It's Pebble Time
Di, 7. März 2023, Lioh Möller
Eigentlich haben mich sogenannte Smartwatches nie besonders interessiert, doch über den Chat der OpenStore Community bin ich über eine App namens RockWork gestolpert. Dabei handelt es sich um eine Anwendung zur Integration von Pebble Smartwatches in Ubuntu Touch.
Der Hersteller galt einst als Pionier in diesem Bereich und die Uhren erfreuten sich lange Zeit einer grossen Beliebtheit. Ein Grund dafür mag die Verwendung von E-Paper-Displays sein, was dazu führt, dass Pebble Smartwatches im Vergleich zu anderen Herstellern, eine sehr lange Akkulaufzeit von bis zu einer Woche hatten.
Eric Migicovsky hatte das Projekt im Jahre 2008 während seiner Studienzeit gegründet und während dem Bestehen des Unternehmens wurden mehrere Uhrenmodelle veröffentlicht. Letztendlich meldete Pebble Technology Corporation 2016 Insolvenz an und verkaufte das geistige Eigentum an die Firma Fitbit. Diese hat sich kurz darauf entschlossen, die Produktlinie nicht weiterzuführen und die für die Nutzung von Pebble Smartwatches benötigte Infrastruktur wurde abgeschaltet.
Der Gründer Migicovsky ist mittlerweile für den Multi-Messenger Beeper verantwortlich, der auf dem Matrix-Protokoll basiert.
Da es mich immer reizt, alte und nicht mehr unterstützte Hardware wieder zu beleben, habe ich mich kurzerhand entschieden, eine Uhr des Typs Pebble Time bei einer Onlineauktionsplattform zu ersteigern. Mit CHF 20 schien mir die Investition vertretbar, auch wenn sich herausstellen würde, dass mir dies nicht gelingen sollte.
Einige Zeit später erhielt ich bereits das Paket. Die Uhr ist in einem altersentsprechenden Zustand, funktioniert allerdings noch tadellos. Nach dem Start habe ich mich dazu entschlossen, das Gerät auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen, ein Vorgehen, welches ich bei allen gebrauchten elektronischen Endgeräten (aka Computern) empfehle.
In diesem Falle schien der Entschluss jedoch fatale Folgen zu haben, denn das Gerät startete nach dem Reset zwar neu, erwartete allerdings eine Firmware von den Pebble-Servern. Da die Pebble-App sowie die Server, welche die Firmware-Dateien bereitgestellt haben, nicht mehr zur Verfügung standen, musste ich auf Alternativen ausweichen. Ich konnte bereits herausfinden, dass Pebble Uhren weiterhin von der Freien Applikation Gadgetbride unterstützt werden.
Da ich kein Android Telefon besitze, musste ich mir ein Gerät für die Firmware Installation ausleihen. Im Vorfeld konnte ich bereits recherchieren, dass die benötigten Firmware-Dateien ebenfalls im Git-Repository von Gadgetbridge vorhanden sind. Anhand der dort aufgeführten Tabelle konnte ich die passende Firmware für das Pebble Time Modell identifizieren und bereits herunterladen.
Daraufhin musste ich die Uhr mit dem Android-Telefon über die Bluetooth-Einstellungen des Betriebssystems verbinden. Meine Pebble Time meldet sich in zwei Varianten via Bluetooth. Zur Einrichtung muss allerdings zwingend eine Verbindung mit dem nicht-LE Kanal aufgebaut werden. Die Kopplung muss sowohl auf der Uhr, als auch auf dem Smartphone bestätigt werden.
In Gadgetbridge kann daraufhin das Gerät über das + Symbol hinzugefügt werden. Zuvor sollte allerdings in den Sucheinstellungen die Option "ignore bonded devices" deaktiviert werden, da die Smartwatch ja bereits über Android verbunden wurde.
