It's Pebble Time

  Lioh Möller   Lesezeit: 7 Minuten  🗪 4 Kommentare

Wie es mir gelungen ist eine alte Pebble Smartwatch wieder zu beleben und wie auch du eine solche Uhr unter Android oder Ubuntu Touch immer noch nutzen kannst.

it's pebble time

Eigentlich haben mich sogenannte Smartwatches nie besonders interessiert, doch über den Chat der OpenStore Community bin ich über eine App namens RockWork gestolpert. Dabei handelt es sich um eine Anwendung zur Integration von Pebble Smartwatches in Ubuntu Touch.

Der Hersteller galt einst als Pionier in diesem Bereich und die Uhren erfreuten sich lange Zeit einer grossen Beliebtheit. Ein Grund dafür mag die Verwendung von E-Paper-Displays sein, was dazu führt, dass Pebble Smartwatches im Vergleich zu anderen Herstellern, eine sehr lange Akkulaufzeit von bis zu einer Woche hatten.

Eric Migicovsky hatte das Projekt im Jahre 2008 während seiner Studienzeit gegründet und während dem Bestehen des Unternehmens wurden mehrere Uhrenmodelle veröffentlicht. Letztendlich meldete Pebble Technology Corporation 2016 Insolvenz an und verkaufte das geistige Eigentum an die Firma Fitbit. Diese hat sich kurz darauf entschlossen, die Produktlinie nicht weiterzuführen und die für die Nutzung von Pebble Smartwatches benötigte Infrastruktur wurde abgeschaltet.

Der Gründer Migicovsky ist mittlerweile für den Multi-Messenger Beeper verantwortlich, der auf dem Matrix-Protokoll basiert. 

Da es mich immer reizt, alte und nicht mehr unterstützte Hardware wieder zu beleben, habe ich mich kurzerhand entschieden, eine Uhr des Typs Pebble Time bei einer Onlineauktionsplattform zu ersteigern. Mit CHF 20 schien mir die Investition vertretbar, auch wenn sich herausstellen würde, dass mir dies nicht gelingen sollte.

Einige Zeit später erhielt ich bereits das Paket. Die Uhr ist in einem altersentsprechenden Zustand, funktioniert allerdings noch tadellos. Nach dem Start habe ich mich dazu entschlossen, das Gerät auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen, ein Vorgehen, welches ich bei allen gebrauchten elektronischen Endgeräten (aka Computern) empfehle.

In diesem Falle schien der Entschluss jedoch fatale Folgen zu haben, denn das Gerät startete nach dem Reset zwar neu, erwartete allerdings eine Firmware von den Pebble-Servern. Da die Pebble-App sowie die Server, welche die Firmware-Dateien bereitgestellt haben, nicht mehr zur Verfügung standen, musste ich auf Alternativen ausweichen. Ich konnte bereits herausfinden, dass Pebble Uhren weiterhin von der Freien Applikation Gadgetbride unterstützt werden.

Da ich kein Android Telefon besitze, musste ich mir ein Gerät für die Firmware Installation ausleihen. Im Vorfeld konnte ich bereits recherchieren, dass die benötigten Firmware-Dateien ebenfalls im Git-Repository von Gadgetbridge vorhanden sind. Anhand der dort aufgeführten Tabelle konnte ich die passende Firmware für das Pebble Time Modell identifizieren und bereits herunterladen.

Daraufhin musste ich die Uhr mit dem Android-Telefon über die Bluetooth-Einstellungen des Betriebssystems verbinden. Meine Pebble Time meldet sich in zwei Varianten via Bluetooth. Zur Einrichtung muss allerdings zwingend eine Verbindung mit dem nicht-LE Kanal aufgebaut werden. Die Kopplung muss sowohl auf der Uhr, als auch auf dem Smartphone bestätigt werden.

In Gadgetbridge kann daraufhin das Gerät über das + Symbol hinzugefügt werden. Zuvor sollte allerdings in den Sucheinstellungen die Option "ignore bonded devices" deaktiviert werden, da die Smartwatch ja bereits über Android verbunden wurde.

Die Firmware für Pebble Uhren wird in der Regel in Form von .pbz Dateien angeboten. Das Flashen der Firmware erfolgt dabei nicht direkt aus Gadgetbridge, sondern über ein Hilfsprogramm. Nach dem Herunterladen der Firmware-Datei auf das Smartphone kann diese im Android Dateimanager angewählt werden. Über die Option Teilen wählt man den Punkt App/FW Installer. Nach einer Bestätigung erfolgt die Installation der Firmware auf der Smartwatch. Dieser Vorgang kann einige Zeit in Anspruch nehmen, und es sollte zuvor sichergestellt werden, dass die Uhr über eine ausreichende Batterieladung verfügt.

Für Android-Nutzer wäre die Reise an dieser Stelle bereits zu Ende. Gadgetbridge unterstützt die wichtigsten Funktionen der Uhr und auch ein Wechsel auf das energiesparende Bluetooth LE wäre grundsätzlich möglich. Im Gegensatz zur regulären Bluetooth-Verbindung erfolgt das Koppeln dabei nicht aus den Android-Einstellungen, sondern direkt aus GedgetBride heraus.

Nun, da die Uhr wieder mit einer funktionierenden Firmware ausgestattet wurde, kann die Einrichtung unter Ubuntu Touch beginnen. Dazu wird zunächst die bisher bestehende Bluetooth-Verbindung mit dem Android-Gerät entfernt. In den Pebble Einstellungen wählt man dazu den Punkt Bluetooth und dort das bisher gekoppelte Gerät aus der Liste aus. Daraufhin kann die Verbindung entfernt werden. Dies sollte auch in Gadgetbride und in den Android-Systemeinstellungen erfolgen.

