Neue Version des Webapp-Managers

  Ralf Hersel   Lesezeit: 8 Minuten  🗪 8 Kommentare

Seht ihr Webapps als Vorteil, oder verzichtet ihr lieber darauf?

neue version des webapp-managers

Mögt und nutzt ihr WebApps? Falls ihr gar nicht wisst, was das ist, erfahrt ihr es in diesem Artikel. Webapps, kurz für Web Applications, sind Webseiten, die wie Desktop-Anwendungen aussehen. Bekannte Beispiele sind Gmail, Netflix oder Whatsapp, die im Hintergrund einen Webbrowser verwenden, sich jedoch wie Desktop-Anwendungen verhalten und integrieren.

Für die Umwandlung von Webseiten in Anwendungen sind mir zwei Verfahren bekannt: Electron und ICE aus dem Peppermint OS Projekt. Was genau der Unterschied zwischen den ICE-basierten PWAs (Progressive Web Apps) und den Electron-basierten Anwendungen ist, könnt ihr hier im Detail nachlesen. Kurz gesagt, nimmt Electron einen Chromium-Browser, Node.js und eine fette native API-Schicht, um daraus die Desktop-Anwendung zu bauen. Das führt zu einem dicken Paket mit entsprechenden Ladezeiten und Speicherbelegung. Dafür erhält man eine tiefere Integration ins System. Bei PWAs wird der vorhandenen Browser verwendet, um eine Desktop-Anwendung vorzugaukeln. Dadurch ist der Ressourcenverbrauch geringen, aber auch die Systemintegration. Kommentiert bitte, falls ich Unsinn geschrieben habe.

Wer selbst eine Webseite in eine Electron-App umwandeln möchte, kann das mit dem Tool Nativefier machen, wie es Lioh vor anderthalb Jahren beschrieben hat. Für die PWA-Alternative gibt es das Werkzeug Webapp-Manager, welches vorgestern in der Version 1.3.4 erschienen ist. Wer es installieren und ausprobieren möchte, findet auf der eben erwähnten GitHub-Seite einen TarBall; es ist aber auch in einigen Distro-Repositories vorhanden. Bei Manjaro gehört es sogar zum Standardinstallationsumfang. Ein Debian-Paket ist ebenfalls vorhanden.

Wer sich über die Vorteile von Webapps informieren möchte, findet in diesem Artikel viele Gründe, denen man folgen kann, oder auch nicht. Vielleicht ist es interessanter, selbst eine Webapp zu erstellen. Dafür bietet sich eine Webseite an, die man häufig aufruft. Ich habe mich für diesen Online-Taschenrechner entschieden. Nach dem Aufruf des Webapp-Managers kann man die Daten für die Webseite eingeben:

Daraufhin wird eine Desktop-Datei erstellt, die im Verzeichnis /home/[user]/.local/share/applications/ landet und das enthält:

[Desktop Entry]
Version=1.0
Name=Desmos Calc
Comment=Web-App
Exec=sh -c 'XAPP_FORCE_GTKWINDOW_ICON="webapp-manager" firefox --class WebApp-DesmosCalc9523 --name WebApp-DesmosCalc9523 --profile /home/ralf/.local/share/ice/firefox/DesmosCalc9523 --no-remote "https://www.desmos.com/scientific?lang=de"'
Terminal=false
X-MultipleArgs=false
Type=Application
Icon=webapp-manager
Categories=GTK;Education;
MimeType=text/html;text/xml;application/xhtml_xml;
StartupWMClass=WebApp-DesmosCalc9523
StartupNotify=true
X-WebApp-Browser=Firefox
X-WebApp-URL=https://www.desmos.com/scientific?lang=de
X-WebApp-CustomParameters=
X-WebApp-Navbar=true
X-WebApp-PrivateWindow=false
X-WebApp-Isolated=true

Nun hat man zwar einen Starter für die Webapp, allerdings macht dieser nichts anderes, als Firefox mit der gewünschten URL aufzurufen, und das auch noch mit einem neuen Firefox-Profil:

Tja, nun bin ich etwas enttäuscht. Einen Starter für eine URL hätte ich mir auch selbst basteln können. Je nach Desktop-Umgebung wird vermutlich auch ein Drag-and-Drop des Browser-Tabs auf den Desktop zum gleichen Ergebnis führen. Die Tatsache, dass der Webbrowser mit einem neuen Profil geöffnet wird, macht die Sache auch nicht besser.

Doch nun interessiert mich, wie ihr über Webapps denkt. Könnt ihr die Vorteile nachvollziehen?

  • Zugänglichkeit: Webapps kann man von jedem Ort aus nutzen, an dem eine Internetverbindung besteht, was sie sehr praktisch macht.
  • Keine Downloads: Du musst dein Gerät nicht mit Downloads belasten, da Webapps direkt im Browser ausgeführt werden.
  • Plattformübergreifend: Webapps funktionieren auf verschiedenen Geräten und Betriebssystemen, sodass man nicht auf einen Gerätetyp beschränkt ist.
  • Automatische Updates: Entwickler können Webanwendungen auf ihren Servern aktualisieren, sodass du immer die neueste Version hast, wenn du die Website besuchst.
  • Kein Speicherplatz: Webapps benötigen keinen Speicherplatz auf dem Gerät, da sie nicht wie herkömmliche Apps installiert werden.

Ich kann wenig bis nichts damit anfangen. Was nützt mir ein Link auf dem Desktop, wenn ich mit einer Bookmark im Browser zum selben Ergebnis komme? Was meint ihr?