Die Firmware für Pebble Uhren wird in der Regel in Form von .pbz Dateien angeboten. Das Flashen der Firmware erfolgt dabei nicht direkt aus Gadgetbridge, sondern über ein Hilfsprogramm. Nach dem Herunterladen der Firmware-Datei auf das Smartphone kann diese im Android Dateimanager angewählt werden. Über die Option Teilen wählt man den Punkt App/FW Installer. Nach einer Bestätigung erfolgt die Installation der Firmware auf der Smartwatch. Dieser Vorgang kann einige Zeit in Anspruch nehmen, und es sollte zuvor sichergestellt werden, dass die Uhr über eine ausreichende Batterieladung verfügt.
Für Android-Nutzer wäre die Reise an dieser Stelle bereits zu Ende. Gadgetbridge unterstützt die wichtigsten Funktionen der Uhr und auch ein Wechsel auf das energiesparende Bluetooth LE wäre grundsätzlich möglich. Im Gegensatz zur regulären Bluetooth-Verbindung erfolgt das Koppeln dabei nicht aus den Android-Einstellungen, sondern direkt aus GedgetBride heraus.
Nun, da die Uhr wieder mit einer funktionierenden Firmware ausgestattet wurde, kann die Einrichtung unter Ubuntu Touch beginnen. Dazu wird zunächst die bisher bestehende Bluetooth-Verbindung mit dem Android-Gerät entfernt. In den Pebble Einstellungen wählt man dazu den Punkt Bluetooth und dort das bisher gekoppelte Gerät aus der Liste aus. Daraufhin kann die Verbindung entfernt werden. Dies sollte auch in Gadgetbride und in den Android-Systemeinstellungen erfolgen.
Die Kopplung des Ubuntu Touch Gerätes ähnelt der Vorgehensweise unter Android. Es wird das nicht-LE Gerät in den Einstellungen ausgewählt und bei den Verbindungsoptionen der Punkt Automatisch verbinden angewählt. Die Pairinganfrage muss einmalig auf der Uhr und auf dem Mobiltelefon bestätigt werden. In meinem Falle war dies auch nach mehreren Versuchen leider nicht erfolgreich. Trotz Bestätigen der Pairinganfrage auf dem Handy und der Uhr, wurde diese von der Smartwatch abgelehnt. Letztendlich konnte ich es lösen, indem ich während des Pairings eine Shell geöffnet habe und die MAC-Adresse Uhr mittels bluetoothctl als trusted markiert habe. Weitere Informationen zu dieser Vorgehensweise finden sich im ubports-Forum.
Bis auf wenige Unterbrüche funktioniert die Uhr seitdem und die Bluetooth-Verbindung wird auch nach einem Abbruch automatisch neu aufgebaut.
In der App RockWork wird die Pebble Time angezeigt und ich kann diverse Einstellungen vornehmen, beispielsweise welche Benachrichtigungen ich erhalten möchte. Auch das sogenannte Watchface, also das virtuelle Ziffernblatt kann ausgetauscht werden, wobei nicht alle angebotenen Ziffernblätter auf meiner Uhr dargestellt werden.
Über die Uhr selbst habe ich die Möglichkeit, die Musikwiedergabe zu steuern, was sich im Alltag als praktisch erweist. Die Benachrichtigungen werden zeitnah dargestellt und falls es einmal zu viel wird, lässt sich die sogenannte Quiet Time einstellen.
Wer nach diesem Artikel auf den Geschmack gekommen ist, einer Pebble Smartwatch ein neues Leben einzuhauchen, findet ein solches Gerät auf dem Gebrauchtmarkt. In der Schweiz sind die Modelle Pebble Time und Pebble Time Steeel in unterschiedlichen Ausführungen auch weiterhin in den gängigen Online-Shops erhältlich.
Ob eine Smartwatch letztendlich eine Bereicherung darstellt oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Das Gefühl sein Ubuntu Touch Handy mit einer eigentlich obsoleten Pebble zu steuern, ist allerdings gar nicht schlecht.