Die Kopplung des Ubuntu Touch Gerätes ähnelt der Vorgehensweise unter Android. Es wird das nicht-LE Gerät in den Einstellungen ausgewählt und bei den Verbindungsoptionen der Punkt Automatisch verbinden angewählt. Die Pairinganfrage muss einmalig auf der Uhr und auf dem Mobiltelefon bestätigt werden. In meinem Falle war dies auch nach mehreren Versuchen leider nicht erfolgreich. Trotz Bestätigen der Pairinganfrage auf dem Handy und der Uhr, wurde diese von der Smartwatch abgelehnt. Letztendlich konnte ich es lösen, indem ich während des Pairings eine Shell geöffnet habe und die MAC-Adresse Uhr mittels bluetoothctl als trusted markiert habe. Weitere Informationen zu dieser Vorgehensweise finden sich im ubports-Forum.

Bis auf wenige Unterbrüche funktioniert die Uhr seitdem und die Bluetooth-Verbindung wird auch nach einem Abbruch automatisch neu aufgebaut.

In der App RockWork wird die Pebble Time angezeigt und ich kann diverse Einstellungen vornehmen, beispielsweise welche Benachrichtigungen ich erhalten möchte. Auch das sogenannte Watchface, also das virtuelle Ziffernblatt kann ausgetauscht werden, wobei nicht alle angebotenen Ziffernblätter auf meiner Uhr dargestellt werden.

Über die Uhr selbst habe ich die Möglichkeit, die Musikwiedergabe zu steuern, was sich im Alltag als praktisch erweist. Die Benachrichtigungen werden zeitnah dargestellt und falls es einmal zu viel wird, lässt sich die sogenannte Quiet Time einstellen.

Wer nach diesem Artikel auf den Geschmack gekommen ist, einer Pebble Smartwatch ein neues Leben einzuhauchen, findet ein solches Gerät auf dem Gebrauchtmarkt. In der Schweiz sind die Modelle Pebble Time und Pebble Time Steeel in unterschiedlichen Ausführungen auch weiterhin in den gängigen Online-Shops erhältlich.

Ob eine Smartwatch letztendlich eine Bereicherung darstellt oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Das Gefühl sein Ubuntu Touch Handy mit einer eigentlich obsoleten Pebble zu steuern, ist allerdings gar nicht schlecht.

Tags

Pebble, Smartwatch, Ubuntu Touch, Android, UBports, Gadgetbridge

Alex
Geschrieben von Alex am 8. März 2023 um 08:42

Sehr schön! Ich liebe meine Pebble Time auch, seit rund vier Jahren. Ist allerdings mit Rebble.io-Unterstützung unter Android gepaart.

Damals gebraucht gekauft und letztes Jahr musste wohl ein neuer Akku her. Das war für das erste Exemplar leider der Anfang vom Ende. Ersatzakku brachte keine volle Leistung, musste also nochmal ausgetauscht werden. Das Exemplar danach war auch nicht besser und beim dritten Öffnen - um den Original-Akku doch wieder rein zu machen - habe ich das Display-Kabel zerstört... Nach dem ersten Tausch hatte ich das Gehäse nicht gut genug verklebt, nach dem zweiten zu gut. Da war zu viel Gewalt zum Öffnen nötig.

Zum Glück gab es bei einem Online-Auktionshaus auch für mich Rettung in Form einer neuen, gebrauchten Pebble Time. Die hält dann jetzt hoffentlich noch ein paar Jahre. Der Akku scheint jedenfalls noch eine recht gute Kapazität zu haben. Für mich ist das Gerät übrigens eine Bereicherung, da ich via Gadgetbridge nur wichtige Benachrichtigungen durchlasse und so zum einen seltener etwas verpasse und zum anderen seltener zum Smartphone greifen muss. Die meisten Benachrichtigungsaktionen lassen sich ja auf der Pebble direkt ausführen.

Zwischenzeitlich hatte ich allerdings eine moderne Smartwatch mit OLED-Display unter AsteroidOS ausprobiert (eine Huawei Watch 2). Leider sieht das nur sehr gut aus, kommt aber funktional und vom Komfort nicht an die Pebble dran.

Das e-Paper-Display der Pebble ist wirklich "always on" und unter AsteroidOS gibt es wohl noch keine Möglichkeit, auf Benachrichtigungen zu reagieren (geschweige denn sie mit der Uhr auch auf dem Telefon zu entfernen). Kalender ist integriert, synchronisiert aber nicht mit dem Smartphone. Also sinnfrei. Und zuguterletzt haben beide permanent die Verbindung verloren und nicht mehr zueinander gefunden. Auch hier ist das Duo Gadgetbridge - Pebble haushoch überlegen.

Was hat das alles mit Linux zu tun? Hm, sorry, wollte das wohl loswerden :-)

Lioh
Geschrieben von Lioh am 8. März 2023 um 08:46

Danke für deinen Erfahrungsbericht.

Peter Panzke
Geschrieben von Peter Panzke am 8. März 2023 um 13:43

Hallo zusammen,

danke für diesen tollen Artikel.

Hat mich dazu bewogen, nochmal meine Pebble auszupacken und zu testen. Mal schauen, was der Akku so sagt :-)

Habt ihr denn vielleicht eine Empfehlung an Wetter-Apps oder ggf. andere Must-haves, welche noch funktionieren? Hatte beispielsweise noch nen Timer und ne Stoppuhr installiert.

Besten Dank im Voraus!

Moneto
Geschrieben von Moneto am 8. März 2023 um 15:43

Meine wichtigste Funktion ist der Wecker, der schon integriert ist. Dadurch konnte ich den Wecker am Bett entsorgen und meine Beste kann schlafen, ohne geweckt zu werden.