GNU-Gemeinschaft und Taler Systems S.A. entwickelt wurde und die von Finanzexperten, darunter auch Experten mehrerer Zentralbanken - darunter der Schweizerischen Nationalbank (SNB) -, viel Lob erhalten hat. Ziel ist es, GNU Taler als Zahlungssystem über zwei europäische Banken - GLS Bank (Deutschland) und MagNet Bank (Ungarn) - verfügbar zu machen. Die Ambition von NGI TALER ist es, den europäischen Markt während der Projektlaufzeit zu erreichen und den Zahlungsmechanismus bis zum Ende des Projekts akzeptiert und weitverbreitet zu haben.

Unter der Haube setzt GNU Taler modernste Kryptografie ein, um diese Eigenschaften zu erreichen. Die Anfangsinvestitionen in die erforderliche Infrastruktur sind gering, und der Zahlungsmechanismus arbeitet kosteneffizienter als bestehende Zahlungslösungen mit geringeren Transaktionsgebühren - ein Vorteil, der Verbrauchern und Händlern zugutekommen wird. Dadurch werden sogar Kleinstzahlungen möglich, was für Zeitungen und andere Verlage eine interessante und datenschutzfreundliche Alternative zu abonnement- oder werbebasierten Einnahmen darstellt.

NGI TALER wird von der Gruppe Coding Theory und Kryptologie der Technischen Universität Eindhoven koordiniert und hat 10 weitere Partner:

  • Berner Fachhochschule (BFH)
  • kleine gewinnorientierte Unternehmen (Code Blau GmbH, Taler Systems S.A., VisualVest)
  • Non-Profit-Strukturen (Petites Singularités, E-Seniors Association)
  • Genossenschaftsbanken (GLS Bank, MagNet Bank)
  • eine philanthropische Organisation (Stichting NLnet) und
  • eine Grassroots-Bewegung (Homo Digitalis)

Weitere Informationen finden sich auf der Webseite des Projekts.

Quelle: https://taler.net/de/news/2024-02.html

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GNU-Taler, Taler, Bezahlen, Bezahlsystem

madbehaviorus
Geschrieben von madbehaviorus am 14. Februar 2024 um 12:10

Ich verfolge das GNU Taler Projekt schon etwas länger und bin im Vergleich zu anderen Systemen recht angetan. Umso mehr freut mich, dass es nun einen "europaweiten" "Machbarkeitstest" geben wird, der hoffentlich Erfolg hat und als Standard, unter Nutzung bei weiteren Banken, möglich sein wird.

Ich bin gespannt wie sich dieses Projekt entwickelt.

Hans-Florian Hoyer
Geschrieben von Hans-Florian Hoyer am 14. Februar 2024 um 14:10

Der Kunde zahlt anonym beim Händler? Sollen wir jetzt alle maskiert einkaufen gehen? Das ausschließliche Abheben auf "Anonymität" ist das zu schnelle Eingehen auf eine -ich nenne es mal so - Hysterie, die aufgeschaukelt wurde durch privat-Kassandras, die nicht hell- sondern nur schwarzsehen können, eine Totalkontrolle über "Geld" an die Wand malen und uns dann davor warnen. Ein Staat, der seine Bürger total kontrollieren will, ist nicht durch anonymes Bezahlen zu verhindern, sondern durch mehr direkte Demokratie, durch Grundauskommen für alle und durch sinnvollen Diskurs über wirklich wichtige Fragen des Zusammenlebens auf diesem Planeten. Die Bank dazwischen, die der legendäre Satoshi Nakamoto nicht mehr haben wollte, ist zwar praktisch in der Welt der Kreditwirtschaft, in der wir mit ihrer Verbindlichkeit unsere Verbindlichkeit erfüllen können. Leider verschleiert sie aber das gesamte lebendige Netzt der gegenseitigen Verbindlichkeiten, die wir in unserer arbeitsteilig organisierten Gesellschaft haben. Unser Bewusstsein geht immer nur bis zu unserer Bank. Wie beim Bargeld nur bis zum Verkäufer. Für die Lösung der planetarischen Probleme, vor die wir uns gestellt haben, brauchen wir aber einen erweiterten Bewusstseinshorizont. Ich habe wenig Erwartungen daran, dass eines dieser Probleme mit "anonymen" Zahlverfahren besser gelöst werden kann. Sorry.

madbehaviorus
Geschrieben von madbehaviorus am 14. Februar 2024 um 19:50

Darum geht es überhaupt nicht.
Das möchte GNU Taler auch nicht sein. Dafür wurde es nicht konzipiert.

Ich denke, dass es soweit bekannt ist, dass soziale Probleme allein nur mit Technik "zubeschmeißen", nicht unbedingt die Lösung ist =) Im Idealfall verzögert es den Prozess nur, im Regelfall verschlimmbessert es ihn.

Ich sehe es eher als eines der aktuell besseren realistischeren Systeme digital als Produktnehmer / Kunde relativ fußabdrucksfrei digital bezahlen zu können. Falls es durch die obrige Grafik nicht schon ersichtlich ist. In einem der letzten deutschsprachigen Talks, wurde auch explizit darauf hingewiesen, Bargeld auf keinen Fall ersetzten zu wollen. Wie gesagt, dafür wurde es nicht konzipiert.

Kritik ist gut, man sollte jedoch gleichzeitig auch einen Blick auf die alternativen von Zentralbanken oder anderen Institutionen angedachten digitalen Währungen werfen.

madbehaviorus
Geschrieben von madbehaviorus am 14. Februar 2024 um 19:53

Mir fehlt leider der "Bearbeiten"-Button => Die Autokorrektur war nicht eingeschaltet.

kamome
Geschrieben von kamome am 20. Februar 2024 um 22:38

> man sollte jedoch gleichzeitig auch einen Blick auf die alternativen von Zentralbanken oder anderen Institutionen angedachten digitalen Währungen werfen.

Und diese unbedingt verhindern – da könnte GNU Taler helfen, da nicht an eine Währung gebunden. Aber ohne eine vernünftige Währung, die nicht nur aus Schulden geschaffen wird (Giralgeld), wird es nichts werden; Gradido wäre ein Ansatz.

Und ein anonymes Bezahlsystem reicht zwar nicht, aber ohne das kann es keine freie Gesellschaft geben (solange wir ein Bezahlsystem verwenden).