Bildquelle: https://www.ionos.com/digitalguide/fileadmin/DigitalGuide/Teaser/web-apps-t.jpg

Quellen:

https://github.com/linuxmint/webapp-manager
https://github.com/peppermintos/ice
https://gnulinux.ch/webapps-mit-nativefier
https://www.electronjs.org/
https://felixrieseberg.com/progressive-web-apps-electron/
https://github.com/nativefier/nativefier
https://ostechnix.com/linux-mint-webapp-manager/

Tags

Webapp, WebApp-Manager, Electron, ICE

Thoys
Geschrieben von Thoys am 5. Dezember 2023 um 09:47

Vielleicht eine Kleinigkeit, die ich ganz gut fand: Ich speichere in Firefox meine Passwörter nicht. Für eine Webapp, bspw. Nextcloud konnte ich unabhängig davon meine Zugangsdaten speichern und war gleich drin. Also ein Einlogvorgang war nur einmalig notwendig.

Mittlerweile verwende ich aber auch keine mehr, da mir - wie dir - Aufwand und Ertrag etwas unausgeglichen vorkahm.

Schönen Gruß Thoys

Michael
Geschrieben von Michael am 5. Dezember 2023 um 09:50

Interessant werden WebApps in dem Moment, in dem Du Login-Daten (entsprechend abgesichert) darin hinterlegen kannst und den Dienst aufrufen kannst, ohne Dich einzuloggen. Ob und wie das geht, weiß ich nicht, und mit 2FA wird es dann auch mau

kamome
Geschrieben von kamome am 5. Dezember 2023 um 10:56

Erwähnenswert ist noch, dass PWAs sehr wohl lokalen Speicher belegen können, wenn die WebApp z. B. für einen Offline-Betrieb ausgelegt ist. Manche Pseudo-Webbrowser wie Safari-iOS unterstützen das zwar nur mau, aber meist reicht es. Die mMn sinnvollste Art, heutzutage Apps zu schreiben.

Understater
Geschrieben von Understater am 5. Dezember 2023 um 11:12

Ich verwende Webapps sehr gerne.

Der in Mint integrierte Webapp Manger ist vermutlich der Gleiche, der hier auch beschrieben wurde. Folgende Vorteile sehe ich:

  • Jede Webapp hat einen eigenen Userspace (hoffe das ist die richtige Bezeichnung), so dass z.B. Login Informationen in der Webapp bleiben.
  • Die Position und Größe der Webapp lassen sich bequem voreinstellen, so dass sie, wenn sie per Autostart gestartet werden, immer an der gleichen Position erscheinen.
  • Ist eine Webapp erst mal erstellt, kann sie (zumindest in Mint/Cinnamon) per Autostart zum Systemstart gestartet werden.
  • Die Webapp bietet zusätzlich die Möglichkeit den Browser so unauffällig wie möglich zu halten, im Gegensatz zu einer Webseite die ich per Bookmark, notfalls in einem weiteren Fenster, öffne.

Mit einer Webapp starte ich z.B. den 3CX Web-Client, den Ralf sicher kennt, zum Systemstart so dass er an immer gleicher Position ohne Einloggen erscheint. Auch Monitoring Seiten oder oft benötigte Konfigurationsseiten starte ich so.

Mex
Geschrieben von Mex am 5. Dezember 2023 um 11:12

Man muss hier aber auch erwähnen, dass man Webapps in Chromium ohne die Navigationsleiste betreiben kann, weshalb diese dann wirklich wie ein Desktopprogramm aussehen, in Firefox funktioniert das glaube ich nicht so gut.

Understater
Geschrieben von Understater am 5. Dezember 2023 um 11:26

Doch, auch mit Firefox können Webapps, zumindest mit dem Manger unter Mint, auf die Kopfleiste mit dem Titel der Webseite plus den String " - Mozilla Firefox" reduziert werden.

koeto
Geschrieben von koeto am 5. Dezember 2023 um 13:08

Ich verwende den WebApp-Manager unter Pop!-OS mit Firefox als Browser. Mein wichtigster Eintrag ist mein Zugang zum Zoho Helpdesk. Der Aufruf erfolgt so, dass Firefox im Kiosk-Mode startet. So besteht das "Anwendungsfenster" auch nur aus der Anwendung; nur in der Titelleiste ist der Textanhang " - Firefox" zu sehen. Und mit der Alt-Taste kann ich einfach die Menü-Zeile ein- und ausblenden.

Gruß Hans

Robert
Geschrieben von Robert am 5. Dezember 2023 um 20:48

Außer der "Darstellung" als native Anwendung durch das "Verstecken" des Web-Browser und seiner Funktionalität, sehe ich wirklich keinen einzigen Mehrwert in Webapps/PWAs.

Alle im Artikel genannten Vorteile bietet eine normale Online-App im Web ebenso. "Kein Download" und "automatische Updates" wiedersprechen sich sogar... Selbst wenn ich die Webapp lokal nutze, müssen in den allermeisten Fällen irgendwann Daten abgerufen und ausgetauscht werden (=Download). Und gibt es ein Update der App, dann muss man sie auch erneut downloaden. Was läuft daran automatisch und wieso unterscheidet sich das von einer normalen Webanwendung?

Noch zu einigen Argumenten aus den Kommentaren:

  • eigener Userspace - Was soll denn hier anders sein als bei einem normalen Web-Browser, der ebenfalls seine Tabs im Arbeitsspeicher sauber voneinander trennt?
  • per Autostart beim Systemstart - Selbstverständlich kann man bestimmte Bookmarks einfach automatisch durch den Web-Browser öffnen lassen.
  • Position des Fensters - Bei Google Chrome kann man die Fensterposition beim Start übergeben und bei Firefox extistiert das Addon/Plugin "Window Resizer".